Natriumamid

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Strukturformel
Struktur von Natriumamid
Allgemeines
Name Natriumamid
Andere Namen

Natriumazanid

Summenformel NaNH2
Kurzbeschreibung

grauweißer Feststoff mit ammoniakartigem Geruch[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 7782-92-5
EG-Nummer 231-971-0
ECHA-InfoCard 100.029.064
PubChem 24533
Wikidata Q188260
Eigenschaften
Molare Masse 39,01 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,39 g·cm−3[1]

Schmelzpunkt

210 °C[1]

Siedepunkt

400 °C[1]

Löslichkeit

Zersetzung in Wasser[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 260​‐​314​‐​400
EUH: 014​‐​019​‐​029
P: 231+232​‐​280​‐​301+330+331​‐​303+361+353​‐​305+351+338​‐​310[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Natriumamid ist eine chemische Verbindung aus der Stoffgruppe der Metallamide.

Darstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Natriumamid ist im Labormaßstab aus metallischem Natrium und flüssigem Ammoniak in Gegenwart von Eisen(III)-Ionen unter Freisetzung von Wasserstoff darstellbar.[2][3]

Ohne Eisenkatalysator wird nicht das Amid gebildet (anders als bei der analogen Synthese von Natriumhydroxid aus Natrium und Wasser), stattdessen kommt es zur Solvatisierung des 3s-Valenzelektrons des Natrium im Ammoniak. Die freien Elektronen führen zu einer tiefen Blaufärbung der Lösung, die gewissermaßen als ammoniakalische Lösung des hypothetischen „Salzes“ Na+e aufgefasst werden. Dampft man die Lösung ein, wird Na+ wieder zum Element reduziert, die Ausbeute an NaNH2 beläuft sich so nur auf weniger als 0,5 %.

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Natriumamid ist ein farbloser, hygroskopischer Feststoff.[4] Es ist eine sehr starke Base, die sich zur Deprotonierung nur schwach acider Verbindungen eignet.

Reaktionsverhalten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit Wasser reagiert Natriumamid heftig zu Natriumhydroxid und Ammoniak.[2] Die Heftigkeit der Reaktion ist vergleichbar mit der von Natrium und Wasser.[4]

Durch Luftsauerstoff wird Natriumamid langsam oxidiert, wobei sich zum Teil explosive Reaktionsprodukte wie Natriumhyponitrit, Natriumtrioxodinitrat, Natriumtetraoxodinitrat sowie höhere Peroxonitrate bilden.[4] Die Oxidationsprodukte sind hochgradig reib- und schlagempfindlich. Schon einfache Mahlungs-, Zerkleinerungs- und Umfüllarbeiten können zu heftigen Explosionen führen.[4] Die Bildung von instabilen Oxidationsprodukten ist an der Verfärbung des Stoffes zu erkennen.[4] Es empfiehlt sich daher die Verbindung in einer Schutzflüssigkeit (Petroleum) aufzubewahren oder besser sofort zu verbrauchen. Alte, oxidierte Präparate sind nicht mehr brauchbar und müssen unter angemessenen Vorsichtsmaßnahmen entsorgt werden.[4]

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Natriumamid wird in der Organischen Chemie als starke Base zur Deprotonierung wenig acider Verbindungen eingesetzt. So können zum Beispiel die stark gespannten Arine durch Umsetzung von Brombenzolderivaten mit Natriumamid durch eine E1cb-Reaktion erhalten werden. Seltener wird Natriumamid auch zur Deprotonierung von Alkoholen oder terminalen Alkinen verwendet.

So kann aus Acetylen durch Deprotonierung gewonnenes Natriumacetylid zur Alkinylierung eingesetzt werden. Da Natriumamid sterisch wenig anspruchsvoll ist, wird es auch zur Deprotonierung von sterisch schlecht zugänglichen Protonen eingesetzt.
Des Weiteren kann es zur Herstellung von Natriumazid verwendet werden.[5]

Als Nukleophil fungiert es in der Tschitschibabin-Reaktion, in der es nukleophil an einem Pyridin­ring unter Bildung von Amino­pyridinen angreift.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • K. Peter C. Vollhardt und Neil E. Schore: Organische Chemie 3. Auflage. Wiley-VCH, 2000, ISBN 3-527-29819-3.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g Eintrag zu Natriumamid in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 8. Januar 2021. (JavaScript erforderlich)
  2. a b Jander, Blasius, Strähle: Einführung in das anorganisch-chemische Praktikum. 14. Auflage. Hirzel, Stuttgart 1995, ISBN 978-3-7776-0672-9, S. 204–205.
  3. G. Brauer (Hrsg.): Handbook of Preparative Inorganic Chemistry 2nd ed., vol. 1, Academic Press 1963, S. 465–8.
  4. a b c d e f Roth/Weller: Gefährliche Chemische Reaktionen, Ergänzungslieferung 08/2007, ecomed SICHERHEIT, Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm, Landsberg/Lech
  5. Eintrag zu Natriumamid. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 3. Februar 2018.