Codex Palatinus germanicus 14

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Cod. Pal. germ. 14, Blatt 1r: Heinrich von Mügeln, Der Meide Kranz (erste Textseite)

Der Codex Palatinus germanicus 14 ist eine spätmittelalterliche Handschrift der ehemaligen Bibliotheca Palatina in Heidelberg. Der Codex gehört zu den Codices Palatini germanici, den deutschsprachigen Handschriften der Palatina, die seit 1816 in der Universitätsbibliothek Heidelberg aufbewahrt werden; Signatur der UB-Heidelberg und gängige fachwissenschaftliche Bezeichnung ist Cod. Pal. germ. 14 (Kurzform: Cpg 14).

Die Bilderhandschrift enthält Heinrichs von Mügeln allegorische Dichtung Der Meide Kranz. Der Codex entstand 1407 in Bayern.

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Cod. Pal. germ. 14, Blatt 2v: Heinrich von Mügeln, Der Meide Kranz – Kaiser Karl IV. auf einem Thron sitzend, umgeben von stehenden weiblichen Figuren
Cod. Pal. germ. 14, Blatt 13r: Heinrich von Mügeln, Der Meide Kranz – Die Geometrie
Cod. Pal. germ. 14, Blatt 16r: Heinrich von Mügeln, Der Meide Kranz – Die Physik
Cod. Pal. germ. 14, Ottheinrich-Einband, Vorderdeckel

Der Codex ist eine Pergamenthandschrift mit 73 Blättern.[1] Auf manchen Blättern sind noch Reste von Kustoden erkennbar (Blätter 1r, 11r, 21r, 40v/41r, 49r, 67r), meistens durch Beschnitt der Blätter entstellt.

Die Blattgröße der Handschrift beträgt 18,1 × 13,5 cm, dabei ist ein Schriftraum von 13,5 × 7,5 cm beschrieben mit 18 bis 20 Zeilen pro Seite. Die Foliierung des 17. Jahrhunderts zählt die mit Text beschriebenen Blätter 1–72 durch, die Blätter vorn und hinten sind mit moderner Zählung versehen. Blatt 45r/v ist außen schräg angeschnitten, ohne Textverlust.

Schriftform ist eine Bastarda von einer Hand. Blatt 1r zeigt eine sich von oben bis unten über den Seitenrand streckende Figureninitiale (Drache); ansonsten sind zur Absatzmarkierung Lombarden über zwei Zeilen in roter und grüner, selten auch in blauer Farbe gesetzt.

Bei der Restaurierung 1978 durch Walter Schmitt wurden die Lagen vorn und hinten mit Japanpapier ausgebessert sowie u. a. neue Vorsatzblätter und Pergamentfalze eingefügt und ein neuer Lederrücken angebracht.[2]

Miniaturen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heinrichs Werk ist nur in vier Handschriften überliefert; dabei ist der Heidelberger Cod. Pal. germ. 14 die einzige Handschrift mit Illustrationen.[3] Insgesamt schmücken 13 kolorierte Federzeichnungen eines Zeichners den Text, jeweils in der unteren Hälfte einer Seite ausgeführt. Abgesehen vom ersten Bild zeigen die Miniaturen die im Text auftretenden Wissenschaften und Künste, personifiziert in allein sitzenden Frauenfiguren, teilweise mit Attributen versehen, die ihre Eigenschaften unterstreichen. Auf den Blättern 2r und 16r sind zusätzlich stehende Figuren gezeichnet. Ein Platz für eine Illustration (Blatt 29r) ist nicht ausgefüllt. Im Einzelnen sind dargestellt:

Die Federzeichnungen sind mit dünnen Strichen ohne Schraffierungen ausgeführt und farbreich koloriert (Grün, Kobalt, Chromgelb, Zinnober, Karmin, Grau). Teilweise sind die Figuren von dekorativen Ranken umgeben; die Bilder haben durchweg keine Bodendarstellung und keine Rahmung. In der Bewertung Hans Wegeners (1927) sind die Darstellungen des Illustrators dabei „unproportioniert“, die Köpfe „merkwürdig verzeichnet ... [und] ohne Ausdruck“ dargestellt, die Hände „schlecht“ gezeichnet.[4]

Einband[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Einband ist ein typischer Ottheinricheinband in braunem Leder, mit blindgedruckten Rollenstempeln, Messingbeschlägen und Riemenschließen, angefertigt vermutlich von Jörg Bernhardt.

Auf dem Vorderdeckel findet sich eine vergoldete Platte mit dem Bildnis Ottheinrichs in einer Kartusche, in der oben das Namenskürzel O.H. (Ottheinrich) vermerkt ist und unten das Titelkürzel P.C. (Pfalzgraf, Churfürst). Oberhalb der Kartusche steht ein goldgeprägter Engelskopf, unterhalb die ebenfalls vergoldete Jahreszahl der Anfertigung des Einbands: 1558. Auf der gleichartig vergoldeten Platte auf dem Hinterdeckel steht in einer Kartusche das Wappen der Pfalz.

Herkunft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Entsprechend der Schreibernotiz auf Blatt 71v[5] ist der Abschluss der Handschrift auf den 30. März 1407 zu datieren, damit ist die Heidelberger Handschrift als älteste der vier handschriftlichen Überlieferungen des Werks datiert.[6]

Die Handschrift wurde wahrscheinlich von Kurfürst Ludwig III. von der Pfalz (1378–1436) für die Heidelberger Bibliotheken erworben.[7] Die Katalogisierung 1581 verzeichnet die Handschrift im Inventar der Heiliggeistbibliothek. Im Zusammenhang mit dieser Katalogisierung wurde auf Blatt 1r unten der Bibliothekstitel eingetragen: Von den siben freyen künsten und 12 zaichen des hymels. etc.

Wie die anderen Handschriften der kurfürstlich-pfälzischen Bibliotheken kam der Codex nach der Eroberung der Kurpfalz im Dreißigjährigen Krieg 1622 nach Rom in den Besitz der Vatikanischen Bibliothek und wurde mit den anderen deutschsprachigen Beständen der Palatina im Rahmen der Regelungen während des Wiener Kongresses erst 1816 nach Heidelberg zurückgeführt.[8]

Inhalte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Handschrift enthält die kunstvoll konstruierte allegorische Reimpaarrede Der Meide Kranz von Heinrich von Mügeln.[9][10]

Im ersten Teil des Werks treten die zwölf Wissenschaften und Künste Philosophia, Gramatica, Loica, Rethorica, Arismetica, Geometria, Musica, Astronomia, Phisica, Alchimia, Metaphisica und Theologia, personifiziert als schöne Frauen, vor Kaiser Karl IV., um ihn entscheiden zu lassen, welche von ihnen einen Vorrang im Streit um einen Platz in der Krone der Gottesmutter Maria erhalten sollte. Der Kaiser gibt der Theologia den höchsten Rang. Im zweiten Teil geht es um die Rangauseinandersetzung zwischen der Nature einerseits und den Personifikationen der zwölf Tugenden Wisheit, Gerechtikeit, Sterke, Meßikeit, Mildikeit, Demütikeit, Warheit, Barmherzikeit, Fride, Libe, Hoffenung und Geloube andererseits. Hier ist die gerade gekrönte Theologia zur Entscheidung aufgerufen, und sie entscheidet für den Vorrang der Tugenden, weil diese von Gott und nicht von der Natur gegeben seien. Im abschließenden dritten Teil argumentiert die Nature nochmals für ihre Vorrangstellung, diesmal mit Verweis auf die ihr unterstellte kosmische Ordnung und die Macht der zwölf Sternbilder des Tierkreises, die sie beherrsche; dies wird abschließend vom Dichter selbst zugunsten der Tugenden zurückgewiesen.[11]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Karin Zimmermann: Cod. Pal. germ. 14. Heinrich von Mügeln: Der Meide Kranz. In: Karin Zimmermann (Bearb.), unter Mitwirkung von Sonja Glauch, Matthias Miller, Armin Schlechter: Die Codices Palatini germanici in der Universitätsbibliothek Heidelberg (Cod. Pal. germ. 1–181). Kataloge der Universitätsbibliothek Heidelberg, Band 6. Reichert Verlag, Wiesbaden 2003, ISBN 978-3-89500-152-9, S. 37–38 (Digitalisat).

Ältere Kataloge:

  • Karl Bartsch: Pal. germ. 14. Heinrichs von Mügeln Gedicht ‚Der meide kranz‘. In: Karl Bartsch: Die altdeutschen Handschriften der Universitäts-Bibliothek in Heidelberg. Katalog der Handschriften der Universitätsbibliothek in Heidelberg, Band 1. Verlag von Gustav Koester, Heidelberg 1887, Nr. 8, S. 7 (Digitalisat).
  • Hans Wegener: H. von Mügeln: „Der meide kranz“. pal. germ. 14. In: Hans Wegener: Beschreibendes Verzeichnis der deutschen Bilder-Handschriften des späten Mittelalters in der Heidelberger Universitäts-Bibliothek. Verlagsbuchhandlung J. J. Weber, Leipzig 1927, S. 5 (Digitalisat).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Cod. Pal. germ. 14 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Die Angaben in diesem Abschnitt folgen, wenn nicht anders vermerkt, der Beschreibung von Karin Zimmermann: Cod. Pal. germ. 14. In: Die Codices Palatini germanici in der Universitätsbibliothek Heidelberg (Cod. Pal. germ. 1–181). Wiesbaden 2003, S. 37 (Digitalisat; abgerufen 22. März 2020).
  2. Vgl. die Restaurierungsnotiz am Hinterspiegel, Digitalisat UB-Heidelberg; abgerufen 22. März 2020.
  3. Karl Stackmann: Heinrich von Mügeln. In: VL23 1981/2010, Sp. 820.
  4. Hans Wegener: H. von Mügeln: „Der meide kranz“. pal. germ. 14. In: Hans Wegener: Beschreibendes Verzeichnis der deutschen Bilder-Handschriften des späten Mittelalters in der Heidelberger Universitäts-Bibliothek. Verlagsbuchhandlung J. J. Weber, Leipzig 1927, S. 5 (Digitalisat; abgerufen 22. März 2020).
  5. Digitalisat Blatt 71v, UB-Heidelberg; abgerufen 22. März 2020.
  6. Die Angaben in diesem Abschnitt folgen, wenn nicht anders vermerkt, der Beschreibung von Karin Zimmermann: Cod. Pal. germ. 14. In: Die Codices Palatini germanici in der Universitätsbibliothek Heidelberg (Cod. Pal. germ. 1–181). Wiesbaden 2003, S. 37 (Digitalisat; abgerufen 22. März 2020).
  7. Hans Wegener: Die deutschen Bilderhandschriften des späten Mittelalters in der Heidelberger Universitätsbibliothek. In: Hans Wegener: Beschreibendes Verzeichnis der deutschen Bilder-Handschriften des späten Mittelalters in der Heidelberger Universitäts-Bibliothek. Verlagsbuchhandlung J. J. Weber, Leipzig 1927, S. VI-VII (Digitalisat; abgerufen 22. März 2020).
  8. UB Heidelberg: Die Bibliotheca Palatina – Schicksale einer weltberühmten Bibliothek; abgerufen 18. Januar 2020.
  9. Die Angaben in diesem Abschnitt folgen, wenn nicht anders vermerkt, der Beschreibung von Karin Zimmermann: Cod. Pal. germ. 14. In: Die Codices Palatini germanici in der Universitätsbibliothek Heidelberg (Cod. Pal. germ. 1–181). Wiesbaden 2003, S. 38 (Digitalisat; abgerufen 22. März 2020).
  10. Textinhalt online greifbar bei Bibliotheca Augustana (Ulrich Harsch): Der meide kranz; abgerufen 23. März 2020 (folgt der – forschungsgeschichtlich überholten, als Überblick aber brauchbaren – Ausgabe von Willy Jahr: Heinrich von Mügeln, Der Meide Kranz. Dissertation Leipzig 1908, S. 101–136).
  11. vgl. bspw. Karl Stackmann: Heinrich von Mügeln. In: Die deutsche Literatur des Mittelalters, Verfasserlexikon, Band 3. Verlag De Gruyter, Berlin/New York 1981/2010 (VL2), Sp. 815–827; speziell zu Der Meide Kranz Sp. 820–822.