Kernkraftwerk Kaiseraugst

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Kernkraftwerk Kaiseraugst
Lage
Kernkraftwerk Kaiseraugst (Kanton Aargau)
Kernkraftwerk Kaiseraugst (Kanton Aargau)
Koordinaten 623360 / 265521Koordinaten: 47° 32′ 24″ N, 7° 44′ 56″ O; CH1903: 623360 / 265521
Land Schweiz Schweiz
Daten
Eigentümer Kernkraftwerk Kaiseraugst AG
Betreiber Kernkraftwerk Kaiseraugst AG
Planungen beendet 1. Jan. 1989

Planung eingestellt (Brutto)

1  (1000 MW)
Stand 7. Juni 2008
Die Datenquelle der jeweiligen Einträge findet sich in der Dokumentation.
f1

Das geplante Kernkraftwerk Kaiseraugst in Kaiseraugst im Schweizer Kanton Aargau scheiterte am erbitterten Widerstand der regionalen Bevölkerung und von Umweltschutzkreisen. Lange Zeit stand die Gemeinde als Standort eines Kernkraftwerks zur Diskussion. Die spektakulärste Aktion war 1975 eine elf Wochen andauernde Besetzung des Baugeländes durch anfänglich rund 15'000 Personen. 1988 wurde das Projekt endgültig fallen gelassen.

Geschichte

Motor-Columbus entwarf das Kernkraftwerk Kaiseraugst angesichts des steigenden Stromverbrauchs in der Schweiz. Um diesen Bedarf möglichst schnell zu decken, wurde versucht, die Bewilligungsverfahren des Projektes schnell voranzutreiben. Eine Verwirklichung des Projektes war aber mit der Zeit aus politischen Gründen nicht mehr möglich. Das Kraftwerk hatte eine Planungszeit von über 20 Jahren hinter sich. Die Kosten des Projekts betrugen letztlich 1,3 Milliarden Schweizer Franken.[1]

Auseinandersetzungen über das Kernkraftwerk Kaiseraugst gab es seit den frühen 1970er Jahren. Im Mai 1970 trat mit dem Nordwestschweizer Aktionskomitee gegen das Atomkraftwerk Kaiseraugst (NAK), später bekannt als Nordwestschweizer Aktionskomitee gegen Atomkraftwerke (NWA), schweizweit erstmals auch eine organisierte Opposition gegen den eingeleiteten Bau von Atomkraftwerken auf den Plan.[2] Im Juli 1973 entschied das Bundesgericht, die Gemeinde Kaiseraugst und der Kanton Basel-Stadt seien nicht zur Beschwerdeführung bei ihm gegen das Projekt legitimiert, da Verfassung und Atomgesetzgebung den Bund als alleinige Bewilligungsinstanz vorsähen.

Bei den Bundesbehörden befasste man sich mit verschiedenen Szenarien, um eine sichere Energieversorgung zu gewährleisten. Dabei setzte man letztlich auf das Kernkraftwerk bei Kaiseraugst. Später wurde das Projekt von vielen Teilen der Bevölkerung abgelehnt. Zuerst sah das noch anders aus; die Mehrheit im Lande wollte Kernkraftwerke als Energiequelle nutzen.

Die Standortbewilligung in Kaiseraugst wurde am 28. August 1972 für eine Anlage mit einer auf 850 MW festgelegten elektrischen Leistung ausgeschrieben. Dabei waren auch Kühltürme geplant, wenn man das Kraftwerk an einem um 600 m verschobenen Ort nahe dem Kraftwerksgelände bauen würde. Die konkrete Projektierung begann im Jahre 1974.[1]

Im April 1975 wurde das Gelände des Kraftwerkes zum zweiten Mal von Aktivisten besetzt, diesmal von rund 15'000 Personen, welche die bereits begonnenen Aushubarbeiten behinderten. Der Baubeginn wurde deshalb nach elfwöchigem Widerstand der Demonstranten von den Behörden verschoben. Im Februar 1979 wurde der Informationspavillon des geplanten Kernkraftwerks von militanten Kraftwerksgegnern gesprengt.[3][4]

Am 28. Oktober 1981 bewilligte der Bundesrat neu eine Anlage mit auf 900 bis 1000 MW erhöhter elektrischer Leistung.[1] Von der 17. bis 25. Sitzung 1985/1986 waren Pläne für Reaktoren vom Typ BWR-6 (Containment vom Typ Mark 2 oder 3) von General Electric, SWR-72 von der Kraftwerk Union (heute realisiert im Kernkraftwerk Gundremmingen), SWR-75 von Asea-Atom und ABWR vorhanden.[5]

1987 wurde ein Bau mit Durchlaufkühlung bewilligt. Die Option von Kühltürmen musste aber weiterhin offenbleiben. Letztlich waren alle Voraussetzungen geschaffen, bis auf die Seismik im Raum Basel und das Konzept eines Notfallplanes, falls es zu einem Unfall kommen sollte. Als Nächstes hätte ein Lieferant für das Kraftwerk gewählt werden müssen. Da man diesen Schritt aber niemals durchführte, wurde nie ein Vertrag abgeschlossen. Kurz darauf wurde das Projekt aus wirtschaftlichen Gründen durch die Politik fallengelassen.[1]

Für das Projekt waren bis Ende 1987 nach Angaben des Schweizer Bundesrates rund 1,335 Milliarden Schweizer Franken an Kosten aufgelaufen, davon 1,098 Milliarden für Baukosten (darunter 482 Millionen für Werksanlagen und Projektierung und 538 Millionen für Zinsen und Finanzierung, 32 Millionen für das Grundstück, 34 Millionen für Verwaltungs- und allgemeine Kosten) sowie 136 Millionen für Kernbrennstoff und 100 Millionen für nichteinbezahltes Aktienkapital. Der Gesamtverlust des Betreibers, der Kernkraftwerk Kaiseraugst AG, wurde vom Bundesrat auf 1,1 bis 1,3 Milliarden Franken geschätzt.[1]

Schliesslich erhielten die Unternehmen von der Eidgenossenschaft 350 Millionen Franken Entschädigung.[6]

Daten des Reaktorblocks

Das Kraftwerk sollte einen Block bekommen:

Reaktorblock Reaktortyp Nettoleistung Bruttoleistung Baubeginn Projekteinstellung
Kaiseraugst[7] Siedewasserreaktor 1000 MW 1. Januar 1989

Siehe auch

Quellen

Einzelnachweise

  1. a b c d e Kernkraftwerk Kaiseraugst. Nichtrealisierung. Schweizer Nationalrat, Motion 88.334, eingereicht von Nationalrat Georg Stucky am 3. März 1988 mit Antwort des Bundesrates vom 28. September 1988. Dort Punkt 2.2.6 Die aufgelaufenen Kosten (abgerufen am 22. Juli 2008)
  2. Peter Hug: Antiatombewegung. In: Historisches Lexikon der Schweiz, abgerufen am 7. November 2011.
  3. Der Mythos Kaiseraugst. In: Beobachter.
  4. Schweizer Fernsehen: Sprengstoffanschlag in Kaiseraugst.
  5. Archiv zur Geschichte der Kernenergie in der Schweiz (S. 142)
  6. Davide Scruzzi: Folgenreiches Woodstock der AKW-Gegner | NZZ. In: Neue Zürcher Zeitung. 29. Juni 2016, ISSN 0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 28. Januar 2018]).
  7. Kernkraftwerk Kaiseraugst auf der PRIS der IAEA (Memento vom 4. Juni 2011 im Internet Archive) (englisch)