Dreistufenwirtschaft

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 14. November 2016 um 09:36 Uhr durch Pearli (Diskussion | Beiträge) (Die letzte Textänderung von 193.27.22.90 wurde verworfen und die Version 159583246 von Pittimann wiederhergestellt.). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Dreistufenwirtschaft – eine Form der Almwirtschaft – fasst in der Landwirtschaft eine umfassende Nutzung der gesamten Vegetation des Lebensraumes über die Höhenstufen im alpinen Raum ins Auge.

Alpdorf: Vorsäße Vorderhopfreben und Schalzbach, gegenüber Üntschenspitze (2135 m ü. A.), oberhalb der Baumgrenze die Hochalp Schoppernau, Vorarlberg

Verbreitung

Die Dreistufenform der Almwirtschaft ist vornehmlich in den Zentralen Alpen verbreitet, in Westösterreich, den Bayerischen Alpen, im Südtirol und Trentino, in den Schweizer Alpen und den französischen Hochalpen, dort, wo enger Talsiedlungsraum sich mit weiten hochmontanen Fluren findet.

Ablauf

Die Bauern in den alpinen Regionen zogen mit ihrem Vieh dem Futter nach. Das heißt, sie wechselten mehrmals jährlich von einem Stall zum anderen.

Stufe Eins

Die erste Stufe betrifft das Heimgut im Tal, das vom Frühling bis in den Herbst bewirtschaftet werden konnte und Vorrat für den Winter schaffen soll. Die dazugehörigen Almregionen werden Niederalm oder Niederleger genannt, das Vieh kann in der Hofstelle eingestallt werden.

Almabtrieb, Rückkehr des Vieh in die Talorte (Kufstein, Tirol)
Tieflage/Tallage
Hügelland-/Mittelgebirgsstufe
kollin/submontan
Ökumene

Stufe Zwei

Die Vorsäße oder Maisäße, Unterstafel (alemann.), Mittelalm (bair.), Niederleger (tir.) befinden sich auf etwa 1.500 Meter Seehöhe, etwa zwei Gehstunden über den Dauersiedlungen: Gehen im Tal die Futtervorräte zu Ende, treibt man das Vieh (Rinder, Pferde, Schafe, Ziegen) etwa Anfang Juni für etwa drei bis vier Wochen auf den Maisäß.

Auch nach dem Hochalmbetrieb ist noch ein Nachgrasen am Vorsäß möglich, bis der eigentliche Almabtrieb stattfindet, und das Vieh dann endgültig Winterquartier in Tallagen findet.

Vorsäß in Seewald bei Fontanella, Vorarlberg
Mittellage
Gebirgsstufe (Montanstufe)
submontan/montan
Subökumene

Stufe Drei

Vom Vorsäß wird das Vieh im Juni auf die Hochalpe/Hochalm, Oberleger, Oberstafel in Höhen von etwa 1.600 bis 2.000 Meter gebracht, womit die dritte Stufe erreicht ist. Während der Alpzeit (auch Sömmerung) werden teilweise die Wiesen auf dem Maisäß gemäht, in alpinen Lagen auch durch Wildheuen. Mitte September bis Mitte Oktober kam das Vieh wieder auf den Maisäß.

Engstligenalp, Kanton Bern
Hochlage
Hochgebirgsstufe
subalpin/alpin
Anökumene

Diese Form der Bewirtschaftung funktionierte jahrhundertelang und war lediglich eingeschränkt durch den Umstand, dass viele Menschen in der warmen Jahreszeit außerhalb des Tales ihrem Broterwerb nachgehen mussten und somit vor allem die weibliche Bevölkerung zurückließen.

Wandel im 20. Jahrhundert

Ein tiefgreifender Wandel erfolgte im 20. Jahrhundert: Zum einen sollte die Landwirtschaft durch neue Erwerbszweige, die sich in der Nutzung der Wasserkraft und im aufkommenden Fremdenverkehr boten, stetig und statistisch deutlich belegt an Bedeutung verlieren. In manchen Gegenden der Schweiz, beispielsweise in der Innerschweiz, in Graubünden und im westlichen Berner Oberland war dieser Wandel weniger ausgeprägt und die Alpwirtschaft spielt bis heute noch eine wirtschaftliche und auch kulturelle Rolle und trägt auch wesentlich zur Landschaftspflege bei.

Auf der anderen Seite machte auch die Landwirtschaft selbst einen grundlegenden Wandel mit, welcher innerhalb kürzester Zeit einen gewaltigen Technisierungsschub verbunden mit Zeitersparnis und Verkürzung der Wege mit sich brachte. Weniger Landwirtschaft bedeutet, dass die landwirtschaftlichen Güter des Tales und jene der Alpen ausreichen. Der Technisierungsschub sowie die Verkürzung der Wege bedeutet, dass die noch gegebene Maisäßbewirtschaftung vom Tal aus durchgeführt werden kann.

Bis zur verkehrstechnischen Erschließung der Maisäßgebiete wurde die Milch an Ort und Stelle zu Butter und Käse verarbeitet, was sich vielerorts noch durch Inventar nachweisen lässt und sich gelegentlich noch heute so vorfindet.

Regionales

Österreich

In Österreich gibt es (Erfassung Almkataster 2007)[1] etwa 2.000 Niederalmen, 4.500 Mittelalmen und 2.400 Hochalmen. Dabei zeigen sich deutliche regionale Unterschiede: Die Dreistufenwirtschaft – oft noch mit einer vierten Stufe – ist nur in den Innenalpen ausgeprägt, während in den Randalpen aufgrund der fehlenden Höhenlagen, aber auch eine weiter hinaufreichenden Dauersiedlung im südalpineren Bereich eine reduzierte Zweistufenform vorherrscht. In Tirol, das gänzlich in den Innenalpen liegt, beträgt das Verhältnis Nieder-:Mittel-:Hochalmen etwa 1:3:3, was zeigt, dass viele Höfe keine ausgewiesenen Niederalmen haben, aber durchwegs beide Bergformen, während in Kärnten mit fehlender Hochlage der Niederen Tauern und Kargheit der Südlichen Kalkalpen mittelhohe Lagen 1:7:4 dominieren, ebenso in Vorarlberg mit seiner Kultur der Maiensässe (feste Almdörfer) 2:5:2, und in Salzburg, wo mit den Unterschieden von Voralpen, Kalk-, Schiefer- und Zentralalpen im Landesdurchschnitt ein Verhältnis bei 1:2:1 zu liegen kommt. In der Steiermark, am Südostrand der Alpen und in Oberösterreich, das hauptsächlich Anteil an den nördlichen Voralpen hat, beträgt das Verhältnis 3:3:1 respektive 17:8:1, also eine Niederstufenwirtschaft dominiert, wobei darunter nahezu keine Melkalmen sind (unter 10 %), der Großteil der Almen im Rahmen der Schwaigwirtschaft also für Jungvieh genutzt wird.

Struktur der Almen 2007
Anzahl der Almen Ktn Sbg Stmk Tir Vlbg AT ges.
Anzahl der Almen 2.010 81 210 1.816 2.034 2.163 596 8.910
davon Niederalmen 177 50 138 421 821 347 132 2.086
Mittelalmen 1.168 29 64 948 915 994 321 4.439
Hochalmen 665 2 8 447 298 822 143 2.385
davon Melkalmen insgesamt 176 3 11 546 149 1.248 413 2.546
Im Burgenland und in Wien gibt es keine Almflächen
Quelle: Grüner Bericht 2008[1]

Seit 2011 gehört die Dreistufenwirtschaft im Bregenzerwald zum Immateriellen Kulturerbe, wie es die UNESCO deklariert, auf der Österreichliste (Nationales Kulturgut). Sie zeichnet sich durch ihre besondere Eigenständigkeit innerhalb Österreich aus (die Herkunft dieser Form geht auf die schweizerischen Walser zurück), und ist dort noch vergleichsweise gut im Alltagsleben verankert.[2]

Literatur

Medien

  • Bergauf, Bergab. Dokumentarfilm, Hans Haldimann, CH 2008 – über einen Dreistufenbauernbetrieb im Kanton Uri

Einzelnachweise

  1. a b Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Abteilung II 5 (Hrsg.): Grüner Bericht 2008. Wien 2008, OCLC 613625769, Struktur der Almen. Anzahl, Flächen und gealptes Vieh 2007, Tabelle 3.1.16.
  2. Dreistufenlandwirtschaft im Bregenzerwald. Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes in Österreich, nationalagentur.unesco.at