De drei Vügelkens

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De drei Vügelkens (Die drei Vögelchen) ist ein Märchen (ATU 707). Es steht in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm an Stelle 96 (KHM 96) auf Plattdeutsch. Zudem ist es auch in Österreich[1] sowie im dänischen,[2] rätoromanischen,[3] baskischen,[4] französischen,[5][6] italienischen,[7][8] slowakischen,[9] und bulgarischen[10][11] Sprachraum bekannt.

Illustration von Otto Ubbelohde, 1909

Drei Kuhhirtinnen am Köterberg, Schwestern, sehen den König mit zwei Ministern zur Jagd reiten und wollen unbedingt nur sie heiraten. Der König hört das und erfüllt ihren Wunsch, denn sie sind sehr hübsch. Er freit die älteste und schönste Schwester. Sie bekommen einen Sohn mit einem roten Stern, noch einen Sohn und eine Tochter. Doch leider ist der König jeweils grade verreist. Die Schwestern aber bekommen keine Kinder und werfen die Kinder in die Weser, wobei jeweils ein singender Vogel auffliegt. Dem König sagen sie, die Königin hätte junge Hunde und eine Katze geboren. Nach der dritten vermeintlichen Tiergeburt ist die Geduld des Königs am Ende: Er lässt seine Frau ins Gefängnis werfen.

Ein Fischer rettet die Kinder jeweils aus dem Fluss und da er und seine Frau kinderlos sind, nehmen sie sie auf. Die Kinder wachsen zusammen heran. Als der Älteste eines Tages von anderen Kindern von seinem Schicksal erfährt, geht er seinen leiblichen Vater suchen. Er begegnet einer alten Fischerin, die ihn über ein großes Wasser trägt. Nachdem er ein Jahr lang nicht zurückkehrt, folgt ihm der zweite Sohn. Auch ihn trägt die Fischerin über das Wasser. Nachdem auch er nicht zurückkehrt, möchte die Tochter ihre beiden Brüder suchen. Die Fischerin trägt auch sie hinüber. Da die Tochter freundlich zu der Fischerin ist, zeigt diese ihr den Weg. Noch dazu erhält sie von ihr eine Rute und den Rat, an einem großen schwarzen Hund schweigend, ohne zu lachen oder ihn anzusehen, vorüberzugehen. Weiterhin soll sie an der Schwelle eines Schlosses die Rute fallen lassen und geradewegs hindurchgehen. Dort wächst ein Baum aus einem alten Brunnen heraus. In seinen Zweigen hängt ein Vogel in einem Käfig. Diesen sowie ein Glas Wasser soll sie mitnehmen, denselben Weg wieder zurückgehen, die Rute wieder aufnehmen und auf dem Rückweg den Hund ins Gesicht schlagen. Auf dem Rückweg findet sie ihre Brüder, die erfolglos die halbe Welt durchsucht haben. Sie befolgt den Rat der Fischerin und schlägt mit der mitgenommenen Rute den Hund, der sich in einen schönen Prinz verwandelt. Er geht mit ihnen bis zum Wasser. Die Fischerin freut sich, dass alle wieder da sind, und trägt sie wieder hinüber. Danach verlässt sie den Fluss, denn sie ist nun auch erlöst. Bei ihrem Pflegevater, dem Fischer, angekommen, freuen sich alle über ihr Wiedersehen. Der Vogel im Käfig wird an die Wand gehängt.

Zufällig gehen der König und der zweite Sohn gleichzeitig auf die Jagd. Der König herrscht den Sohn an, wer ihm das Jagen erlaubt hätte und lässt sich von ihm zu dessen Pflegevater führen. Dieser erzählt dem König die ganze Geschichte. Das Vögelchen beginnt ein Lied zu singen, in welchem es die Missetat der Königsschwestern enthüllt. Daraufhin begeben sich alle zum Königsschloss, wo der König seine mittlerweile kranke und ausgezehrte Frau wieder frei lässt. Ihre Tochter heilt sie mit dem Wasser und heiratet den Prinzen. Die bösen Schwestern werden verbrannt.

Illustration von Otto Ubbelohde, 1909

Das Märchen steht in den Kinder- und Hausmärchen ab dem zweiten Teil der 1. Auflage 1815 (da Nr. 10) an Stelle 96 (es existiert auch eine Handschrift von Grimm und eine von Ludowine von Haxthausen). Grimms Anmerkung beschreibt den Köterberg, um den sechs Dörfer liegen, woher das Märchen stammt (laut einem Brief Wilhelm Grimms fragten sie einen Schäfer). Das „Helo! Helo!“ der Schwestern ist dort übliche Verständigung unter Hirten. Sie vergleichen Märchen bei Wolf, Meier, Pröhle und vor allem Die Geschichte der zwei neidischen Schwestern aus 1001 Nacht (Nacht 756) und Ancilotto Re di Prouino bei Straparola (4,3). Letzteres ähnelt auch la Belle-Etoile bei Aulnoy und ungarisch bei Gaal Nr. 16. Sie betonen die Unabhängigkeit der deutschen Überlieferung, die bald mehr mit der arabischen, bald mit der italienischen übereinstimmt. Der Vogel und die Lilie sind der unsterbliche Geist, vgl. KHM 9, 47, zum Wasser des Lebens vgl. KHM 97. Vgl. später in Bechsteins Deutsches Märchenbuch Nr. 65 Die Knaben mit den goldnen Sternlein.

Der Satz des Königs „Was Gott tut, das ist wohlgetan“, der in die Druckfassung eingefügt wurde, spielt laut Hans-Jörg Uther auf das so lautende Kirchenlied von Samuel Rodigast an.[12]

Im 19. Jahrhundert mündlich überlieferte Texte mit einem heilenden Vogel gehen wohl meist auf eine Fassung Christoph Wilhelm Günthers von 1787 zurück.[13]

Grimms Hinweis auf Wolf bezieht sich wohl auf Die drei Königskinder. Theodor Vernaleken veröffentlichte in seinem Werk Kinder- und Hausmärchen in den Alpenländern (Wien 1863) eine ähnliche Version mit zwei Brüdern, die den Titel Der klingende Baum erhielt.[1]

Nichtdeutsche Versionen

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Eine dänische Version von Evald Tang Kristensen, die im Deutschen den Titel Der sprechende Vogel erhielt, wurde 1902 von ebenjenen nach der Erzählerin Ane Marie Nielsen in Egsgård Mark, Ringive (Ostjütland) aufgezeichnet.[2] Dieser ähnlich ist eine baskische Version aus Wentworth Websters Basque legends (1879),[14] die von Catherine Elizondo erzählt wurde und ins Deutsche als Der singende Baum, der Vogel, der die Wahrheit sagt, und das Wasser, das jung macht übersetzt wurde.[4] Ernst Tegethoffs Übersetzung einer französischen Version von L. Morin bekam im Deutschen den Titel Der Vogel, der alles sagt.[5][15] Eine weitere französische Variante aus Emmanuel Cosquins Contes populaires de Lorraine[16] wurde im Deutschen mit Der Vogel der Wahrheit betitelt.[6] Giovanni Francesco Straparolas italienische Version wurde mit Das tanzende Wasser, der singende Apfel und der leuchtend-grüne Vogel übersetzt.[7] Die 1877 veröffentlichte Version seines Landsmanns Vittorio Imbriani erhielt im Deutschen den Titel Das sprechende Vöglein.[17] Paul Heyses italienischer Version aus seinem Werk Italienische Volksmärchen (München 1914) wurde im Deutschen der Titel Die drei Schwestern gegeben.[8] Eine weitere italienische Version veröffentlichte der Verlag Werner Dausien unter dem Titel Der sprechende Vogel, das tanzende Wasser und der singende Baum.[18]

Frank Wollmans slowakische Version wurde 1942 in Haniska, Prešov von J. Baja nach dem Erzähler Ondrej Pavlík aufgezeichnet. Im Deutschen ehrhielt sie den Titel Das sprechende Vöglein, der singende Baum und das goldgelbe Wasser.[9] Eine bulgarische Version von Knižici bekam im Deutschen die Titel Die drei Schwestern[10] und Drei Schwestern (Solun 1889).[11] Dieser ähnlich ist eine weitere bulgarische Version, die im Deutschen den Titel Die Söhne mit den goldenen Haaren trägt.[11]

Eine kurze rätoromanische Variante, die im Deutschen den Titel Der Vogel, der die Wahrheit sagt bekam, wurde in Camplium bei Trun erzählt und entstammt der Sammlung von Caspar Decurtins. Die erste deutschsprachige Fassung dazu veröffentlichte D. Jecklins 1874 in seinem Werk Volksthümliches aus Graubünden,[19] in dem das Märchen den Titel Vom Vöglein, das die Wahrheit erzählt trägt. Der rätoromanische Urtext des Märchens erschien erstmals 1877 als Igl utschi, che gi la verdat in Romanische Studien von Ed. Boehmer.[20] Der gleiche Text ist auch in der Rätoromanischen Chrestomathie (1901)[21] zu finden.[3]

  • Die symbolische Bedeutung der Zahl Drei in den Märchen.
  • Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Kinder- und Hausmärchen. Mit einem Anhang sämtlicher, nicht in allen Auflagen veröffentlichter Märchen und Herkunftsnachweisen. Hrsg.: Henz Rölleke. 1. Auflage. Band 3: Originalanmerkungen, Herkunftsnachweise, Nachwort. Reclam, Stuttgart 1980, ISBN 3-15-003193-1, S. 186–188, 483–484.
  • Hans-Jörg Uther: Handbuch zu den „Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder Grimm. Entstehung, Wirkung, Interpretation. De Gruyter, Berlin / New York 2008, ISBN 978-3-11-019441-8, S. 219–221.
  • Theodor Vernaleken: Kinder- und Hausmärchen in den Alpenländern, Wien 1863.[1][22]
  • Paul Heyse, Italienische Volksmärchen, Lehmann, München 1914, S. 24–35.[8]
  • Friedrich von der Leyen, Paul Zaunert (Hrsg.): Französische Volksmärchen. Band 2: Aus neueren Sammlungen. Eugen Diederichs-Verlag, Jena 1923, S. 90–95, 330; übersetzt von Ernst Tegethoff.[5]
  • Walter Keller, Lisa Rüdiger (Hrsg. und Übertr.): Die Märchen der Weltliteratur – Italienische Märchen, Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf/Köln 1959, S. 138–153, 381.
  • Ré Soupault (Hrsg. und Übertr.): Die Märchen der Weltliteratur – Französische Märchen. Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf/Köln 1963, S. 132–138, 323.
  • Robert Wildhaber, Leza Uffer (Hrsg.): Die Märchen der Weltliteratur – Schweizer Volksmärchen. Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf / Köln 1971, S. 177–179, 275.
  • Kyrill Haralampieff (Hrsg.): Die Märchen der Weltliteratur – Bulgarische Volksmärchen. Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf / Köln 1971, S. 150–159, 288; aus dem Bulgarischen übersetzt von Kyrill Haralampieff und Johanna Wolf.
  • Felix Karlinger, Erentrudis Laserer (Übers. und Hrsg.): Die Märchen der Weltliteratur – Baskische Märchen, Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf / Köln 1980, S. 14–19, 268.
  • Elena Ognjanowa (Hrsg.): Märchen aus Bulgarien, Insel-Verlag, Leipzig 1987, S. 277–288, 500.
  • Bengt Holbek (Hrsg.): Dänische Volksmärchen. Akademie-Verlag, Berlin 1990, S. 120–133, 275; Übersetzung von Gisela Perlet.
  • Rudolf Schenda (Übers. und Erl.): Die Märchen der Weltliteratur – Märchen aus der Toskana, Eugen Diederichs Verlag, München 1996, S. 65–79, 325–326.
  • Viera Gašparíková (Samm. und Hrsg.): Die Märchen der Weltliteratur – Slowakische Volksmärchen, Eugen Diederichs Verlag, München 2000, S. 139–153, 287–288; übersetzt von Wilfried Fiedler.
Wikisource: De drei Vügelkens – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

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  1. a b c Theodor Vernaleken: Der klingende Baum. sagen.at, abgerufen am 15. Oktober 2024.
  2. a b Bengt Holbek (Hrsg.): Dänische Volksmärchen. Akademie-Verlag, Berlin 1990, S. 120–133, 275; Übersetzung von Gisela Perlet.
  3. a b Robert Wildhaber, Leza Uffer (Hrsg.): Die Märchen der Weltliteratur – Schweizer Volksmärchen, Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf / Köln 1971, 177–179, 275.
  4. a b Felix Karlinger, Erentrudis Laserer (Übers. und Hrsg.): Die Märchen der Weltliteratur – Baskische Märchen. Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf / Köln 1980, S. 14–19, 268.
  5. a b c Ernst Tegethoff: Der Vogel, der alles sagt. In: Französische Volksmärchen. Band 2: Aus neueren Sammlungen. Eugen Diederichs, Jena 1923, Nr. 21, S. 90–95; Digitalisat. zeno.org
  6. a b Ré Soupault (Hrsg. und Übertr.): Die Märchen der Weltliteratur – Französische Märchen. Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf / Köln 1963, S. 132–138, 323.
  7. a b Walter Keller, Lisa Rüdiger (Hrsg. und Übertr.): Die Märchen der Weltliteratur – Italienische Märchen, Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf/Köln 1959, S. 138–153, 381.
  8. a b c Paul Heyse: Die drei Schwestern. In: Italienische Volksmärchen, Lehmann, München 1914, S. 24–35; Digitalisat. zeno.org.
  9. a b Viera Gašparíková (Samm. und Hrsg.): Die Märchen der Weltliteratur – Slowakische Volksmärchen, Eugen Diederichs Verlag, München 2000, S. 139–153, 287–288; übersetzt von Wilfried Fiedler.
  10. a b Kyrill Haralampieff (Hrsg.): Die Märchen der Weltliteratur – Bulgarische Volksmärchen. Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf / Köln 1971, S. 150–159, 288; aus dem Bulgarischen übersetzt von Kyrill Haralampieff und Johanna Wolf.
  11. a b c Elena Ognjanowa (Hrsg.): Märchen aus Bulgarien, Insel-Verlag, Leipzig 1987, S. 277–288, 500.
  12. Hans-Jörg Uther: Handbuch zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. de Gruyter, Berlin 2008, ISBN 978-3-11-019441-8, S. 219–221.
  13. Willem de Blécourt: Vogel, Pferd und Königstochter. In: Enzyklopädie des Märchens. Band 14, De Gruyter, Berlin / Boston 2014, ISBN 978-3-11-040244-5, S. 284.
  14. Wentworth Webster: Basque legends. London 1879, S. 176.
  15. Anmerkungen. In: Französische Volksmärchen. Band 2: Aus neueren Sammlungen. Eugen Diederichs, Jena 1923, S. 322–345; Digitalisat. zeno.org
  16. Emmanuel Cosquin: Contes populaires de Lorraine. Band 1, S. 186.
  17. Rudolf Schenda (Übers. und Erl.): Die Märchen der Weltliteratur – Märchen aus der Toskana, Eugen Diederichs Verlag, München 1996, S. 65–79, 325–326.
  18. Italienische Märchen. Verlag Werner Dausien, Hanau 1971, S. 67–78.
  19. D. Jecklins: Volksthümliches aus Graubünden. 1. Teil. 1874, S. 105.
  20. Igl utschi, che gi la verdat. In: Ed. Boehmer: Romanische Studien. S. 102.
  21. Rätoromanische Chrestomathie. Band 2. 1901, Nr. 13, S. 23.
  22. Theodor Vernaleken: Der klingende Baum. In: Kinder- und Hausmärchen dem Volke treu nacherzählt. 3. Auflage, Wien/Leipzig, 1896 (Nachdruck Hildesheim: Olms, 1980), S. 149–153; Digitalisat. zeno.org.