Minerve (U-Boot, 1964)

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Minerve
Die Minerve in Bergen, 1962
Die Minerve in Bergen, 1962
Schiffsdaten
Flagge Frankreich Frankreich
Schiffstyp U-Boot
Klasse Daphné-Klasse
Heimathafen Toulon
Bauwerft Chantiers Dubigeon, Nantes
Kiellegung Mai 1958
Stapellauf 31. Mai 1961
Verbleib am 27. Januar 1968 verschollen,
Wrack am 21. Juli 2019 gefunden
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 57,75 m (Lüa)
Breite 5,25 m
Tiefgang (max.) 6,74 m
Verdrängung 860 t
 
Besatzung 50
Maschinenanlage
Maschine 2× 450-kW-(603-PS-)SEMT-Pielstick-Jeumont-Schneider-Typ-12-Dieselmotoren, 2× 746-kW-(1000-PS-)Elektromotoren
Propeller 2
Einsatzdaten U-Boot
Aktionsradius 10.000 sm
Tauchtiefe, max. 300 m
Höchst-
geschwindigkeit
getaucht
15 kn (28 km/h)
Höchst-
geschwindigkeit
aufgetaucht
12 kn (22 km/h)
Bewaffnung

12 Torpedorohre 55,0 cm (8 Bug-, 4 Heckrohre)

Die Minerve (S 647) war ein französisches U-Boot der Daphné-Klasse, das Ende Januar 1968 im nordwestlichen Mittelmeer verschollen ist. Benannt war die Minerve nach der römischen Göttin Minerva. Sie war nach dem Typschiff der Minerve-Klasse aus den 1930er Jahren das zweite französische U-Boot dieses Namens. Das Wrack blieb 51 Jahre verschollen. Am 22. Juli 2019 gab die französische Verteidigungsministerin Florence Parly bekannt, dass die Minerve in rund 2.400 Metern Tiefe im Mittelmeer gefunden wurde.

Dienstzeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das U-Boot wurde formal am 19. Juni 1962 von der französischen Marine übernommen und am 10. Juni 1964 in Dienst gestellt. Die Probefahrt im November 1962 führte nach Londonderry Port, Bergen und Göteborg. Anschließend fuhr die Minerve über Cherbourg in ihren Heimathafen Toulon, wo sie am 22. Dezember 1962 eintraf. Das Boot diente im 1. U-Boot-Geschwader und war die gesamte Dienstzeit über im Mittelmeer eingesetzt. 1967 wurde es in Toulon überholt.

Untergang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tauchboot SP-350 Denise
Bathyscaph Archimède

Am 27. Januar 1968, 7:55 Uhr, befand sich die Minerve in Schnorchelfahrt rund 25 Seemeilen (46 km) vor Toulon in Anfahrt auf den Heimathafen und teilte zu diesem Zeitpunkt einem begleitenden Aufklärungsflugzeug vom Typ Breguet Atlantic mit, dass sie in gut einer Stunde am Ziel eintreffen werde. Auf dieser Fahrt waren 52 Mann Besatzung an Bord. Es war eines von vier U-Booten, die 1968 durch nicht geklärte Umstände auf hoher See verloren gingen. Die drei anderen Boote waren die israelische INS Dakar, die US-amerikanische USS Scorpion (SSN-589) und die sowjetische K-129.

Nach der Meldung an den Aufklärer fehlte von dem U-Boot und seiner Besatzung bis 2019 jede Spur. Zum Zeitpunkt des mutmaßlichen Untergangs um 7:59 erfolge gerade der reguläre 8-Uhr-Wechsel der Wachen; außerdem herrschten sehr schlechte Wetterbedingungen. Der Kommandant der Minerve, Lieutenant de vaisseau (Kapitänleutnant) André Fauve, galt als sehr erfahren und hatte vier Jahre auf Booten der Daphné-Klasse gedient.

Suche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

An der Suchaktion, die am 28. Januar 1968 begann, beteiligten sich unter anderem der Flugzeugträger Clemenceau und das Tauchboot SP-350 Denise, umgangssprachlich „tauchende Untertasse“ genannt, von Jacques Cousteau. Cousteau kritisierte laut einem Bericht des Hamburger Abendblatts, die Suche sei zu spät eingeleitet worden. Die Sucharbeiten wurden am 2. Februar 1968 eingestellt, da davon ausgegangen wurde, dass niemand das Unglück überlebt hatte. Die Suche nach dem Wrack bzw. Wrackteilen wurde bis 1969 weitergeführt (Operation Reminer (REcherche MINERve), u. a. unter Mithilfe des Bathyscaphen Archimède und des US-amerikanischen Spezialschiffs Mizar).

Am 9. Februar 1968 fand an Bord des französischen U-Boots Eurydice im Beisein von Staatspräsident Charles de Gaulle eine Ehrenzeremonie für die verschollene Besatzung statt. Die Euridyce ging zwei Jahre später, Anfang März 1970, wie die Minerve ebenfalls unter ungeklärten Umständen im Raum Toulon verloren. Das Wrack der Eurydice wurde am 22. April 1970 gefunden.[1]

Anlässlich der großen öffentlichen Beachtung, die dem Verschwinden des argentinischen U-Boots San Juan 2017 zuteilwurde, und der aufwendigen, letztlich im Jahr 2018 erfolgreichen Suche nach der San Juan riefen Angehörige der Mannschaft der Minerve die französische Verteidigungsministerin Florence Parly im November 2018 auf, die Suche nach dem Schiff wieder aufzunehmen.[2] Am 5. Februar 2019 gab das Verteidigungsministerium bekannt, die Suche wieder aufnehmen zu wollen.[3]

Am 4. Juli 2019, über 51 Jahre nach dem Untergang, begann die französische Marine in Zusammenarbeit mit dem Meeresforschungsinstitut Ifremer eine Suchaktion. Zum Einsatz kam dabei zunächst das unbemannte Unterwasserfahrzeug Aster X des Ifremer, das vom Forschungsschiff Antea aus mit einer Suchleistung von etwa 10 km² pro Tag ein Gebiet von mehreren hundert km² absuchte.[4][5] Am 16. Juli 2019 traf in Toulon zur Fortsetzung der Aktion das Suchschiff Seabed Constructor des britisch-amerikanischen Unternehmens Ocean Infinity ein, das bereits das Wrack der argentinischen San Juan gefunden hatte.[5][6]

Am 22. Juli 2019 gab die französische Verteidigungsministerin bekannt, dass das in drei Teile zerbrochene Wrack der Minerve 45 Kilometer vor der Küste von Toulon in einer Tiefe von 2370 Metern gefunden worden sei.[7] Das Unternehmen Ocean Infinity entdeckte die Minerve.[8]

Ursachen des Unglücks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wenige Tage vor dem Verlust der Minerve wurde das Verschwinden des U-Boots INS Dakar (hebräisch: Schwertfisch) der israelischen Marine im Raum Kreta gemeldet. Das frühere britische U-Boot befand sich auf der Überführungsfahrt nach Israel. Auch im Fall der Dakar konnte der Untergang nie geklärt werden. Allerdings wurden 1999 Wrackteile entdeckt und teilweise gehoben. Aufgrund des zeitlichen und örtlichen Zusammenhangs wurde im Hamburger Abendblatt über die Auswirkungen eines möglichen Seebebens im Raum Sizilien spekuliert. Um 7:59 Uhr wurde außerdem das seismographische Echo einer Explosion festgestellt, die vermutlich auf die Implosion der Hülle des Bootes zurückzuführen war.

Ein Mitglied der Untersuchungskommission des Untergangs der Minerve, Admiral Jean Cazenave, hielt ein Eindringen von Wasser durch Schnorchel oder Periskop für die wahrscheinliche Ursache des Unglücks. Aufgrund der Untersuchung wurden einige Vorkehrungen für den Bau von U-Booten verschärft: Unter Druck stehende Wasserleitungen durften nicht mehr in Elektrodepartments verlegt werden, die Trimmung des Bootes sollte rechnergesteuert kontrolliert werden, und atomgetriebene U-Boote mit ballistischen Raketen (frz. Sous-marins nucléaires lanceurs d’engins, SNLE, engl. SSBN) sollten große Druckluftbehälter im Bug mitführen, um ihnen zusätzlichen Auftrieb bei Havarien zu verleihen und so ein schnelles Abtauchen über den Bug zu verhindern.[9] Im September 2022 wird eine Konferenz zum Untergang der Minerve stattfinden.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Minerve (S647) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Historique du sous-marin Eurydice. In: netmarine.net. Abgerufen am 13. Juli 2019 (französisch).
  2. Nathalie Guibert: Le sous-marin argentin « San-Juan » a été retrouvé, pas le « Minerve ». In: lemonde.fr. 21. November 2018, abgerufen am 13. Juli 2019 (französisch).
  3. Nathalie Guibert: La marine va rechercher l’épave du sous-marin « Minerve ». In: lemonde.fr. 5. Februar 2019, abgerufen am 13. Juli 2019 (französisch).
  4. Les recherches de l'épave du sous-marin "La Minerve", disparu en 1968, ont repris. In: lexpress.fr. 4. Juli 2019, abgerufen am 9. Juli 2019 (französisch).
  5. a b Voici la technologie utilisée pour rechercher le sous-marin la Minerve. In: varmatin.com. 19. Juli 2019, abgerufen am 21. Juli 2019 (französisch).
  6. Un navire américain participe aux recherches du sous-marin «La Minerve». In: 20minutes.fr. 16. Juli 2019, abgerufen am 21. Juli 2019 (französisch).
  7. AFP: Frankreich: Französisches U-Boot mehr als 50 Jahre nach Verschwinden wiedergefunden. In: Die Zeit. 22. Juli 2019, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 22. Juli 2019]).
  8. Ocean Infinity Finds Long-Lost French Submarine. Abgerufen am 13. Februar 2020 (englisch).
  9. Aussagen von Cazenave auf privatem Blog