Erich Künzel

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Hans Erich Künzel (geboren am 2. Mai 1922 in Kulmbach; gestorben am 9. März 2009 in Regensburg) war ein deutscher Veterinärmediziner und Anatom an der Freien Universität Berlin.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Künzel wuchs in Kulmbach und Regensburg auf[1] und legte das Abitur 1940 am neusprachlich-naturwissenschaftlichen Goethe-Gymnasium ab. Während der Schulzeit wurde in bewusster Distanz zum herrschenden Nationalsozialismus das musische, künstlerische und philosophische Interesse geweckt. Nach dem Reichsarbeitsdienst diente er während des Zweiten Weltkriegs als Soldat in Frankreich. Auf dem Rückzug in die sogenannten Alpenfestung desertierte Künzel am 5. Mai 1945 und nahm an der Seite des Regensburger Majors Joseph Gangl an der Schlacht um das Schloss Itter teil, um alliierte Kriegsgefangene vor Rache einer Waffen-SS-Einheit zu schützen.[2] Aus diesem Grund blieb Künzel die Kriegsgefangenschaft erspart.

Er studierte in München von 1945 bis 1950 Veterinärmedizin und schloss das Studium 1951 mit einer Dissertation über die Trächtigkeitsdiagnose beim Schwein bei Arturs Vitums ab. Nach einer Tätigkeit als praktischer Tierarzt habilitierte er sich 1957 als Assistent bei Eberhard Ackerknecht[3] am Institut für Veterinäranatomie an der Freien Universität Berlin. Er hatte großen Anteil am Aufbau des anatomischen Instituts und initiierte das Vorklinikum.[4] Von 1962 bis 1990 war er dort als Ackerknechts Nachfolger Professor für Veterinäranatomie, Histologie und Embryologie.[5] Neben Lehrbuchbeiträgen zur Histologie des Bewegungsapparates[6] und der Haut[7] leistete Künzel mit Schnittserien und Feuchtpräparaten Pionierarbeit für die Lehre und Forschung in Embryologie[8] und gab eines der maßgeblichen Lehrbücher verantwortlich neu mit heraus.[9]

In den 1960er Jahren lehrte er gastweise in Bern und Zürich, aber auch mehrfach in Nairobi[10] und ermöglichte 1971 die Aufnahme des vollen Lehrbetriebs an der neugegründeten Fakultät für Veterinärmedizin in Kampala.[11] Künzels Schwerpunkt lag auf der anwendungsbezogenen Lehre[12] und dem philosophisch verantworteten Gesamtzusammenhang universitärer Wissenschaft.[13] Ein nach der Emeritierung 1990 geplantes interdisziplinäres, Psychologie und Veterinärmedizin berührendes Forschungsprojekt zur Gedächtnisfunktion der Elefanten kam nicht zum Abschluss.

Künzel forschte als von Jugend auf versierter Geiger zu seiner Meinung nach in falsch gelehrten Geigenhaltungen begründeten gesundheitlichen Schäden und machte Vorschläge zur Abhilfe.[14] Er vereinte hier musikwissenschaftliche und anatomische Gesichtspunkte. Zudem widmete er sich der bildenden Kunst, vor allem der Glasmalerei.[15][16]

Er war von 1954 bis zu seinem Tod mit der Lungenfachärztin Elsa Künzel (1923–2015), geb. Reller, verheiratet.

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Beiträge zur Trächtigkeitsdiagnose beim Schwein, Dissertation, Uni-Druck, München 1951
  • Die Speiseröhre des Schafes in funktioneller Betrachtung. Berlin 1957 (auch in: Zentralblatt für Veterinärmedizin, Band 8 Nr. 7, 1961[17])
  • Die Entwicklung des Hühnchens im Ei, Parey Verlag, Berlin/Hamburg 1962
  • mit Clemens Knospe: Studienführer Embryologie, 1. Allgemeine Embryologie und Teratologie, Berlin 1983
  • Die Anatomie des Geigenspiels, Der Weg zur Überwindung der Geigerschäden, Schneider, Tutzing 2002, ISBN 978-3-7952-1100-4

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Gerhard Böhme: Prof. Dr. Erich Künzel zum 68. Geburtstag, in: Deutsches Tierärzteblatt (1992), S. 384
  2. Stephen Harding: Die letzte Schlacht. Als Wehrmacht und GIs gegen die SS kämpften, Wien 2015, S. 236; Bescheinigung im Nachlass Künzel
  3. Erich Künzel: Professor Dr. Dr. h.c. Eb. Ackerknecht +, in: Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift 1969, S. 20.
  4. Böhme, Prof. Dr. Erich Künzel zum 68. Geburtstag, S. 384
  5. Erich Künzel/ Gerhard Böhme: Röntgenuntersuchungen am Hühnerkopf, Zentralblatt für Veterinärmedizin 1962
  6. Erich Künzel: Beitrag zur funktionellen Anatomie der Zwischenwirbelscheiben des Hundes mit Berücksichtigung der Diskopathien, in: Berlin Münchner Tierärtzlichen Wochenschrift 73 (1960), S. 101–120
  7. Erich Künzel: Haut (Integumentum commune), in: W. Mosimann/ T. Köhler (Hrsg.): Zytologie, Histologie und mikroskopische Anatomie der Haussäugetiere, Berlin/ Hamburg 1990, S. 282–285
  8. Böhme, Prof. Dr. Erich Künzel zum 68. Geburtstag, S. 384
  9. Bernhard H. Skold/ Erich Künzel: Davies embryology laboratory guide. 48-hour chicken embryo and 10-mm pig embryo, Ames/ Iowa 1972
  10. k. A. Moniem/ M. D. Timgari/ Erich Künzel: The fine structure of the boundary tissue of the seminiferous tubule of the camel (Camelus dromedarius), in: Acta anatomica 107 (1980), S. 169–176
  11. Böhme, Prof. Dr. Erich Künzel zum 68. Geburtstag, S. 384
  12. Gerhard Böhme/ Erich Künzel/ Klaus Tiedemann: Untersuchungen an der Area postrema von Gallus domesticus, in Acta Neuropathologica 21 (1972), S. 296–307
  13. Widmung in Gerhard Böhme, Bearb. v. Richard Nickel/ August Schummer/ Eugen Seiferle: Lehrbuch der Anatomie der Haustiere, Bd. 4: Nervensystem, Sinnesorgane, Endokrine Drüsen, Stuttgart 2004 (1975)
  14. andmars: Erich Künzel "Anatomie des Geigenspiels" - wer kennt es? 29. Mai 2018, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 17. Januar 2020.@1@2Vorlage:Toter Link/de.forum.geigen-forum.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  15. Erich Künzel: Einführung in: Erika Bauer: Acryl und Ölbilder, Aquarelle, Lithographien, Offenbach/ Main 1974
  16. Erich Künzel in: Erika Bauer-Bamberg: Malerei, Graphik, Glas, Plastik, Bamberg [1990], S. 28
  17. E. Künzel: Die Speiseröhre des Schafes in funktioneller Betrachtung. In: Zentralblatt für Veterinärmedizin. Band 8, Nr. 7, 1961, ISSN 1439-0442, S. 605–647, doi:10.1111/j.1439-0442.1961.tb00658.x (wiley.com [abgerufen am 17. Januar 2020]).