Kostendeckende Vergütung

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Die Kostendeckende Vergütung ist Markteinführungsinstrument für erneuerbare Energien, das auf dem sogenannten Aachener Modell[1] des Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) beruht.[2]

Kern der Kostendeckenden Vergütung ist, dass die Einspeisung erneuerbaren Stroms ins öffentliche Netz vom Elektrizitätsversorgungsunternehmen vergütet wird.[3] Betreiber erhalten eine betriebswirtschaftlich voll Kostendeckende Vergütung, die auch die Kapitalbeschaffungskosten und einen angemessenen Gewinn umfasst.[4] Die Einspeisung und Vergütung wird für einen festen Zeitraum vertraglich garantiert. Die Idee der Kostendeckenden Vergütung wurde vom SFV erstmals im Jahr 1989 vorgetragen.[5] Sie wurde daraufhin in vielen Stromeinspeisegesetzen auf nationaler und lokaler Ebene angewendet.[6] Unter anderem fand sie im Jahr 2000 Eingang in das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und führte dadurch zu einer raschen Verbreitung von Anlagen zur Gewinnung von Erneuerbaren Energien.[7]

Die Idee der Kostendeckenden Einspeisevergütung stammt vom Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Sie wurde durch den SFV erstmals am 14. August 1989 telefonisch und am 4. September 1989 schriftlich dem Bundeswirtschaftsministerium unterbreitet.[8] Da zu diesem Zeitpunkt eine bundesweite Umsetzung nicht möglich war, wurde das Modell der Einspeisevergütung daher zuerst auf kommunaler Ebene umgesetzt.

1991 führte die Schweizer Kleinstadt Burgdorf eine Einspeisevergütung ein.[9] Unter Führung seines Ideengebers[10] Wolf von Fabeck entwickelte der SFV dieses Konzept weiter zu einer Kostendeckenden Vergütung. Das Neue an der Kostendeckenden Vergütung war, dass nicht der Bau einer Solaranlage bezuschusst wurde, sondern dass die Energieversorgungsunternehmen (EVU) die Einspeisung von Solarstrom ins öffentliche Netz vergüteten.[11]

Der Aachener Stadtrat verabschiedete dieses Modell im September 1992. Es wurde als „Aachener Modell“ bekannt. Wegen des Widerstands seitens des Aachener Energieversorgers STAWAG verzögerte sich die Implementation um mehrere Jahre. Die erste deutsche Stadt, die eine Kostendeckende Einspeisevergütung nach dem „Aachener Modell“ einführte, wurde so 1993 das bayerische Hammelburg. Dort war Hans-Josef Fell die treibende Kraft.[12]

Der zu dieser Zeit für die Preisbildung zuständige Referent im Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen, Dieter Schulte-Janson, hatte wesentlichen Einfluss darauf, dass die kostendeckende Vergütung realisiert werden konnte.[13][14]

Die Kostendeckende Vergütung wurde bis zum Jahr 2000 in ca. 40 Städten der Bundesrepublik erfolgreich umgesetzt.[15][16] Die Erfahrungen mit dem Instrument Kostendeckende Vergütung bildeten später die Vorlage für das Erneuerbare-Energien-Gesetz.[17] Damit wurde am 1. April 2000 der Gedanke der Kostendeckenden Einspeisevergütung Bundesrecht. An der Erarbeitung des Gesetzes in der ersten Fassung von 2000 waren die Abgeordneten Michaele Hustedt, Hans-Josef Fell (beide Bündnis 90/Die Grünen), Hermann Scheer und Dietmar Schütz (beide SPD) maßgeblich beteiligt.[18][19] Wie auch bei der Kostendeckenden Vergütung ist beim EEG der Einspeisevorrang der Erneuerbaren Energien gegenüber den konventionellen Energien sowie der garantierte Vergütungssatz bei der Netzeinspeisung der Kern des Gesetzes.[20]

Als Vorläufer des EEG gelten „Bayerische Anordnung Nr. By 2/52 zur Regelung des Strompreises für Kleinwasserkraftwerke[21] sowie das Stromeinspeisungsgesetz,[22] dass als weltweit erstes Ökostrom-Einspeisegesetz[23] gilt.

Weitere Entwicklung

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Das EEG entwickelte sich zu einem Exportschlager.[24][25] Im Renewables 2013 Global Status Report kommt die international besetzte Forschungsgruppe REN21 zu dem Ergebnis, dass es in 127 Ländern der Welt Instrumente zur Förderung der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien gibt, darunter als gängigstes Instrument die Einspeisevergütung, die in 71 Ländern und 28 Bundesstaaten praktiziert wird.[26]

Nach einer Vielzahl von EEG-Reformen (einige Akteure sprechen insbesondere hinsichtlich der Reform von 2014 von „EEG-Deform[27][28]) sorgt in vielen Fällen, speziell im Bereich der Solarenergie, das EEG nicht mehr für eine Kostendeckende Vergütung.[29] Dies lässt sich auch daran ablesen, dass der vorgesehene Zubaukorridor nicht erreicht wurde und zwei Mal in Folge keine Vergütungsabsenkung vorgenommen wurde.[30][31][32]

Das EEG als ein politisches Instrument zur Dekarbonisierung der Energieversorgung hat Einfluss auf wirtschaftliche Interessen.[33]

Einzelnachweise

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  1. Photovoltaik. Mit der Stromerzeugung aus Sonnenenergie – der Photovoltaik – hat die STAWAG die umfangreichsten Erfahrungen im Bereich der Nutzung erneuerbarer Energien. www.stawag.de, archiviert vom Original am 23. Mai 2009; abgerufen am 3. April 2016.
  2. Zehn Jahre Aachener Modell. Aachener Zeitung vom 12. März 2005
  3. Einspeisevergütung. Rüdiger Paschotta, abgerufen am 17. April 2016.
  4. Die Kostendeckende Vergütung (KV) – Weltweit modernstes Markteinführungsprogramm. Historische Entwicklung Fortschritte in der praktischen Umsetzung. www.sfv.de, abgerufen am 17. April 2016.
  5. Günter Altner, Heike Leitschuh-Fecht, Gerd Michelsen: Jahrbuch Ökologie: 2004. C.H.Beck, abgerufen am 18. Februar 2016 (2003 – 287 Seiten, gefunden auf books.google.de).
  6. Staffan Jacobsson, Volkmar Lauber, The politics and policy of energy system transformation—explaining the German diffusion of renewable energy technology. In: Energy Policy 34, (2006), 256–276, S. 263, doi:10.1016/j.enpol.2004.08.029.
  7. Erneuerbare Energien in Zahlen. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Memento vom 4. November 2012 im Internet Archive)
  8. Wolf von Fabeck: Historisches zur Kostendeckenden Vergütung bis zu ihrer Aufnahme in das EEG vom 1. Aug. 2004 mit Folien zum Aachener Modell. Wie das Programm des SFV entwickelt und deutschlandweit eingeführt wurde. www.sfv.de, 20. Juli 2014, abgerufen am 18. Februar 2016.
  9. Photovoltaik in der Schweiz. (PDF) www.ti.bfh.ch, abgerufen am 17. April 2016.
  10. Eurosolar e.V.: Wolf von Fabeck zum 80. Geburtstag. In: Solarzeitalter. Nr. 3, 2015, S. 110.
  11. Erneuerbare Energien in Deutschland. (PDF) Eine Biographie des Innovationsgeschehens. www.pressestelle.tu-berlin.de, Dezember 2009, abgerufen am 23. April 2016.
  12. Abschluss der Hammelburger Solarstromgesellschaft. Sie hat Energie-Geschichte geschrieben: die 1994 gegründete Hammelburger Solarstromgesellschaft HSG. Als weltweit erste ihrer Art hat die HSG Pionierarbeit geleistet. Nun ist sie aufgelöst – und zwar planmäßig. www.br.de, archiviert vom Original am 3. Juni 2016;.
  13. Ralf Köpke: Ein Viertelpfennig zur Förderung von Öko-Strom. www.berliner-zeitung.de, abgerufen am 5. Juni 2016.
  14. Die kostendeckende Vergütung (KV). Weltweit modernstes Markteinführungsprogramm – Historische Entwicklung Fortschritte in der praktischen Umsetzung. www.sfv.de, abgerufen am 5. Juni 2016.
  15. Wolf von Fabec: Historisches zur Kostendeckenden Vergütung bis zur Aufnahme in das EEG vom 1. Aug. 2004. (PDF) Wie das Programm des SFV entwickelt und deutschlandweit eingeführt wurde. www.sfv.de, 2014, abgerufen am 16. April 2016: „So ist es ganz wesentlich Dr. Schulte-Jansons Unbeirrbarkeit anzurechnen, dass die Kostendeckende Vergütung endlich in 40 deutschen Städten unter Verweis auf die Regelung in NRW (das "Aachener Modell") eingeführt werden konnte.“
  16. G. Haarpaintner (Chambéry und München): Vom Tausend- zum Hundert-tausend-Dächer-Programm. (PDF) Marktentwicklung netzgekoppelter Photovoltaik. www.elektropraktiker.de, 2000, abgerufen am 16. April 2016.
  17. Bernd Hirschl: Erneuerbare Energien-Politik. Eine Multi-Level Policy-Analyse mit Fokus auf dem deutschen Strommarkt. Springer-Verlag, 24. Januar 2008, abgerufen am 16. April 2016.
  18. Benjamin von Brackel: Auf in die letzte Schlacht. EEG: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz ist nichts weniger als die Zukunftsvision der Umweltbewegung. Nun soll es gekippt werden. Was seine Erfinder dazu sagen. Der Freitag, 12. Oktober 2012, abgerufen am 14. Oktober 2017.
  19. Michaele Hustedt – Die Mutter des EEG. (PDF) Interview über die Entstehung des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) im Deutschen Bundestag von 1994 bis 2005 (PDF; 0,5 MB). www.sonnenenergie.de, 19. August 2017, abgerufen am 14. Oktober 2017.
  20. Hermann Scheer: Der folgenschwere Irrtum des Verhandlungskonzeptes der Weltklimakonferenz. (PDF) Solarzeitalter Heft 4/2009. www.eurosolar.de, 2009, abgerufen am 18. April 2016: „Der Schlüsselpunkt dieses Gesetzes ist, dass allen Erneuerbaren Energien absoluten Vorrang gegenüber Konventionellem Strom eingeräumt wird und zu einem garantierten Vergütungssatz in das Netz eingespeist werden kann.“
  21. Andreas Hänlein: Wirtschaftsverfassung in Deutschland und Europa: Festschrift für Bernhard Nagel. Kassel University Press GmbH, 2007, S. 513 (Volltext in der Google-Buchsuche).
  22. Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP. (PDF) Entwurf eines Gesetzes über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz (Stromeinspeisungsgesetz). www.bundestag.de, abgerufen am 1. Mai 2016.
  23. Florian Lüdeke-Freund, Oliver Opel: Die Energiewende als transdisziplinäre Herausforderung. In: Harald Heinrichs Gerd Michelsen (Hrsg.): Nachhaltigkeitswissenschaften. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2014, S. 429- 454, hier: S. 439 (Volltext in der Google-Buchsuche).
  24. Uwe Beckmeyer: Uwe Beckmeyer zur Energiewende in der "Zeitschrift für das gesamte Recht der Energiewirtschaft". Die Energiewende zum Erfolg führen: Zum Inkrafttreten der EEG-Reform 2014. www.bmwi.de, 15. Oktober 2014, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 17. April 2016; abgerufen am 27. April 2016: „Das seit dem Jahr 2000 bestehende EEG hat eine große Erfolgsgeschichte geschrieben und ist zu Recht ein Exportschlager. Waren es damals nur 6 %, wird unsere Volkswirtschaft heute zu mehr als 25 % mit erneuerbarem Strom versorgt.“
  25. Franziska Kückmann (Interview): Gönner nennt EEG Exportschlager. GIZ-Chefin im Interview. www.noz.de, 15. Oktober 2014, abgerufen am 27. April 2016: „Auch wenn es viele angesichts der Diskussion in Deutschland überraschen mag: Gerade das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz ist ein echter Exportschlager und wurde schon von vielen Ländern, jeweils in angepasster Form, übernommen – auch durch die Beratung der GIZ.“
  26. REN21: Renewables 2013 – Global Status Report (PDF; 6,6 MB), S. 76–78, Paris, Juni 2013
  27. Marco Bülow: Meine ganz persönliche Sicht zur EEG-„Deform“. Erneuerbare Energien Entweder ist die EEG-Novelle der Einstieg in den Ausstieg der Energiewende – oder das Signal für die Öffentlichkeit, sich endlich der Lobbymacht entgegenzustellen. 27. Juni 2014, abgerufen am 28. April 2016.
  28. Eurosolar: Bundestag und Bundesrat entscheiden über historische Zäsur – Energiewende mit „EEG-Deform“ vor dem Abbruch. www.eurosolar.de, 16. Juni 2014, abgerufen am 28. April 2016.
  29. Simon Trockel, Julian Schönbeck: Geschäftsmodelle für Photovoltaikanlagen nach der EEG-Novelle. www.energiedialog.nrw.de, 15. September 2014, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 28. April 2016; abgerufen am 28. April 2016.
  30. PM – Solarstrom lohnt sich 2016 mehr denn je / Tipps für Verbraucher. Photovoltaikanlagen günstiger, Eigenverbrauch profitabler, Vergütungssätze nicht gesunken. www.solarcluster-bw.de, 7. Januar 2016, abgerufen am 28. April 2016: „Und die Vergütungssätze für den Teil des Solarstroms, der in das Netz eingespeist wird, sind zum 1. Januar zum zweiten Mal in Folge nicht mehr gesunken.“
  31. Die Fördersätze für Photovoltaikanlagen werden nicht abgesenkt. Franke: "Zubau von Photovoltaikanlagen erneut deutlich unterhalb des Zubaukorridors". Bundesnetzagentur, 30. September 2015, abgerufen am 28. April 2016.
  32. Die Fördersätze für Photovoltaikanlagen werden erneut nicht abgesenkt. Der Zubau liegt unterhalb des gesetzlich festgelegten Zubaukorridors. Bundesnetzagentur, 31. März 2016, abgerufen am 28. April 2016.
  33. Stephan Gerstner: Grundzüge des Rechts der Erneuerbaren Energien. Eine praxisorientierte Darstellung für die neue Rechtslage zu den privilegierten Energieträgern einschließlich der Kraft-Wärme-Kopplung. Walter de Gruyter GmbH & Co KG, 1. Januar 2013, abgerufen am 30. April 2016.