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Kriechbaum (Künstlerfamilie)

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Die Kriechbaum oder Kriechpaum sind eine Familie von Malern und Bildhauern aus dem Raum Passau, die im 15. und 16. Jahrhundert vor allem im heutigen Bayern und Österreich wirkten.

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die ersten Nachrichten über die lange Zeit unbekannte Künstlerfamilie wurden erst im Jahr 1921 veröffentlicht.[1] Die Kriechbaumwerkstätte in Passau war im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts offenbar das führende Unternehmen in Skulptur und Malerei für das Bistum Passau, das damals außer Niederbayern auch Oberösterreich und Niederösterreich umfasste.

Die Kriechbaums beschäftigten verschiedene Handwerker ihres Heimatgebietes. Die arbeitsteilige Ausführung von Aufträgen erklärt den manchmal uneinheitlichen Stil einiger Gesamtwerke.[2]

Die jüngere Generation der Kriechbaum-Werkstatt war möglicherweise am Altar von Mauer und am Zwettler Altar tätig.[3]

Künstler[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ulrich Kriechbaum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ulrich Neunhauser-Kriechbaum († 1472/73) erhielt um 1470 einen Vertrag zur Errichtung eines großen Flügelaltars für das Stift Göttweig in Niederösterreich.[4]

Martin Kriechbaum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Martin Kriechbaum[4][5] (urkundlich 1473–1510) hatte seine Werkstätte im Hause Milchgasse 7 in Passau. Die erste schriftliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1473, als er in den Vertrag seines verstorbenen Bruders Ulrich mit dem Stift Göttweig eintrat.[6] Im Jahr 1508 wurde Martin Kriechbaum und seinem Sohn Paul wegen verbotenen Weintransports nach Niederaltaich das Passauer Bürgerrecht aufgesagt, auf Bitten aber wieder bewilligt.[4] Die letzte Erwähnung Martin Kriechbaums erfolgte im Jahr 1510 anlässlich der Lieferung der Predella des Choraltares für Stift Göttweig.[6]

Martin Kriechbaum wird von vielen Experten für den Meister des Kefermarkter Altars gehalten.[7] Es gibt dafür aber keine archivalischen Belege, weshalb diese Zuschreibung umstritten ist.

Folgende Werke von Martin Kriechbaums existieren nicht mehr:[8]

  • Für das Stift Göttweig arbeitete er nach dem Tod seines Bruders Ulrich über den langen Zeitraum von 1473 bis 1510 (Choraltar).
  • 1488 lieferte Martin Kriechbaum nicht näher bezeichneten Arbeiten an das Stift Waldhausen.
  • Der 1495 geschaffene Choraltar der Pfarrkirche St. Paul in Passau wurde beim Brand 1512 vernichtet.

Martin Kriechbaums Söhne Hans, Paul, Stefan und möglicherweise Sebastian[9] waren ebenfalls künstlerisch tätig.

Hans Kriechbaum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Johannes Kriechbaum war mit seinem Bruder Stefan ab 1509 vermehrt in Göttweig tätig. Martin Kriechbaum wird nach dem 26. Oktober 1509, an dem ihm Abt Sebastian Draxel durch den Stiftshofmeister in Stein an der Donau zwei Drilling Wein zustellen lässt, nicht mehr als Empfänger von Entgelten erwähnt.[10]

Paul Kriechbaum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Paul Kriechbaum führte – wie bereits erwähnt – 1508 den illegalen Weintransport mit seinem Vater durch und hätte dadurch beinahe sein Bürgerrecht in Passau verloren. Paul wurde von einigen Kunsthistorikern auch mit der Vexierschrift am Kefermarkter Flügelaltar in Verbindung gebracht, die meinten, die Buchstaben „PK“ am rechten Arm des Königs der Anbetungsszene könnten als Initialen des Paul Kriechbaum zu deuten sein.[3][11]

Stefan Kriechbaum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stefan Kriechbaum,[12][13] Sohn des Martin, ist urkundlich zwischen 1495 und 1536 bezeugt. 1495/96 war er Lehrling bei Hans Holbein dem Älteren in Augsburg. Im Jahr 1518 erhielt er den Auftrag für eine geschnitzte Tafel in der Wallfahrtskirche Maria Laach. Aufgrund der künstlerischen und räumlichen Nähe vermuten manche in ihm auch den führenden Meister des Zwettler Altars,[14] der heute in Adamov bei Brünn steht, oder auch für den Meister des Altars von Mauer bei Melk.[15] 1532 und 1536 siegelte er als Ratsbürger in Passau.

Andreas Kriechbaum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Andreas Kriechbaum, ein Verwandter unbekannten Grades von Ulrich und Martin Kriechbaum, wurde urkundlich vor allem durch eine päpstliche Dispens von einem Gelübde bekannt. Er und ein gewisser Sigmund Traynt hatten offenbar Schuld auf sich geladen und daraufhin ein Gelübde einer Wallfahrt nach Rom abgelegt. Am 13. Juli 1477 teilte Kardinal Marcus Barbo dem Abt von Göttweig mit, dass die beiden Laien aus dem Bistum Passau von ihrem Gelübde dispensiert seien.[10]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Wolfgang Maria Schmid: Beiträge zur Passauer Kunstgeschichte. In: Ernst Buchner, Karl Feuchtmayr (Hrsg.): Oberdeutsche Kunst der Spätgotik und Reformationszeit (= Beiträge zur Geschichte der Deutschen Kunst. Band 1). Augsburg 1924, S. 88–107 (uni-heidelberg.de [PDF]).
  • Lothar Schultes, Oberösterreichisches Landesmuseum (Hrsg.): Der Meister des Kefermarkter Altars. Die Ergebnisse des Linzer Symposiums, Kefermarkt, 1988 (= Studien zur Kulturgeschichte von Oberösterreich. Band 1). Linz 1993. Darin:
    • Alfred Schädler: Der Kefermarkter Altar und sein Meister. Ein Überblick. S. 7–15.
    • Lothar Schultes: Zu Identität und Werk des Meisters des Kefermarkter Altars. S. 27–72.
    • Herbert Schindler: Der Meister des Kefermarkter Altars und Passau. S. 73–84.
    • Hans Ramisch: Der Meister von Kefermarkt und Erasmus Grasser – Martin Kriechbaum und München. S. 85–101.
  • Brigitte Schliewen: Die Malerbrüder Kriechbaum in München und Passau. Quellen und Überlegungen zu einer spätmittelalterlichen Großwerkstatt in Süddeutschland. In: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte. Band 49, 1996, S. 207–234 und 351–356.
  • Die Malerfamilie Kriechbaum. In: Gerhart Kriechbaum: Kriechbaum. Die Geschichte eines Namens. Bamberg 2011, S. 27–33 (archive.org).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Kriechbaum family – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Adalbert Dungel in: Ostbairische Grenzmarken. Band 10. Passau 1921, S. [?] – nach Schindler 1993, op. cit. S. 74 und 83, Anm. 6.
  2. Lothar Schultes: Mittelalterliche Plastik im Mühlviertel. Katalog des OÖ. Landesmuseums. 1988, S. 384 (zobodat.at [PDF]).
  3. a b Lothar Schultes: Mittelalterliche Plastik im Mühlviertel. Katalog des OÖ. Landesmuseums. 1988, S. 386 (zobodat.at [PDF]).
  4. a b c Schmid 1924, op. cit. S. 94.
  5. Martin Kriechbaum. In: RegioWiki Niederbayern. Abgerufen am 26. August 2023.
  6. a b Schädler 1993, S. 13.
  7. Lothar Schultes: Was bleibt vom Kefermarkter Meister? In: Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereines. Jahrgang 157, Linz 2012, S. 227–241 (zobodat.at [PDF]).
  8. Schädler 1993, S. 14.
  9. Schindler 1993, op. cit. S. 81 (Sebastian ist nicht sicher als Sohn des Martin nachgewiesen).
  10. a b Schindler 1993, op. cit. S. 81.
  11. Schultes 1993, op. cit. S. 32.
  12. Schmid 1924, op. cit. S. 102–103.
  13. Stefan Kriechbaum. In: RegioWiki Niederbayern. Abgerufen am 26. August 2023.
  14. Lothar Schultes: Was bleibt vom Kefermarkter Meister? In: Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereines. Jahrgang 157, Linz 2012, S. 238 (zobodat.at [PDF]).
  15. Wolfgang Buchmüller: Tradition als Hoffnungsträger in Zeiten der Umwertung der Werte. Betrachtungen zur Entdeckung der Renaissance-Fresken im Kreuzgang von Heiligenkreuz. In: Mitteilungen der Gesellschaft für Vergleichende Kunstforschung in Wien. Band 58, 2/3, 2006, S. 182, Anm. 11 (stift-heiligenkreuz-sammlungen.at [PDF]).