Clioquinol

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Strukturformel
Strukturformel von Clioquinol
Allgemeines
Name Clioquinol
Andere Namen
  • 5-Chlor-7-iodchinolin-8-ol
  • Cliochinolin
  • Chinoform
Summenformel C9H5ClINO
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 130-26-7
EG-Nummer 204-984-4
ECHA-InfoCard 100.004.533
PubChem 2788
ChemSpider 2686
DrugBank DB04815
Wikidata Q5134338
Arzneistoffangaben
ATC-Code

D08AH30

Wirkstoffklasse

Antiseptikum

Wirkmechanismus

Denaturierung

Eigenschaften
Molare Masse 305,50 g·mol−1
Aggregatzustand

fest[1]

Schmelzpunkt

178–179 °C[1] (Zersetzung)

Löslichkeit

4,6 g·l−1 bei 24 °C[2]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]

Gefahr

H- und P-Sätze H: 301​‐​315​‐​317​‐​319​‐​400
P: 280​‐​301+330+331​‐​310​‐​305+351+338[3]
Toxikologische Daten
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Clioquinol ist ein Antiseptikum. Es wurde erstmals 1899 von Ciba patentiert. Als Creme oder Salbe wird es zur äußeren Behandlung von Hautinfektionen durch Bakterien und Pilze verwendet.[1][4]

Clioquinol ist ein fast weißes, hellgelbes bis hellbraunes Pulver. Es ist in Wasser unlöslich. In Dichlormethan ist es wenig löslich. Es muss vor Licht geschützt gelagert werden.[5]

Es wird angenommen, dass die antimikrobielle Wirkung des Clioquinols darauf beruht, dass die phenolische Hydroxygruppe am C8-Atom mit Schwermetallen Chelatkomplexe zu bilden vermag. Nach Passieren der Bakterien- oder Pilzzellmembran könnte Clioquinol lebenswichtigen Enzyme der Keime durch Chelatierung ausschalten und dadurch deren Wachstum unterbinden. Bei einer Blockierung der OH-Gruppe am C8-Atom, etwa durch Veretherung mit Alkylgruppen, ist Clioquinol nicht mehr zur Chelatbildung fähig und nicht mehr antimikrobiell wirksam.[6] Clioquinol wirkt ferner amöbizid.[7]

Clioquinol wird zur lokalen Behandlung von Hautinfektionen eingesetzt. Die Sensibilisierungsrate ist relativ hoch.[8]

Bis in die 1970er Jahre wurde Clioquinol als orales Antiparasitikum und zur Erhöhung der intestinalen Zinkabsorption bei Patienten mit Acrodermatitis enteropathica, einer genetischen Störung der Zinkabsorption, eingesetzt. Da der orale Einsatz des Medikaments als Auslöser der SMON-Krankheit (Subakute Myelooptikoneuropathie, Subacute myelo-optic neuropathy) festgestellt wurde, darf es oral nicht mehr verabreicht werden. Von 1953 bis 1970 erlitten in Japan dadurch zahlreiche Menschen Nervenschädigungen und Lähmungen. Die orale Einnahme kann sogar zu Erblindung führen.[9] Da Clioquinol mit zweiwertigen Metallen wie beispielsweise Calcium-, Magnesium-, Kupfer- und Zinkionen unlösliche Komplexe bildet, wird der Einfluss des Medikaments auf Alzheimer-Demenz untersucht.[10][1]

Clioquinol kann aus 8-Hydroxychinolin durch Chlorierung und anschließende Umsetzung mit Kaliumiodid synthetisiert werden.[11][1]

Fertigarzneimittel

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Monopräparate: Linola Sept (D)

Kombinationspräparate

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c d e f g Eintrag zu Clioquinol. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 14. April 2020.
  2. Eintrag zu Clioquinol in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 15. April 2020. (JavaScript erforderlich)
  3. a b Datenblatt 5-Chloro-7-iodo-8-quinolinol bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 14. April 2020 (PDF).
  4. Rote Liste® Service GmbH [Online]: Clioquinol. Frankfurt, abgerufen am 15. April 2020.
  5. Europäisches Arzneibuch, 6. Ausgabe, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-7692-3962-1, S. 2157–2158.
  6. Fachinformation Linola Sept, Dr. August Wolff, Stand April 2016.
  7. Harry Auterhoff: Lehrbuch der Pharmazeutischen Chemie, 9. Auflage 1977, WVG Stuttgart. S. 453.
  8. G. Geisslinger et al.: Mutschler Arzneimittelwirkungen. 11. Auflage. WVG, Stuttgart 2019, S. 1126.
  9. J. L. Arbiser, S.-K. Kraeft, R. van Leeuwen, S. J. Hurwitz, M. Selig, G. R. Dickersin, A. Flint, H. Randolph Byers, L. Bo Chen: Clioquinol-Zinc Chelate: A Candidate Causative Agent of Subacute Myelo-Optic Neuropathy. In: Molecular Medicine, 1998, Vol. 4, S. 665–670, doi:10.1007/BF03401927.
  10. D. R. Perez et al.: Clioquinol: To harm or heal. In: Pharmacology & Therapeutics. Band 199, 18. März 2019, S. 155–164, doi:10.1016/j.pharmthera.2019.03.009, PMC 6571072 (freier Volltext).
  11. Axel Kleemann, Jürgen Engel, Bernhard Kutscher, Dietmar Reichert: Pharmaceutical Substances [Online]. Thieme, Stuttgart, https://pharmaceutical-substances.thieme.com/, abgerufen am 15. April 2020.