Khanat
Khanat (türkisch-neulateinisch[1]) oder Chanat (persisch خانات chānāt, türkisch Hanlık) ist die Bezeichnung für die historischen Staatsgebilde der türkischen und mongolischen Stämme im Sinne eines mittelalterlichen Feudalstaates. Sie wurden von einem Khan (oder Chan) regiert, woher auch der Name rührt. Zum Vergleich für ähnliche europäische Staatsgebilde können z. B. ein Fürstentum oder ein Königreich genannt werden.
Größer und mächtiger als ein Khanat war ein Khaghanat (Chaghanat) – das Verhältnis ist vergleichbar wie das eines Königreichs zu einem Kaiserreich.
Liste der Khanate
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bulgarische Khanate:
- Großbulgarisches Khanat (630–665)
- Khanat der Wolgabulgaren (665–1391)
- Khanat der Donau-Bulgaren (681–1064)
Die großen Reiche der Mongolen:
- Das Mongolische Reich (1190 bis 1260) wird auch als mongolisches Großkhanat bezeichnet[2]
- Tschagatai-Khanat (1229–1571), Nachfolger des Mongolischen Reiches, eines der sogenannten Vier großen Mongolen-Khanate
- Yarkant-Khanat (1514–1680), auf dem Gebiet des Tschagatai-Khanats
- Khanat von Mogulistan (14./15. Jahrhundert), im Osten des Tschagatai-Khanats
- Ilchanat (1256–1335), Nachfolger des Mongolischen Reiches, eines der sogenannten Vier großen Mongolen-Khanate
- Ögedei-Khanat (ungefähr 1225–1309), Nachfolger des Mongolischen Reiches[3]
- Khanat der Goldenen Horde (1236–1502), auch Kyptschak-Khanat, Nachfolger des Mongolischen Reiches, eines der sogenannten Vier großen Mongolen-Khanate
- Orda-Khanat, Khanat der Weißen Horde und Khanat der Blauen Horde, Teilreiche der Goldenen Horde
Weitere nachfolgenden Reiche:
- Khanat Kasan (1437–1552), Abspaltung bzw. Nachfolger der Goldenen Horde, ein tatarisches Khanat
- Khanat der Großen Horde (1438–1502),[4] der Rest von der Goldenen Horde nach den Abspaltungen
- Khanat der Krim (1440–1783/92), Abspaltung von der Goldenen Horde
- Khanat Astrachan (1441/66–1554), tatarische Abspaltung von der Goldenen Horde
- Khanat der Nogaier-Horde (13.–16. Jahrhundert), tatarische Abspaltung der Goldenen Horde
- Usbeken-Khanat (1428–1506), Nachfolger der Goldenen Horde, später Khanat Buchara (1506–1753/85)
- Khanat Sibir (1467–1582/1600), tatarische Abspaltung vom Usbeken-Khanat
- Khanat Chiwa (1510–1920), Abspaltung vom Khanat Buchara
- Khanat Kokand (1710–1876), Abspaltung vom Khanat Buchara
Spätere, neue Reiche:
- Kasachen-Khanat (1509–1822/48)
- Kalmückisches Khanat (1633–1771) der Oiraten in der Eurasischen Steppe
- Choschuten-Khanat (1638–1717) der Oiraten in Tibet
- Dsungarisches Khanat (1638–1759) der Oiraten in Xinjiang
Weitere Herrschaften:
- Khanat von Kumul (1759–1931), halbautonome lokale Herrschaft in China[5]
- Khanat von Kassimow (1452–1681), autonome lokale Herrschaft im Großfürstentum Moskau
- Khanat von Kalat (1638–1955), Fürstentum im heutigen Pakistan
Khanate im Kaukasus, insbesondere in Aserbaidschan; sie erlangten nach dem Tod Nadir Schahs im Jahr 1747 ihre Unabhängigkeit von Persien, um später von Russland annektiert zu werden:
- Awarisches Khanat (13./15. Jahrhundert-1821/64), auch Nuzal-Khanat und Khundzia genannt
- Khanat Scheki (1500–1819), unabhängig 1747
- Khanat Karabach (1606–1822), unabhängig 1747
- Khanat Quba (1680–1806), unabhängig 1747
- Khanat Salyan (1729–1789), erneut unabhängig 1747, danach Teil vom Khanat Quba
- Khanat Derbent (1747–1806)
- Khanat Ardabil (1747–1753)
- Khanat Gandscha (1747–1804)
- Khanat Nachitschewan (1747–1828)
- Khanat Eriwan (1747–1828)
- Khanat Baku (1747–1806)
- Khanat Talysch (1747–1826)
- Khanat Karadach (1747–1828)
- Khanat Schirwan (1748–1805)
Verwendung des Begriffes
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Es gibt viele historische Staaten, die Khanate waren, für die sich aber (im Deutschen) die Verwendung von 'Reich' durchgesetzt hat. Dazu gehören (im 10.–12. Jahrhundert) die frühen turko-mongolische Reiche der Petschenegen, Keraiten, Merkiten, Kara Kitai, Tataren und Naimanen.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Marion Linska, Andrea Handl, Gabriele Rasuly-Paleczek: Einführung in die Ethnologie Zentralasiens. Skriptum, Wien 2003 (researchgate.net, abgerufen am 22. Juni 2020).
- Jürgen Paul: Zentralasien. Frankfurt am Main 2012 (Neue Fischer Weltgeschichte, Band 10).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Duden: das Khanat.
- ↑ Marion Linska, Andrea Handl, Gabriele Rasuly-Paleczek: Einführung in die Ethnologie Zentralasiens. S. 65.
- ↑ vgl. J. Paul: Zentralasien, 2012. Das Ögedei-Khanat umfasste das Gebiet des Großkhans, außerdem die Dsungarei und das Altai-Gebiet, S. 225. Nach dem mißglückten Attentatsversuch verlor das Ögedei-Khanat an Wichtigkeit, S. 224
- ↑ Marion Linska, Andrea Handl, Gabriele Rasuly-Paleczek: Einführung in die Ethnologie Zentralasiens. S. 66.
- ↑ J. Paul: Zentralasien, 2012, S. 416