Hermann Venedey

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Hermann M. Venedey (* 22. Juli 1904 in Zürich; † 21. Dezember 1980 in Konstanz) war Schulleiter des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums in Konstanz von 1948 bis 1969 und Vertreter einer liberalen, demokratischen, freiheitlichen und humanitären Pädagogikrichtung.[1]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sein Vater war Martin Venedey, seine Brüder sind Hans, Jakob, Gustav und Michael.[2]

Ausbildung und Engagement[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Venedey kam 1914 nach Konstanz an die Oberrealschule. Nach dem Abitur im Jahr 1923[3] studierte er von 1923 bis 1927 Geschichte, Germanistik und Romanistik in Freiburg und Wien und legte 1927 sein Staatsexamen und seine Promotion zum Dr. phil. ab. Thema seiner Doktorarbeit war: Jakob Venedey – Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Einheitsbewegung. Dissertation Freiburg im Breisgau 1927[4][5]. Während seines Studiums war er von 1923 bis 1925 Mitglied der Burschenschaft Alemannia Freiburg.

Seine Zeit als Lehramtsassessor absolvierte er von 1927 bis 1933 in Konstanz, Neustadt im Schwarzwald, Mannheim, Karlsruhe und Konstanz. Er war Mitglied im Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, der Versammlungen der Nationalsozialisten störte.[6]

Verfemung in der Zeit des Nationalsozialismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab 1932 war Venedey Lehramtsassessor am Konstanzer Gymnasium (jetzt: Heinrich-Suso-Gymnasium Konstanz). Am 12. März 1933 gab es einen Erlass, dass die Reichsfahne (schwarz-weiß-rot) zusammen mit der Hakenkreuzfahne auf öffentlichen Gebäuden gehisst werden musste. Im Geist seines Amtseids auf die Weimarer Republik trat er dem Hissen der Hakenkreuzfahne auf dem Schulgebäude entgegen und begründete schriftlich, warum er seinen Dienst unter dieser Fahne nicht antreten wollte.[7] Er verließ den Schuldienst, bekam wegen Diffamierung keine Arbeit mehr und konnte kurz vor seiner Verhaftung um den 13. oder 14. Juni über die grüne Grenze in die Schweiz fliehen. Sein älterer Bruder Hans Venedey war bereits im März 1933 vorübergehend verhaftet worden und überquerte zur gleichen Zeit an anderer Stelle die grüne Grenze. Hermann Venedeys Frau mit Sohn folgten wenige Tage darauf in die Schweiz.[8]

Emigrant in der Schweiz

Von 1933 bis 1942 erhielt er in der Schweiz den Status des Asylsuchenden, musste fortlaufend Ausreiseanträge in Drittländer stellen, vierteljährlich seinen weiteren Aufenthalt genehmigen lassen und durfte offiziell nicht arbeiten. Ab 1942 wurde sein Status als Flüchtling anerkannt. Überwiegend erarbeitete seine Frau den Lebensunterhalt.[9] Er blieb von 1933 bis 1945 in Basel und sicherte sich im Exil sein Einkommen durch Beschäftigungen als Journalist, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universitätsbibliothek Basel und Korrektor.[10]

Rehabilitation nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er zurück nach Konstanz, wurde aufgrund seines Handelns von der französischen Besatzungsmacht als unbelasteter Lehrer eingestellt und leitete zunächst 1946 die Radolfzeller Realschule und 1947 die Mädchen-Oberrealschule (heutiges Ellenrieder-Gymnasium). Von 1948 bis zu seiner Pensionierung 1969 war er Schulleiter des Alexander-von-Humboldt-Gymnasium Konstanz.[11] Auf seine Anregung hin erhielten das Ellenrieder-Gymnasium und das Alexander-von-Humboldt-Gymnasium ihre heute noch gültigen Namen.[12]

Engagement für Toleranz

Venedey war Mitglied im Weltfriedensrat und der Deutschen Friedensgesellschaft.[13]

Gedenkstätten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stolperstein Hermann Venedey, Konstanz, Suso-Gymnasium.
Grabstein Hermann Venedey auf dem Allmannsdorfer Friedhof in Konstanz

Vor dem Suso-Gymnasium, wo er dem Hissen der Hakenkreuzfahne entgegentrat und dadurch den Beamtenstatus verlor, wurde zur Erinnerung an ihn im Juli 2011 ein Stolperstein mit seinen Lebensdaten verlegt.[14][15]

Hermann Venedey liegt auf dem Allmannsdorfer Friedhof in Konstanz begraben.[16]

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jakob Venedey. Darstellung seines Lebens und seiner politischen Entwicklung bis zur Auflösung der ersten deutschen Nationalversammlung 1849. Stockach 1930. (Druck der Dissertation).
  • Henriette Venedey. Ein Lebensbild. Basel 1937.
  • Belle-Vue bei Constanz. Gesicht eines politischen Verlages im Vormärz 1840–1848. Konstanz 1973, ISBN 3-87940-073-3.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Venedey, Hermann, in: Werner Röder, Herbert A. Strauss (Hrsg.): Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Band 1: Politik, Wirtschaft, Öffentliches Leben. München : Saur 1980, S. 780
  • David Liehner: Demokratie und Freiheit nicht zum Nulltarif. In: Südkurier. 11. Juli 2002.
  • Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 6: T–Z. Winter, Heidelberg 2005, ISBN 3-8253-5063-0, S. 121–123.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Hermann Venedey – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Stolperstein mit Lebensdaten für Hermann Venedey in Konstanz, aufgerufen am 19. Januar 2017
  2. Stolperstein für einen mutigen Demokraten. In: Seemoz vom 28. Juni 2011, Internetseite aufgerufen am 1. Juli 2011
  3. Alexander-von-Humboldt-Gymnasium (Hrsg.): Bürgerschule, Zeppelin-Oberrealschule, Alexander-von-Humboldt-Gymnasium 1830–1980. Die Schrift zum Jubiläum der Schule am Schottenplatz in Konstanz. Redaktion: Franz Eberhard Bühler, Ulf Göpfrich, Erich Keller, Walter Lehn, Wilhelm Leonhard, Dieter Städele. Konstanz: Verlag Friedrich Stadler, 1980, 311 S., ISBN 3-7977-0060-1, Seite 269.
  4. Alexander-von-Humboldt-Gymnasium (Hrsg.): Bürgerschule, Zeppelin-Oberrealschule, Alexander-von-Humboldt-Gymnasium 1830–1980. Die Schrift zum Jubiläum der Schule am Schottenplatz in Konstanz. Redaktion: Franz Eberhard Bühler, Ulf Göpfrich, Erich Keller, Walter Lehn, Wilhelm Leonhard, Dieter Städele. Konstanz: Verlag Friedrich Stadler, 1980, 311 S., ISBN 3-7977-0060-1, Seite 48.
  5. Jacob Venedey war Publizist und Politiker im 19. Jahrhundert und engagierte sich für die Demokratie.
  6. Stolperstein für einen mutigen Demokraten. In: Seemoz vom 28. Juni 2011, Internetseite aufgerufen am 1. Juli 2011
  7. Alexander-von-Humboldt-Gymnasium (Hrsg.): Bürgerschule, Zeppelin-Oberrealschule, Alexander-von-Humboldt-Gymnasium 1830–1980. Die Schrift zum Jubiläum der Schule am Schottenplatz in Konstanz. Redaktion: Franz Eberhard Bühler, Ulf Göpfrich, Erich Keller, Walter Lehn, Wilhelm Leonhard, Dieter Städele. Konstanz: Verlag Friedrich Stadler, 1980, 311 S., ISBN 3-7977-0060-1, Seiten 32–33, 80 – 81.
  8. Philipp Zieger: Ihr Protest erzürnte die Nationalsozialisten. In: Südkurier Nr. 146/K vom 28. Juni 2011.
  9. Stolperstein für einen mutigen Demokraten. In: Seemoz vom 28. Juni 2011, Internetseite aufgerufen am 1. Juli 2011
  10. David Liehner: Demokratie und Freiheit nicht zum Nulltarif. In: Südkurier vom 11. Juli 2002, (Hermann Venedey im Exil in der Schweiz). Internetseite aufgerufen am 27. Mai 2009, 18:10
  11. Alexander-von-Humboldt-Gymnasium (Hrsg.): Bürgerschule, Zeppelin-Oberrealschule, Alexander-von-Humboldt-Gymnasium 1830–1980. Die Schrift zum Jubiläum der Schule am Schottenplatz in Konstanz. Redaktion: Franz Eberhard Bühler, Ulf Göpfrich, Erich Keller, Walter Lehn, Wilhelm Leonhard, Dieter Städele. Konstanz: Verlag Friedrich Stadler, 1980, 311 S., ISBN 3-7977-0060-1, Seite 74
  12. Luisa Rische: Auf den Spuren einer Künstlerin. In: Südkurier vom 10. Mai 2013.
  13. Stolperstein für einen mutigen Demokraten. In: Seemoz vom 28. Juni 2011, Internetseite aufgerufen am 1. Juli 2011
  14. Stolperstein mit Lebensdaten für Hermann Venedey in Konstanz, aufgerufen am 19. Januar 2017
  15. Eine kleine Demonstration widerständigen Bürgertums. In: Seemoz vom 14. Juli 2011.
  16. Uwe Brügmann: Grabstätten als Kulturdenkmäler. In: Südkurier vom 12. September 2008 (Hermann Venedey auf Allmannsdorfer Friedhof begraben). Internetseite eingesehen am 27. Mai 2009, 17:30