Diethylenglycoldinitrat

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Strukturformel
Strukturformel von Diethylenglycoldinitrat
Allgemeines
Name Diethylenglycoldinitrat
Andere Namen
  • Diethylenglykoldinitrat
  • Diglycoldinitrat
  • Didi
  • Bis(hydroxyethyl)etherdinitrat
  • DEGN
  • DEGDN
  • Oxydiethylendinitrat
Summenformel C4H8N2O7
Kurzbeschreibung

farblose bis gelbliche Flüssigkeit[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 693-21-0
EG-Nummer 211-745-8
ECHA-InfoCard 100.010.679
PubChem 61198
Wikidata Q5275149
Eigenschaften
Molare Masse 196,12 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig[1]

Dichte

1,377 g·cm−3 (25 °C)[1]

Schmelzpunkt
  • −11,3 °C (labile Form)[1][2]
  • 2 °C (stabile Modifikation)[2]
Siedepunkt

160 °C (wenn rasch erhitzt)[2]

Dampfdruck

0,48 Pa (20 °C)[1]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[3] ggf. erweitert[1]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 200​‐​300​‐​310​‐​330​‐​373​‐​412
P: 201​‐​280​‐​301+310​‐​302+352+310​‐​304+340+310​‐​373[1]
Toxikologische Daten

753 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Diethylenglycoldinitrat ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der Salpetersäureester. Sie wurde erstmals 1927 von William H. Rinkenbach beschrieben.[2][4]

Gewinnung und Darstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Diethylenglycoldinitrat kann wie Nitroglycerin durch Nitrieren von Diethylenglycol mit Mischsäure diskontinuierlich oder kontinuierlich hergestellt werden.[5]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Diethylenglycoldinitrat ist eine ölige, farblose bis gelbliche, explosive Flüssigkeit. Sie zersetzt sich bei Erhitzung über 190 °C.[1]

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Diethylenglycoldinitrat wird zur Herstellung von raucharmen, erosionsgeminderten „kalten“ Pulvern eingesetzt. Im 2. Weltkrieg war es zusammen mit Cellulosenitrat, Centralit und Kaliumsulfat Bestandteil von deutschen Geschützpulvern.[2] Die Sprengkraft beträgt nur etwa 2/3 von der des Glycerintrinitrats, es ist auch weniger schlagempfindlich. Es kann mit Collodiumwolle gelatiniert werden.[6]

Sicherheitshinweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Diethylenglycoldinitrat reagiert durch Schlag oder Reibung, Erwärmung oder andere Zündquellen mit raschem Zerfall unter Bildung großer Gasmengen.[1] Die Verbindung ist ein Methämoglobin-Bildner und ähnlich toxisch wie Nitroglycerin. Seine Dämpfe oder Resorption über die Haut verursachen Kopfschmerzen.[2]

Diethylenglycoldinitrat wurde 2016 von der EU gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) im Rahmen der Stoffbewertung in den fortlaufenden Aktionsplan der Gemeinschaft (CoRAP) aufgenommen. Hierbei werden die Auswirkungen des Stoffs auf die menschliche Gesundheit bzw. die Umwelt neu bewertet und ggf. Folgemaßnahmen eingeleitet. Ursächlich für die Aufnahme von Diethylenglycoldinitrat waren die Besorgnisse bezüglich hohes Risikoverhältnis (Risk Characterisation Ratio, RCR) sowie der Gefahren ausgehend von einer möglichen Zuordnung zur Gruppe der PBT/vPvB-Stoffe, der möglichen Gefahren durch krebsauslösende und reproduktionstoxische Eigenschaften sowie als potentieller endokriner Disruptor. Die Neubewertung fand ab 2016 statt und wurde von Italien durchgeführt. Anschließend wurde ein Abschlussbericht veröffentlicht.[7][8]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h i j k Eintrag zu Diethylenglykoldinitrat in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 3. Januar 2023. (JavaScript erforderlich)
  2. a b c d e f g h Eintrag zu Diethylenglycoldinitrat. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 25. März 2018.
  3. Eintrag zu Diethylenglycoldinitrat im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 30. März 2018. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  4. Patent US1686344A: Diethylene glycol dinitrate and process of preparing same, abgerufen am 25. März 2018.
  5. Josef Köhler, Rudolf Meyer, Axel Homburg: Explosivstoffe. John Wiley & Sons, 2012, ISBN 3-527-66007-0 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Lexikon der Chemie: Diethylenglycoldinitrat, abgerufen am 25. März 2018.
  7. Europäische Chemikalienagentur (ECHA): Substance Evaluation Conclusion and Evaluation Report.
  8. Community rolling action plan (CoRAP) der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA): Oxydiethylene dinitrate, abgerufen am 2. Mai 2020.