Johann Rosenmüller

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Johann Rosenmüller (* 1619 (?) in Oelsnitz (Vogtland); † 10. od. 12. September 1684 in Wolfenbüttel) war ein deutscher Komponist.

Leben

Johann Rosenmüller studierte um 1640 an der theologischen Fakultät der Leipziger Universität. Bald darauf wurde er als „Collaborator“ und „Baccalaureus funerum“ an die dortige Thomasschule berufen, wo er um 1640 bis 1655 auch die Kantoratsdienste in der Vertretung des Thomaskantors Tobias Michael versah. Ab 1651 war er Organist der Nicolaikirche, später auch an der ersten Leipziger Hauptkirche zu St. Thomas. Nachdem ihm 1653 schon Aussichten auf das Amt des Thomaskantors eröffnet wurden, wird er im Mai 1655 plötzlich inhaftiert und aller Ämter enthoben. Ihm wird der Vorwurf der Unzucht mit Chorknaben gemacht. Der Thomasschulrektor Gottfried Stallbaum schreibt: „Es wird davon berichtet, daß er einen besondern Chor unter seine Direction bekommen habe. ... er vielleicht die Leitung der Musiken in der Nicolaikirche übernommen hatte, die damals ihren besondern Cantor gehabt haben soll. Zum ordentlichen Cantorate an der Thomasschule ist er, wie wir gewiß versichern können, niemals gelangt. Eines unnatürlichen Vergehens wegen gerieth er 1655 in Verhaft; entflohe jedoch daraus, ging zunächst nach Hamburg, und begab sich dann nach Italien.“

Rosenmüller gelingt es aus dem Gefängnis zu fliehen und - wie oben erwähnt - zunächst nach Hamburg, später dann nach Venedig zu entkommen. Hier baute er sich als Posaunist am Markusdom und bald auch als Komponist eine neue Existenz auf. Bald nannte er sich Giovanni Rosenmiller. Während seines 24-jährigen Aufenthaltes in der Lagunenstadt wurde er ein angesehener Mann; eine Zeit lang war er Kapellmeister am Ospedale della Pietà, wo später Antonio Vivaldi wirkte. Aber auch seine Kontakte nach Deutschland brach er nicht gänzlich ab - 1660 wurde vom Weimarer Hof ein Bote nach Venedig geschickt, um bei dem Komponisten Musikalien zu erwerben, 1673 kam Johann Philipp Krieger aus Bayreuth als Schüler zu ihm.

1682 kehrte Rosenmüller als Hofkapellmeister des Herzogs Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel nach Deutschland zurück. Er aber starb bereits zwei Jahre später. Beigesetzt ist er im Bereich der Wolfenbütteler Kirche St. Johannis, dort befindet sich auch das Epitaph für ihn. Die Inschrift lautet in deutscher Übersetzung:

JOHANN ROSENMÜLLER,
der Amphion seines Jahrhunderts,
aus Oelsnitz im Voigtlande,
hat nach 30-jährigem Studium der Italiener,
nachdem er die Anleihe in Deutschland im Dienste des Fürsten
unter den Kunstfreunden als Kapellmeister zurückerstattet hatte,
die Macht des unentrinnbaren Schicksals,
nachdem seine Zeit durch den Ablauf von 13 Lustren[1] erfüllt war,
hinweggerafft.
Darum weh! wird dürr der durch den Südwind verheerte Rosengarten!
Jene süße, herzrührende und rosige Weise ist verklungen.
Der Mühle ist Ruhe verkündet! Schweiget!
Erloschen ist die Leuchte, die weit über Europa hin strahlte!
Weine! Weine Wanderer!
Doch mit Maß. Nicht ganz ist er der Totengöttin anheim gefallen.
In seinem edleren Teil lebt er ewig, die Krone der Musik.
Es lebt des Rosenduftes heftiges Strömen,
da in dem herzoglichen Heiligtum das Bleibende der Rosen aufbewahrt ist,
das in dem süßen Wohlklang der tönenden Gesänge
bald wieder genossen werden mag.
Geh, Wanderer, sorge [dafür],
dass du einst dem symphonischen Chor der Himmlischen dich gesellst!
Im Jahre Christi 1684:[2]
  1. Lustrum: Zeitraum von 5 Jahren
  2. Übersetzung: August Horneffer, Johann Rosenmüller (s. Lit.)

Werk

Rosenmüllers Werk besteht neben zahlreichen geistlichen Chorwerken aus Suiten- und Sonatenkompositionen, die bedeutende Stufen in der Entwicklung dieser Formen darstellen. Die hohe Qualität seiner Kompositionen wird seit den 1980er-Jahren verstärkt wiederentdeckt.

  • Kernsprüche mehrereren Teils aus Heiliger Schrift (1648-52)
  • Andere Kernsprüche (1652) – geistliche Werke in vielfältigen, oft sehr reichen Besetzungen
  • Studentenmusik (1654) – instrumentale Tanzsuiten für Instrumentalensembles
  • Vespro della beata Vergine (Marienvesper) (1670-80)
  • zahlreiche kirchenmusikalische Kompositionen aus der Zeit in Italien
  • Sonate e Sinfonie da Camera (1667 Venedig)
  • 12 Sonatae à 2,3,4 è 5 stromenti da arco et altri (1682) – dem Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel gewidmet, wahrscheinlich in Venedig komponiert, jedoch in Nürnberg veröffentlicht
  • Weihnachtshistorie
  • Lamentationes Jeremiae

Literatur

  • Fred Hamel: Die Psalmkompositionen Johann Rosenmüllers. Koerner-Verlag, Baden-Baden 1973 (Repr. d. Ausg. Straßburg 1933)
  • August Horneffer: Johann Rosenmüller (ca. 1619-1684). ostinato-musikverlag, Salzgitter 2005 (Nachdr. d. Dissertation Charlottenburg 1898)
  • Arno Lehmann: Die Instrumentalwerke von Johann Rosenmüller. ostinato-musikverlag, Salzgitter 2005 (zugl. Dissertation Universität Leipzig 1965)
  • Kerala J. Snyder: Johann Rosenmüller's music for solo voice. Yale University Press, New Haven, Conn. 1970 (Dissertation, 2 Bde.)

Weblinks

Quellen

  • Martin Petzold (Hrsg.): St. Thomas zu Leipzig. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2000 ISBN 3-374-01842-4