Kirche Petersdorf (Ostpreußen)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Kirche in Petersdorf (russisch Кирха Петерсдорфа) in Ostpreußen war ein verputzter Feldsteinbau aus dem 14. Jahrhundert. Von der Reformation bis 1945 war sie evangelisches Gotteshaus für das Kirchspiel Petersdorf (heute russisch: Куйбышевское) im Kreis Wehlau. Heute stehen von dem Gebäude nur noch die Turmruine und die Reste des Ostgiebels.

Geographische Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kuibyschewskoje liegt nordöstlich der einstigen Kreisstadt Snamensk (Wehlau) an der russischen Fernstraße A 229 (einstige deutsche Reichsstraße 1). Die Ortschaft ist eine Siedlung in der Landgemeinde Sorino (Poppendorf) im Rajon Gwardeisk (Kreis Tapiau) in der russischen Oblast Kaliningrad (Gebiet Königsberg (Preußen)). Die nächste Bahnstation ist Snamensk an der Bahnstrecke Kaliningrad–Nesterow (Königsberg–Stallupönen/Ebenrode). Die Kirchenruine steht mitten im alten Dorf.

Kirchengebäude[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei dem Petersdorfer Gotteshaus[1] handelt es sich ursprünglich um einen verputzten chorlosen Feldsteinbau wohl aus dem letzten Viertel des 14. Jahrhunderts[2]. Das Gebäude verfügt über einen schönen Ostgiebel[3], der sich bis heute erhalten hat. Der jetzt als Ruine zu sehende vorgesetzte Westturm[4] wurde erst im 15. Jahrhundert errichtet. Die Gründung der Kirche weist in die Zeit um 1368, als der Oberste Marschall des Ordens dem Getreuen Maschwarde den seinerzeit noch Heroldisdorf genannten Ort verlieh.

Im Kircheninnenraum wurde um 1700 die Korbbogendecke bemalt und im 19. Jahrhundert ergänzt. An den Wänden fanden sich noch Spuren mittelalterlicher Malereien. Bei dem Altar handelte es sich um eine Verarbeitung des spätgotischen Schreins der Kirche von Alt Wehlau (heute russisch: Prudnoje), die wohl 1534 aufgelassen worden war. Barocke Zutaten und ein Kreuzigungsgemälde zierten ihn. Die Kanzel, Emporen sowie Jubel- und Taufengel entstammten dem 17. und 18. Jahrhundert.

Die Orgel wurde 1743 angeblich von Mosengel erbaut. Die Kirche hatte drei Glocken.

Das Bauwerk überstand den Zweiten Weltkrieg unbeschädigt[5]. Es fand danach jedoch keine Nutzung und wurde dem Verfall preisgegeben. Die noch vorhandenen Ruinenreste lassen auf einen eindrucksvollen Kirchenbau schließen. Ein vor den Kirchenmauern angebrachtes Russisches Kreuz lässt auf eine Übereignung an die Russisch-orthodoxe Kirche schließen.

Kirchengemeinde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kirchengeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gründung einer Kirchengemeinde[6] in Petersdorf geht in die Zeit um 1368 zurück. Bereits in vorreformatorischer Zeit bedeutungsvoll entwickelte sich die Pfarrei nach Einzug der Reformation bis 1945 zum flächenmäßig größten Kirchspiel im Kreis Wehlau. Im Jahre 1925 zählte der Pfarrsprengel 3.897 Gemeindeglieder, die in 32 Kirchspielorten wohnten. Bis 1945 war Petersdorf in den Kirchenkreis Wehlau (heute russisch: Snamensk) in der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union eingegliedert.

Aufgrund von Flucht und Vertreibung der einheimischen Bevölkerung und der kirchenfeindlichen Bestrebungen der Sowjetunion kam in Kuibyschewskoje alles kirchliche Leben zum Erliegen. Heute liegt der Ort im Einzugsbereich der in den 1990er Jahren neu entstandenen evangelisch-lutherischen Gemeinde in Talpaki (Taplacken), einer Filialgemeinde der Auferstehungskirche in Kaliningrad (Königsberg) in der Propstei Kaliningrad[7] der Evangelisch-lutherischen Kirche Europäisches Russland (ELKER).

Kirchspielorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bis 1945 waren in das Kirchspiel Petersdorf 32 Ortschaften eingepfarrt[8] (* = Schulort):

Deutscher Name Russischer Name Deutscher Name Russischer Name
Agnesenhof Nesterowskoje Neu Weißensee
Brandlacken Brody Oppen Prigorki
Eduardshöhe *Petersdorf Kuibyschewskoje
Götzendorf Detskoje *Parnehnen Krasny Jar
*(Groß) Weißensee Bolschije Gorki Pettkuhnen Dalneje
Grünwalde Reichenhof Balaschewskoje
Gudlacken Ripkeim
Jodeiken Meschdulessje *Sanditten Lunino
Kawerninken,
1938–1946: Kawernicken
Odesskoje, jetzt:
Olchowka
Stobingen Liwny
Klein Weißensee Malyje Gorki *Taplacken Talpaki
Klinglacken Radolsnoje Trakischkehmen,
1938–1946: Kleintraschken
*Kolm Wereschagino Trakischken,
1938–1946: Großtraschken
Nalegau Amurskoje Wattlau
Naukel Meschdulessje *Wilkendorf Orechowo
Nehne Wilkendorfshof Tamanskoje
Neu Petersdorf Wilkenhöhe

Pfarrer (1528–1945)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von der Reformation bis 1945 amtierten als evangelische Geistliche 22 Pfarrer:[9]

  • Sebastian Hoffman, 1528–1530
  • Adam Groß, 1530–1534
  • Bartholomäus Lorips (Sonntag?), 1559–1562
  • Bonifatius Rodau, 1562–1580
  • Urban Oehlert, 1580–1616
  • Balthasar vom grünenden Walde, 1616–1650
  • Georg Sannius. 1650–1680
  • Johann Gottfried Rußwurm, 1680–1684
  • Gottfried Steinfeldt, 1684–1722
  • Christian Hein, 1722–1749
  • Varl Gottsched, 1749–1786
  • Gottlieb Theodor Scheller, 1786–1809
  • Carl Friedrich Venzky, 1810–1827
  • Carl Friedrich Doerk, 1827–1870
  • Heinrich Adolf Frachet, 1870–1887[10]
  • Wilhelm Leopold K.G. Stengel, 1887–1898
  • Hermann Heinrich Ernst Fauck, 1898–1913
  • Paul Rudolf Müller, 1913–1927
  • Herbert Kriwath, 1929–1934
  • Johannes Carl J. Zachau, 1935–1939
  • Wilhelm Sauermilch, 1940–1945
  • Herbert Hohendorf, 1943

Kirchenbücher[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von den Kirchenbüchern des Kirchspiels Petersdorf haben den Zweiten Weltkrieg überstanden und werden im Evangelischen Zentralarchiv in Berlin-Kreuzberg aufbewahrt[11]:

  • Taufen: 1844 bis 1944, Namensverzeichnisse 1723 bis 1913
  • Trauungen: 1844 bis 1944, Namensverzeichnisse 1827 bis 1944
  • Begräbnisse: 1844 bis 1944, Namensverzeichnisse 1827 bis 1913,

sowie ein Sonderverzeichnis der Gefallenen von 1914 bis 1915.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bildergalerie Petersdorf mi Bildern der Kirche aus der Zeit vor 1945
  2. Walther Hubatsch, Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band II: Bilder ostpreussischer Kirchen, Göttingen, 1968, Seite 83, Abb. 326 und 327
  3. Der Ostgiebel in heutigem Zustand
  4. Die Turmruine
  5. Kuibyschewskoje - Petersdorf bei ostpreussen.net
  6. Walther Hubatsch, Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band III: Dokumente, Göttingen, 1968, Seite 475
  7. Evangelisch-lutherische Propstei Kaliningrad (Memento des Originals vom 29. August 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.propstei-kaliningrad.info (deutsch/russisch)
  8. Walther Hubatsch, wie oben, Band III, Seite 475
  9. Friedwald Moeller, Altpreußisches evangelisches Pfarrerbuch von der Reformation bis zur Vertreibung im Jahre 1945, Hamburg, 1968, S. 109
  10. Frachet († 1889) war Angehöriger des Corps Littuania.
  11. Christa Stache, Verzeichnis der Kirchenbücher im Evangelischen Zentralarchiv in Berlin, Teil I: Die östlichen Kirchenprovinzen der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union, Berlin, 1992³, Seite 90–91

Koordinaten: 54° 38′ 38,2″ N, 21° 16′ 43,7″ O