Diskussion:Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses

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Richard Glazar[Quelltext bearbeiten]

Die Verlinkung zu Richard Glazar aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie (Weitergeleitet von Richard Goldschmid), muss falsch sein, da er zu dem Zeitpunkt erst 13 Jahre alt war. Dies führt zu Verwirrungen. Also bitte löscht den Link oder schreibt einen Artikel über die eigentliche Zielperson. --Trollius 09:05, 16. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]

Überarbeiten + Lückenhaft[Quelltext bearbeiten]

Bislang erfährt man in dem Artikel mehr über den Entwurf eines Sterilisationsgesetzes des Preußischen Landesgesundheitsrats (1932) und über die Entwicklung nach 1945 als über das GzVeN selbst. Es fehlen Angaben darüber, wie das Gesetz 1933 zu Stande kam, wer an der Abfassung beteiligt war, was im einzelnen bestimmt wurde, auf wen das Gesetz abzielte und wie es umgesetzt wurde.--Assayer 01:17, 1. Nov. 2010 (CET)[Beantworten]

Ich bin nicht der Meinung, dass die Mängel eines Artikeltexts dadurch behoben werden, dass man sie ignoriert. Nicht einer der von mir bereits vor über einem Jahr genannten Punkte wird bislang auch nur ansatzweise abgehandelt:
Die Literaturangaben sind reichlich und, nein, ich kann nicht alles selbst schreiben.--Assayer 00:39, 2. Dez. 2011 (CET)[Beantworten]
Ich möchte gern die Fehlende-Belege-Box entfernen und stoße auf diese Liste hier. Der preußische Entwurf ist wesentliche Grundlage für die Abfassung dieses Gesetzes, daher naheliegend einbezogen. Das Gesetz ist ein Regierungsgesetz, kam also ohne den Reichstag zustande, was aber kein Alleinstellungsmerkmal und durch den Gesetzestext explizit ist. Die Entwicklung ist aus meiner Sicht in angemessenem Umfang und durch die Angabe der Quellen nachvollziehbar dargestellt. Die Umsetzung ist deutlich, soweit sie auf das Gesetz zurückzuführen ist. Gesetzeswidrige Abweichungen sehe ich jenseits des Artikelgegenstandes, soweit sie nicht durch späteren Wortlaut (gern auch der Durchführungsbestimmungen) aufgegriffen werden. --Aktenstapel (Diskussion) 13:00, 5. Sep. 2021 (CEST)[Beantworten]
Welche Fehlende-Belege-Box möchtest Du bitte entfernen? Im Artikel findet sich weder eine solche "Box" noch die Vorlage:Belege fehlen, sondern ein Verweis auf Wikipedia:Lückenhaft. Die von mir vor über 10 Jahren bezeichneten Lücken wurden bislang nicht behoben. Dass das Gesetz ein Regierungsgesetz sei, ist ein Allgemeinplatz. Es geht um das konkrete Zustandekommen, etwa darum, dass der Kommentar wichtiger für die Praxis war als der Gesetzestext. Überhaupt fehlt etwa jeder Hinweis auf die "Rheinlandbastarde", also auf Zwangssterilisationen aus rassischen Gründen entgegen dem GzVeN. Insbesondere fehlt jegliche Darstellung von Umsetzung und Praxis. Das ist bei einem Gesetz, das als "Paukenschlag" der NS-Rassenpolitik angesehen wird, eine gravierende Lücke, da sie die historiographische Bewertung ignoriert.--Assayer (Diskussion) 22:09, 6. Sep. 2021 (CEST)[Beantworten]
Ich möchte die Angabe {{Lückenhaft}} entfernen und sehe ein, dass ich das oben ungenau bezeichnet habe. Gründe dafür habe ich oben angegeben. Dass der Kommentar wichtiger als der Gesetzestext war, ist möglich, müsstest du aber belegen. Zwangssterilisationen aus rassischen Gründen gab es sicherlich. Das waren NS-Verbrechen, die allerdings ungesetzlich waren und nicht dem Artikelgegenstand folgen. Ein NS-Paukenschlag war das Gesetz nicht, wenn man bedenkt, dass ein weitgehend übereinstimmender Rechtsakt sicher auch ohne die Machtübernahme erlassen worden wäre. Das ist lückenlos dargestellt.--Aktenstapel (Diskussion) 03:21, 7. Sep. 2021 (CEST)[Beantworten]
Wir haben darüber bereits im Thread "vermeintlicher „Erbkranker“" auf dieser Seite diskutiert. Zur Erinnerung: Dass der Einfluss des Kommentars für den praktischen Vollzug des GzVeN nicht zu überschätzen sei, argumentiert Ley auf S. 47. Dass sich die tatsächliche, die sozialrassistische und ökonomische Stoßrichtung des Gesetzes sich nicht aus dem Gesetzestext, sondern aus dem Kommentar ergab, begründet Christians (2017), S. 60. "Paukenschlag" ist die Bewertung von Hans-Walter Schmuhl (zitiert von Christians) in dem Band Medizin und NS (2011), hg. von Jütte et al. In dieser wie auch weiterer Literatur wird auch nachdrücklich gezeigt, dass ohne den NS kein "weitgehend übereinstimmender Rechtsakt" erlassen worden wäre, schon gar nicht "sicher", bzw. die Unterschiede zwischen der NS-Zwangssterilisation und den Sterilisationsplänen vor 1933 aufgezeigt. Mir scheint, dass die Lücken im Artikel gerade was die NS-Spezifik angeht doch recht augenfällig sind.--Assayer (Diskussion) 05:02, 7. Sep. 2021 (CEST)[Beantworten]
Bis auf das Wort Paukenschlag steht das im zweiten Absatz zur Entstehungsgeschichte. Worin der Rechtsakt nicht mit seinem preußischen Entwurf übereinstimmt, ist die Möglichkeit des beamteten Arztes oder Anstaltsleiters zur Anwendung von Zwang (§ 3). Ich sehe den Paukenschlag im preußischen Entwurf. Ich kann kaum etwas einwenden, wenn die Bewertung Hans-Walter Schmuhls erst auf die Möglichkeit des Zwangs bezogen wird, außer, dass er das selbst wohl offenlässt und ich eine Gefahr darin erkenne, alle Ungerechtigkeit der Welt erst mit den Nazis aufkommen und schon mit deren Untergang gebannt zu sehen. Umsetzung und Praxis wird insbesondere in Zielgruppen und Auswirkungen dargestellt, vielleicht kann die Überschrift repräsentativer gewählt werden. Aber wenn du die Box erst entfernen willst, wenn die Historiographie hier vollständig wiedergegeben wird, dann bleibt die Box halt drin, um den Artikel zu beschränken.--Aktenstapel (Diskussion) 11:02, 7. Sep. 2021 (CEST)[Beantworten]

War oder ist? (erl.)[Quelltext bearbeiten]

In der Einleitung steht

Das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses [...] war ein deutsches Gesetz.

Weiter unten steht aber

Das Gesetz wurde bis heute nicht aufgehoben.

Ist es jetzt noch ein Gesetz oder nicht? --MushroomCloud 16:13, 28. Nov. 2010 (CET)[Beantworten]

wurde später aufgehoben, steht jetzt im Text. --Cholo Aleman (Diskussion) 17:17, 28. Okt. 2013 (CET)[Beantworten]

Liste der Krankheiten[Quelltext bearbeiten]

Was haben die Nazis mit diesen 7 Krankheiten gemeint - in der heutigen medizinische Terminologie? --Forscher 22:17, 25. Jun. 2011 (CEST)[Beantworten]

Ich glaub, ich habe das jetzt halbwegs hingebracht. Vielleicht kann einer drüberschaun? --Forscher 22:54, 25. Jun. 2011 (CEST)[Beantworten]

"vermeintlicher „Erbkranker“"[Quelltext bearbeiten]

Warum wird eigentlich in gefühlt 90% aller Fälle das Wort "vermeintlich" falsch verwendet? Gleiches gilt für den sinnlosen Einsatz von Anführungszeichen. "Vermeintlich" setzt eine irrtümliche Annahme voraus. Das heißt, die Leute waren gar nicht erbkrank. Es sollten demnach gesunde Personen sterilisiert werden, oder jedenfalls solche, die nicht erbkrank waren. Was für ein Unsinn.(nicht signierter Beitrag von 178.12.238.174 (Diskussion) 11:00, 23. Apr. 2018)

Habe die Stelle überarbeitet. Aktenstapel (Diskussion) 14:11, 12. Jul. 2018 (CEST)[Beantworten]
@Aktenstapel: Was die IP kritisiert, trifft zu: Das Wort "vermeintlich" soll klar stellen, dass die meisten der unter dem Gesetz (Zwangs-)Sterilisierten gar nicht erbkrank waren. Das ist aber kein Unsinn, sondern Forschungsstand zur Zwangssterilisation im NS. Deswegen ist Deine Überarbeitung unhaltbar, weil sie suggeriert, lediglich erbkranke Menschen würden sterilisiert. Das übernimmt die Logik der Medizin im NS, die schon seinerzeit medizinisch nicht haltbar war.--Assayer (Diskussion) 14:50, 12. Jul. 2018 (CEST)[Beantworten]
Ich verstehe dein Anliegen. Dennoch besteht hier ein Konflikt zwischen dem heutigen und dem systematischen Begriff „erbkrank“, den das Gesetz erst definiert und der hier, da es um die Rechtsnorm geht, so anzuwenden ist. Jemand wäre hier erst dann vermeintlich erbkrank, wenn er an keiner der in § 1 Abs. 2 des Gesetzes aufgezählten Krankheiten leidet. Ist Forschungsstand, dass ganz oder überwiegend Menschen nach diesem Gesetz sterilisiert wurden, die weder an einer der aufgezählten Krankheiten litten noch an schwerem Alkoholismus? Dann wäre ich bereit, hier das Wort vermeintlich zu gebrauchen. Bis dahin kann ich als Kompromiss nur anbieten, die klarstellenden (aus meiner Sicht aber redundanten) Wörter "im Sinne des Gesetzes" einzufügen. Aktenstapel (Diskussion) 15:00, 12. Jul. 2018 (CEST)[Beantworten]
Nein, jemand ist auch dann nur vermeintlich "erbkrank", wenn das Gesetz Krankheitsbilder definiert, die gar keine Erbkrankheiten sind. Es ist Forschungsstand, dass die "Erbkrankheiten" im Sinne des Gesetzes weit überwiegend keine Erbkrankheiten waren. So haben sich Gütt/Rüdin/Ruttke für die seinerzeit weiteste Schizophrenie-Definition entschieden. Exogen bedingte Epilepsie hielten sie für besonders selten. Besonders unbestimmt war das Krankheitsbild "Schwachsinn", das in der Praxis etwa pauschal den Sinti und Roma unterstellt wurde, und es ist Forschungsstand, das von einem Leiden an einer Krankheit da keine Rede sein kann. In der Praxis machten die psychiatrischen Krankheitsbilder Schwachsinn, Schizophrenie, zirkuläres Irresein und Epilepsie 95% der Fälle von Zwangssterilisationen aus. Die Diagnose "Schwachsinn" allein machte 50% aus. Auch wenn die Erbkrankheit Chorea Huntington im Gesetz genannt wird, ist sie deshalb für die Praxis zu vernachlässigen. In ihrem Beitrag zum Sammelband Die Nünberger Gesetze - 80 Jahre danach (Göttingen 2017) hat Annemone Christians es so formuliert: Damit fand fünf Monate nach der Machtergreifung eine gesetzliche Grenzziehung zwischen "erbgesunden" Menschen und vermeintlich erblich "Belasteten" statt. Das GzVeN sprach jenen "Belasteten", "Kranken" und "Untüchtigen" die Berechtigung zu Nachkommenschaft ab und nahm ihnen damit de facto ihre körperliche und familiäre Selbstbestimmung. Als "Erbkrankheiten" definierte das Erbgesundheitsgesetz insgesamt neun Krankheitsbilder: (Die NS-Sterilisationsgesetzgebung, S. 60). Vgl. auch ihre weiteren Ausführungen zur Bemäntelung der vererbungswissenschaftlichen Schwachstellen, wobei die Diagnostik in den Mittelpunkt gerückt wurde und zu heftigen Fachdiskussionen führte. Die unkritische Übernahme der Normen und Praxis des GzVeN ist nicht akzeptabel. --Assayer (Diskussion) 15:47, 12. Jul. 2018 (CEST)[Beantworten]
Das Gesetz enthält keine Definition für Schizophrenie. Es verweist unter anderem auf die „Erfahrungen der ärztlichen Wissenschaft“. Dies ist die Diskussion zum Artikel über das Gesetz. Dieses Gesetz legt den Begriff „erbkrank“ fest. Das Gesetz nennt „Krankheiten“ in § 1 Abs. 2 (definiert sie nicht). Teilweise werden diese Krankheiten durch das Attribut „erblich“ näher bestimmt. Wenn diese Krankheiten nach wissenschaftlichen Erfahrungen nicht erblich sind, dann wird es niemanden geben, der daran leidet. Sprechen wir vom selben Gesetz? Der Begriff des erblich "Belasteten", den Annemone Christians verwendet/zitiert, lässt sich im Gesetz nicht lokalisieren. Ich kann im Gesetz nicht die Rede von "Belasteten", "Kranken" oder "Untüchtigen" finden. Das passt dann wohl besser in einen Artikel zur jeweils zitierten Quelle. Meinst du, dass nach heutiger wissenschaftlicher Erfahrung erbliche Blindheit (z. B. LCA) überwiegend keine Erbkrankheit ist? Aktenstapel (Diskussion) 16:31, 12. Jul. 2018 (CEST)[Beantworten]
Deinen Edit-Kommentar "die übernahme der normen des GzVeN ist in der sache inakzeptabel u. widerspricht der historischen Forschung" finde ich inakzeptabel. Dies ist ein Artikel, der sich mit einer historischen Rechtsquelle befasst. Es ist nicht der Artikel zur Rassenhygiene o. ä. Es muss erlaubt sein, den Wortlaut der Hauptquelle zu zitieren. Die historische Forschung muss wohl einräumen, dass der zitierte Wortlaut, den du entfernt hast, der amtliche aus dem Reichsgesetzblatt ist, sich aber nicht deinen Missbrauch gefallen lassen. Aktenstapel (Diskussion) 16:39, 12. Jul. 2018 (CEST)[Beantworten]

Assayer, es ist falsch, dass die im Gesetz genannten Krankheiten überwiegend keine Erbkrankheiten sind:

  1. angeborener Schwachsinn: z. B. Fragiles-X-Syndrom
  2. erblicher Veitstanz: Chorea Huntington
  3. erbliche Blindheit: z. B. Lebersche Congenitale Amaurose
  4. erbliche Taubheit: genetisch bedingte Schwerhörigkeit
  5. schwere erbliche körperliche Mißbildung: genetisch bedingte Fehlbildung

Bei den übrigen können nur die Anlagen vererbt werden, übrigens auch beim Alkoholismus, den das Gesetz nicht unter bei der Einführung des Begriffs „erbkrank“ erwähnt. --Anna-Sabine (Diskussion) 17:09, 12. Jul. 2018 (CEST)[Beantworten]

Zum Gesetz gehört nicht nur der reine Gesetzestext, sondern auch die Begründung, die Erläuterungen, die Ausführungsverordnungen und der Kommentar von Gütt/Rüdin/Ruttke. In der Begründung zum Gesetz findet sich bspw. die Rede von den "erblich Belasteten" (Reichskanzlei 1933, Nr. 172; zit. nach Gütt/Rüdin/Ruttke, 1934, S. 60). Eine historische Rechtsquelle kann man nicht lediglich wörtlich als für sich selbst sprechende Quelle behandeln. Ein Artikel zum GzVeN ist natürlich auch ein Artikel zur und über Rassenhygiene. Wie gezeigt waren in der Praxis Krankheitsbilder wie erbliche Blindheit von geringer Bedeutung und die Betroffenen auch nicht die eigentliche Zielgruppe. (Es ist unerheblich, ob 5 von neun genannten Krankheitsbildern als Erbkrankheiten angesehen werden, wenn zu 95% nach den anderen Krankheitsbildern sterilisiert wird.) Eine Quelle in der Einleitung zu zitieren, um mit dem Zitat den Artikelgegenstand zu definieren (Wer „erbkrank“ ist, konnte durch chirurgischen Eingriff sterilisiert werden,), ist nicht akzeptabel, weil es die Definition des GzVeN übernimmt und damit auch die psychiatrischen Indikationen zu "Erbkrankheiten" erklärt, ohne den Prozess der Etikettierung zu berücksichtigen. --Assayer (Diskussion) 17:32, 12. Jul. 2018 (CEST)[Beantworten]

Zum Gesetz gehört in erster Linie sein Wortlaut. Nicht irgendeine Quelle habe ich in der Einleitung zitiert, sondern den Artikelgegenstand.

Ich stimme dir zu, dass es unerheblich ist, ob die in § 1 Abs. 2 aufgeführten Krankheiten heute überwiegend als Erbkrankheiten angesehen werden, denn das Gesetz ist heute außer Kraft. Der Einwand von Anna-Sabine zielt wohl auf den von dir behaupteten Forschungsstand ab, dass die "Erbkrankheiten" im Sinne des Gesetzes weit überwiegend keine Erbkrankheiten wären. Stand die Aufzählung damals im Widerspruch zum Stand in der Medizin von 1933?

Kannst du einen Beleg dafür erbringen, dass überwiegend Personen, die nicht „erbkrank“ im Sinne des Gesetzes waren, sterilisiert wurden? (Etwa den mir nicht zur Verfügung stehenden Gütt/Rüdin/Ruttke, steht der im Widerspruch zur damaligen wissenschaftlichen Erfahrung?) Wie sonst willst du das hier kritisierte Wort "vermeintlich" rechtfertigen? Dadurch, dass sich Normadressaten nicht ans Gesetz gehalten haben? Dadurch, dass die heutigen wissenschaftlichen Erfahrungen von den historischen abweichen? (Dann bitte wenigstens ohne Anführungszeichen nach dem Wort "vermeintlich". Es ist dann keine Aussage über den Artikelgegenstand.) Aktenstapel (Diskussion) 12:05, 13. Jul. 2018 (CEST)[Beantworten]

Angesichts Deiner Frage nach Belegen stellt sich mir die Frage: Hast Du Dich überhaupt schon einmal mit dem GzVeN und der Praxis der Zwangssterilisationen beschäftigt und welche Literatur kennst Du? Da ich sie schon erwähnt hatte, bleibe ich mal bei Annemone Christians. Sie charakterisiert das GzVeN als erste Phase formal legitimierter Ausgrenzung im "Dritten Reich" (S. 66). In ihrer Diss. Amtsgewalt und Volksgesundheit (2013) weist sie auf die Handlungsspielräume des GzVeN hin und spricht von einem rassehygienischen Verfolgungsaparat und den handelnden Ärzten und Richtern als Tätern. (S. 167) Dabei betont sie die Radikalität des GzVeN, die sowohl mit ihrem Zwangscharakter als auch mit der Benennung der vermeintlichen, eine Sterilisation begründenen "Erbkrankheiten" einherging. (S. 161) Das GzVeN habe den Weg für den Einzug einer rassenhygienisch ideologisierten Rechtsauffassung in die deutsche Gerichtsbarkeit geebnet. (S. 166) (Zum Sinn des Gebrauchs von Anführungszeichen gerade in diesem Kontext vgl. Gisela Bock, Zwangssterilisation im NS,(1986), S. 74ff.) Zur Frage nach dem Verhältnis von Gütt/Rüdin/Ruttke zum (damaligen) Stand der Medizin vgl. bspw. Uwe Gerrens, Medizinisches Ethos und theologische Ethik (1996). Er diskutiert auf S. 31ff. die materialrechtliche Seite des "Erbgesundheitsgesetzes" und zeigt z. B., dass bei den ersten drei Indikationen (Schwachsinn, Schizophrenie, zirkuläres Irresein) Erblichkeit pauschal vorausgesetzt wurde, weil, so die amtliche Begründung, der "Erbgang" "wissenschaftlich hinreichend erforscht sei". Das stand bspw. im Widerspruch zum Diagnoseschema des Deutschen Vereins für Psychiatrie vom 21. April 1933, das keinen "erblichen Schwachsinn" kannte, weil es nach Meinung der meisten Psychiater keine empirische Methode gab, „erblichen Schwachsinn" von „Schwachsinn ohne nachweisbare Ursache" zu unterscheiden. (S. 31f.) Weiteres zu den anderen "Erbkrankheiten" dann bitte a.a.O. nachlesen. Nur noch ein Hinweis zur "erblichen Taubheit". Das war für Gütt/Rüdin/Ruttke jede angeborene Taubheit, bei der keine Infektionskraknheiten oder Verletzungen als Ursachen nachgewiesen werden konnten, also auch Otosklerose, über die man damals nichts genaues wusste. Aber auch Taubheit nach Mittelohrentzündung hielten die Kommentatoren für erblich, wenn eine "vererbbare Disposition zur Mittelohrentzündung" vorliege. (S. 37f.) Gerrens resümiert, dass der politische Wille zu sterilisieren größer gewesen sei als die gründliche wissenschaftliche Überlegung, welche Krankheiten überhaupt als Erbkrankheit in Frage kamen. (S. 41).--Assayer (Diskussion) 13:21, 13. Jul. 2018 (CEST)[Beantworten]
Hatte man damals also mehr Vermutungen als Gewissheit? -- 88.77.168.132 12:47, 14. Jul. 2018 (CEST)[Beantworten]
Man hatte damals offenbar Gewissheit, wo man besser nur Vermutungen hätte haben sollen. Ich bin immer noch nicht überzeugt, gleichzeitig das Wort "vermeintlich" und Anführungszeichen bei den "Erbkranken" zu verwenden. Begründet hatte ich das bereits oben.
Man war überzeugt, dass der Erbgang für die in § 1 Abs. 2 genannten Krankheiten hinreichend wissenschaftlich erforscht wäre. Gerrens Resümee, so sehr ich es den Braunen gönne, kann ich aber nicht nachvollziehen. Denn, so die amtliche Begründung, das Gesetz habe "sich absichtlich auf ... Krankheiten beschränkt", in der Sorge des "Verlust(es) wertvollen Erbgutes". Das klingt nach einer engen Fassung aus Sicht des Gesetzgebers. Schließlich hatte das preußische Vorbild des Gesetzes keine Diagnosen aufgezählt. Aktenstapel (Diskussion) 16:35, 22. Jul. 2018 (CEST)[Beantworten]
Das hat doch nichts damit zu tun, wem man was gönnt, sondern mit dem historischen Forschungsstand. Hier die amtliche Begründung der Nazis gegen die historische Forschung zu stellen, ist doch arg positivistisch gedacht. Wie Astrid Ley in Zwangssterilisation und Ärzteschaft (2004) ausführt, vedeutlichte in der amtlichen Begründung bereits der dabei hergestellte Zusammenhang von Erbkrankheit und "Minderwertigkeit", dass die im GzVeN genannten Krankheitsbilder im Verfahren "als medizinisch begründete Werturteile fungierten". Die einzelnen Krankheitsbilder hätten "letztlich nur als Chiffren für den Befund "Erbminderwertigkeit"" gedient (S 38). Verglichen mit der preußischen Gesetzesvorlage von 1932, die gewiß kein "Vorbild", sondern allenfalls ein Vorläufer des GzVeN war, argumentiert Ley, dass beim Gesetz von 1932 der Kreis der potentiell Betroffenen unpräziser und damit "anscheinend weiter gefaßt" [m. Hervoh.] gewesen sei (S. 37). Außerdem fielen, im Gegensatz zu 1932, die nicht manifest erkrankten "Nur-Anlageträger" grundsätzlich nicht unter das Gesetz, was die Rede von den "wissenschaftlich hinreichend erforscht[en]" Erbganges konterkariert. (S. 37f.) Dann geht Ley auf die diagnostischen Probleme im Licht der damaligen medizinischen Ursachenforschung ein. Sie charakterisiert abschliessend die von Gütt/Rüdin/Ruttke entworfene Diagnostik als eugenisch motiviert, bei der außermedizinische Kriterien von erheblicher Bedeutung waren. (S. 64-66)--Assayer (Diskussion) 17:32, 22. Jul. 2018 (CEST)[Beantworten]
Das Wort "anscheinend" wechselt durch deine Hervorhebung nicht seine Bedeutung. Es steht für "sich zeigen". Damit redet Ley mein Argument. (Dachtest du an das Wort "scheinbar", was da nicht steht?) Wie die "historische Forschung" erlaube ich mir, die Quellen zu interpretieren (und komme zum selben Ergebnis wie Ley).
Schade, dass wir hier bislang kaum weiterkommen. Ich habe oben beschrieben, welche Quelle nötig wäre. Die angeführte Sekundärliteratur enthält keinen Hinweis darauf, dass von der gesetzlichen Definition des Begriffs "erbkrank" in größerem Maße abgewichen wurde. Damit lässt sich das Wort "vermeintlich" (inhaltlich übrigens sehr verwandt mit dem Wort "scheinbar") nicht korrekt anwenden. Aktenstapel (Diskussion) 18:59, 1. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Gab es in den 1930er Jahren bereits humangenetische Diagnostik? Ich halte das nicht für möglich. Ein Blick in die Enzyklopädie Medizingeschichte könnte Klarheit schaffen. Ohne humangenetischen Befund ist jedoch jede Zuordnung eines individuellen Krankheitsfalles zur Kategorie "Erbkrankheit" noch nicht mal eine zulässige Theorie. Die Liste ("gesetzliche Definition") ist medizinisch unseriös. Die Verlinkungen im Artikel helfen, das schnell zu erkennen. Das in der Artikeleinleitung verwendete Attribut "vermeintlich" ist sehr zutreffend. --TrueBlue (Diskussion) 20:38, 1. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
@Aktenstapel. Leys Darstellung des preußischen Gesetzentwurfs muss sich auf den Entwurfstext beschränken. Ob der Kreis der Betroffenen tatsächlich weiter gefaßt gewesen wäre als beim GzVeN, darüber läßt sich keine Aussage treffen. Das GzVeN und der kanonische Kommentar eröffneten hingegen Ärzten und Richtern einen großen Ermessensspielraum, von dem Gebrauch gemacht wurde. Wenn Du "erbkrank" im Sinne des Gesetzes als soziales, moralisches und auch politisches Werturteil verstehst, anerkennst, dass die "neun Krankheitsbilder für den Vollzug des GzVeN im Grunde nebensächlich waren" (Ley, S. 39) und die Definitionsmacht in den Händen der Antragsteller und Gutachter lag (Christians 2013, S. 166) und ferner bedenkst, dass die Praxis "Züge einer Klassenjustiz" (Jürgen Simon) trug, dann wurde von der vorgegebenen Definition nicht abgewichen, bzw., vielleicht genauer, im Sinne des Gesetzes gehandelt. Aber mit Erbkrankheiten im landläufigen Sinn, bzw. nach heutigem Verständnis hat das nichts zu tun. Diese Diskrepanz drückt sich in dem Wort "vermeintlich" aus. Dass die Sekundärliteratur in diesem Zusammenhang von vermeintlichen "Erbkrankheiten" spricht, habe ich belegt.--Assayer (Diskussion) 21:10, 1. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Ley beschränkt sich nicht auf den Entwurf, wenn sie den Komparativ verwendet. Ich stimme doch zu, dass der materielle Gehalt des Gesetzes furchtbar ist. Ich stimme auch zu, dass die Betroffenen zumindest überwiegend vermeintlich erbkrank waren. Der heutige Begriff ist jedoch ein anderer als der damals gesetzlich normierte. Dass erbliche Leiden nicht erst von Nazis erfunden und lange vor humangenetischen Diagnosemöglichkeiten erforscht wurden (Galton, Nettleship, etc.) lässt sich leicht belegen.
Was spricht denn dagegen, die Anführungszeichen wegzulassen? Das Wort "vermeintlich" sagt doch bereits alles. Mit Anführungszeichen entsteht der Eindruck des Quellenzitats und dass die Betroffenen nicht unter den gesetzlich normierten Begriff fallen würden, was bislang zumindest unbelegt ist. Ich kann aber auch mit Anführungszeichen leben, wenn das Wort "vermeintlich" entfällt. Aktenstapel (Diskussion) 21:51, 1. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
"Erbkranke" verlinkt auf den WP-Artikel Erbkrankheiten, der sich bemüht die heutigen Begriffsbedeutungen zu klären. Zu kurz kommt dabei die Begriffsgeschichte. Schon in der Antike gab es die Vorstellung, dass Eltern ihnen ähnliche Kinder erzeugen. Und bereits Platon soll in seinen Betrachtungen zum Staat die Ausmerzung von "unheilbar Kranken" und "sittlich Minderwertigen" gefordert habe. Bei Johann Peter Frank (1745-1821) findet sich dann die Meinung, dass "Venerische" (= veralteter Begriff für "Geschlechtskranke") und "Lungensüchtige" (= Tuberkulosekranke) ihr Übel bis in die 5. Generation vererben würden. Damit gab es noch vor den Mendelschen Regeln eine (irreführende) ärztliche Theorie zur Erblichkeit von Erkrankungen. Diese Theorie musste ohne die Begriffe "Chromosom" und "Gen" auskommen, denn diese wurden erst nach Franks Ableben eingeführt. Die Liste zum GzVeN, die soviel Gewissheit zur Erblichkeit von Erkrankungen behauptet, wurde Jahrzehnte vor der Einführung der Genkartierung und dem Start des Humangenomprojektes formuliert. Rechnet man die Prädispositionen zum Begriff "Erbkrankheit" hinzu, so reden wir aktuell über ca. 3000 Krankheiten und teilweise weit verbreitete Krankheitsdispositionen, bei denen die Medizin von Erblichkeit ausgeht.[1] So stellt sich auch die Frage, ob es überhaupt "erbgesunde" Menschen gibt. Denn genetische Prädisposition bedeutet nicht, dass eine konkrete Erkrankung zwangsläufig von den Eltern an ihre Kinder weitergegeben wird. Sie bedeutet auch nicht, dass eine damit assoziierte Erkrankung ggf. lebenslang auftreten muss und "unheilbar" ist. Die Anführungszeichen bei "Erbkranke" in der umseitigen Artikeleinleitung drücken Distanz zum Begriff aus. Diese Distanz zur Kategorie erscheint mir in der Sache gerechtfertigt. Auf Google books finde ich den diskussionswürdigen Kategoriebezeichner mit Diskriminierungspotenzial für Bevölkerungsgruppen nur in Darstellungen zum GzVeN, also im "erb-" und "rassehygienischen" Kontext, wieder. --TrueBlue (Diskussion) 08:11, 2. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
PS: Falls durch die Anführungszeichen hier der Eindruck eines Zitates erweckt werden würde, wäre das auch kein Problem. Der Kategoriebezeichner "Erbkranke" wurde in der NS-Zeit tatsächlich in schulischen Unterrichtsmaterialien verwendet, mit erkennbar propagandistscher Absicht: [2]. --TrueBlue (Diskussion) 08:51, 2. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Ich sehe auch nicht, was dagegen sprechen würde, den Eindruck eines Quellenzitats zu erwecken. Fener kann ich nicht nachvollziehen, warum der Eindruck entstehen könnte, die Betroffenen wären nicht unter der Indikation "Erbkrankheit" sterilisiert worden. Allerdings sehe ich den Begriff nicht "gesetzlich normiert". "Erbkrankheit" im Sinne des GvVeN erscheint vielmehr als Chiffre, kaum mehr als ein Begriff, der erst im Kommentar von Gütt/Rüdin/Ruttke ausgefüllt und damit im Sinne eines Werturteils normiert wurde. Eine Lösung scheint mir daher eher darin zu liegen, diesen Etikettierungsprozess darzustellen. Keine Lösung sehe ich aber in der Adaption der Begrifflichkeiten des Gesetzes, auch in Zitatform. Ein Satz wie Wer „erbkrank“ ist, konnte durch chirurgischen Eingriff sterilisiert werden, wenn „nach den Erfahrungen der ärztlichen Wissenschaft mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten“ war, dass „seine Nachkommen an schweren körperlichen oder geistigen Erbschäden leiden werden“, liest sich distanzlos und berücsichtigt die Praxis des GzVeN nicht.--Assayer (Diskussion) 17:08, 4. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]

Indem du den Konjunktiv II verwendest, distanzierst du dich von einer Auffassung, die Betroffenen seien "nicht unter der Indikation 'Erbkrankheit' sterilisiert" worden. Also sind sie es? Warum dann das Wort "vermeintlich"?

Der Begriff "erbkrank" ist in § 1 Abs. 2 für die Anwendung des Gesetzes abschließend normiert. Der Wortlaut des Gesetzes fordert vom Betroffenen zusätzlich zur Eigenschaft "erbkrank", dass "nach den Erfahrungen der ärztlichen Wissenschaft mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, daß seine Nachkommen an schweren körperlichen oder geistigen Erbschäden leiden werden" (Abs. 1). Das Gesetz verweist auf einen Kommentar allenfalls indirekt, soweit dieser die Erfahrungen der ärztlichen Wissenschaft wiedergibt.

Aus meiner Sicht geht es in diesem Artikel um das Gesetz. Die Darstellung des "Etikettierungsprozesses" sollte bei den Erbgesundheitsgerichten dargestellt werden, denn letztlich haben diese die Entscheidungen gefällt, ob sterilisiert wird oder nicht.

Insbesondere erwarte ich von den Artikeln, dass sie erkennen lassen, welches Unrecht das Gesetz selbst enthält (z. B. § 3) und welches vom Gesetz abweichende Unrecht erst in den Urteilen eines Erbgesundheitsgerichts steckt. Dazu muss hier aus meiner Sicht zunächst der Regelungsgehalt dargestellt werden. Darauf aufbauend kann die Praxis berücksichtigt werden, die ja zumindest in Ansätzen bereits dargestellt ist und gern um weitere medizinische, eugenische, ethische oder soziale Erwägungen, auch und gerade aus heutiger Sicht, bewertet und ergänzt werden kann.

Aktenstapel (Diskussion) 13:17, 10. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]

Nur weil Menschen als "erbkrank" etikettiert werden, heißt das nicht, dass es sich um erbkranke Menschen handelt, und nur weil in einem Gesetzestext Krankheitsbilder unter dem Rubrum "Erbkrankheiten" aufgezählt werden, bedeutet das nicht, dass es sich dabei um Erbkrankheiten handelt. Die Definition der betroffenen Krankheitsbilder erfolgte im Gesetzeskommentar des GzVeN. (Vgl. das entsprechende Kapitel bei Ley, Zwangssterilisation und Ärzteschaft, S. 45ff.; ferner Annemone Christians, 2017, S. 60ff.) Der soziologische Etikettierungsansatz setzt bereits bei der Gesetzgebung als einem wertenden Definitions- und Zuschreibungsprozess an. Das GzVeN läßt sich nicht von seiner Praxis trennen, zumal die Frage nach dem "Unrecht", das darin steckt, zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich beantwortet wurde. Das zeigt sich auch im Umgang mit den Zwangssterilisationen in BRD und DDR, bei der die Opfer aus der Entschädigungspolitik ausgeklammert wurden und die Sterilisationsbeschlüsse erst 1998 per Gesetz aufgehoben wurden.--Assayer (Diskussion) 16:42, 10. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Die Sortierung der Bevölkerung in "Erbgesunde" und "Erbkranke" ist typisch NS - oder mindestens dem damaligen Zeitgeist geschuldet. Mit der Kategorie "angeborener Schwachsinn" erfasste man mal eben alle geistigen Behinderungen, die nach der Geburt des Kindes auffielen. Mit der Kategorie "schwere erbliche körperliche Missbildung" konnte man beliebige körperliche Missbildungen erfassen, die nach der Geburt auffielen. Ein Beweis der Erblichkeit war den Ärzten jener Zeit sowieso nicht möglich, also erfolgte die Zuordnung wohl rein "nach Gefühl". Dass es irgendeinem der Verantwortlichen tatsächlich um die Qualität des Genpools ging, darf auch bezweifelt werden, weil allein im Rahmen der Zwangssterilisation Tausende Betroffene zu Tode kamen und weitere Zehntausende ein paar Jahre später der planmäßigen Ermordung zugeführt wurden. Dabei gehe ich davon aus, dass auch die Wissenschaft der 1930er Jahre schon wusste, dass nach der Befruchtung der Eizelle noch 9 Monate Schwangerschaft folgen, in denen der Fötus zahlreichen nachhaltig schädigenden Umwelteinflüssen ausgesetzt werden kann, wenn die Mutter ihnen ausgesetzt ist. Man wusste wohl auch, dass es zu Schädigungen während der Geburt bzw. durch missglückte Geburtshilfe kommen kann. Selbst in der Stillzeit kann der Säugling noch nachhaltig durch Schadstoffe oder aber Mikronährstoffmangel in der Muttermilch geschädigt werden. Den daraus resultierenden Schäden sieht man aber nicht einfach an, ob sie durch schädigende Umwelteinflüsse eintraten oder bereits in den Genen der Eltern angelegt waren. --TrueBlue (Diskussion) 18:03, 10. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Assayer, nur weil Menschen, die nicht erbkrank sind, als "erbkrank" etikettiert werden können, heißt das nicht, dass sie überwiegend so etikettiert wurden. Zudem etikettiert nicht das Gesetz sondern ein Gericht. Und wenn die Definition für "erbkrank" auf Krankheitsbilder zurückgriffe, die keine Erbkrankheiten sind, dann wäre eine von diesen betroffene Person dennoch "erbkrank" im Sinne des Gesetzes. Es würde sich dann rechtssetzungstechnisch um eine Fiktion handeln. Selbst wenn jemand "erbkrank" ist, hat ein Antrag auf dessen Sterilisation nicht unbedingt Erfolg, weil "erbkrank" nach dem Gesetz weder eine notwendige noch eine hinreichende Bedingung ist. Mir liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass insbesondere die Soziologie grundsätzlich nicht zwischen Mängeln eines Gesetzes und Mängeln bei der Ausführung eines Gesetzes zu unterscheiden wüsste. Ich respektiere aber, dass es dir anscheinend (nicht vermeintlich) Schwierigkeiten bereitet. Trueblues Vermutungen führen hier nicht weiter. Die menschliche Erblichkeitslehre stützte sich damals auf genealogische und statistische Belege. Aktenstapel (Diskussion) 16:14, 15. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Dein erster Satz widerspricht einer Behauptung, die in dieser Diskussion von niemandem aufgestellt wurde. Dein zweiter Satz ist falsch. Der soziologische Etikettierungsansatz beschäftigt sich selbstverständlich auch mit dem Prozess, durch den Gesetze erlassen werden, mithin der sozialdeterminierten Normsetzung (Lamnek). Natürlich gehört auch die Praxis der anzeigenden Ärzte und der Erbgesundheitsgerichte zum Etikettierungsprozess. Aber Normanwendung gibt es nicht ohne Normsetzung. In einer soziologischen Perspektive ist selbstverständlich auch nicht von "Mängeln eines Gesetzes und Mängeln bei der Ausführung eines Gesetzes" die Rede. Die Rede von den "Mängeln" impliziert eine Normsetzung Deinerseits, und die solltest Du bitte belegen. Mich würde interessieren, in welcher Literatur die "Mängel" des GzVeN und seiner Praxis beschrieben werden und wie diese begründet werden. Der Begriff der Rechtsfiktion ist hier unangebracht. Mir sind keine Hinweise bekannt, aus denen man schliessen könnte, die Autoren und Praktiker des GzVeN seien davon ausgegangen, auch nur hilfsweise mit Fiktionen zu arbeiten. Mir ist auch keine Literatur bekannt, die ex post behaupten würde, im GzVeN sei "erbkrank" zumindest teilweise als Fiktion gesetzt worden. Das GzVeN wird (inzwischen) im Ganzen als NS-Unrecht angesehen, nicht als Gesetz mit "Mängeln" oder "mangelhafter" Umsetzung.--Assayer (Diskussion) 17:45, 15. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Das heißt, die "menschliche Erblichkeitslehre" stützte sich damals auf eine wissenschaftlich ungenügende Methodik, was zu gesundheitspolitischen Fehlern führte. Allein eine solche Betrachtung ist mir schon zu naiv gedacht, weil sie die seinerzeit weitverbreitete und äußerst aggressive Behindertenfeindlichkeit ignoriert. Bereits 1920 erschien als ein Ausdruck derselben die Schrift Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens. Ihr Maß und ihre Form. Die im Gesetzestext enthaltene Liste stellt selbstverständlich eine "Etikettierung" von Bevölkerungsgruppen dar. Und wenn man sie analysiert, kommt man zu dem Ergebnis, dass "erbkrank" seinerzeit für "aus (für uns) meist rätselhaftem Grund behindert" stand. In diese Richtung entlarvend ist auch die Aufnahme von "schwerem Alkoholismus" in das Gesetz, welches vorgab, der "Verhütung erbkranken Nachwuchses" zu dienen. --TrueBlue (Diskussion) 21:25, 15. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Assayer, die Verwendung des Wortes "vermeintlich" suggeriert hier, dass überwiegend Menschen, die nicht im Sinne des Gesetzes "erbkrank" waren, sterilisiert wurden. Auch dem "soziologischen Etikettierungsansatz" dürfte nicht entgangen sein, dass bei der Normsetzung die Gruppe, die für eine "Unfruchtbarmachung" vorgesehen ist, zweistufig bestimmt wird. Das Etikett "erbkrank" ist für eine "Unfruchtbarmachung" nicht hinreichend. Ich habe keine Norm gesetzt, was möchtest du belegt haben? Etwa die Würde des Menschen? Wenn "erbkrank" keine Fiktion ist, sind wir dann einig, dass "erbkrank" nicht in diesem Sinne vermeintlich ist? Ich teile die Sicht von Trueblue nicht. Die Festlegung des Begriffs "erbkrank" greift nicht auf das Leiden an Alkoholismus zurück. Die diesbezügliche Regelung ist für die Erreichung des im Titel genannten Ziels zumindest unschädlich. Aktenstapel (Diskussion) 17:08, 16. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
"Unschädlich" für die Erreichung wäre es auch gewesen, das Gesetz gar nicht zu formulieren und anzuwenden. Aber um private Wirkungsbewertungen geht es in meinem Hinweis nicht. Offenkundig wollten die Autoren des GzVeN die Alkoholkrankheit nicht als Erbkrankheit verstehen. Man dürfte damals aber schon beobachtet haben, dass Alkolikerinnen häufig geschädigten / behinderten Nachwuchs gebären. Das Phänomen kennt man heute unter dem Namen Fetales Alkoholsyndrom. Es ist Folge der Teratogenität von Alkohol, die Schädigungen sind nicht vererbbar. Mit der Aufnahme der Alkoholkrankheit als eine mögliche Indikation für Zwangssterilisierung zeigten die verantwortlichen Rassehygieniker überdeutlich, dass es ihnen auch hier, bei der ersten gesetzlichen Umsetzung ihrer Ideologie, unter dem Strich um das "Ausmerzen"/"Ausjäten" der Behinderten ging, also genetische Zusammenhänge und Ziele nicht wirklich von Bedeutung für sie waren. --TrueBlue (Diskussion) 17:58, 16. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Du bestreitest also, dass es Personen gibt, die im Sinne des Gesetzes "erbkrank" sind und deren Nachkommen "mit großer Wahrscheinlichkeit an schweren körperlichen oder geistigen Erbschäden leiden werden". Und du verstehst nicht, wann etwas unschädlich für die Erreichung eines Ziels ist. Aktenstapel (Diskussion) 18:44, 16. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Eigentlich bezweifle ich, dass sich "erbkranker Nachwuchs" völlig verhindern lässt - Mutationen gehören zum Leben. Auch bezweifle ich, dass es der Zwangssterilisation bedarf, um die Fallzahl echter Erbkrankheiten gering zu halten. --TrueBlue (Diskussion) 19:19, 16. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Die Diskussion kreist seit geraumer Zeit um die sich wandelnde Bedeutung dessen, was unter "Erbkrankheiten" zu verstehen ist. Nochmal: Die Literatur macht sehr deutlich, dass "erbkrank" im Sinne des GzVeN wenig damit zu tun hat, was heute unter Erbkrankheiten verstanden und subsumiert wird, ja selbst, dass es weit über das hinaus ging, was seinerzeit unter "Erbkrankheiten" verstanden wurde. Deshalb wird in der Literatur beim GzVeN von sogenannten "Erbkrankheiten" gesprochen und im Hinblick auf die Praxis von der Sterilisation vermeintlich Erbkranken, sogar mit Anführungszeichen um die Erbkranken. Damit wird konstatiert, dass weit überwiegend Menschen sterilisiert wurden, die nicht "erbkrank" waren. Inwiefern sie nicht im Sinne des Gesetzes "erbkrank" waren, ist noch eine andere Frage. Wie man das beantworten will, hängt davon ab, wie man den Sinn des Gesetzes interpretiert. Seit den 1980er-Jahren hat sich dabei der Konsens herausgebildet, das GzVeN als "praktizierten sozialen Rassismus unter dem Deckmantel von Wissenschaft" (Karl Teppe) zu betrachten. Deshalb habe ich ein Problem damit, wenn Du, Aktenstapel, die Diktion des GzVeN übernimmst. Zeitgenössische Lehrbücher haben bereits deutlich gemacht, dass mit "Nachkommen" im Sinne des Gesetzes "die gesamte Nachkommenschaft eines Menschen" zu verstehen sei und also diese Frage nach den "Erbschäden" bei vielen Krankheiten bejaht werden müßte (Oswald Bumke, 1939). D.h. diese Bedingung ist banal. Der Zusammenhang zwischen Erbkrankheit und "Minderwertigkeit", den bereits die amtliche Begründung des GzVeN herstellt, verdeutlicht vielmehr, dass es sich bei den aufgeführten Krankheitsbildern um "medizinisch begründete Werturteile" handelte. (Ley, 2004, S. 38) Und jetzt möchte ich gerne wissen, welche Belege argumentieren, dass die Verwendung des Wortes "vermeintlich" suggeriert [...], dass überwiegend Menschen, die nicht im Sinne des Gesetzes "erbkrank" waren, sterilisiert wurden.--Assayer (Diskussion) 20:21, 16. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Assayer, weil du hier immer wieder mit Literaturverweisen glänzt: Wäre es dir möglich, die Darstellung zur Entstehungsgeschichte auszubauen? Meiner Information nach wurde bereits 1918/19 der Entwurf für ein Sterilisationsgesetz diskutiert. Das wurde aber nicht zur Abstimmung gebracht. Interessieren würde mich auch, wie die "Erbkrank"-Liste zustande kam, also auf welcher Basis bzw. nach welchen Kriterien die Autoren dort Gesundheitsstörungen aufnahmen. Allen erfassten Gesundheitsstörungen ist gemein, dass sie die Betroffenen oft stark behindern. Unklar ist mir, ob mit dem Gesetz nur die Behinderten erfasst wurden oder auch ihre ggf. unbehinderten Eltern im fortpflanzungsfähigen Alter, von denen man annehmen wollte, dass sie die Behinderung vererbt hatten. Außerdem wären IMO Einordnungen des Gesetzes jenseits von Bundestag als Artikelinhalt wertvoll. --TrueBlue (Diskussion) 22:32, 16. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Assayer, die Diskussion leidet darunter, dass du nicht zwischen "erbkrank" im Sinne des Artikelgegenstands und "erbkrank" im Gebrauch von Sekundärliteratur unterscheidest, die den Begriff anders fasst oder undifferenziert verwendet.
Die Diskussion ist ferner schwierig, wenn du nicht eindeutige Wörter einsetzt: Soll das Wort "übernimmst" schon dafür stehen, dass die Quelle zitiert wird, was zur guten wissenschaftlichen Praxis gehört, oder soll es ein Zueigenmachen der Formulierung unterstellen?
Auch deine mangelnde Unterscheidung zwischen den Begriffen "vermeintlich/scheinbar" einerseits und "anscheinend" andererseits stellt eine Hürde dar, das Offensichtliche zu diskutieren. Der Begriff "erbkrank" wird durch die Verwendung von Anführungszeichen mit hoher Wahrscheinlichkeit als auf die Definition im Artikelgegenstand verweisend gelesen, also etwas, was du von dem, was du bezeichnen willst, eigentlich unterscheidest. Das, was du bezeichnen willst, ist jedoch nur sekundär Gegenstand des Artikels. Zentrales Thema sollte hier zunächst der Regelungsgehalt und dessen Anwendung sein, soweit nicht auf Erbgesundheitsgericht verwiesen werden kann.
Das Wort "vermeintlich" steht für "irrtümlich angenommen". Es bezieht sich hier nicht ausdrücklich auf Ausnahmen und schließt diese auch nicht aus. Ich behaupte daher nicht, dass es keine Ausnahmen gibt, sondern beziehe mich auf die jenseits möglicher Ausnahmen verbleibende überwiegende Zahl der Fälle. Wenn also irrtümlich angenommen wird, dass eine auf Grund des Gesetzes sterilisierte Person "erbkrank" ist, lässt sich in diesem Kontext umgekehrt schließen, dass sie an keiner der in § 1 Abs. 2 aufgezählten Krankheiten litt.
Aktenstapel (Diskussion) 11:48, 30. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Aktenstapel, deine Argumentation dreht sich belegfrei im Kreis. "Vermeintlich" steht für "der Meinung nach" und kann nach DUDEN "irrtümlich, fälschlich vermutet, angenommen" oder "scheinbar" bedeuten. Als Synonyme gibt DUDEN u.a. "angeblich", "scheinbar", "vorgeblich" an. Eine Meinung kann irrtümlich oder bösgläubig sein oder auch Tatsachen beschreiben. Der Meinung der Gesetzesautoren und wahrscheinlich auch ihrer rassehygienischen Kollegen nach, waren die genannten Behindertengruppen "erbkrank". Man unterstellte ihnen, Träger "biologisch minderwertige[n] Erbgut[es]" zu sein und wollte mit ihrer Zwangssterilisation die "Ausmerzung von krankhaften Erbanlagen" bewirken. Mit Chorea Huntington erfasste die Liste aber nur genau eine Erkrankung, die nach heutigen Stand der Wissenschaft tatsächlich zu den Erbkrankheiten im engeren Sinne gehört. Die sieben anderen Indikationen waren geeignet, auch Fälle zu erfassen, wo die Gene der Betroffenen eben nicht "von Anfang an untypisch" verändert sind, so dass man von einer Weitergabe der Gesundheitsstörung an die nächste Generation ausgehen muss. Im umseitigen Artikel in Anführungszeichen gesetzt wurde der Kategoriebezeichner "Erbkranke". Weil es sich um einen Terminus und eine Betrachtungsweise aus der Zeit der Rassenhygiene handelt. Ich kenne keine moderne medizinische oder gesundheitspolitische Literatur, die die Bevölkerung in "Erbgesunde" und "Erbkranke" sortiert. Das dürfte nicht nur an den Erfahrungen mit der Verfolgung sogenannter "Erbkranker" in der NS-Zeit sondern auch am medizinischen Erkenntniszugewinn seit den 1930er Jahren liegen. --TrueBlue (Diskussion) 17:31, 30. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Wikipedia orientiert sich an der Sekundärliteratur und nicht daran, wie Wikipedianer meinen, dass Begriffe verstanden werden müßten. Im speziellen Fall sehe ich auch überhaupt nicht, dass die Sekundärliteratur den Begriff "erbkrank" nicht im Sinne des GzVeN verstehen oder undifferenziert verwenden würde. Ganz im Gegenteil: Eine textualistische Interpretation ist unhistorisch und wird auch in keiner mir bekannten Literatur praktiziert. Es bringt nichts, sich innerhalb der Diktion eines rassistischen Gesetzes zu bewegen. Wenn ein Gesetz einen bestimmten Teil der Bevölkerung als "minderwertig" definiert, dann diskutiert man nicht darüber, ob es Personen gibt, die "minderwertig" im Sinne des Gesetzes sind, oder solche, bei denen "Minderwertigkeit" irrtümlich angenommen wurde. Zum Zitieren im Sinne guter wissenschaftlicher Praxis gehört die Verwendung von Anführungszeichen oder von indirekter Rede, um die Distanz zum Gesagten auszudrücken.
Die Literatur zur Entstehungsgeschichte steht mir gegenwärtig nicht zur Verfügung. (z.B. Müller, Sterilisation und Gesetzgebung, 1985; Benzenhöfer, Zur Genese des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses, 2006) Ein deutscher Gesetzenentwurf 1918/19 ist mir nicht bekannt. M. W. stammten die ersten Gesetzgebungsinitiativen von Gustav Boeters ("Lex Zwickau").--Assayer (Diskussion) 18:09, 30. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Assayer, über den Gesetzesentwurf von 1918/1919 las ich hier: Frank Häßler, Günther Häßler: 9. Die systematische Vernichtung „unwerten“ Lebens In: Geistig Behinderte im Spiegel der Zeit: Vom Narrenhäusl zur Gemeindepsychiatrie, Georg Thieme Verlag, 2005; S. 67. ISBN 978-3131425317. Leider wird dort nur die Existenz erwähnt und nicht der Inhalt und die Bedeutung für das Gesetz von 1933 beschrieben. --TrueBlue (Diskussion) 18:26, 30. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]

Assayer, das Gesetz benutzt den Begriff "minderwertig" nicht. Da zitierst du schon wieder falsch. Die Feststellung der Minderwertigkeit hätte keine Rechtsfolge. In der von dir gelöschten Passage hatte ich Anführungszeichen in der notwendigen Anzahl verwendet. Aktenstapel (Diskussion) 23:29, 30. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]

Von "minderwertigem Erbgut" ist in der amtlichen Begründung die Rede. Die zitierte Version stammt aus [3]. Der Medizinhistoriker Wolfgang U. Eckart zitierte eine leicht abweichende Textversion. Sein Vortrag ist übrigens eine ergiebige Quelle zur Geschichte des Gesetzes. --TrueBlue (Diskussion) 01:56, 31. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Die Rede der Begründung hat es nicht ins Gesetz geschafft, daher bleibt "Minderwertigkeit" ohne geregelte Folge. Wikipedia sollte sich an Quellen orientieren, soweit das ohne Weiteres möglich ist. Wikipedianer streiten hier letztlich, ob Bezeichnungen als Begriffe verstanden werden müssten, weil die Sekundärliteratur das Wort "vermeintlich" uneinheitlich verwendet. Aktenstapel (Diskussion) 12:10, 31. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Da ich nicht zitiert habe, kann ich nicht falsch zitiert haben. Ich habe eine allgemeine Feststellung mit distanzierenden Anführungszeichen getroffen und stütze mich dabei auf die Sekundärliteratur. Vgl. meinen Beitrag 17:32, 22. Jul. 2018 mit dem Beleg Ley. Wenn ich Dir vorhalte, dass Du Dich der Diktion des GzVeN bedienst, dann beziehe ich mich auf Deinen Beitrag 18:44, 16. Aug. 2018 Da Du bisher keine Sekundärliteratur genannt hast, die Deine Lesart stützt, streiten wir auch nicht über Sekundärliteratur.
Das, was Häßler/Häßler schreiben, kann ich nicht nachvollziehen.--Assayer (Diskussion) 14:51, 31. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Wenn du "minderwertig" im Sinne des Gesetzes schreibst, zitierst du also nicht das Gesetz. Und dir genügt es nicht, wenn der Artikel der guten wissenschaftlichen Praxis folgt, sondern meinst, ein Diskussionsbeitrag sollte die Formulierung nicht ohne Anführungszeichen enthalten. Danke für den Hinweis, ich habe die Anführungszeichen oben ergänzt. Aktenstapel (Diskussion) 16:17, 31. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Aktenstapels Meinung zur Bedeutung der Kommentare scheint nicht geteilt zu werden. Ich zitiere aus dem fraktionsübergreifenden Antrag der BT-Mitglieder: "Das „Erbgesundheitsgesetz“, die hierzu ergangenen Ausführungsverordnungen, die Kommentare, die Rechtsprechung und die ausführenden Taten selbst müssen als Einheit betrachtet werden. Eine Unterscheidung zwischen Gesetz und Anwendung setzt eine funktionierende Gewaltenteilung voraus." @Assayer: In das Buchkapitel von Häßler & Häßler kam ich beim ersten Mal über Google books und beim zweiten Mal über die Google Suche, nachdem ich die Kapitelüberschrift in die Suchmaske eingab. Der angegebene Link ist der gefundene Link. Er wird aber nur die Vorschau auf das PDF preisgeben, wenn er aus der Google-Ergebnisliste aufgerufen wird. Eckart erwähnt keinen Entwurf von 1918/19. Stattdessen erwähnt er einen Entwurf von 1914: "Schließlich legt Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg dem Reichstag am 4. Juli 1914 den ersten deutschen Entwurf einer gesetzlichen Regelung von Sterilisation und Abtreibung vor, die sich freilich eugenischer Begrifflichkeiten nicht bedient, lediglich auf eine medizinische Indikation abzielt, aber einen Einstieg in die legitimierte Sterilisations- und Abtreibungspraxis bedeutet hätte." --TrueBlue (Diskussion) 17:30, 31. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Auf welche "Bedeutung der Kommentare" beziehst du dich? Meinst du, die Feststellung der Minderwertigkeit hätte eine Rechtsfolge gehabt? Welche? Aktenstapel (Diskussion) 18:38, 31. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Die umseitig zitierte Begründung des Gesetzes ist keine bedeutungslose Privatmeinung, sondern beschreibt den ideologischen Rahmen, der das Gesetz in der vorliegenden Form ermöglichte. Der vom Gesetz geregelte Umgang mit den erfassten Behindertengruppen und Alkoholikern lässt sich nicht vom ideologischen Rahmen, der das Gesetz ermöglichte, trennen. --TrueBlue (Diskussion) 18:55, 31. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Die Begründung beschreibt den ideologischen Rahmen. Was genau meinst du mit "trennen"? Welche Rechtsfolge hätte die Feststellung der Minderwertigkeit gehabt? Aktenstapel (Diskussion) 19:15, 31. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Rechtsfolge der rassenhygienischen Ideologie war zunächst (1933) die vom GzVeN legitimierte Zwangssterilisation. Bereits aus der zitierten Gesetzesbegründung geht hervor, dass man damals "krankhafte Erbanlagen" als "biologisch minderwertige[s] Erbgut" bewertete, was es "auszumerzen" gelte. Das "Erbkrank" aus dem Gesetzestext ist also nur Platzhalter für die Feststellung von "Minderwertigkeit". --TrueBlue (Diskussion) 19:34, 31. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Das mag Folge sein, aber nicht Rechtsfolge. Übrigens hast du mit Häßler 2005 gleich ein Beispiel für Assayer gebracht, dass man Das "absolut zwecklose Leben" der "unheilbar Blödsinnigen" ... schreiben kann, ohne nach dem Wort "Das" das Wort "vermeintlich" einfügen zu müssen. – Obwohl es da passen könnte, während es hier im Artikel zumindest streitig ist. Assayer, niemand hat behauptet, dass wir über Sekundärliteratur streiten. Aktenstapel (Diskussion) 19:47, 31. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Häßler & Häßler zitieren Bindings Ansicht und dafür ist an dieser Stelle kein "vermeintlich" erforderlich. Statt "vermeintlich" könnte man umseitig auch (wie die BT-Abgeordneten) das Attribut "angeblich" verwenden. Oder wie ich hier weiter oben das Attribut "sogenannt". "Vermeintlich" hat jedoch den Vorteil, den Leser darauf hinzuweisen, dass die damalige Definition von "erbkrank" und "Erbkranker" nur wenig mit der heutigen Liste von "Erbkrankheiten" (im engeren Sinne) zu tun hat. --TrueBlue (Diskussion) 20:10, 31. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Warum ist dafür an dieser Stelle kein "vermeintlich" erforderlich? Was genau meinst du mit "trennen"? Welche Rechtsfolge hätte die Feststellung der Minderwertigkeit gehabt? Aktenstapel (Diskussion) 20:33, 31. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Das Attribut "vermeintlich" mit Bezugnahme auf "erbkrank" ist übrigens durchaus auch jenseits der Wikipedia verbreitet, wo es um Darstellungen zum Thema geht: [4][5]. --TrueBlue (Diskussion) 20:57, 31. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Klar, es ist aber im Zusammenhang mit nach dem Gesetz sterilisierten "Erbkranken" streitig. Warum ist bei Häßler an oben angegebener Stelle kein "vermeintlich" erforderlich? Was genau meinst du mit "trennen"? Welche Rechtsfolge hätte die Feststellung der Minderwertigkeit gehabt? Aktenstapel (Diskussion) 23:16, 31. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Ich habe das Erforderliche erläutert. Nun ist es an dir, es zu verstehen. "Vermeintlich" hattest du mit der Begründung, dass das Attribut unbelegt sei, aus der Artikeleinleitung getilgt.[6] Ich hatte dir nun gerade auch wissenschaftliche Quellen geliefert, die das Attribut im gleichen Kontext benutzen. Ich komme zu dem Schluss, dass du an der Artikeleinleitung tatsächlich in Unkenntnis der Literatur/Quellen zum Thema herumgefummelt hast. Ich habe oben verstanden, dass du Terminologie aus der Zeit der Rassenhygiene und des Nationalsozialismus lieber ohne Anführungszeichen verwendet sehen und dem Leser vermitteln möchtest, dass die im GzVeN enthaltene "Erbrank"-Definition medizinwissenschaftlich solide abgesichert war. Ich habe verstanden, dass du das Gesetz lieber ohne Thematisierung seines ideologischen Hintergrundes betrachtet und dargestellt sehen möchtest. Ich lehne diese von moderner wissenschaftlicher Literatur weit entfernte Rezeption ab und möchte auch nicht, dass der umseitige Artikel danach gestaltet wird. --TrueBlue (Diskussion) 23:53, 31. Aug. 2018 (CEST)[Beantworten]
Da hast du ja einiges falsch verstanden. Wo findest du im Suchergebnis eine Quelle? Nicht ohne Anführungszeichen, sondern ohne das Wort "vermeintlich" sähe ich die Angabe "erbkrank" gern, soweit sie sich auf nach dem Gesetz Sterilisierte beziehen soll. Rüdin genoss in den 1930er Jahren als Wissenschaftler auf dem Gebiet der psychiatrischen Genetik international "höchstes Ansehen" (Roelcke 2002, Zeitgeist und Erbgesundheitsgesetzgebung im Europa der 1930er Jahre). Ich glaube gern, dass dich Ideologie mehr interessiert als Wissenschaft. Aktenstapel (Diskussion) 01:04, 1. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]
Tja, auch Rassenhygieniker, Nazis und Scharlatane haben zuweilen Fans, in deren Kreis sie "höchstes Ansehen" genießen. Also was willst du mit dem angeblichen Ansehen von Ernst Rüdin in den 1930er Jahren (tatsächlich haben wohl die Nazis i.A. und Hitler i.B. Rüdin sehr geschätzt) für die Präsentation des Artikelthemas rechtfertigen? --TrueBlue (Diskussion) 02:09, 1. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]
Als das Gesetz erlassen wurde, war Rüdin Rassenhygieniker und schweizer Bürger, aber kein Nazi. "Scharlatan" und das Wort "angeblich" müsstest du, soweit es nicht nur ideologisierend gemeint ist, belegen. Womit wir wieder nahe beim Thema dieses Diskussionsstranges wären. Aktenstapel (Diskussion) 08:16, 1. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]
Rüdin entwickelte eine auf Statistik basierende "empirische Erbprognose". Im Personenartikel ist zu lesen, dass das GzVeN u.a. auf Rüdins "Erbprognosen" basierte. Details fehlen im Artikel, aber man kann a.a.O. nachlesen, wie bei diesem Verfahren vorgegangen wurde. Roelcke schrieb 2012 über Rüdin: "Gleichzeitig mit dem Inkrafttreten des Gesetzes erschien ein umfangreicher offizieller Kommentar, verfasst von Ministerialdirektor Arthur Gütt, dem SS-Juristen Falk Ruttke sowie Rüdin. In diesem Kommentar wurde an zentraler Stelle auf „systematische erbprognostische Untersuchungen“ zur konkreten Feststellung der Erblichkeit in Einzelfällen hingewiesen. Mit dieser expliziten Referenz war die von Rüdin und seiner Arbeitsgruppe formulierte Methode der „empirischen Erbprognose“ zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Erbkrankheiten bei Vorliegen entsprechender Erkrankungen in der Familie zum offiziellen Bestandteil der staatlichen Gesundheits- und Bevölkerungspolitik geworden [3]. [...] Von Rüdin und seinem Umfeld wurde im Zusammenhang mit der Erbgesundheitspolitik ein zentrales Problem wahrgenommen: nämlich die genaue Differenzierung der erblich belasteten und der unbelasteten Patienten. Laborparameter standen für diesen Zweck nicht zur Verfügung, auch das klinische Bild ergab in vielen Fällen keine eindeutige Antwort auf die Frage nach dem Vorliegen einer erblichen Störung. Dieses für die praktische Eugenik zentrale Problem war verknüpft mit der auch international schon lange diskutierten theoretischen Fragestellung, ob psychiatrische Krankheitseinheiten überhaupt durch ein eindeutig identifizierbares genetisches Korrelat konstituiert waren und – falls sich diese Annahme bestätigen sollte – ob es möglich sein würde, diese Krankheiten aufgrund klinischer Kriterien oder durch genealogische Charakteristika zu differenzieren. Diese Fragestellungen fokussierte ein Forschungsprojekt, das Rüdin im Oktober 1942 auf eine Anfrage des Reichsforschungsrats als „kriegswichtig“ benannte: [...] von hervorragender Wichtigkeit [...] wäre die Erforschung der Frage: welche Kinder können, als Kinder schon, klinisch und erbbiologisch so einwandfrei als minderwertig eliminationswürdig charakterisiert werden, daß sie mit voller Überzeugung [...] den Eltern bzw. gesetzlichen Vertretern sowohl im eigenen Interesse als auch [im Interesse] des deutschen Volkes zur Euthanasie empfohlen werden können." D.h. Ernst Rüdin unterstützte u.a. das GzVeN mit dem darin enthaltenen körperverletztenden Zwang und dem proklamierten Ziel "zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" in dem vollen Bewusstsein, dass ihm und seinen Kollegen eine zuverlässige Methodik zur Unterscheidung erblicher und nicht erblicher Behinderungsfälle gar nicht zur Verfügung stand. Mitglied von NS-Organisationen wurde Rüdin ab 1937. --TrueBlue (Diskussion) 11:48, 1. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]

Bevor ich ausführlich mit Sekundärliteratur repliziere, möchte ich von Aktenstapel erfahren, was denn seiner Meinung nach die Rechtsfolgen des GzVeN waren. Im übrigen habe ich die Verwendung von vermeintlich „erbkrank“ (inclusive der Anführungszeichen) im Zusammenhang mit dem GzVeN bereits in Sekundärliteratur nachgewiesen (s.o.). --Assayer (Diskussion) 19:46, 1. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]

Assayer, lies bitte das Gesetz, da stehen die Rechtsfolgen drin. (Falls du konkrete Verständnisprobleme hast, versuche ich selbstverständlich gern dabei zu helfen.) Ich habe lediglich gesagt, dass die Feststellung von Minderwertigkeit keine Rechtsfolge nach diesem Gesetz gehabt hätte, weil es den Begriff nicht verwendet.
Trueblue, der Umfang, in dem du hier ein fremdes, geschütztes Werk vervielfältigst und öffentlich wiedergibst, ist nicht mehr durch den besonderen Zweck des Zitats gedeckt. Eine Referenz genügt, da der Artikel erschienen und nicht vergriffen ist. Rüdin und seine Mitarbeiter hielten die Erbkomponente bei den in § 1 Abs. 2 genannten Krankheiten für sehr hoch und "waren gleichzeitig zuversichtlich, die noch fehlenden empirischen Daten durch zukünftige Forschungen liefern zu können" (Roelcke 2013, Die Etablierung der Psychiatrischen Genetik ca. 1900–1960). Es ist also eher geglaubtes Noch-nicht-zur-Verfügung-stehen, dem § 1 Abs. 1 Rechnung tragen könnte.
Aktenstapel (Diskussion) 21:58, 1. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]
Ich zitierte aus dem Artikel Ernst Rüdin: Renommierter Wissenschaftler – radikaler Rassenhygieniker in Der Nervenarzt 83, 2012, 303-310. Den Artikel stellt der Autor Volker Roelcke auf seiner Institutsseite zum freien Download zur Verfügung. Die Zitatlänge sollte verhindern, dass du den Namen des Autors weiter als Unterstützung für eine irreführende Argumentation zum Thema missbrauchst. Hat nicht geklappt, denn du zitierst erneut selektiv aus einem Roelcke-Artikel. Was Roelcke im angegebenen Artikel unmittelbar davor über Rüdins Wissen zur "Erbkrank"-Liste im GzVeN schrieb, lässt sich aber auf Google books nachlesen: [7]. --TrueBlue (Diskussion) 22:44, 1. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]
@Aktenstapel: Ich lese nicht nur das Gesetz. So identifiziert bereits die Begründung des Gesetzes die unter § 1, Abs. 1 aufgelisteten "Krankheiten" mit "erblicher Minderwertigkeit". Alkoholismus wurde überhaupt nur deshalb als Sterilisationsgrund aufgeführt, weil in der amtlichen Begründung das Vorliegen "geistiger und ethischer Minderwertigkeit" behauptet wurde. Schizophrenie wurde seinerzeit psychiatrisch als "psychopathologische Minderwertigkeit" betrachtet. Insofern erscheint Deine Aussage weltfremd und haarspalterisch. Denn es war die Intention des Gesetzes, dass diejenigen an der Fortpflanzung gehindert werden sollten, die als "Minderwertige" gesehen wurden. Deshalb kann man auch nicht so tun, als ob nach den Buchstaben des Gesetzes lediglich an bestimmten Erbkrankheiten leidende Menschen betroffen gewesen wären, zumal "Minderwertigkeit" ein gängiger Begriff in der zeitgenössischen Psychiatrie war. Deinen textualistischen Ansatz, der Kontext und Intention der Gesetzgebung, ja selbst die historische Semantik und zeitgenössische Verwendung von Begriffen ignoriert, kann ich nicht nachvollziehen.--Assayer (Diskussion) 15:15, 2. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]
Assayer, ich bezweifle, dass etwas "überhaupt nur deshalb" im Gesetz aufgeführt wird, weil die amtliche Begründung etwas behauptet. Denn die Begründung wurde ausgearbeitet, nachdem das Gesetz erlassen wurde. Wenn du auf grob schaltest, kannst du gewiss nicht wahrnehmen, ob etwas eine Rechtsfolge hat. Das ist jedoch keine weltfremde, sondern eine juristische Frage, die im Zusammenhang mit dem Gesetz durchaus eine Rolle spielt. Sind dir denn Fälle bekannt, in denen die Sterilisation nach dem Gesetz aufgrund von anderen als den "bestimmten Erbkrankheiten" durchgeführt wurde? (Mir auch nicht.) Ich bestreite doch gar nicht, dass "Minderwertigkeit" ein zeitgenössischer Begriff war. Ich behaupte nur, dass er nach dem Gesetz ohne Rechtsfolge blieb, weil er im Gesetz nicht verwendet wurde, und frage mich, welche Rolle er dann hier spielt. Nicht jeder Kontext und jede Intention (auch jenseits des Textes) spielt bei jeder Frage eine Rolle. Trueblue, es verletzt das Urheberrecht, auch wenn das Werk "zum freien Download" zur Verfügung steht, denn die Rechte zur Verbreitung und öffentlichen Wiedergabe werden dadurch nicht eingeräumt. Es ist nicht meine Absicht, dich irrezuführen, daher bin ich froh, dass du selbst feststellst, dass dies nicht geschehen ist. Aktenstapel (Diskussion) 14:09, 4. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]
Der Gesetzentwurf nebst Begründung ging am 12.7. von Gütt an die Reichskanzlei. Wie kommst Du darauf, die Begründung sei nach dem Erlaß des Gesetzes ausgearbeitet worden? Die Keimschädigungstheorie war 1927 wissenschaftlich widerlegt worden. Von daher hätte Alkoholismus kein Sterilisationsgrund sein brauchen und deshalb ist die Begründung wichtig. Das Beispiel des Alkoholismus als Indikation demonstriert die soziale Diagnostik. Die (Zwangs-)Sterilisationen wurden aus einer Reihe von Gründen durchgeführt, die nichts mit Erbkrankheiten zu tun haben, aber das scheinst Du partout von den Buchstaben des Gesetzestextes trennen zu wollen, um zu insistieren, dass die Diagnose letztlich dem Gesetzestext entsprochen habe. Nach Fällen, wo das nicht der Fall war, müßte ich die Literatur durchforsten. Vermutlich wird man im Zusammenhang mit der Verfolgung der Sinti und Roma fündig werden. Da sind mir entsprechende Begründungen geläufig. Das ändert aber am Grundsätzlichen nichts. Dass Du nach dem Gesagten fragst, welche Rolle der Begriff (eher eine praktizierte Diagnose, die als Dispositiv im Sinne Foucaults verstanden werden kann) der "Minderwertigkeit" spielt, kann ich nicht nachvollziehen. Mich erinnert Deine Argumentation eher an die juristischen Verrenkungen nach 45, mit denen den Opfern die Entschädigung verweigert wurde. Das hat sich seit den 1980ern verändert. Henning Tümmers hat in seiner Arbeit Anerkennungskämpfe (2011) zur Nachgeschichte der Zwangssterilisationen zum Forschungsstand und Begriffsgebrauch festgehalten: Die Antwort auf die Frage, wer im "Dritten Reich" als "Erbkranker" zwangssterilisiert werden sollte, orientierte sich vornehmlich an den Belangen der "Volksgemeinschaft". Folglich wäre es nötig, Begriffe wie "erbkrank", "erbgesund" oder "Erbkranker" permanent in Anführungszeichen zu setzen oder ihnen ein "vermeintlich" zur Seite zu stellen; lediglich aus Gründen der Lesbarkeit des Textes wird darauf im Folgenden verzichtet. (S. 21) --Assayer (Diskussion) 17:00, 4. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]
Aktenstapel, Du darfst die Geschichte und ihre fachkundige Beschreibung ignorieren und stattdessen meinen, dass die Ideologie der Rassehygieniker, zu der eben auch der Dualismus von "wertvoll" vs. "minderwertig" bzgl. "Erbgut" und dazugehöriger Menschen gehört, bedeutungslos für das Zustandekommen des GzVeN war. Aber kann deine Meinung nach den Projektrichtlinien für die Themapräsentation eine Rolle spielen? Falls die Antwort "nein" lautet, warum füllst du die Artikeldisk immer weiter mit dieser Meinung? --TrueBlue (Diskussion) 19:05, 4. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]
Assayer, entschuldige bitte, du hast vollkommen Recht mit dem Übermittlungszeitpunkt der Begründung. Ich hatte irgendwo gelesen, dass die Begründung "nachgereicht" wurde, aber das bezog sich auf die Verkündung, war nur ein Tag später und ich hatte wohl falsch das Erscheinen des Kommentars 1934 damit assoziiert. Ich kenne die Keimschädigungstheorie nicht in den Einzelheiten. Ich habe nur mal gehört, dass Schwangere keinen Alkohol trinken sollen. Es gibt entsprechende Warnbildchen auf Flaschen. Unter Alkoholkrankheit steht, dass eine englische Studie (2012), die etwa 4000 Schwangere befragte und untersuchte, zu dem Ergebnis kam, dass sich auch kleine Mengen Alkohol auf die Intelligenz der Kinder negativ auswirken. Genügt es, die Keimschädigungstheorie (die dann wohl nichts mit dem englischen Befund zu tun hat) zu widerlegen, um als Rassenhygieniker dem schweren Alkoholismus (§ 1 Abs. 3) keine "Minderwertigkeit" (Begründung) abzugewinnen? Systematisch war der schwere Alkoholismus gesetzlich nicht unter "erbkrank" gefasst, kann also wenig beitragen in unserer Diskussion um das Wort "vermeintlich". Ich sehe sehr wohl, dass "erbkrank" keine notwendige Voraussetzung für die Sterilisation nach dem Gesetz war (schrieb ich bereits oben). Es ist also falsch, dass ich Gründe für die Sterilisation nach diesem Gesetz negiere, die nichts mit Erbkrankheiten zu tun haben. Es lässt sich insbesondere nicht vom Wortlaut des Gesetzes trennen, das Gegenteil habe ich nie behauptet. Ich habe behauptet, dass "Minderwertigkeit" keine Rechtsfolge nach dem Gesetz hatte. Hat das Gesetz denn behauptet, dass alle Sinti und Roma "erbkrank" wären? Es könnte sein, dass es eine andere Rechtsquelle ist, die zur Sterilisation führte. Was du als "Verrenkung" bezeichnest, ist aus meiner Sicht so, dass es eine Grundlage zur Entschädigung für Nazi-Unrecht gab, gleichzeitig Zweifel, dass Rassenhygiene Nazi-Unrecht sei, man also keine Grundlage für eine Entschädigung habe. Wenn entschädigt werden soll, besteht immer die Möglichkeit, eine Grundlage dafür zu schaffen. Ob Rassenhygiene Nazi-Unrecht ist, lässt sich aus meiner Sicht widerspruchsfrei politisch anders beantworten als juristisch. Was du von Tümmers zitierst, ist richtig und kann sich auf den Gesetzgebungsprozess beziehen. Einmal im Gesetz verkündet, war die Definition "erbkrank" jedoch juristisch fixiert. Damit ist es nicht mehr der Begriff, von dem Tümmers schreibt; die Orientierung ist nun umgekehrt, die Rechtsfolge der Sterilisation orientiert sich unter anderem daran, was als "erbkrank" festgelegt ist. Das ist (streitig) die Sicht, die sich mit dem Artikelgegenstand befasst. Die Formulierung Tümmers' ließe den Kompromiss zu, nur eins von beidem zur Seite zu stellen: entweder das Wort "vermeintlich" oder die Anführungszeichen. Wäre dieser Kompromiss für dich tragbar? Dann müssen wir uns inhaltlich nicht streiten, welche der beiden berechtigten Sichten, die Tümmerssche oder die juristische, im Artikel die grundsätzliche sein sollte. Trueblue, ich habe die von dir bezeichnete Meinung nicht geäußert. Aktenstapel (Diskussion) 14:39, 7. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]
Ja, richtig. Du hattest ja nur dich selbst nochmals gefragt, welche Rolle der Begriff "Minderwertigkeit" hier spielt. --TrueBlue (Diskussion) 02:45, 8. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]

Zwischenüberschrift[Quelltext bearbeiten]

Die Keimschädigungstheorie postulierte, dass Alkoholgenuss beider Elternteile auch außerhalb der Schwangerschaft das sogenannte Keimgut schädigen und dadurch Geisteskrankheiten bei den Kindern bedingen würde. Natürlich werden Sinti und Roma im Gesetz nicht eigens genannt. Das entspricht auch nicht der Dynamik der NS-Verfolgungspolitik. Die Sterilisation von Sinti und Roma wurde rassenbiologisch begründet, was vom Gesetz nicht abgedeckt war und zu Konflikten zwischen Rassenideologen und Legalisten führte. Kurzerhand wurde "angeborerer Schwachsinn" behauptet. Spätestens mit dem "Sonderauftrag" Hitlers zur Sterilisation der Rheinlandbastarde 1937 wurde auch am "Normenstaat" vorbei sterilisiert. Wenn Du schreibst, die Rechtsfolge der Sterilisation orientiert sich unter anderem daran, was als "erbkrank" festgelegt ist, dann kommst Du an der amtlichen Begründung und Gesetzeskommentar nicht vorbei. Denn dort wurde festgelegt, was als "erbkrank" zu verstehen war. "Erbkrank" ist keine juristische Kategorie und läßt sich dementsprechend nicht ausschliesslich juristisch definieren. Die Erbgesundheitsgerichte bestanden deshalb aus Juristen und Ärzten, und die vorsitzenden Amtsrichter waren zwangsläufig zur Beantwortung der medizinischen Fragen auf den Gütt/Rüdin/Ruttke angewiesen. (Ley, S. 47f.) Ich halte vermeintlich für notwendig und die Anführungszeichen zur Ausweisung des Zitatcharakters ebenfalls. Ich kann mir ausführlichere Erläuterungen vorstellen, bei denen die hier diskutierten Probleme angesprochen werden, aber kein entwederoder. Ggf. empfehle ich WP:3M.--Assayer (Diskussion) 15:17, 8. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]

Warum meinst du, Alkoholismus habe wegen widerlegter Keimschädigungstheorie kein Sterilisationsgrund zu sein brauchen. Bei "schwerem Alkoholismus" ist die Wahrscheinlichkeit doch sehr groß, dass während der Schwangerschaft zur Flasche gegriffen wird. Das fetale Alkoholsyndrom wird durch Alkoholaufnahme während der Schwangerschaft verursacht. In der Folge entstehen sowohl körperliche und geistige Schäden am Nachkommen. Wie genau willst du in dieser Diskussion um das Wort "vermeintlich" den Alkoholismus auf "erbkrank" beziehen? Alkoholismus steht doch (im Gesetz) systematisch daneben. "Erbkrank" ist in erster Linie durch den Wortlaut von § 1 Abs. 2 festgelegt. In welchen Fällen musste ein Erbgesundheitsgericht auf die amtliche Begründung oder den Gesetzeskommentar zurückgreifen? Das Gesetz verweist auf die "Erfahrungen der ärztlichen Wissenschaft" (Abs. 1), nicht auf einen Kommentar oder eine amtliche Begründung. Wenn ich mir Beschlüsse der Erbgesundheitsgerichte ansehe, dann lagen medizinische Gutachten vor. Der Arzt als Teil des Erbgesundheitsgerichtes, "der mit der Erbgesundheitslehre besonders vertraut ist", hat das Gutachten in den mir bekannten Fällen nicht selbst erstellt. Es ist auch heute so, dass Richter über nichtjuristische Sachverhalte auf Basis von Gutachten entscheiden. Alles Feststellungen vermeintlichen Inhalts? Und selbst wenn es so wäre, versucht die Feststellung die gesetzliche Voraussetzung für eine Rechtsfolge zu treffen. Ist auch jede gesetzliche Voraussetzung schon "vermeintlich"? Soll denn wirklich jegliche Auseinandersetzung mit dem Regelungsgehalt des Gesetzes von Anfang an unterbunden sein? Ley steht mir nicht zur Verfügung, ich bitte um wörtliches Zitat. Behauptet Ley das Angewiesensein nur, oder wird es auch belegt? Und wie will uns das in der Diskussion weiterhelfen? Welche ausführlichere Erläuterung kannst du dir für den Text vorstellen? Bislang ist der Status wie ganz am Anfang der Diskussion, als die IP-Adresse den Diskussionsstrang eröffnet hat. Das Wort "vermeintlich" ist missverständlich und unbelegt. Es gibt kein konkretes Beispiel dafür, dass Erbgesundheitsgerichte reihenweise das Attribut "erbkrank" vergeben haben, ohne dass das nach der gesetzlichen Definition so war. Aktenstapel (Diskussion) 19:08, 10. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]
Ich werde mit Dir keine Diskussion über die Folgen von Alkoholgenuss in der Schwangerschaft führen. Ich folge der Argumentation von Uwe Gerrens, Menschleches Ethos und theologische Ethik, S. 33. Gütt/Rüdin/Ruttke haben sich nicht für das fetale Alkoholsyndrom interessiert, sondern, so ihr Kommentar, für Alkoholiker als "Psychopathen". Der Gesetzgeber habe die Psychopathie zwar nicht als Sterilisationsgrund genannt, aber das "besonders geartete Erscheinungsbild" der Alkoholiker treffen wollen: "getroffen werden soll aber nicht der Alkoholmißbrauch als solches, sondern in dem Psychopathen dessen schlechte Erbmasse". Den Einfluss des Kommentars erläutert Ley auf S. 45ff.. ´Dass Juristen und Ärzte sich am Kommentar orientierten, belegt sie mit Quellen aus der zeitgenössischen Zeitschriftenliteratur. Ich werde es nicht alles abschreiben. Der Regelungsgehalt des Gesetzes ist nicht vom Kontext zu trennen. Das Wort "vermeintlich" ist weder mißverständich noch unbelegt. Es gibt reihenweise Beispiele, dass die Erbgesundheitsgerichte Menschen nach einer gesetzlich umschriebenen Definition als "erbkrank" ettiketierten, die weder nach damaligem noch nach heutigem Verständnis "erbkrank" waren.--Assayer (Diskussion) 21:51, 10. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]
Ob Gütt/Rüdin/Ruttke sich für etwas interessiert haben oder nicht, der Regelungsgehalt des Gesetzes führt schweren Alkoholismus als eine Voraussetzung für die Sterilisation, ohne ihn mit unter die Definition "erbkrank" zu fassen. Deshalb kann die Rechtsfolge auf das Auftreten des fetalen Alkoholsyndroms Einfluss nehmen, ohne uns hier bei der Verwendung des Wortes "vermeintlich" im konkreten Fall weiterzuhelfen. Ich bin daher dankbar, wenn wir einen nutzlosen Diskussionszweig weniger verfolgen. Uwe Gerrens verwendet das Wort "vermeintlich" übrigens im ganzen Buch nicht zusammen mit dem Wort "erbkrank" (letzteres aber häufig). Erbgesundheitsgerichte haben Menschen nach gesetzlicher Definition als "erbkrank" etikettiert, die damals in Kraft, also insbesondere für ein Ergbesundheitsgericht maßgeblich war. Wären die Etikettierten nur vermeintlich "erbkrank" gewesen, hätte das Gericht nicht sorgfältig gearbeitet. Eine Beschwerde vor dem Erbgesundheitsobergericht hätte diesen Fehler dann ausräumen können. Ich finde wie Gerrens (S. 9), dass Zwangssterilisation glücklicherweise ein abgeschlossenes Kapitel ist. Im Sinne des Artikelgegenstands waren die Betroffenen jedoch "erbkrank", auch wenn es heute abweichende Definitionen für den Sachverhalt gibt. Dem wird das Wort "vermeintlich" nicht gerecht. Aktenstapel (Diskussion) 11:55, 12. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]
  • Deshalb kann die Rechtsfolge auf das Auftreten des fetalen Alkoholsyndroms Einfluss nehmen, – um 1937 waren fast alle der 8.000 wegen Alkoholismus sterilisierten Personen Männer. Und die Sterilisation war, wie gezeigt, eugenisch begründet. Rüdin, ein entschiedener Abstinenzler hat sich dafür schon seit 1903 eingesetzt.
  • Wären die Etikettierten nur vermeintlich "erbkrank" gewesen, hätte das Gericht nicht sorgfältig gearbeitet. Eine Beschwerde vor dem Erbgesundheitsobergericht hätte diesen Fehler dann ausräumen können. – Noch mal: Es geht darum, sich sprachlich von den Normen der NS-Gesetzgebung zu distanzieren. Viele Autoren machen das, indem sie im Zusammenhang mit dem GzVeN von vermeintlichen "Erbkrankheiten" sprechen. Und Du glaubst doch nicht im Ernst, dass der Beschwerdeweg über das Erbgesundheitsobergericht die Problematik der damaligen Diagnostik heilen konnte oder sollte? Astrid Ley weist darauf hin, dass die Einflussmöglichkeiten der Betroffenenm gering waren. Da die Betroffenen vom Verfahren ausgeschlossen werden konnten, wenn sie sich mit der Situation nicht abfinden wollten (mangelnde Einsicht in die Ziele des GzVeN), aber den "Nachweis" zu führen hatten, nicht "erbkrank" zu sein, konnte damit auch die dem Antrag widersprechende Diagnose ausgeschlossen werden. Die verfahrensbeteiligten Ärzte hatten da größeren Einfluss. (S. 92f.)--Assayer (Diskussion) 12:54, 12. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]
Ist es für die Diskussion relevant, ob ein Beschwerdegang Erfolg hatte? Gab es ganz oder überwiegend Menschen, die nach diesem Gesetz sterilisiert wurden, aber weder an einer der in § 1 Abs. 2 aufgezählten Krankheiten litten noch an schwerem Alkoholismus? Warum genügt es nicht, sich durch Anführungszeichen vom Artikelgegenstand zu distanzieren? Muss der Abstand so groß sein, dass eine Auseinandersetzung mit dem Regelungsgehalt unmöglich wird? Muss bereits jede gesetzliche Voraussetzung als "vermeintlich" charakterisiert werden? Warum hier im Artikel, aber nicht bei Gerres? Wie kann verständlich ausgedrückt werden, dass die Etikettierung "erbkrank" in den meisten Fällen der gesetzlichen Definition entsprach? Welche ausführlichere Erläuterung kannst du dir für den Text vorstellen? Aktenstapel (Diskussion) 13:39, 12. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]
Von mir aus könnte auch "angeblich 'Erbkranker'" in der Einleitung stehen. Und ansonsten denke ich, dass du deine Zeit & Energie in ein falsche, enzyklopädieferne Sache investierst. --TrueBlue (Diskussion) 14:17, 12. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]
In der Praxis soll das GzVeN so vollzogen worden sein: Von Besuch der Hilfs- bzw. Förderschule wurde auf "Schwachsinn" geschlossen und die Indikation "Schwachsinn" legitimierte dann die Zwangssterilisation des Betroffenen. --TrueBlue (Diskussion) 14:29, 12. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]
Trueblue, ich finde die Diskussion mit Assayer fruchtbar, auch wenn so viele Fragen offen sind. Halte dich doch bitte zurück, wenn du nicht interessiert bist. Aktenstapel (Diskussion) 15:20, 12. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]
Wenn jemand in den Raum stellt, Beschwerden hätten in der Praxis des Verfahrens verhindert, dass auch Menschen sterilisiert wurden, die nicht "erbkrank" im Sinne des Gesetzes waren, dann ist es für die Diskussion relevant, diesen Beschwerdegang zu beleuchten. Die meisten Opfer der Zwangssterilisation (95%) wurden mit der Diagnose "angeborener Schwachsinn" sterilisiert. Das ist keine "Krankheit", an der man leidet und das ist auch kein Zustand, den man irgendwie eindeutig diagnostizieren oder messen könnte. Das war, wie Untersuchungen gezeigt haben, in Gesetzesform gegossener sozialer Rassismus. Es kommt auch nicht auf einzelne Worte an, sondern auf den Gesamtzusammenhang. Zum Beispiel zeigt Gerrens über Seiten auf, wie fragwürdig die angebliche Erblichkeit der Krankheiten war. Andere Autoren setzen andere Schwerpunkte und formulieren deshalb auch anders. Deshalb muss auch in der Einleitung deutlich werden, dass es sich jeweils nur um "Erbkrankheit" im Sinne des Gesetzes handelte und wie problematisch diese "Krankheitsbilder" waren. In der momentanen, knappen Fassung wird dies durch das Wort vermeintlich geleistet. --Assayer (Diskussion) 15:46, 12. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]
Hat es denn jemand in den Raum gestellt? Wenn Beschwerden in der Praxis das verhindert hätten, dann ist die Voraussetzung (für das) zu erfüllen, nämlich, dass Menschen sterilisiert werden sollten, die nicht "erbkrank" im Sinne des Gesetzes waren. Mangels einer festgestellten Erfüllung dieser Voraussetzung (und insbesondere auch weil der Erfolg nicht garantiert werden kann, denn letztlich entscheiden Menschen) schrieb ich "ausräumen können" und nicht, dass eine Beschwerde es ausgeräumt habe. Ich stimme zu, dass die meisten wegen festgestelltem "angeborenem Schwachsinn" sterilisiert wurden. (Sie waren dann "erbkrank" im Sinne des Gesetzes. Ob es 95 Prozent waren, da bin ich mir gerade unsicher.) Das kann durchaus festgestellt werden, ohne dass es mit psychiatrischen Krankheitsbegriffen identisch sein muss. Damals hat man es als Krankheit bezeichnet. Heute würde man ggf. von einer angeborenen Intelligenzschwäche ohne nachweisbare Ursache sprechen (Kröber/Dölling/Leygraf/Sass/Lammel, Handbuch der Forensischen Psychiatrie von 2010, Band 2, S. 372). Ich bezweifle, dass sich das nicht eindeutig in einem Gutachten feststellen ließe. Sollte sich das, was du "problematisch" nennst, wirklich auf die Feststellbarkeit der in § 1 Abs. 2 aufgezählten Krankheiten beziehen? Warum käme es auf den Gesamtzusammenhang an? Gerrens schreibt (S. 31), dass bei der Diagnose der unter § 1 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 genannten Krankheiten (das Wort "Krankheiten" auch dort ohne Anführungszeichen) die Vererbung nicht besonders geprüft werden sollte. Die Vererbung ist bei Nr. 1 bis 3 genaugenommen gar keine gesetzliche Voraussetzung dafür, dass der Betroffene "erbkrank" ist. Die Feststellung, dass jemand "erbkrank" ist, war aber auch keine hinreichende Bedingung für die Sterilisation, sondern es musste dann an Abs. 1 weiter geprüft werden. Aktenstapel (Diskussion) 16:42, 12. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]

vermeintlich bedeutet angeblich, scheinbar, vorgeblich. War mit erbkrank etwas anderes gemeint, als die Weitergabe schlechter Anlagen? -- Heimkinderverband (Diskussion) 18:46, 12. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]

Ich korrigiere mich bzgl. der Sterilisierten: 95% für die ersten vier Diagnosegruppen einschliesslich Alkoholismus, knapp 60% "Schwachsinn", soweit die Zahlen solche Schätzungen ermöglichen. "Schwachsinn" war nach dem (damaligen) psychiatrischen Verständnis keine "Krankheit", sondern eine "Abart der Persönlichkeit". Defacto wurden unter diesem Begriff alle möglichen Störungen emotionaler, intellektueller und sozialer Funktionen zusammengefasst. Das hat mit dem heutigen Verständnis von Intelligenzschwäche nichts zu tun. Historische Krankheitsbilder lassen sich ohnehin nicht ohne weiteres in die heutige Diagnostik übertragem, wie man auch umgekehrt von retrospektiven Diagnosen Abstand nehmen sollte. Vielleicht sollstest Du Dich mal mit der historischen Forschung zur Praxis des GzVeN beschäftigen. Gütt/Rüdin/Ruttke betonten seinerzeit, auch wenn man Ausfälle der Intelligenz kaum nachweisen könne, müsse man doch Schwachsinn annehmen, wenn sich die Betreffenden in die Gemeinschaft nicht einzufügen vermöchten. Die Gutachten mußten nicht "eindeutig" sein, wenn man jemanden sterilisieren wollte. Verkürzt gesagt: Alleinerziehende, unverheiratete Frauen aus sozialen Unterschichten mit unehelichen Kindern konnten als "moralisch schwachsinnig" zwangssterilisiert werden.--Assayer (Diskussion) 19:31, 12. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]
Voraussetzung für die Unfruchtbarmachung war, dass die Krankheit "einwandfrei festgestellt" ist (Art. 1 VO vom 5. Dezember 1933). Das meinte ich mit "eindeutig", mich auf "eindeutig diagnostizieren" aus der Antwort zuvor beziehend. Ich habe mich unpräzise ausgedrückt, wollte keine Deckungsgleichheit mit dem historischen Krankheitsbild behaupten; mir ging es um die Feststellbarkeit. Ich sehe keinen Anhaltspunkt dafür, dass Nachkommen "moralisch Schwachsinniger" grundsätzlich "an schweren körperlichen oder geistigen Erbschäden leiden werden". Daher folgt aus meiner Sicht deren Sterilisation nicht dem Artikelgegenstand. Der Heimkinderverband hat eine kluge Frage gestellt. Soweit "erbkrank" sich auf daher nach dem Gesetz Sterilisierte bezieht, würde ich sie verneinen, d. h. "erbkrank" in der Bedeutung einer (bis zum Eingriff imminenten) "Weitergabe schlechter Anlagen" sehen. In den anderen Fällen kann ich sie nicht bejahen. Aktenstapel (Diskussion) 14:33, 13. Sep. 2018 (CEST)[Beantworten]

1938/43: "rassische" und "ethische Indikation"[Quelltext bearbeiten]

Was ist mit folgendem Satz im Abschnitt Entstehungsgeschichte gemeint: "Hinzu kamen neben der schon bestehenden medizinischen Indikation 1938 die „rassische Indikation“ und 1943 die „ethische Indikation“"? Das wird an dieser Stelle nichtlmal im Ansatz erklärt, bitte unbedingt nachbessern.--Aviv noe (Diskussion) 13:39, 15. Mär. 2020 (CET)[Beantworten]

Aviv noe, deine Forderung ist aus meiner Sicht berechtigt. Ich habe die unbelegte Aussage entfernt, nachdem ich die Historie der Fassungen dieses Gesetzes und seiner Durchführungsbestimmungen konsultiert habe. Aus meiner Sicht sind die Indikationen in § 1 abschließend aufgezählt. --Aktenstapel (Diskussion) 12:47, 5. Sep. 2021 (CEST)[Beantworten]

Entstehungsgeschichte[Quelltext bearbeiten]

Im Artikel steht derzeit, dass das GzVeN auf einen Entwurf von 1932 basiert. Hier sei zu erwähnen, dass dies eine Annahme von Historikern ist. Z.B Schmuhl und Klee ziehen Vergleiche zwischen dem GzVeN und dem preußischen Gesetzesentwurf von 1932. Das sollte klarer herausgearbeitet werden. Viele Grüße --Zartesbitter (Diskussion) 02:19, 18. Jan. 2024 (CET)[Beantworten]