Edgar Julius Jung

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Edgar Julius Jung (* 6. März 1894 in Ludwigshafen; † 30. Juni 1934 im KZ Oranienburg (ermordet)) war ein deutscher konservativer Politiker und Jurist. Er gilt als einer der wichtigen Vertreter der so genannten Konservativen Revolution in der Weimarer Republik.

Leben

Edgar Julius Jung wuchs in Ludwigshafen unter bürgerlichen Verhältnissen auf. Er besuchte das Gymnasium und erlangte 1912 das Abitur. 1913 begann er das Studium der Rechtswissenschaften in Lausanne. 1914 nahm er als Freiwilliger Frontkämpfer aktiv am Ersten Weltkrieg teil. Ab 1916 als Leutnant der Reserve und zum Schluss als Kampfflieger an der Westfront.

Nach dem Krieg wurde er Mitglied des Freikorps Epp und nahm an der Niederschlagung der Münchner Räterepublik im Frühjahr 1919 teil.

Jung setzte in Heidelberg und Würzburg sein Studium der Rechtswissenschaften fort. Nach dem ersten Staatsexamen wurde er 1920 in Würzburg zum Dr. jur. promoviert. 1922 legte er das Assessorenexamen ab und war danach als Rechtsanwalt in Zweibrücken in der Pfalz tätig. Ebenfalls 1922 erfolgte seine Heirat.

Die Pfalz war seit Dezember 1918 als Folge des Ersten Weltkrieges von französischen Truppen besetzt worden. Zusammen mit dem Kaiserslauterer Bankdirektor Emmerling gründete Jung den geheimen „Rheinisch-Pfälzischen Kampfbund“, der sich die gewaltsame Entfernung der französischen Besatzung zum Ziel gesetzt hatte und ab 1923 gewaltsame Aktionen gegen den von Frankreich unterstützten pfälzischen Separatismus plante und ausführte. Im April 1923 wurde er von der französischen Besatzungsmacht aus der Pfalz ausgewiesen. In München traf Jung auf den ebenfalls ausgewiesenen und nunmehr im Bayerischen Staatskommissariat für die gewaltsame Separatistenabwehr in der Pfalz zuständigen Walter Antz aus Zweibrücken, der ihn mit den Vorbereitungen eines Anschlages auf den Anführer der Separatisten, Franz Josef Heinz, dem Präsidenten der Autonomen Pfalz beauftragte. Das Attentat gelang erst im zweiten Anlauf: Am Abend des 9. Januar 1924 stürmten unter dem Kommando von Jung rund 20 Männer, die über den gefrorenen Rhein gekommen waren, den Speisesaal des „Wittelsbacher Hofes“ in Speyer. Sie ermordeten Heinz, seinen Mitarbeiter Nikolaus Fußhöller und Matthias Sand, einen unbeteiligten Gast. Von den Attentätern wurden bei dem anschließenden Schusswechsel zwei NSDAP-Mitglieder getötet. Jung selbst wurde beim Schusswechsel leicht verletzt und floh aus der Pfalz nach München.

Im selben Jahr versuchte er, für die Deutsche Volkspartei in den Reichstag gewählt zu werden, scheiterte jedoch.

Er erhielt von der Ruhrlade monatlich 2000 Mark für seine publizistische und politische Tätigkeit.

Nach der Bildung der Regierung der "Nationalen Konzentration" unter Führung Adolf Hitlers am 30. Januar 1933 bot sich Jung dem konservativen Vize-Kanzler des Koalitionskabinetts, Franz von Papen, als politischer Berater und Redenschreiber an und nahm kurz darauf seine Tätigkeit in der Vize-Kanzlei auf.

Am 17. Juni 1934 hielt von Papen vor Marburger Studenten eine berühmt gewordene Rede (Marburger Rede), die von Jung verfasst worden war. In dieser Rede bekannte der Vizekanzler sich zwar zur Führerschaft Hitlers und bejahte auch das Bündnis zwischen konservativer und nationalsozialistischer Revolution, übte gleichwohl massive Kritik an den Missständen der nationalsozialistischen Herrschaft: Er reklamierte ein geordnetes Wachstum anstelle von revolutionären Zuständen und erteilte dem Kollektivismus in Wirtschaft und Gesellschaft sowie dem linken Nationalsozialismus - unter Akzentuierung der sozialistischen Elemente der Bewegung - eine Absage. Papen forderte des weiteren die ständische Neuordnung nach wilhelminischem Vorbild als ein Alternativmodell zur zweiten Revolution, wie sie durch die Parteilinke gefordert wurde, verlangte die Abschaffung der NSDAP als Überbleibsel des Parteiensystems. Im Ganzen wurde der Eindruck suggeriert, der Nationalsozialismus stelle nur ein ephemeres Durchgangsstadium im Zuge eines gesamteuropäischen Umwandlungsprozesses dar.

Jung hatte beabsichtigt, durch diese Rede ein Fanal für die jungkonservative Konterrevolution gegen den Nationalsozialismus zu setzen. Seine die Realitäten verkennenden Vorstellungen sahen die Verhängung des Ausnahmezustandes durch den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg (auf den von Papen erheblichen Einfluss ausübte), die Bildung eines Direktoriums unter Einbeziehung von Hitler und Göring und die Ausschaltung der NS-Radikalen vor. Eine landesweite Verbreitung der Marburger Rede durch eine Verlesung im Radio wurde durch Reichspropagandaminister Joseph Goebbels verhindert.

Jung und einige andere Mitarbeiter von Papens - darunter Herbert von Bose - beabsichtigten in Anbetracht des vorhersehbaren Ablebens Hindenburgs ihre Pläne von der konservativen Revolution gestützt auf den Oberbefehl des Reichspräsidenten über die Reichswehr umzusetzen. Hindenburg sollte durch von Papen, der am 30. Juni eine Audienz beim Reichspräsidenten haben würde, dazu bewogen werden, ein staatsstreichartiges Eingreifen der Reichswehr in die schwelende Staatskrise des Jahres 1934 zu veranlassen. Der NS-nahe Generalmajor der Reichswehr Walter von Reichenau, der davon am 28. Juni erfuhr, setzte Heinrich Himmler und Reinhard Heydrich von diesem Plan in Kenntnis, was vermutlich das Todesurteil für Jung bedeutete.

Ein Vertrauter des Ex-Kanzlers Heinrich Brüning warnte Jung am 29. Juni vor einem bevorstehenden Losschlagen des Regimes gegen oppositionelle Kräfte. Dieser verzichtete in Vertrauen auf die Protektion durch von Papen und die Reichswehr darauf unterzutauchen und wurde so schon am Folgetag verhaftet und in das KZ Oranienburg verschleppt, wo er in der Nacht zum 1. Juli 1934 von der SS im Zusammenhang mit den Röhm-Morden erschossen wurde.

Literatur

  • Gerhard Gräber, Matthias Spindler: Die Pfalzbefreier: Volkes Zorn und Staatsgewalt im bewaffneten Kampf gegen den pfälzischen Separatismus 1923/24. Pro Message, Ludwigshafen/Rhein 2005, ISBN 3-934845-24-X (u.a. über Jung und seine Rolle bei der Ermordung von Franz Josef Heinz 1924)

Weblinks