Der Untertan

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 16. Juli 2008 um 17:08 Uhr durch Kai-Hendrik (Diskussion | Beiträge) (→‎Film: Überall nur 11 Minuten gefunden ...). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der Untertan ist ein Roman von Heinrich Mann, der zwei Monate vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 abgeschlossen wurde.

Publikation

Der Roman erschien 1918 und provozierte bereits nach seiner Veröffentlichung heftige Kontroversen. Während Thomas Mann seinem Bruder „ruchlosen Ästhetizismus“ vorwarf, lobte Kurt Tucholsky das Buch als „Herbarium des deutschen Mannes“. Die Debatte um die Repräsentativität des Untertan als Sinnbild des Wilhelminischen Reiches erhielt Auftrieb in den 1980er Jahren, als Hans-Ulrich Wehler (unterstützt von Ossip K. Flechtheim) die These formulierte, dass „kein Historiker [die Rolle des meinungsbildenden akademischen Bürgertums bei der Verbreitung eines so radikalen, antidemokratischen Nationalimus im Deutschen Kaiserreich] so eindringlich beschreiben konnte“ wie Heinrich Mann.

Intention

Der Untertan persifliert die wilhelminische Epoche und besticht durch seine genaue Analyse der Situation der damaligen Zeit. Heinrich Mann diagnostiziert die nationalistische Politik sowie die Machtverhältnisse seiner Epoche unter der Regierung Wilhelms II.

Inhalt

Der Roman erzählt von Diederich Heßling als Beispiel für einen bestimmten Typ Mensch in der damaligen deutschen Gesellschaft. Heßling ist obrigkeitshörig, feige und ohne Zivilcourage. Er ist ein Mitläufer und Konformist. Heinrich Mann erzählt mit ironischer Distanz Heßlings Lebensgeschichte von dessen Kindheit bis hin zur Sicherung seiner Stellung in der wilhelminischen Gesellschaft. Er wird dargestellt als Stammtischagitator, Herr über einen Betrieb und damit Kämpfer gegen das Proletariat, Beherrscher der Familie und intriganter Kumpan des im Grunde verhassten Sozialdemokraten Napoleon Fischer. An eine Kette solcher Episoden, denen Zitate aus Kaiserreden als Leitfaden dienen, wird Heßling einerseits als Tyrann dargestellt, dem die Hierarchie der Gesellschaft des Kaiserreichs Macht verschafft, andererseits als Untertan, der von der „Zugehörigkeit zu einem unpersönlichen Ganzen, zu diesem unerbittlichen, menschenverachtenden, maschinellen Organismus“ geprägt ist und unter ihm leidet.

Heßling identifiziert sich mit den Weltmachtambitionen der radikalen Nationalen, die den kommenden Weltkrieg herbeiwünschen. Bei der Einweihung eines kaiserlichen Denkmals, in der sich Heßling selber als Bürger der Zeit beschreibt, wird die Ordnung durch ein apokalyptisch anmutendes Gewitter aufgelöst. Als kritischen Gegensatz zu Heßling lässt Heinrich Mann als Darstellung des verkümmernden Liberalismus den Vater eines Freundes, den 1848er-Revolutionär Buck, im Angesicht Heßlings sterben.

Das Vorwort

„Dieses Buch wurde im Juli 1914 vollendet.“

Heinrich Mann beschrieb sehr deutlich, aus welchen Einstellungen heraus Deutschland in den verhängnisvollen Weltkrieg getrieben wurde.

Adaptionen

Film

1951 wurde der Roman von Wolfgang Staudte mit Werner Peters in der Hauptrolle erfolgreich verfilmt. Regisseur und Hauptdarsteller erhielten dafür den Nationalpreis der DDR. Staudtes Film wurde in der Bundesrepublik der Adenauer-Ära erst 1956 und auch dann nur in einer um 11 Minuten gekürzten Fassung freigegeben. Erst etwa dreißig Jahre später wurde er auch dort ungekürzt gezeigt. siehe: Der Untertan (Film)

Hörspiel

Der Westdeutsche Rundfunk produzierte den Roman 1971 als Hörspiel (Länge: 349 Minuten) in der Bearbeitung von Walter Andreas Schwarz und unter der Regie von Ludwig Cremer. Die Hauptrollen übernahmen Heinz Drache als Diederich Heßling und Heiner Schmidt und Walter Andreas Schwarz als Erzähler. Weitere Hauptfiguren sprachen: Heinz von Cleve: Herr Heßling, Irmgard Först: Frau Heßling, Walter Jokisch: Herr Göppel und Veronika Bayer: Agnes Göppel.

Sekundärliteratur

  • Schlewitt, Jörg, Heinrich Mann: Der Untertan. Königs Erläuterungen und Materialien (Bd. 348). Hollfeld: Bange Verlag 2005. ISBN 978-3-8044-1741-0
  • Emmerich, Wolfgang, Heinrich Mann. Der Untertan, München 1980.
  • Alter, Reinhard, Heinrich Manns Untertan - Prüfstein für die "Kaiserreich-Debatte"?, in: Geschichte und Gesellschaft, 17(1991), S.370-389.