Montage (Literatur)

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Die Technik der literarischen Montage ([mɔnˈtaːʒə]) (anhören/?) ist eine Bezeichnung für das Zusammenfügen unterschiedlicher Texte oder Textteile, die unterschiedliche Inhalte beziehungsweise oft unterschiedliche Sprachebenen und -stile transportieren. Dies dient der Erzeugung von Überraschungsmomenten und der Annäherung an die moderne, immer komplizierter werdende Wirklichkeit. Nach Walter Benjamin unterbricht das Montierte den Zusammenhang, in den es gestellt ist.[1] Analog zur bildenden Kunst spricht man auch von Collage.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Montage entstammt unter anderem der Cento-Dichtung und dem Cross-Reading, sie ist bereits in der Literatur des Mittelalters nachweisbar. Seit der Literaturrevolution zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte sie sich zu einem literarischen Mittel in sämtlichen literarischen Gattungen, u. a.

und in zahlreichen Hörspielen.

Ähnlich wie die technischen Möglichkeiten des Films, der mit Voraus- und Rückblende, mit Einstellungsgrößen oder Schnittverfahren räumliche und zeitliche Gegensätze herausarbeitet, haben literarische Montagen unterschiedliche Funktionen. Benn strebte durch seine Montagen aus Fachsprache und Jargon eine artistische Totalität des Bewusstseins an; der dadaistischen Kunst ging es bei der Verbindung von Werbe-, literarischer und Umgangssprache vor allem um eine ästhetische Provokation, die das Publikum schockieren sollte; das epische Theater von Bertolt Brecht zielte damit vor allem auf die Konfrontation, die den Verfremdungseffekt herausfordert; in der Romanprosa schließlich sollen verschiedene Bereiche der Wirklichkeit oder deren Wahrnehmung simultan erfahrbar erscheinen. Gemeinsam ist den Montageverfahren eine assoziative Verknüpfung der unterschiedlichen Handlungs- und Bewusstseinsebenen.

Bis zur Mitte der 1960er Jahre wurden die Begriffe Montage und Collage synonym benutzt. Danach setzte sich als Vereinheitlichung zu anderen Kunstformen (Juan Gris in der Malerei, Bernd Alois Zimmermann in der Musik) allmählich der Collage-Begriff durch. Der Realitätsbezug durch die Verwendung von Alltagstexten wurde eher hervorgehoben. Auch in der Literatur des Surrealismus, Futurismus, des Konstruktivismus und des Sozialistischen Realismus wurden Montagetechniken wirksam. Der Begriff wurde ebenfalls für philosophische Schriften benutzt, u. a. bei Ernst Bloch (Montage im Hohlraum) und Julia Kristeva.

Eine weitere Form der Montage, die den Zufall miteinbezieht, ist der Cut-up, der von den Autoren der Beat Generation und im deutschsprachigen Raum unter anderem von Jürgen Ploog und Carl Weissner bevorzugt wurde.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Peter Szondi: Die Theorie des modernen Dramas. Zürich 1956
  • Johannes Leclerque: Montage in der zeitgenössischen deutschen Lyrik. (Dissertation) Wien 1961
  • Heinz Otto Burger, Reinhold Grimm: Evokation und Montage. Drei Beiträge zum Verständnis moderner deutscher Lyrik. Göttingen 1961
  • Manfred Durzak: Zitat und Montage im deutschen Roman der Gegenwart. In: Manfred Durzak (Hrsg.): Die deutsche Literatur der Gegenwart. Aspekte und Tendenzen. Stuttgart 1971. ISBN 3-15-010198-0
  • Kerstin Schmitt: Poetik der Montage. Figurenkonzeption und Intertextualität in der „Kudrun“. Berlin 2002. ISBN 3-503-06142-8
  • Jean Antoine-Dunne: The montage principle. Eisenstein in new cultural and critical contexts. 2004 Amsterdam. ISBN 90-420-0898-9
  • Hanno Möbius: Montage und Collage. Literatur, bildende Künste, Film, Fotografie, Musik, Theater bis 1933. München: Wilhelm Fink 2000.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Walter Benjamin, „Der Autor als Produzent. Ansprache im Institut zum Studium des Fascismus in Paris am 27. April 1934“, in: Gesammelte Schriften. Zweiter Band. Zweiter Teil, herausgegeben von Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser. Suhrkamp, Frankfurt/Main 1982, 2. Auflage der Einzelausgabe 1989, ISBN 3-518-57307-1, S. 683–701, S. 696