Kirche Gowarten

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Kirche Gowarten
Кирха Говартена
Baujahr: 1921 bis 1922
Stilelemente: Saalbau
Bauherr: Evangelische Kirchengemeinde Gowarten
(Kirchenprovinz Ostpreußen, Kirche der Altpreußischen Union)
Lage: 54° 52′ 48,1″ N, 21° 45′ 51,5″ OKoordinaten: 54° 52′ 48,1″ N, 21° 45′ 51,5″ O
Standort: Dserschinskoje
Kaliningrad, Russland
Zweck: Evangelisch-lutherische Pfarrkirche
Gemeinde: Das Kirchengebäude wird fremdgenutzt. Es ist nicht mehr in kirchlichem Eigentum

Die Kirche Gowarten (russisch Кирха Говартена Kircha Gowartena) stammt aus den frühen 1920er Jahren. Bis 1945 diente sie als evangelisches Gotteshaus für das Kirchspiel des ostpreußischen Dorfes mit dem jetzt russischen Namen Dserschinskoje. Das Kirchengebäude wird heute fremdgenutzt.

Geographische Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das heutige Dserschinskoje liegt in der russischen Oblast Kaliningrad (Gebiet Königsberg (Preußen)), 19 Kilometer südöstlich der Kreisstadt Slawsk (Heinrichswalde) und sechs Kilometer östlich des Mittelzentrums Bolschakowo (Groß Skaisgirren, 1938 bis 1946 Kreuzingen). Die nächste Bahnstation ist Bolschakowo an der Bahnstrecke Kaliningrad–Sowetsk (Königsberg–Tilsit).

Das Kirchengebäude steht an der Hauptstraße Bolschakowo – Nismennoje (Pleinlauken, 1938 bis 1946 Rosenthal) westlich der Kreuzung mit einer Nebenstraße, die Kanasch (Jurgaitschen, 1938 bis 1946 Königskirch) mit Pridoroschnoje (Groß Asznaggern, 1938 bis 1946 Grenzberg) verbindet.

Kirchengebäude[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Kirche Gowarten[1] handelt es sich um einen schlichten Saalbau mit einem Dachreiter als Glockenträger[2]. In den Jahren 1921/22 wurde sie unter großer Einsatzbereitschaft der Gemeinde errichtet.

Das Kircheninnere ist gleichermaßen von Einfachheit geprägt[3], konnte es doch erst nach der Inflation in Folge des Ersten Weltkrieges fertiggestellt werden. So verzichtete die Ausstattung auf wertvolle Gegenstände. Die schlicht gehaltene Kanzel war hinter dem Altartisch postiert, darüber hing ein Bild des Letzten Abendmahls Jesu. Die Orgel hatte man vom Lehrerseminar in Ragnit (heute russisch: Neman) erworben.

Das Kirchengebäude überstand die Kämpfe des Zweiten Weltkrieges nahezu unbeschadet[4]. In der Folgezeit wurde es jedoch nicht mehr als Gotteshaus genutzt[5]. Es erfolgten Umbauten wie die Entfernung des Dachreiters, Veränderung der Fenster und die Eindeckung des Daches mit Asbestzementplatten anstelle der Dachziegel. Der Innenraum wurde Freizeitclubraum, andere Gebäudeteile wurden zur Bibliothek bzw. zu einem Ladengeschäft. Auf diese Weise jedoch hat sich das Gebäude wenigstens erhalten.

Kirchengemeinde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Kirchengemeinde[6] wurde in dem fast ausnahmslos von einer evangelischen Bevölkerung bewohnten Dorf am 1. Oktober 1906 errichtet. Vorher gehörte Gowarten mit den umliegenden Ortschaften zur Kirche Skaisgirren mit Pfarrsitz in Groß Skaisgirren (1938 bis 1946: Kreuzingen, heute russisch: Bolschakowo), von wo aus schon ab 1903 der „Seelsorgebezirk Gowarten“ mit speziell eingesetzten Geistlichen versorgt wurde. Die Kirchengemeinde war patronatslos. Im Jahre 1909 wurde hier eine Pfarrstelle errichtet, die jedoch erst 1920 nach dem Kriege regulär besetzt werden konnte. Zwischenzeitlich waren Heilsprediger oder wieder die Geistlichen der Kirche Skaisgirren zuständig. Mangels einer eigenen Kirche fanden die Gottesdienste in der Schule statt.

Nach Errichtung der Kirche setzte ein sehr lebendiges Gemeindeleben ein[7]. Es gab einen Posaunenchor, eine Frauenhilfe, einen Jungmädchen- und einen Jungmännerverein. Bis 1945 gehörte die Kirchengemeinde zum Kirchenkreis Niederung (Elchniederung) in der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union. Ihr war ein 17 Ortschaften und Wohnplätze umfassendes Kirchspiel[6] mit einer Fläche von 35 km² zugeordnet. Es lag im sogenannten „Dreiländereck“ im südöstlichsten Teil des Kreises Niederung (ab 1938: Kreis Elchniederung) und grenzte an die Kreise Tilsit-Ragnit im Osten sowie Insterburg im Süden.

Aufgrund von Flucht und Vertreibung der einheimischen Bevölkerung sowie der restriktiven Religionspolitik der Sowjetunion kam in den Jahren nach 1945 das kirchliche Leben in Gowarten zum Erliegen. In den 1990er Jahren entstand im nahegelegenen Bolschakowo wieder eine evangelisch-lutherische Gemeinde, in deren Einzugsgebiet Dserschinskoje heute liegt. Sie ist eine Filialgemeinde innerhalb der Kirchenregion der Salzburger Kirche in Gussew (Gumbinnen) in der Propstei Kaliningrad[8] (Königsberg) der Evangelisch-lutherischen Kirche Europäisches Russland.

Kirchspielorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben dem Pfarrort gehörten 16 Ortschaften und Wohnplätze in der Umgebung zur Kirche Gowarten[6]:

Name Änderungsname
1938 bis 1946
Russischer
Name
Name Änderungsname
1938 bis 1946
Russischer
Name
Alxnupönen Klein Obscherningken Kleinwalde Tschistopolje
Demedszen
1936–1938: Demedschen
Falkenhöhe Klein Wannaglauken Haslingen
Friedlauken Friedlau Swobodny Kriplauken Kripfelde Kimrskoje
Groß Kriposen Großkrippen Paoß-Wißbarren
Groß Obscherningken Gutsfelde Tschistopolje Pareisgirren
Groß Wannaglauken Großwalde Perwomaiskoje Serpentienen
Grudszen
1936–1938: Grudschen
Gruten Nowotorschok Skieslauken Kieslau
Klein Kriposen Kleinkrippen Szemlauken (Kr. Insterburg)
1936–1938: Schemlauken
Roßberg (Ostpr.) Lewobereschje

Pfarrer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bis 1945 amtierten in der Kirchengemeinde Gowarten als evangelische Geistliche[9]:

  • Karl Eduard Rebeschies, 1903–1907
  • Eugen Küssner, 1908
  • Heinrich Borowski, 1909–1911
  • Paul Bernecker, 1920–1927
  • Adalbert Gundel, 1928–1933
  • Richard Daudert, ab 1934
  • Helmut Specovius, 1940–1942
  • Erwin Link, 1944–1945

Fußnoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Walther Hubatsch, Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band 2: Bilder ostpreußischer Kirchen, Göttingen, 1968, Seite 92, Abb. 372
  2. Außenansicht der Kirche Gowarten (Historisches Foto)
  3. Innenansicht der Kirche Gowarten (Historisches Foto)
  4. Dserschinskoje – Gowarten bei ostpreussen.net
  5. Кирха Говартена Die Kirche Gowarten bei prussia39 – mit einem Foto aus dem Jahre 2013
  6. a b c Walther Hubatsch, Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band 3:Dokumente, Göttingen, 1968, Seite 482
  7. Das Kirchspiel Gowarten (Trakeningken) – Kreisgemeinschaft Elchniederung
  8. Evangelisch-lutherische Propstei Kaliningrad (Memento des Originals vom 29. August 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.propstei-kaliningrad.info (russisch/deutsch)
  9. Friedwald Moeller, Altpreußisches evangelisches Pfarrerbuch von der Reformation bis zur Vertreibung im Jahre 1945, Hamburg, 1968, Seite 44