Görgeyit

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Görgeyit
Görgeyit aus der „Inder B“-Lagerstätte, Atyrau, Kasachstan (Größe: 3,8 cm × 3,2 cm × 1,5 cm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Gög[1]

Andere Namen

Micheevit[2]

Chemische Formel K2Ca5[SO4]6·H2O[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfate (einschließlich Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VI/C.20
VI/C.20-030

7.CD.30
29.04.07.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem prismatisch
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m
Raumgruppe (Nr.) C2/c[3] (Nr. 15)
Gitterparameter a = 17,51 Å; b = 6,82 Å; c = 18,21 Å
β = 113,3°[3]
Formeleinheiten Z = 4[3]
Häufige Kristallflächen {001}, {100}, {111}, {110}[4]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 3,5 bis 4
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,90 bis 2,93; berechnet: 2,90[4]
Spaltbarkeit unvollkommen nach {100}[4]
Bruch; Tenazität splittrig bis hakig
Farbe farblos, weiß, hellgelb, grünlichgelb
Strichfarbe weiß
Transparenz durchscheinend
Glanz Glasglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,560
nβ = 1,569
nγ = 1,584[5]
Doppelbrechung δ = 0,024[5]
Optischer Charakter zweiachsig positiv
Achsenwinkel 2V = 79° (gemessen); 78° (berechnet)[5]

Görgeyit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfate (einschließlich Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate)“. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung K2Ca5[SO4]6·H2O[3] und ist damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Kalium-Calcium-Sulfat.

Görgeyit entwickelt meist tafelige Kristalle mit glasähnlichem Glanz auf den Oberflächen. In reiner Form ist Görgeyit farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterbaufehlern oder polykristalliner Ausbildung kann er aber auch weiß erscheinen und durch Fremdbeimengungen eine hellgelbe oder grünlichgelbe Farbe annehmen, wobei die Transparenz entsprechend abnimmt.

Mit einer Mohshärte von 3,5 bis 4 gehört Görgeyit zu den mittelharten Mineralen, die sich ähnlich wie das Referenzmineral Fluorit leicht mit einem Taschenmesser ritzen lassen.

Besondere Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In kochendem Wasser löst sich Görgeyit zwar nur schlecht, das heißt, er verliert nur wenig bis gar kein Gewicht, allerdings werden die Kristallflächen rau.[6]

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals entdeckt wurde Görgeyit im „Leopold Horizont“ des Bad Ischler Salzbergwerks in Oberösterreich und beschrieben 1953 durch Heimo Mayrhofer, der das Mineral nach dem österreichischen Mineralogen Rudolf von Görgey (Rudolf Görgey von Görgö und Toporcz, 1886–1915) benannte.[7]

Ein von E. I. Nefedov 1954 beschriebenes und als Mikheevit bezeichnetes Mineral stellte sich trotz geringer Unterschiede in Zusammensetzung und Kristallsystem als identisch mit Görgeyit heraus.[8]

Typmaterial des Minerals wird im Naturhistorischen Museum Wien (Katalog-Nr. M474) in Österreich und in der Harvard University (Katalog-Nr. 107559) in Cambridge, Massachusetts in den USA aufbewahrt.

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Görgeyit zur Mineralklasse der „Sulfate, Chromate, Molybdate, Wolframate“ (einschließlich einige Selenate und Tellurate) und dort zur Abteilung der „Wasserhaltigen Sulfate, ohne fremde Anionen“, wo er zusammen mit Leightonit und Polyhalit die „Polyhalit-Gruppe“ mit der System-Nr. VI/C.20 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Görgeyit ebenfalls in die Abteilung der „Sulfate (Selenate usw.) ohne zusätzliche Anionen, mit H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich großen Kationen“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 7.CD.30 bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Görgeyit in die Klasse der „Sulfate, Chromate und Molybdate“ und dort in die Abteilung der „Wasserhaltige Säuren und Sulfate“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 29.04.07 innerhalb der Unterabteilung „Wasserhaltige Säuren und Sulfate mit (A+)2Bn(XO4)p × x(H2O)“ zu finden.

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zitronengelber Hydroboracit auf Görgeyit aus der Bor-Lagerstätte bei Atyrau, Kasachstan (Größe: 6,5 cm × 6,3 cm × 3,8 cm)

Görgeyit bildet sich sekundär in Evaporit-Lagerstätten und in Hydrothermal-Adern. Entsprechend kann das Mineral überwiegend mit anderen Evaporitmineralen wie unter anderem Anhydrit, Gips, Glauberit, Halit und Polyhalit, aber auch mit Cesanit und/oder Pyrit vergesellschaftet sein.

Neben seiner Typlokalität Bad Ischler Salzberg, das auch der bisher einzige bekannte Fundort in Österreich ist, konnte das Mineral bisher (Stand 2014) nur an fünf weiteren Fundorten entdeckt werden. Bekannt wurde dabei vor allem die Borlagerstätte „Inder B“ (auch Inder See bzw. Inder Salzdom) bei Atyrau in Kasachstan mit Kristallfunden von bis zu acht Zentimetern Länge.[9]

Der bisher einzige bekannte Fundort in Deutschland ist die Grube Anna bei Alsdorf in Nordrhein-Westfalen.

Daneben fand man Görgeyit noch im Geothermalgebiet Cesano nahe dem Braccianosee in der italienischen Region Latium sowie in den Salzlagerstätten Jianghan (Wuhan) und Qu (Dazhou) in China.[10]

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Görgeyit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe C2/c (Raumgruppen-Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15 mit den Gitterparametern a = 17,51 Å; b = 6,82 Å; c = 18,21 Å und β = 113,3° sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Heimo Hayrhofer: Görgeyit, ein neues Mineral aus der Ischler Salzlagerstätte. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie. Monatshefte, 1953, S. 35–44
  • Michael Fleischer: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 39 (1954), S. 402–408 (PDF 383,2 kB; Görgeyit S. 2)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Görgeyite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 669.
  3. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 392.
  4. a b c Görgeyite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 66,5 kB)
  5. a b c Mindat – Görgeyite
  6. Michael Fleischer: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 39 (1954), S. 402–408 (PDF 383,2 kB; Görgeyit S. 2)
  7. Margret Hamilton, Franz Pertlik: Rudolf GÖRGEY VON GÖRGÖ UND TOPORCZ (1886 – 1915). Ein Pionier in der Erforschung mitteleuropäischer Salzlagerstätten. In: Berichte der Geologischen Bundesanstalt., ISSN 1017-8880, Wien 2013, S. 101 (PDF 351,5 kB)
  8. Michael Fleischer: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 40 (1955), S. 551–554 (PDF 236,7 kB)
  9. Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0 (Dörfler Natur).
  10. Fundortliste für Görgeyit beim Mineralienatlas und bei Mindat