Dieser Artikel behandelt das Kronecker-Produkt von Matrizen, für das Kronecker-Produkt von Kohomologie- und Homologie-Klassen siehe
Kronecker-Paarung.
Das Kronecker-Produkt ist in der Mathematik ein spezielles Produkt zweier Matrizen beliebiger Größe. Das Ergebnis des Kronecker-Produkts ist eine große Matrix, die durch Betrachtung aller möglichen Produkte von Einträgen der beiden Ausgangsmatrizen entsteht. Es ist nach dem deutschen Mathematiker Leopold Kronecker benannt.
Definition
Ist
eine
-Matrix und
eine
-Matrix,
so ist das Kronecker-Produkt
definiert als
![{\displaystyle C=(a_{ij}\cdot B)={\begin{pmatrix}a_{11}B&\cdots &a_{1n}B\\\vdots &\ddots &\vdots \\a_{m1}B&\cdots &a_{mn}B\end{pmatrix}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/07c8100a6a37289a3d792cb2b09ffde14e1236e4)
Explizit:
.
Das heißt jedes Element der Matrix
wird mit der Matrix
multipliziert.
Das Ergebnis ist also wieder eine Matrix, allerdings von der Dimension
.
Beispiel
![{\displaystyle {\begin{pmatrix}1&2\\3&4\\5&6\end{pmatrix}}\otimes {\begin{pmatrix}7&8\\9&0\end{pmatrix}}={\begin{pmatrix}1\cdot {\begin{pmatrix}7&8\\9&0\end{pmatrix}}&2\cdot {\begin{pmatrix}7&8\\9&0\end{pmatrix}}\\\\3\cdot {\begin{pmatrix}7&8\\9&0\end{pmatrix}}&4\cdot {\begin{pmatrix}7&8\\9&0\end{pmatrix}}\\\\5\cdot {\begin{pmatrix}7&8\\9&0\end{pmatrix}}&6\cdot {\begin{pmatrix}7&8\\9&0\end{pmatrix}}\end{pmatrix}}={\begin{pmatrix}7&8&\!\!\!&14&16\\9&0&\!\!\!&18&0\\[0.6em]21&24&\!\!\!&28&32\\27&0&\!\!\!&36&0\\[0.6em]35&40&\!\!\!&42&48\\45&0&\!\!\!&54&0\end{pmatrix}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/e79495e35e8deb0b06da55c632264f50c77219f5)
Eigenschaften
Rechenregeln
Das Kronecker-Produkt ist nicht kommutativ, das heißt im Allgemeinen gilt
![{\displaystyle A\otimes B\neq B\otimes A}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/f138c58dd7fdb76e06bbbfb08d8da9d555851d04)
Es gibt jedoch Permutationsmatrizen
so dass
![{\displaystyle A\otimes B=P(B\otimes A)Q}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/4d321a6c4a29cc71d2fbf8a551b7599eb89a0275)
gilt. Sind dabei
und
quadratisch, so kann
gewählt werden.
Das Kronecker-Produkt ist assoziativ. Das heißt
![{\displaystyle A\otimes (B\otimes C)=(A\otimes B)\otimes C}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/5adfac05f43fbb3573880c4e1eb2e30bc0b71663)
Symmetrien
Für die Transposition gilt
.
Für die konjugierte Matrix gilt
.
Für die adjungierte Matrix gilt
![{\displaystyle (A\otimes B)^{*}=A^{*}\otimes B^{*}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/e7af6be0b62dc7bdb9c22055b5219b5942352378)
Bezüge zu anderen Operationen
Das Kronecker-Produkt ist bilinear mit der Matrizenaddition, das heißt
![{\displaystyle A\otimes (B+C)=A\otimes B+A\otimes C}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/2d950704e8f7c36c877265a776d3728a2528beec)
![{\displaystyle (B+C)\otimes A=B\otimes A+C\otimes A}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/69238bf079d68d7740daf1e007f79261075f1c8d)
![{\displaystyle \lambda (A\otimes B)=(\lambda A)\otimes B=A\otimes (\lambda B)}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/8df9cf3ddc0ddea4cb445a426308f1bb7b2a3015)
Sind die Matrizenprodukte
und
definiert, so gilt[1]
.
Kenngrößen
Sind
und
quadratische Matrizen so gilt für die Spur
.
Für den Rang gilt
.
Ist
eine
und
eine
Matrix so gilt für die Determinante
.
Sind
die Eigenwerte von
und
die
Eigenwerte von
dann gilt
sind die Eigenwerte von
.
Für die Spektralnorm gilt demnach
.
Inverse
Sind
invertierbar, so ist auch
invertierbar mit Inverser
.
Für die Moore-Penrose-Inverse gilt außerdem
.
Allgemeiner gilt: Sind
und
verallgemeinerte Inversen von
und
, so ist
eine verallgemeinerte Inverse von
.
Matrixgleichung
Es seien die Matrizen
gegeben
und eine Matrix
gesucht, so dass
gilt.
Nun gilt folgende Äquivalenz:
![{\displaystyle AXB=C\iff (B^{T}\otimes A)\,\operatorname {vec} (X)=\operatorname {vec} (C)}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/f5afdaf8902d172fd0a1459c0d9adf79b87db523)
Hierbei steht
für die spaltenweise Vektorisierung einer Matrix zu einem Spaltenvektor.
Sind
die Spalten der Matrix
so ist
ein Spaltenvektor der Länge
.
Analog ist
ein Spaltenvektor der Länge
.
Hat man den Vektor
ermittelt, so ergibt sich daraus unmittelbar die zugehörige,
isomorphe Matrix
.
Beweis der Äquivalenz
Es ist
Dabei ist
Gleichungssystem mit Matrixkoeffizienten
Für
und
seien die Matrizen
gegeben.
Gesucht sind die Matrizen
, welche das Gleichungssystem
![{\displaystyle {\begin{bmatrix}A_{11}X_{1}B_{11}+...+A_{1s}X_{s}B_{1s}&=&C_{1}\\&\vdots &\\A_{r1}X_{1}B_{r1}+...+A_{rs}X_{s}B_{rs}&=&C_{r}\\\end{bmatrix}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/a3b758dd354243ab39e5eb2e0e42a8dfecb77ca8)
lösen. Diese Aufgabenstellung ist äquivalent zum Lösen des Gleichungssystems
![{\displaystyle {\begin{pmatrix}B_{11}^{T}\otimes A_{11}&\cdots &B_{1s}^{T}\otimes A_{1s}\\\vdots &\ddots &\vdots \\B_{r1}^{T}\otimes A_{r1}&\cdots &B_{rs}^{T}\otimes A_{rs}\\\end{pmatrix}}{\begin{pmatrix}\operatorname {vec} \,X_{1}\\\vdots \\\operatorname {vec} \,X_{s}\end{pmatrix}}={\begin{pmatrix}\operatorname {vec} \,C_{1}\\\vdots \\\operatorname {vec} \,C_{r}\end{pmatrix}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/3cb73ded2aec14ed4a1ffb966f5a81e47f511200)
Weitere Anwendungen
Das Kronecker-Produkt wird beispielsweise in der verallgemeinerten linearen Regressionsanalyse verwendet, um eine Kovarianzmatrix von korrelierten Störgrößen zu konstruieren. Man erhält hier etwa eine blockdiagonale Zellnermatrix.
Zudem braucht man das Kronecker-Produkt in der Quantenmechanik um Systeme mit mehreren Teilchen, die ein beidseitig beschränktes Spektrum besitzen, zu beschreiben. Zustände mehrerer Teilchen sind dann Kroneckerprodukte der Einteilchenzustände. Im Falle eines unbeschränkten Spektrums bleibt nur die algebraische Struktur eines Kronecker-Produktes erhalten, da dann keine Darstellung durch Matrizen existiert.
Zusammenhang mit Tensorprodukten
Gegeben seien zwei lineare Abbildungen
und
zwischen endlichdimensionalen Vektorräumen. Dann gibt es immer genau eine lineare Abbildung
![{\displaystyle \varphi _{1}\otimes \varphi _{2}:V_{1}\otimes V_{2}\longrightarrow W_{1}\otimes W_{2}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/c163b0bc5b6cdb62e7a830f877f5a9eea7966fd4)
zwischen den Tensorprodukten mit
.
Wenn wir auf den Vektorräumen
und
je eine Basis auswählen, so können wir der Abbildung
ihre Darstellungsmatrix
zuordnen. Es sei
die Darstellungsmatrix von
.
Das Kronecker-Produkt
der Darstellungsmatrizen entspricht nun genau der Darstellungsmatrix der tensorierten Abbildung
, wenn man auf
und
die Basis zugrundelegt, welche sich aus den lexikographisch angeordneten Paaren von Basisvektoren der am Tensorprodukt beteiligten Vektorräume ergibt: Sind
die ausgewählte Basis von
und
die Basis von
, so nehmen wir
![{\displaystyle (e_{1}\otimes f_{1},e_{1}\otimes f_{2},\ldots ,e_{1}\otimes f_{p},e_{2}\otimes f_{1},\ldots ,e_{n}\otimes f_{p-1},e_{n}\otimes f_{p})}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/8109ee220a4cfcd9ff1f9633b2491c12aee25ca0)
als Basis für das Tensorprodukt
. Analog für
.
Historisches
Das Kronecker-Produkt ist nach Leopold Kronecker benannt, weil er es anscheinend als erster definierte und verwendete. Früher wurde das Kronecker-Produkt manchmal Zehfuss-Matrix genannt, nach Johann Georg Zehfuss.
Weblinks
Quellen
- ↑ Steeb, Willi Hans: Kronecker Product of Matrices and Applications. BI-Wiss.Verlag, 1991, ISBN 3-411-14811-X, S.16