Georg Christoph Lichtenberg

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Georg Christoph Lichtenberg

Georg Christoph Lichtenberg (* 1. Juli 1742 in Ober-Ramstadt bei Darmstadt; † 24. Februar 1799 in Göttingen) war ein deutscher Schriftsteller und der erste deutsche Professor für Experimentalphysik.

Leben

Lichtenberg war das siebzehnte und jüngste Kind des protestantischen Pfarrers Johann Conrad Lichtenberg. Dieser stieg vom Dorfprediger zum Superintendenten für den Sprengel Darmstadt auf und zeichnete sich durch eine für einen Geisteswissenschaftler überdurchschnittliche naturwissenschaftliche Bildung aus. Georg Christoph Lichtenberg erhielt bis zum zehnten Lebensjahr Privatunterricht in seinem Elternhaus, 1752 wechselte er in die Lateinschule "Darmstädter Pädagog" (auch Altes Pädagog genannt). Für seinen Fleiß und Scharfsinn wurde er mehrfach ausgezeichnet.

Die Schulausbildung schloss er 1761 ab, für das von ihm angestrebte Studium der Mathematik reichte das Geld jedoch nicht aus. Seine Mutter Henrike Catherine Lichtenberg reichte 1762 ein Bittgesuch auf finanzielle Unterstützung beim Landgrafen Ludwig VIII. ein. Der Antrag wurde 1763 positiv beschieden, Lichtenberg erhielt jährlich 200 Gulden. Im Mai des Jahres verließ er Darmstadt und studierte bis 1766 an der Universität Göttingen - unter anderem bei Abraham Gotthelf Kästner - Mathematik und Naturwissenschaften.

Nach seinem Studium verließ er Göttingen nur für zwei Reisen nach England. Auf der ersten Reise 1770 führte er König Georg III. von England und Hannover durch die Sternwarte von Richmond upon Thames. Der König war so beeindruckt, dass er in einem Schreiben die Ernennung Lichtenbergs zum außerordentlichen Professor für Philosophie empfahl. Die zweite Reise unternahm er von 1774 bis 1775.

1770 wurde Lichtenberg Professor für Physik, Mathematik und Astronomie an der Universität Göttingen, ab 1780 war er Ordinarius für Physik.

Lichtenberg litt sein ganzes Leben an einer zunehmenden Kyphoskoliose (Wirbelsäulenverkrümmung), die nicht nur zu einem ausgeprägten Buckel und geringer Körpergröße führte, sondern auch das Atmen immer mehr erschwerte.

Lehre und Forschung

Lichtenberg befasste sich mit naturwissenschaftlichen Themen auf breiter Ebene, u.a. mit der Geodäsie, Meteorologie, Astronomie und Chemie. In der Elektrizitätslehre führte er die Begriffe positive und negative Elektrizität ein. Sein Geschick als Experimentalphysiker stellte er mit der Entwicklung eines 2,5 Quadratmeter großen Elektrophors unter Beweis. Mit dieser Influenzmaschine konnte er sehr hohe Spannungen erzeugen und Funken bis zu 40 cm Länge hervorrufen. Lichtenberg zählt auch zu den Begründern der Plasmaphysik. So entdeckte er auf dem Staub einer Isolatorplatte des Elektrophors sternförmige Muster, die als Lichtenberg-Figuren bezeichnet werden. Lichtenberg führte als erster den von Benjamin Franklin erfundenen Blitzableiter in Göttingen und als einer der ersten in Deutschland ein, indem er 1780 und 1794 seine Gartenhäuser mit einem solchen Furchtableiter versah, der durch die Ableitung unserer modernen Kenntnis entspricht.

Über seine naturwissenschaftlichen Entdeckungen hinaus ist Georg Christoph Lichtenberg durch seine kritisch-analytische Denkweise und die Betonung des Experiments in der Physik einer der wichtigsten Begründer der modernen naturwissenschaftlichen Methodik.

Je mehr sich bei Erforschung der Natur die Erfahrungen und Versuche häufen, desto schwankender werden die Theorien. Es ist aber immer gut sie nicht gleich deswegen aufzugeben. Denn jede Hypothese, die gut war, dient wenigstens die Erscheinungen bis auf ihre Zeit gehörig zusammen zu denken und zu behalten. Man sollte die widersprechenden Erfahrungen besonders niederlegen, bis sie sich hinlänglich angehäuft haben um es der Mühe wert zu machen ein neues Gebäude aufzuführen. (Lichtenberg: Sudelbuch JII/1602)

Lichtenberg gilt als Vertreter der Aufklärung und wurde unter anderem von Kant und Spinoza beeinflusst.

Schriftstellerische Arbeiten

Über viele Jahre hat Lichtenberg ab 1765 in Schreibheften, seinen so genannten Sudelbüchern Unmengen an Gedankenblitzen und oft witzigen Einfällen gesammelt, die postum veröffentlicht wurden und eine riesige Fundgrube für Aphorismen darstellen, z.B.

Der Amerikaner, der den Kolumbus entdeckte, machte eine böse Entdeckung., oder
Wer nichts als Chemie versteht, versteht auch die nicht recht.

Er verewigte dort auch naturwissenschaftliche Erkenntnisse. So schrieb er beispielsweise über die von ihm eingeführten Bezeichnungen positive und negative Elektrizität:

Mein +E und -E ist ebenfalls angenommen worden auch schon von Ausländern. (Sudelbuch JII/1440; 1789-93).

Unter seinen scharfsinnigen zeitgeschichtlichen Beobachtungen findet man aber auch antisemitische Vorurteile über "den Juden". Er hielt Juden für verdorben und betrügerisch und verglich sie mit Sperlingen, die damals als zu bekämpfende Schädlinge galten.

Ein Teil der Sudelbücher wurde vom Gutenberg-Projekt digitalisiert und steht online zur Verfügung:

  • Weitere Beispiele aus den Sudelbüchern findet man auf der Site der Lichtenberg-Gesellschaft (dort auch der Aufsatz von Ulrich Joost, Schmierbuchmethode bestens zu empfehlen. Lichtenbergs 'Sudelbuch'-Aphorismen), [1]

Gleichberechtigt neben den Sudelbüchern sind für Philologen und Historiker seine Briefe und Essays anzusiedeln. Diese schrieb er in auf deutsch, seine wissenschaftlichen Veröffentlichungen vorzugsweise in Latein.

Lichtenberg unterhielt über seine private Korrespondenz hinaus viele Jahre gute Beziehungen zu zeitgenössischen, aufklärerischen Kulturzeitschriften, in denen er Essays beitrug zu Debatten über unter anderem Physiognomik, Sonnenbaden, Kunst- und Theatergeschehen.

Literatur

  • Ulrich Joost /Albrecht Schöne (Herausgeber): Georg Christoph Lichtenberg. Briefwechsel 1765-1779, 1780-1784, 1785-1792, 1793-1799. 5 Bände, Beck Verlag, München 1983-2004
  • Ulrich Joost (Hrsg.)/Hans-Joachim Heerde (Bearbeiter): Georg Christoph Lichtenberg. Briefwechsel 1765-1799. Kommentiertes Personen- und Sachregister. 2 Bände, C.H. Beck Verlag München 2004
  • Georg Christoph Lichtenberg: Vorlesungen zur Naturlehre. Ediert nach G. Chr. Lichtenbergs annotierten Handexemplar der 4. Auflage von Johann Christian Polykarp Erxlebens "Anfangsgründe der Naturlehre", hrsg. v. d. Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Wallstein Verlag Göttingen 2005
  • Ulrich Joost (Hrsg.): Ihre Hand, Ihren Mund, nächstens mehr ... Lichtenbergs Briefe 1765 bis 1799. C.H. Beck München 1998
  • Ulrich Joost (Hrsg.): Georg Christoph Lichtenberg. Noctes: Ein Notizbuch. Wallstein-Verlag Göttingen 1992
  • Wolfgang Promies (Hrsg.): Georg Christoph Lichtenberg: Schriften und Briefe. 3 Bände, München 1968-1972
  • Georg Christoph Lichtenberg, 1742-1799, Wagnis der Aufklärung. Ausstellungs-Katalog, Darmstadt 1992
  • Ulrich Joost: Lichtenberg - der Briefschreiber. Göttingen 1993 ISBN 3861500426
  • Frank Schäfer: Lichtenberg und das Judentum. (Lichtenberg-Studien Band X.) Wallstein-Verlag, Göttingen 1998, ISBN 389244306

Peter Sehr und Hans Magnus Enzensberger arbeiten gemeinsam seit Jahren an einer Verfilmung des Lebens von Georg Christoph Lichtenberg.

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