Heiko Runge

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Heiko Runge (* 29. April 1964 in Merseburg; † 8. Dezember 1979 bei Sorge) war ein deutscher Schüler, der im Alter von 15 Jahren bei einem Fluchtversuch über die innerdeutsche Grenze von DDR-Grenzsoldaten erschossen wurde.[1] Er ist somit eins der wenigen jugendlichen Opfer der Grenze.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Runge lebte mit seiner Mutter und seiner Schwester in Halle-Neustadt. Er war ein eher durchschnittlicher Schüler und fühlte sich gegenüber der erfolgreicheren Schwester benachteiligt. Sein gleichaltriger Klassenkamerad Uwe Fleischhauer, der Probleme in der Schule und im Elternhaus hatte, überredete ihn zur Flucht aus der DDR in den Westen.

Die beiden Jugendlichen verließen am 8. Dezember 1979 das Elternhaus und fuhren mit dem Zug nach Benneckenstein. Dort stiegen sie aus und näherten sich den Grenzanlagen. Gegen 15 Uhr überstiegen sie den Grenzsignalzaun und lösten unbemerkt einen Grenzalarm aus. Während sie weiter in westlicher Richtung schlichen, setzte die alarmierte Grenzkompanie Sorge Postenpaare am vorderen Sperrelement, dem Metallgitterzaun, ab. Die beiden Schüler liefen direkt auf ein in der Deckung liegendes Postenpaar zu. Die beiden Grenzposten luden beim Anblick der Schüler ihre Waffen durch und entsicherten sie. Fleischhauer und Runge flüchteten getrennt. Die beiden Grenzsoldaten eröffneten das Feuer und gaben insgesamt 51 Schuss Dauerfeuer ab und trafen den Schüler in den Rücken. Heiko Runge verblutete noch am Tatort.[2]

Uwe Fleischhauer wurde noch am Tatort verhaftet, anschließend mehrfach verhört und schließlich wegen ungesetzlichem Grenzübertritt inhaftiert. Die beiden Todesschützen wurden für die Tötung Heiko Runges in der DDR nicht zur Rechenschaft gezogen, sondern mit der Medaille für vorbildlichen Grenzdienst ausgezeichnet.[2] Nach der politischen Wende wurden sie 1996 vom Landgericht Magdeburg zu 14 bzw. 12 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte für den Postenführer zwei Jahre und 9 Monate ohne Bewährung gefordert. Der damalige Kompaniechef der Grenzkompanie Sorge hatte seine Soldaten auf besondere Weise indoktriniert, indem er die in den Grenztruppen vorgeschriebene Reihenfolge bei Feststellen eines „Grenzverletzers“ (Anruf – Warnschuss – gezieltes Einzelfeuer) durch seine Äußerungen verdrehte: „Bei Anruf erfolgt Magazinwechsel!“ oder „Der Warnschuss geht mindestens durch die Mütze!“.

Die Staatssicherheit fertigte Fotos von den Trauergästen der Beerdigung Heiko Runges an.[3]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Roman Grafe: Deutsche Gerechtigkeit. Prozesse gegen DDR-Grenzschützen und ihre Befehlsgeber. Siedler-Verlag, München 2004, ISBN 978-3-88680-819-9.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Albrecht von Kortzfleisch: Der Eiserne Vorhang im Harz: wie Grenzen gesichert und überwunden wurden. 1. Auflage. Papierflieger-Verlag, Clausthal-Zellerfeld 2014, ISBN 978-3-86948-342-9.
  2. a b Heiko Runge, Forschungsverbund SED-Staat, Freie Universität Berlin
  3. »Einfach umgemäht«. In: Der Spiegel. 10. September 1995, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 20. Februar 2024]).