Hans Julius Wolff (Rechtshistoriker)
Hans Julius Wolff (* 27. August 1902 in Berlin; † 23. August 1983 in Freiburg im Breisgau) war ein bedeutender deutscher Rechtshistoriker, der insbesondere das Recht des antiken Griechenlands erforschte.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wolff entstammte einer jüdischen Gelehrtenfamilie[1]. Er studierte Alte Geschichte, Philologie und Rechtswissenschaft an den Universitäten Berlin und Rostock und arbeitete am Thesaurus Linguae Latinae mit. Nach der Promotion 1932 (Dissertation: Zur Stellung der Frau im klassischen römischen Dotalrecht) in Berlin[2] war er kurz als kommissarischer Richter tätig, nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde er jedoch aus rassischen Gründen entlassen und konnte auch eine Universitätslaufbahn nicht fortsetzen. Vom 1. Oktober 1930 bis zum 30. November 1931 und vom 1. Mai 1933 bis zum 31. August 1935 arbeitete er für den Thesaurus Linguae Latinae in München. 1935 emigrierte er durch Vermittlung der Notgemeinschaft deutscher Wissenschaftler im Ausland nach Panama, wo er bis Ende der 1930er Jahre an der Nationalen Universität lehrte. 1939 wanderte er in die USA aus; dort absolvierte er ein ergänzendes Studium an den Universitäten in Tennessee und Michigan und lehrte ab 1945 an verschiedenen Universitäten im Mittleren Westen, seit 1950 an der Universität von Oklahoma.[3] Nach der Rückkehr nach Deutschland 1952 lehrte Wolff Römisches Recht zunächst in Mainz und ab 1955 als ordentlicher Professor für Griechisches, Römisches und Bürgerliches Recht in Freiburg. Dort gründete er die Arbeitsstelle für altgriechisches Recht. Seine Forschungsschwerpunkte lagen auf dem antiken attischen Recht und auf dem aus griechischen Papyri in Ägypten ersichtlichen Recht der Ptolemäerzeit.
Akademisch beeinflusst war Wolff vornehmlich durch die Arbeiten von Ludwig Mitteis, mit dem er über Joseph Partsch und Ernst Rabel in Berührung kam.[4] 1972 wurde er von der Universität Athen mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet. 1974/75 war er Mitglied der School of Historical Science am Institute for Advanced Study in Princeton. Seit 1963 war er korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und seit 1967 Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften[5] sowie der Göttinger Akademie der Wissenschaften.[6]
Wolff konvertierte vom jüdischen zum protestantischen und später zum katholischen Glauben. Sein Nachlass liegt im Jüdischen Museum Frankfurt.[7]
Schriften (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Zur Stellung der Frau im klassischen römischen Dotalrecht, Böhlau, Weimar 1933 (Dissertation).
- Marriage law and family organization in ancient Athens, 1944.
- The origin of judicial litigation among the Greeks, 1946.
- Roman Law. A historical Introduction, Oklahoma 1951 (Nachdruck 1976, ISBN 978-0-80611296-1).
- Das Justizwesen der Ptolemäer, Beck, München 1962 (= Münchener Beiträge zur Papyrusforschung und antiken Rechtsgeschichte, H. 44) [2. Auflage 1970, ISBN 3-406-00644-2].
- Beiträge zur Rechtsgeschichte Altgriechenlands und des hellenistisch-römischen Ägypten, 1961.
- Das Justizwesen der Ptolemäer, 1962, 2. Aufl. 1970.
- Die attische Paragraphe. Ein Beitrag zum Problem der Auflockerung archaischer Prozessformen, Böhlau, Weimar 1966 (= Graezistische Abhandlungen, Bd. 2).
- Demosthenes als Advokat. Funktionen und Methoden des Prozesspraktikers im klassischen Athen, de Gruyter, Berlin 1968 (= Schriftenreihe der Juristischen Gesellschaft e. V., Berlin, H. 30).
- Normenkontrolle und Gesetzesbegriff in der attischen Demokratie, 1970.
- Die Bedeutung der Epigraphik für die griechische Rechtsgeschichte, 1973.
- Das Recht der griechischen Papyri Ägyptens in der Ptolemäer- und der Prinzipatszeit. Bd. 2: Organisation und Kontrolle des privaten Rechtsverkehrs, Beck, München 1978, ISBN 3-406-05192-8 (= Handbuch der Altertumswissenschaft, Teil 5), ISBN 978-3406051920.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Dietrich V. Simon: Hans Julius Wolff †. In: Gnomon. Band 59, 1987, S. 83 f. (Nachruf).
- Dietfried Krömer, Manfred Flieger (Hrsg.): Thesaurus-Geschichten. Beiträge zu einer Historia Thesauri linguae Latinae von Theodor Bögel (1876–1973). Teubner, Stuttgart/Leipzig 1996, ISBN 3-8154-7101-X, S. 205.
- Gabor Hamza: Wolff, Hans Julius: Das Problem der Konkurrenz von Rechtsordnungen in der Antike. In: Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-historische Klasse. Jahrgang 1979, 5. Abhandlung. Heidelberg 1979. In: Állam- és Jogtudomány. Band 23, 1980, S. 779–781.
- Gabor Hamza (Hrsg.): Symposion. Hundert Jahre Bürgerliches Gesetzbuch. Entwicklung des Privatrechts im deutschen und mittel-osteuropäischen Sprachraum seit dem Inkrafttreten des BGB. 13.–14. Oktober 2000, Budapest. Eötvös Loránd Tudományegyetem, Budapest 2006.
- Gabor Hamza (Hrsg.): A. B. Schwarz: Das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch und der Nationalsozialismus. In: Symposion. Hundert Jahre Bürgerliches Gesetzbuch. Entwicklung des Privatrechts im deutschen und mittel-osteuropäischen Sprachraum seit dem Inkrafttreten des BGB. 13.–14. Oktober 2000, Budapest. Eötvös Loránd Tudományegyetem, Budapest 2006, S. 47–57.
- Heinrich Schlange-Schöningen: Wolff, Hans Julius. In: Peter Kuhlmann, Helmuth Schneider (Hrsg.): Geschichte der Altertumswissenschaften. Biographisches Lexikon (= Der Neue Pauly. Supplemente. Band 6). Metzler, Stuttgart/Weimar 2012, ISBN 978-3-476-02033-8, Sp. 1334–1336.
- Joachim Hengstl (Hrsg.): Griechische Papyri aus Ägypten als Zeugnisse des öffentlichen und privaten Lebens. Unserem verehrten Lehrer Prof. Dr. jur Dr. h. c. Hans Julius Wolff zum 75. Geburtstag. Heimeran, München 1978, ISBN 3-7765-2181-3.
- Dieter Nörr: Hans Julius Wolff 27.8.1902 – 23.8.1983. In: Bayerische Akademie der Wissenschaften, Jahrbuch 1984, München 1984, S. 227–231.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Stammbaum Nachruf auf seinen Vater Bruno Wolff (PDF; 1,2 MB).
- ↑ Datensatz der Dissertation auf d-nb.info (zuletzt abgerufen am 23. September 2020).
- ↑ Ernst C. Stiefel, Frank Mecklenburg: Deutsche Juristen im amerikanischen Exil (1933–1950). 1991, S. 55.
- ↑ Reinhard Zimmermann: Heutiges Recht, Römisches Recht und heutiges Römisches Recht. In: Reinhard Zimmermann u. a. (Hrsg.): Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik. C.F. Müller, Heidelberg 1999, S. 1–39, hier: S. 23.
- ↑ Hans Julius Wolff im Mitgliederverzeichnis der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.
- ↑ Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 264.
- ↑ Nachlass Hans Julius Wolffs im Jüdischen Museum Frankfurt.
Personendaten | |
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NAME | Wolff, Hans Julius |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Rechtshistoriker |
GEBURTSDATUM | 27. August 1902 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | 23. August 1983 |
STERBEORT | Freiburg im Breisgau |
- Rechtshistoriker (Recht der griechischen Antike)
- Hochschullehrer (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg)
- Hochschullehrer (Johannes Gutenberg-Universität Mainz)
- Papyrologe
- Rechtshistoriker (20. Jahrhundert)
- Emigrant aus dem Deutschen Reich zur Zeit des Nationalsozialismus
- Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften
- Mitglied der Niedersächsischen Akademie der Wissenschaften zu Göttingen
- Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
- Ehrendoktor der Nationalen und Kapodistrias-Universität Athen
- Hochschullehrer (Panama)
- Hochschullehrer (University of Oklahoma)
- Absolvent der Humboldt-Universität zu Berlin
- Deutscher
- Geboren 1902
- Gestorben 1983
- Mann