Herbert Fischer (Polizeibeamter)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Herbert Gustav Wilhelm Fischer (* 30. Dezember 1904 in Riesenburg; † 31. Dezember 1945 laut gerichtlicher Todesfeststellung) war ein deutscher Polizeibeamter und SS-Führer.

Leben und Tätigkeit

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In seiner Jugend gehörte Fischer einem Freikorps an. Während der Rheinlandbesetzung soll er gegen Franzosen gekämpft haben. Nach dem Abitur studierte er von 1923 bis 1928 Rechtswissenschaften an der Universität Greifswald. Von 1928 bis 1929 durchlief er die Ausbildung zum Kriminalkommissar im Polizeipräsidium Königsberg. 1930 legte er die Doktorprüfung ab. Nach dem Bestehen der Kriminalkommissarprüfung am Polizeiinstitut in Berlin-Charlottenburg wurde er als Kriminalbeamter zum Polizeipräsidium Berlin versetzt.

Unmittelbar nach der Gründung des Geheimen Staatspolizeiamtes (Gestapa), wenige Wochen nach der nationalsozialistischen „Machtergreifung“, wurde Fischer im Frühjahr 1933 in den Dienst dieser Behörde übernommen.[1] Dort war er in der Abteilung III, der Abwehrabteilung, tätig und leitete das Dezernat III 2 A (Frankreich, Fremdenlegionäre, Belgien) und später das Referat III A beziehungsweise (nach der Eingliederung der Gestapo als Amt IV in das Reichssicherheitshauptamt 1939) das Referat IV E 3 (Abwehr West). Sein Vorgesetzter war hier Walter Schellenberg (1910–1952). Als Polizeibeamter wurde er 1938 zum Kriminalrat und 1941 zum Kriminaldirektor befördert. Daneben wurde er, wie alle Angehörigen der Polizei, in die SS aufgenommen (SS-Nr. 267.238).

Heinrich Orb zufolge soll Fischer als guter Kenner des Deuxième Bureau von Günther Patschowsky in das Gestapa geholt worden sein und der NSDAP seit 1932 angehört haben. Diese Angaben finden allerdings keine Bestätigung in den Akten. Hiergegen spricht zudem, dass Patschowsky erst 1934 ins Gestapa kam, in dem Fischer bereits seit 1933 tätig war.

Heinrich Koehler beschreibt Fischer als einen „kleinen, schlanken, mickrigen Mann mit kurzem rötlichem Haar, hellen, durchdringenden Augen, glattrasiert, mit auffallend weißen Zähnen und schmalen Lippen.“[2]

Am 19. Mai 1934 heiratete Fischer in Stralsund Ida Ilse Reiche (* 3. März 1903 im Harz).

In den Jahren 1937 und 1938 nahm Fischer im Rang eines Feldpolizeidirektors mit der Legion Condor, deren Geheime Feldpolizei er leitete, am Spanischen Bürgerkrieg teil. Die von ihm geführte und der Abwehr unterstellte Gruppe von Kriminalbeamten wurde unter der Bezeichnung S/88/ Ic geführt. Ihr gehörten zwischen 10 bis 15 Polizeibeamte an. Sein Stellvertreter war hier über mehrere Monate Wilhelm-Heinrich Schmitz (* 1908).[3] Am 11. September 1938 wurde Fischer zum SS-Hauptsturmführer befördert. 1941 erhielt Fischer den Rang eines SS-Sturmbannführers.

In der älteren Literatur wurde Fischer lange Zeit fälschlich als Führer der Einsatzgruppe III identifiziert, die im Herbst 1939, während und unmittelbar nach dem Überfall auf Polen, Massenerschießungen von Juden und anderen dem NS-Regime unerwünschten Personen im deutsch besetzten Polen vornahmen. Die neuere Forschung konnte Beweise zu Tage fördern, dass diese Gruppe tatsächlich von dem SS-Obersturmbannführer Hans Fischer (* 21. August 1906 in Rottenburg) geführt wurde.[4]

Ab 1942 war Herbert Fischer beim Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD in Budapest eingesetzt. Zwei Jahre später wurde er 1944 zur Gestapo nach Radom versetzt und übernahm hier die Leitung des Amtes. Sein Schicksal in den letzten Kriegswochen ist ungeklärt. Da es keine schlüssigen Nachweise für seinen Verbleib gab, wurde er 1962 gerichtlich für tot erklärt und das Todesdatum auf den 31. Dezember 1945 festgelegt.

  • Klaus Gessner: Geheime Feldpolizei. Zur Funktion und Organisation des geheimpolizeilichen Exekutivorgans der faschistischen Wehrmacht, 1986.
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. 2. Auflage. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8., S. 153.
  • Gerhard Sälter, NS-Kontinuitäten im BND, Rekrutierung, Diskurse, Vernetzungen, Ch. Links Verlag Berlin 2022.
  • Michael Wildt: Generation des Unbedingten. Das Führungskorps des Reichssicherheitshauptamtes. Hamburger Edition, Hamburg 2002, ISBN 3-930908-75-1.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Ruth Bettina Birn: Die Sicherheitspolizei in Estland 1941-1944, 2006, S. 45.
  2. Hansjürgen Koehler: Inside the Gestapo. Hitler's Shadow over the World, 1940, S. 41. Im Original: "A small, slim, slight man with reddish, close-cropped hair, light, penetrating eyes, smooth-shaven, with remarkably white teeth, narrow lips."
  3. Klaus Gessner: Geheime Feldpolizei. Funktion und Organisation des geheimpolizeilichen Exekutivorgans der faschistischen Wehrmacht, 1986, S. 21.
  4. Michael Wildt: Generation des Unbedingten, 2002, S. 425. Zum Beleg verweist Wildt darauf, dass zeitgenössische Dokumente wie der Tätigkeitsbericht der Einsatzgruppe III vom 29. September 1939 einen Obersturmbannführer Fischer als Führer der Einsatzgruppe identifizieren, Herbert Fischer zu dieser Zeit aber erst Hauptsturmführer war.