Kleutgen & Meier

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Die im Jahr 2012 abgerissenen Fabrikgebäude an der Friesdorfer Straße 131

Kleutgen & Meier war ein süßwarenproduzierendes Unternehmen im heutigen Bonner Stadtteil Bad Godesberg. Der Markenhersteller wurde 1957 von dem benachbarten Konkurrenzunternehmen Haribo übernommen. Die historischen Fabrikgebäude in der Friesdorfer Str. 127–135 im Ortsteil Godesberg-Nord wurden im Jahr 2012 abgerissen; ein Vorgang, der in der Bezirksvertretung kritisiert wurde.[1]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1898 wurde das Unternehmen von Emil Meier und Ernst Kleutgen gegründet. Es wurden Bonbons sowie Fruchtgummi- und Lakritzartikel (aus Süßholzextrakt) wie Salmiakpastillen und pharmazeutische Pastillen[2][3] hergestellt.[4] Eine Süßwaren-Marke des Unternehmens war Monarch, unter der Einzelstücke vertrieben wurden. Der Fabrikant Emil Meier war Vorstandsmitglied der Vereinigung deutscher Zuckerwaren- und Schokoladefabrikanten e.V. in Würzburg.[5] Die Backstein-Fabrikgebäude wurden um 1911 nach einem Entwurf des Godesberger Architekten Willy Maß errichtet. Zu dem Gebäudeensemble an der Friesdorfer Straße gehörten auch die Fabrikanlagen der Schiller'sche Patentverschluß AG (genannt: Schillerwerk), die Luftdruckverschlussgläser, Metalldosen u. ä. produzierte und zum 1. April 1927 von der Blechwarenfabrik Limburg übernommen wurde,[6] sowie die Tapetenfabrik Faßbender GmbH. Von etwa 1907 bis 1912/1913[7] lernte der spätere Begründer der Marke Haribo, Hans Riegel, als Volksschulabgänger und ungelernter Arbeiter bei Kleutgen & Meier die Herstellung von Süßwaren, und war dort als „Bonbonkocher“ tätig.[8][9] Kleutgen & Meier beschäftigte während des Zweiten Weltkriegs Zwangsarbeiter.[10]

Der Haribo-Fabrikverkauf

Übernahme durch Haribo[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 1958[11] übernahm die Haribo-Gruppe das Unternehmen. Die Nachkommen (die Erbengemeinschaft bestand aus acht Parteien) hatten kein Interesse an einer Weiterführung der Geschäftstätigkeit. Kleutgen & Meier war das erste Konkurrenzunternehmen, welches von Haribo aufgekauft wurde;[12] in den Folgejahren wurden weitere Anbieter, wie die Solinger Dr. Hillers AG (1968) und der Mainbernheimer Hersteller Bären-Schmidt (1971), übernommen.[13] Haribo produzierte im übernommenen Kleutgen & Meier-Werk noch bis zum Jahr 1975; danach wurde die Fabrik stillgelegt.[4] Stückartikel des Haribo-Sortiments wurden auch weiterhin unter dem Markennamen Monarch vertrieben.[14] Diese Fruchtgummi- und Lakritz-Artikel (letztere wurden aus modifizierter Stärke oder Agar-Agar, einer tropischen Algenart – unter Vermeidung des Einsatzes tierischer Substanzen – hergestellt) konnten an Kiosken, Tankstellen und anderen Verkaufsstellen einzeln aus runden Plastikdosen gekauft werden.[15]

Die Außenflächen der stillgelegten Kleutgen & Meier-Fabrik wurden u. a. als Abstellplatz des Haribo-Fuhrparkes genutzt. In der Öffentlichkeit wurden sie bekannt, da hier die jährlich veranstaltete Umtauschaktion von Kastanien und Eicheln gegen Haribo-Produkte stattfand,[16] an der sich bis zu 16.000 Sammler beteiligen. Von 2003 bis 2016 befand sie sich südlich des vormaligen Fabrikareals die an der Weißenburgstraße gelegene Haribo-Fabrikverkaufsstelle.[17] Mit dem begonnenen Umzug 2017 auf die Grafschaft (Rheinland) wurde auch diese Sammelaktion dorthin verlagert.[18]

Neubau des Haribo-Fabrikverkaufshops, 2019
Weitere Neubebauung des Geländes im August 2019

Abriss und Neubau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 2011 wurden Pläne zum Abriss der Kleutgen & Meier-Gebäude bekannt. Das durch den Abriss freiwerdende Gelände hätte nach Angaben der Firmenleitung zum Bau eines seit langem geplanten Haribo-Museums (Haribo-Erlebniswelt) genutzt werden können.[19] Im Spätsommer 2012 kam es dann zur Niederlegung der Gebäude der ehemaligen Fabriken von Kleutgen & Meier und des Schillerwerkes.[20] Mitglieder der Godesberger Bezirksvertretung (unter anderem Vertreter des Bürger Bunds Bonn) kritisierten den Abbruch: eine Werkhalle des Schillerwerks aus dem Jahr 1910 war eine frühe Stahl-Beton-Konstruktion und deshalb von der Denkmalschutzbehörde als denkmalwert befunden worden, die Eintragung in das Denkmalschutzregister lief, eine Abbruchgenehmigung für das Objekt hatte nicht vorgelegen. Auch die Fabrikgebäude von Kleutgen & Meier waren dem Amt für Denkmalpflege von der Unteren Denkmalbehörde mehrfach als schützenswert vorgeschlagen worden.[21] Als Abrissgrund benannten Vertreter von Haribo die Baufälligkeit und unschöne Optik der Gebäude.[20] Der ungenehmigte Abriss des Schillerwerks sei versehentlich erfolgt.[21] Haribo erklärte, auf dem freigewordenen Gelände kein Museum mehr errichten zu wollen. Die Bonner Verwaltung plante die Ahndung des ungenehmigten Abrisses der denkmalwürdigen Halle.[21]

Im September 2015 erwarb die HAFA-Unternehmensgruppe das brachliegende Gelände von der Haribo-Gruppe. Die Hafa-Unternehmensgruppe ist ein Zusammenschluss von vier Bad Godesberger Unternehmen.[16] Gemeinsam mit Oberbürgermeister Ashok Sridharan stellten die Investoren im Herbst 2016 den Bebauungsplan vor, der ein Gesamtinvestitionsvolumen von 30 Millionen Euro vorsieht.[22] Auf dem 25.000 Quadratmeter großen Areal sollen neben einem Gebäudekomplex mit 100 Mietwohnungen (Quartier Bonn-Süd) zwei Bürogebäude entstehen. Eigentümer der Büros werden die Software-Unternehmen HICAT und SICAT. Außerdem soll ein Parkhaus mit 120 Stellplätzen gebaut werden. Der Entwurf stammt vom Architekten Frank Piotrowski.[16]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ayla Jacob, Zukunft des Haribo-Geländes: Stadt verhandelt mit Investor über Haribo-Areal, 31. August 2016, Bonner General-Anzeiger
  2. Zeitschrift des Vereins Deutscher Chemiker, Teil A, Band 19, Verein Deutscher Chemiker, Deutsche Gesellschaft für Angewandte Chemie (Hrsg.), Verlag Springer, 1906, S. 22
  3. Das Unternehmen wird auch als pharmazeutische Lakritzfabrik Kleutgen & Meier beschrieben, gem. Christoph Kaltscheuer, Hans Riegel sen. (1893-1945), Unternehmer und Gründer der Firma „Haribo“, 16. Oktober 2013, Portal Rheinische Geschichte, Landschaftsverband Rheinland
  4. a b Ayla Jacob, Stadtspaziergang durch Godesberg: Imperia-Motorräder und Rheila-Perlen, 14. Mai 2013, Bonner General-Anzeiger
  5. Georg Wenzel: Deutscher Wirtschaftsführer. Lebensgänge deutscher Wirtschaftspersönlichkeiten. Ein Nachschlagebuch über 13000 Wirtschaftspersönlichkeiten unserer Zeit. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg/Berlin/Leipzig 1929, DNB 948663294, S. 453.
  6. Marie-Luise Crone, Schlaglichter aus der Geschichte der Blechwarenfabrik Limburg GmbH, 1872-2012, August 2012, Blechwarenfabrik Limburg GmbH (Hrsg.)
  7. Christoph Kaltscheuer, Hans Riegel sen. (1893-1945), Unternehmer und Gründer der Firma „Haribo“, 16. Oktober 2013, Portal Rheinische Geschichte, Landschaftsverband Rheinland
  8. Haribo: Schwarze Kunst, 10. Februar 1965, Der Spiegel, Ausgabe 7/1965
  9. Riegel, Hans, Unternehmer. In: Rudolf Vierhaus (Hrsg.), Deutsche biographische Enzyklopädie, Ausgabe 2, Band: Poethen-Schlüter, ISBN 978-3-11-094025-1, Walter de Gruyter, 2007, S. 398
  10. Bettina Grosse de Cosnac, Ein Bär geht um die Welt.: Haribo - Vom Bonbonkocher zum König der Gummibärchen. Eine deutsche Familiensaga, ISBN 978-3-203-77521-0, Europa Verlag GmbH, 2003
  11. Nach anderen Angaben erwarb Haribo bereits 1957 die Konkurrenzfabrik, gem. Jessica Backhaus, Die Geburt der Bärchen in Riegels Waschküche, 10. Juli 2014, Express Bonn
  12. Lavinia Fahnster und Veronica Vargas Gonzalez, Biografie Hans Riegel, 1923-2013. In: LeMO-Biografien, Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
  13. Haribo: Chronik in Bildern, Titel Foto Nr. 14, RP Online
  14. Die bunte Welt von Haribo, S. 12, Informationsbroschüre, Haribo GmbH & Co. KG (Hrsg.)
  15. Schreiben der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit der Haribo GmbH & Co. KG vom 8. März 1999, auf: Muslim-markt.de
  16. a b c Lars Heyltjes, Haribo-Gelände in Friesdorf: Innovation trifft auf Tradition, 21. September 2016, Bonner Rundschau
  17. Eintrag von Clemens Küpper zu Produktionsgelände der Süßwarenfabrik Kleutgen & Meier (später HARIBO) in der Datenbank „KuLaDig“ des Landschaftsverbands Rheinland, abgerufen am 11. August 2017.
  18. Haribo-Kastanienaktion zieht auf die Grafschaft, 22. August 2017, General-Anzeiger (Bonn)
  19. Rüdiger Franz, Appetit aufs Goldbären-Museum, 10. November 2011, Bonner General-Anzeiger
  20. a b Ayla Jacob, Haribo in Bonn: Alte Backsteingebäude werden abgerissen, 10. August 2012, Bonner General-Anzeiger
  21. a b c Rüdiger Franz und Ayla Jacob, Bezirksvertretung Bad Godesberg: Haribo soll wegen Abriss Bußgeld zahlen, 17. Januar 2013, Bonner General-Anzeiger
  22. Ayla Jacob, Hafa-Unternehmensgruppe stellt Pläne vor: Gewerbe und Wohnen auf dem Haribo-Areal, 22. September 2016, Bonner General-Anzeiger

Koordinaten: 50° 41′ 22,8″ N, 7° 8′ 37,4″ O

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]