Ragnar Lodbrok

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Ragnar Lodbrok (Regner Lothbrog, latinisiert Regnerus, altnordisch Ragnarr Loðbrók) war ein Wikinger und König in Dänemark, der im frühen 9. Jahrhundert gelebt haben soll. Er ist ein Held in der nordischen Vorzeitsagaliteratur (fornaldarsaga) und soll unter anderem Vater von Sigurd, Björn, Hálfdan, Ivar und Ubba Ragnarsson[1] gewesen sein. Die historische Existenz Ragnars ist in der Forschung jedoch umstritten.

Der historische Ragnar[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Über den historischen Ragnar Lodbrok sind nur wenige Fakten bekannt; bereits seine Existenz ist nicht gesichert. Eventuell handelte es sich bei Ragnar und Lodbrok sogar um zwei verschiedene Personen,[2] die in der späteren Überlieferung vermischt wurden.

Historisch gesichert für die in Frage kommende Zeit, die erste Hälfte des 9. Jahrhunderts, ist ein Wikingerführer, der 845 Paris im Westfrankenreich überfiel. In fränkischen Quellen wird er namentlich als Reginheri erwähnt. Er wird oft mit Ragnar Lodbrok gleichgesetzt, diese Identifizierung ist in der Forschung allerdings teilweise umstritten.[3] Reginheri dürfte jedoch wahrscheinlich den historischen Kern für die Figur des Ragnar Lodbrok in der späteren nordischen Sagaliteratur darstellen. Versuche, Ragnar mit einem Wikingeranführer gleichzusetzen, der in irischen Annalen erwähnt wird, sind problematischer. Wenn, dann muss dies vor 845 gewesen sein, denn den Annalen von Xanten zufolge verstarb Reginheri kurz nach dem Überfall von 845 und kann somit später nicht mehr in Irland aktiv gewesen sein.

In der Angelsächsischen Chronik und in irischen Annalen tritt Ivar Ragnarsson, angeblich ein Sohn Ragnars, als bedeutender Wikingerführer in Erscheinung.[4] Vater und Sohn erscheinen in der nordischen Sagaliteratur als legendäre Heldengestalten. Allerdings ist es keineswegs sicher, dass Ivar und seine Brüder tatsächlich die Söhne eines historischen Ragnars waren.[5]

Ragnar in der nordischen Überlieferung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Überblick[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ragnar Lodbrok in der Schlangengrube. Aus Hugo Hamilton (1830): Teckningar ur Skandinaviens Äldre Historia.

In der isländischen Ragnars saga lodbrokar erscheint Ragnar als Sohn vornehmer Abstammung aus Dänemark. Dort und bei Saxo Grammaticus (Buch 9 der Gesta Danorum) bedeutet der Beiname LodbrokLodenhose“ und bezieht sich auf die Kleidung, die Ragnar beim Kampf mit einer Art Lindwurm angelegt hat, um sich vor den giftigen Bissen zu schützen. Er erschlägt den Lindwurm – bei Saxo zwei riesige Giftschlangen –, wodurch sein Ruhm zunimmt.[6][7] Er wird schließlich selbst ein mächtiger König in Dänemark. Sowohl bei Saxo als auch in der Saga stirbt Ragnar in der Schlangengrube des northumbrischen Königs Ælle (Elli[8] bzw. Hella).[9]

Rory McTurk hat jedoch darauf hingewiesen, dass der Name Lodbrok sich vielleicht auf eine weibliche Person (Lodbroka) bezog und erst später irrigerweise auch auf einen historischen Ragnar (den oben erwähnten Wikingerführer) bezogen wurde.[10] Ragnar Lodbrok wäre hiernach keine historisch existierende Person, sondern das Ergebnis einer Vermischung unterschiedlicher Erzählungen in der folgenden Überlieferung, was auch viele Widersprüchlichkeiten erklären würde.

Ragnars Frauen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ragnar empfängt Kraka. Darstellung von August Malmström.

Die Zahl und Namen von Ragnars Frauen unterscheiden sich in der Saga und bei Saxo Grammaticus. Laut Saxo heiratet Ragnar dreimal: zunächst Lathgertha, dann Thora und schließlich Suanlogha. Lathgertha wird in der Saga nicht genannt. Ihre auffälligsten Merkmale sind ihre kriegerischen Fähigkeiten und ihr prächtiges langes Haar. Sie ist Mutter des Sohnes Fridlevus, der keine große Rolle spielt, und zweier Töchter, deren Namen nicht genannt werden.[11] Ragnar verlässt Lathgertha zugunsten von Thora.[12] Ragnars Frau Thora tritt sowohl bei Saxo als auch in der Saga auf. Ihre Darstellung stimmt in beiden Versionen weitestgehend überein.[13][14]

Suanlogha taucht nur in Saxos Version auf als Ragnars dritte Frau, mit der er nach Lathgertha und Thora verheiratet ist. Sie spielt nur eine geringe Rolle und wird nur zweimal erwähnt. Sie ist bei Saxo die Mutter von Regnaldus, Vithsercus und Ericus, die alle drei auch in der Saga vorkommen.[15] Vielleicht besteht eine Verbindung zwischen Suanlogha und Aslaug, einer weiteren Frau Ragnars, die bei Saxo nicht vorkommt.

Aslaug mit dem Beinamen Kráka (isländisch „Krähe“) ist in der Ragnarssaga Ragnars zweite Frau nach Thora und die eigentliche Hauptfigur der Ragnarssaga.[16] In der Ragnarssaga wie auch der Völsunga saga ist sie Tochter des Drachentöters Sigurd (Sigurdh) und der Brynhild, wächst aber bei Heimir in Hlindalir auf.[17][18][19] Sie wird von Ragnar schwanger und gebiert einen Knaben, der wie die Völsungen das Zeichen eines Lindwurms in den Augen (Schlange im Auge) trägt, weshalb er nach Aslaugs Vater den Namen Sigurd(h) erhält. So wusste jeder, dass Aslaug wirklich Sigurds und Brynhilds Tochter war.[20]

Ragnars Söhne[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

König Ælles Sendboten vor Ragnar Lodbroks Söhnen. Gemälde von August Malmström aus dem Jahre 1857. Öl auf Leinwand, Norrköpings Kunstmuseum
  • Eirekr ist in der Saga der Sohn von Thora, bei Saxo der von Suanlogha.
  • Björn ist in der Saga der Sohn Aslaugs, bei Saxo der Suanloghas.
  • Sigurd Schlangenauge, dessen Beiname fälschlich als eine schlangenförmige Narbe um ein Auge herum interpretiert wurde, gemeint ist damit jedoch, dass er den durchdringenden Blick einer Schlange hatte. Dieser Blick ist ein Kennzeichen der Völsungen, das Sigurd beispielsweise mit Aslaugs Halbschwester Svanhild teilt.
  • Ivar wird in der Saga als Sohn von Ragnar und Aslaug erwähnt. Er wird auch beinlauss genannt, „knochenlos“ oder „beinlos“. Rory McTurk weist im Zusammenhang mit Ivars Beinamen darauf hin, dass dieser womöglich falsch interpretiert werde. „Knochenlos“ sei demnach in einigen norwegischen Erzählungen eine Bezeichnung für Wind, sodass damit Ivars Fähigkeiten als Navigator gemeint sein können.[21]
  • Hvitserk wurde bei Saxo als Sohn Ragnars bezeichnet. Er herrschte über das Fürstentum Hellespont, wohl am Rigaer Meerbusen. Die Ragnars Saga loðbrókar nennt ihn als einen von vier Söhnen Ragnars und Aslaugs. Er soll nach dem Tod des Vaters über Reidagotland (Jütland) und Wendland (slawisches Gebiet) geherrscht haben.
  • Ubba und
  • Halfdan werden als weitere Söhne Ragnars erwähnt.

Adaptation in Medien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ragnar Lodbrok ist Hauptperson in Edison Marshalls 1951 erschienenem Roman The Viking,[22] der 1958 vom Regisseur Richard Fleischer nach einem Drehbuch von Dale Wasserman und Calder Willingham unter dem Titel The Vikings (deutsch: Die Wikinger) verfilmt wurde. Die Rolle Ragnars wird hier von Ernest Borgnine gespielt. Auch in der kanadisch-irischen Fernsehserie Vikings von 2013 steht der von Travis Fimmel gespielte Ragnar Lodbrok im Mittelpunkt, wobei aber zahlreiche fiktionale Elemente eingearbeitet sind. Die Roman-Trilogie Hammer und Kreuz von Harry Harrison und John Holm beginnt mit Ragnars Hinrichtung in der Schlangengrube.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Rory McTurk: Studies in „Ragnars saga loðbrókar“ and Its Major Scandinavian Analogues. Oxford 1991.
  • Rory McTurk: Ragnarr Lodbrok in the Irish Annals? In: Proceedings of the Seventh Viking Congress. Dublin 1976, S. 93–123.
  • Elizabeth Ashman Rowe: Vikings in the West. The Legend of Ragnarr Loðbrók and His Sons. Wien 2012.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Ragnar Lodbrok – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Jackson Crawford: The Saga of the Volsungs: With the Saga of Ragnar Lothbrok. Indianapolis 2017, ISBN 978-1-62466633-9.
  2. Vgl. Rory McTurk: Ragnarr Lodbrok in the Irish Annals? In: Proceedings of the Seventh Viking Congress. Dublin 1976, S. 94.
  3. Vgl. Rory McTurk: Ragnarr Lodbrok in the Irish Annals? In: Proceedings of the Seventh Viking Congress. Dublin 1976, S. 93ff.
  4. Marios Costambeys: Ívarr [Ívarr inn Beinlausi]. In: Oxford Dictionary of National Biography. Bd. 29 (2004), S. 443–445.
  5. Vgl. allgemein Rory McTurk: Ragnarr Lodbrok in the Irish Annals? In: Proceedings of the Seventh Viking Congress. Dublin 1976, S. 121f.
  6. Friedrich Heinrich von der Hagen (Hrsg.), 1828: Ragnar-Lodbroks-Saga, S. 6–8.
  7. Gesta Danorum 9.4.8 (p. 253,10). (1) Cuius cultum rex curiosius contemplatus, cum hirtum atque hispidum animadvertisset, praecipue tamen occiduae vestis horrorem maximeque incomptam braccarum speciem eludens, Lothbrog eum per ludibrium agnominavit.
  8. Friedrich Heinrich von der Hagen (Hrsg.), 1828: Ragnar-Lodbroks-Saga, S. 80f.
  9. Gesta Danorum 9.4.38 (p. 262,7). (3) Comprehensus enim atque in carcerem coniectus, noxios artus colubris consumendos advertit atque ex viscerum suorum fibris tristem viperis alimoniam praebuit.
  10. Vgl. Rory McTurk: Studies in „Ragnars saga loðbrókar“ and Its Major Scandinavian Analogues. Oxford 1991, S. 23ff.
  11. Gesta Danorum 9.4.2 – 9.4.3.
  12. Gesta Danorum 9.4.4.
  13. Gesta Danorum 9.4.4, 9.4.13, 9.4.20.
  14. Friedrich Heinrich von der Hagen (Hrsg.), 1828: Ragnar-Lodbroks-Saga, S. 3, 8, 12, 13, 17, 23, 24.
  15. Gesta Danorum 9.4.17, 9.4.34.
  16. Friedrich Heinrich von der Hagen (Hrsg.), 1828: Ragnar-Lodbroks-Saga, S. 15–28, 37f., 50–59, 73–79.
  17. Friedrich Heinrich von der Hagen (Hrsg.), 1828: Ragnar-Lodbroks-Saga, S. 39.
  18. Die Saga von den Völsungen - Teil 8 (Memento vom 10. August 2014 im Internet Archive). Thule - Altnordische Dichtungen und Prosa, Band 21 - Isländische Heldenromane. (Online bei Manfrieds Trelleborg Niewergin (Memento vom 10. August 2014 im Internet Archive), Manfred Lohmann.)
  19. Snorri Sturluson: Die Niflungen und Giukungen (Memento vom 10. August 2014 im Internet Archive). Übersetzung von Karl Joseph Simrock. (Online bei Manfrieds Trelleborg Niewergin (Memento vom 10. August 2014 im Internet Archive), Manfred Lohmann.)
  20. Friedrich Heinrich von der Hagen (Hrsg.), 1828: Ragnar-Lodbroks-Saga, S. 41f.
  21. Rory McTurk: Studies in „Ragnars saga loðbrókar“ and Its Major Scandinavian Analogues. Oxford 1991, S. 40f.
  22. Edison Marshall: The Viking. Farrar, Straus and Young, New York 1951, 380 Seiten (englisch).