Rheinstraße (Berlin)
Die Rheinstraße liegt im Ortsteil Friedenau des Berliner Bezirks Tempelhof-Schöneberg. Sie hat eine Länge von rund einem Kilometer und stellt als Ein- und Ausfallstraße die Verbindung zwischen der Innenstadt und den südwestlichen Bezirken Berlins her. Der Teil der ehemaligen Provinzialchaussee Berlin-Potsdam wurde 1875 wegen der Verbindung zwischen Berlin und dem Rhein umbenannt. Die Straße war Teil der seinerzeitigen Reichsstraße Nr. 1 und später der Bundesstraße 1.
Einige der hier ansässigen Gewerbetreibenden, die sich in der „Rheinstraßen-Initiative“ zusammengeschlossen haben, veranstalten gemeinsame Werbeaktionen und zweimal im Jahr (jeweils im Frühjahr und im Herbst) das Rheinstraßen-Fest, das sich als Straßenfest über das jeweilige Wochenende hinzieht und bei dem die gesamte Rheinstraße für den Durchgangsverkehr gesperrt wird. Dieses Fest wird von einigen Bewohnern und Gewerbetreibenden kritisch betrachtet, weil es nicht dem tatsächlichen Niveau der Rheinstraße entspreche.
Verlauf
Von Süden nach Norden ergibt sich folgender Verlauf:
Die Hauptstraße beginnt am Walther-Schreiber-Platz, führt über die Kaisereiche und endet am Breslauer Platz. Die Rheinstraße besitzt über ihre gesamte Länge einen Mittelstreifen, der bis in die 1960er-Jahre der dort fahrenden Straßenbahn als Trasse diente und heute zwischen Walther-Schreiber-Platz und Kaisereiche für PKW-Parkbuchten genutzt wird. Zwischen Kaisereiche und Breslauer Platz ist diese ehemalige Trasse begrünt. In ihrem gesamten Verlauf wird die Rheinstraße von den Metrobuslinien M48 und M85 durchfahren. Parallel zur Rheinstraße verläuft ca. 350 Meter östlich die S-Bahnlinie 1, die auch als Wannseebahn bekannt ist.
Vom Walther-Schreiber-Platz zur Kaisereiche
Die Rheinstraße beginnt am Walther-Schreiber-Platz. Hier setzt sie die aus Steglitz kommende Schloßstraße fort. Der Walther-Schreiber-Platz nimmt als Verkehrsknotenpunkt eine wichtige Aufgabe wahr. Hier münden die folgenden Straßen zusammen:
- Rheinstraße,
- Schloßstraße,
- Bundesallee,
- Schöneberger Straße
- Bornstraße und
- Gutsmuthsstraße.
Der ursprüngliche Platz wurde anlässlich des Baus der U-Bahn-Linie U9 im Jahr 1971 umgebaut. Hierbei wurden die Busspuren und die Taxi-Wartespur auf die Platzmitte verlegt. Im Zusammenhang mit dem Neubau des Ende März 2007 neu eröffneten Schloss-Straßen-Centers (SSC) wurde der Platz so umgebaut, dass die Busse nunmehr wieder am Straßenrand halten. An der spitzen Ecke zwischen Bundesallee und Rheinstraße (dem sogenannten „Rheineck“) befindet sich das denkmalgeschützte Gebäude, in dem sich das Bekleidungsgeschäft der Firma Ebbinghaus befand, das traditionell seinen Stammsitz in Friedenau hatte (bis 1962 hatte es sein Domizil in der Nied- Ecke Lauterstraße am Breslauer Platz, also am anderen Ende der Rheinstraße). In diesem Gebäude ist heute ein Ärztehaus ansässig.
Dem Straßenverlauf folgend haben sich diverse Einzelhandelsgeschäfte angesiedelt, die eine gesunde Mischung und damit eine relativ gute Infrastruktur für Friedenau und das benachbarte Steglitz darstellen. Auf der östlichen Seite der Rheinstraße sieht man hinter der Peschkestraße auf den sogenannten „Goerz'schen Höfen“ das Firmengelände der seit 1886 in der Rheinstraße 45/46 ansässigen ehemaligen Optischen Anstalt C. P. Goerz. Goerz war für seine beispielhaften freiwilligen sozialen Leistungen gegenüber seinen Arbeitern und Angestellten bekannt. Hier wurden Fotoapparate, Objektive und Fernrohre gefertigt. Die Backsteingebäude des weitläufigen Gewerbehofs mit dem weit aufragenden Fabrikschornstein entstanden im Stil der nachempfundenen Renaissance und Gotik in mehreren Bauabschnitten zwischen 1897 und 1916 durch die Architekten Paul Egeling, Waldemar Wendt, Emil Schmidt, Albert Paeseler und P. Mitnacht. Ab 1926 übernahm die Zeiss-Ikon-AG das Werksgelände und stellte hier Präzisionsgeräte her.[1] Der Gewerbehof kann von der auf der Rückseite verlaufenden Holsteinischen Straße besichtigt werden, da von der Rheinstraße aus kein Gesamteindruck der Anlage entsteht. Im zweiten großen Hof, Eingang Rheinstraße, befindet sich ein großes Umlenkrad von einem Lastenaufzug als Industriedenkmal. Eine große, mit Stahlblech verkleidete und überdachte Bühne auf einem Gebäude im hinteren Teil des Gewerbehofs hatte den Goerz-Werken gedient. Heute sind auf dem Grundstück verschiedene Gewerbebetriebe und Büros angesiedelt.
200 Meter nach der Kreuzung der Roenneberg- Ecke Dickhardtstraße erreicht man die Kaisereiche, einen Platz, an dem eine Eiche steht, die am 22. März 1879 zu Ehren von Kaiser Wilhelm I. anlässlich der Goldenen Hochzeit mit seiner Frau Augusta sowie seines 82. Geburtstags gepflanzt wurde. Die Eiche musste am 10. November 1883 ersetzt werden, weil der ursprünglich gepflanzte Baum aus Protest gegen die seinerzeitigen Sozialistengesetze des Reichskanzlers Bismarck stark beschädigt wurde. Kurz vor der Kaisereiche befand sich in der Rheinstraße 21 ehemals ein Kino, die Hohenzollern-Lichtspiele.
An der Kaisereiche münden die folgenden Straßen zusammen:
- Rheinstraße,
- Schmiljanstraße,
- Moselstraße,
- Illstraße und
- Saarstraße.
Ehemals wurde der Platz als Rondell bezeichnet. In den offiziellen Straßenverzeichnissen des zuständigen Bezirksamts Tempelhof-Schöneberg gibt es keine Kaisereiche. Allerdings wird die BVG-Bushaltestelle in unmittelbarer Nähe der Verkehrsinsel so genannt. Ebenso heißt der in der Rheinstraße befindliche Taxistand „Kaisereiche“.
Von der Kaisereiche zum Breslauer Platz
Von der Kaisereiche führt die Rheinstraße weiter zum Breslauer Platz. Auch hier stellt die Infrastruktur der ansässigen Gewerbetreibenden eine gute Möglichkeit des Einkaufens dar. Hervorzuheben ist auf diesem Teilstück das traditionsreiche Geschäft des Juweliers Lorenz, das in der Rheinstraße 59 seit 1874 mittlerweile in der fünften Generation betrieben wird sowie die Nicolaische Buchhandlung in der Rheinstraße 65, die als renommierte und traditionsreiche Institution seit 1929 hier existiert. Auf diesem Teilstück befanden sich bis in die 1960er-Jahre zwei Kinos: Die Rheinschloß-Lichtspiele in der Rheinstraße 60 (heute ein Aldi-Markt) und die Kronen-Lichtspiele in der Rheinstraße 65 (bis 2006 ein Plus-Markt)
Am Breslauer Platz endet die Rheinstraße und geht in die Hauptstraße über. Hier münden die folgenden Straßen zusammen:
- Rheinstraße,
- Hauptstraße,
- Dickhardtstraße,
- Hedwigstraße,
- Schmargendorfer Straße,
- Lauterstraße und
- Niedstraße.
Die Niedstraße ist auch als Friedenauer „Literaturmeile“ bekannt, weil in dieser Straße zahlreiche Schriftsteller und Literaten – darunter Erich Kästner und der Literaturnobelpreisträger Günter Grass – lebten und wirkten.
Dominierend am Breslauer Platz ist das zwischen 1913 und 1917 vom Architekten Hans Altmann im Jugendstil erbaute Rathaus Friedenau. Auf dem Platz findet seit 1881 noch immer regelmäßig mittwochs, donnerstags und samstags ein Wochenmarkt statt.
Literatur
- Gudrun Blankenburg: Friedenau – Künstlerort und Wohnidyll. Die Geschichte eines Berliner Stadtteils. 120 Seiten mit mehr als 200 farbigen Abbildungen und Register sowie beiliegender Denkmalkarte von Friedenau. Frieling Verlag Berlin 2006. ISBN 3-8280-2350-9 (10-stellig) bzw. ISBN 978-3-8280-2350-5 (13-stellig),
- Alfred Bürkner: Friedenau – Straßen, Häuser, Menschen. Stapp-Verlag, Berlin 1996, 232 Seiten, ISBN 3-87776-065-1,
- Christel und Heinz Blumensath: Das andere Friedenau – Spaziergänge durch 125 Jahre Kunst-, Literatur- und Baugeschichte. Bezirksamt Schöneberg zu Berlin 1996,
- Hermann Ebling: Friedenau. Aus dem Leben einer Landgemeinde, 1871–1924. Zinsmeister und Grass, Berlin 1986. ISBN 3-9801-3090-8
- Hermann Ebling, Evelyn Weissberg: Friedenau erzählt: Geschichten aus einem Berliner Vorort – 1871 bis 1914, edition Friedenauer Brücke, Berlin 2007. ISBN 978-3-9811242-1-7
- Stefan Eggert: Spaziergänge in Schöneberg aus der Reihe Berlinische Reminiszenzen (Nr. 78), Verlag Haude & Spener, Berlin 1997, ISBN 3-7759-0419-0,
- Peter Lemburg, Gabriele Schulz, Dietrich Worbs: Denkmale in Berlin, Bezirk Schöneberg, Ortsteil Friedenau aus der Reihe Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland herausgegeben vom Landesdenkmalamt Berlin und vom Bezirksamt Schöneberg von Berlin. Verlag Willmuth Arenhövel, Berlin 2000, ISBN 3-922912-52-4.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Spaziergänge in Schöneberg, S. Eggert, S. 58
Koordinaten: 52° 28′ 8″ N, 13° 19′ 58″ O