Sporthaus Ziegenhals
Das Sporthaus Ziegenhals war eine Gaststätte an der Dahme im Niederlehmer Teil von Ziegenhals im Landkreis Dahme-Spreewald, die in der Denkmalliste des Landes Brandenburg verzeichnet war und 2010 abgerissen wurde.[1]
Bedeutung erlangte sie, weil Ernst Thälmann dort am 7. Februar 1933 das letzte Mal vor seiner Verhaftung als Redner auf einer Versammlung von Funktionären der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) sprach.
Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Tagung der KPD 1933[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Am 4. Februar 1933 erließ die Hitler-Regierung die Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Volkes, woraufhin die KPD-Führung mit einem polizeilichen Verbot aller ihrer Veranstaltungen oder noch Schlimmerem rechnen musste. So fand die vom ZK der KPD einberufene Tagung der politischen Sekretäre, ZK-Instrukteure und Abteilungsleiter der Partei, an der etwa 40 führende Funktionäre teilnahmen, bereits unter erschwerten Bedingungen im Sporthaus Ziegenhals statt. Auf dem von Herbert Wehner vorbereiteten Treffen sprach Thälmann zu der am 5. März 1933 bevorstehenden Reichstagswahl. Ziel der Versammlung war die Abstimmung des weiteren Vorgehens angesichts der neuen politischen Situation.[2] Originalmanuskript oder Stenogramm der Rede sind nicht erhalten. Teile konnten aus Akten der Gestapo rekonstruiert werden.
Es war Thälmanns letzter bedeutender Auftritt als Parteiführer. Am 3. März 1933 verhaftete ihn die Polizei in Berlin. Zahlreiche weitere Teilnehmer kamen in Konzentrationslager oder wurden während der Naziherrschaft ermordet; andere, wie Wilhelm Pieck und Walter Ulbricht, gelangten nach dem Krieg in führende Positionen der DDR.
Gedenkstätte in der DDR[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Am 7. Februar 1953 wurde das Gebäude von Wilhelm Pieck als Gedenkstätte eingeweiht,[3] deren Besuch in der DDR zum Pflichtprogramm für viele Junge Pioniere und FDJ-Angehörige wurde.
Nach 1990[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Seit 1991 war die TLG Immobilien Eigentümer der Immobilie und verpachtete die Gaststätte. Das Inventar der Gedenkstätte wurde dem 1990 gegründeten Freundeskreis „Ernst Thälmann Gedenkstätte“ e.V., Ziegenhals in eine freie Trägerschaft übergeben.
1997 kündigte die TLG Immobilien den Pächtern und plante die Schließung der Gaststätte. 2002 wurde das Grundstück von der TLG versteigert; das Brandenburger Verfassungsgericht wies eine Beschwerde des Freundeskreises ab und der neue Eigentümer führte im Mai 2010 den Abriss des Sporthauses Ziegenhals durch, um das Grundstück als Baugrund zu nutzen.[4][5] Initiatoren organisierten den Kauf eines Teilgrundstücks auf dem Gelände und einen Gedenkstein aus Spenden.[6] Am 10. Februar 2013 wurde der Gedenkstein mit der Inschrift 7. Februar 1933. Illegale Tagung der KPD im Sporthaus Ziegenhals unter der Leitung ihres Vorsitzenden Ernst Thälmann. Beginn des organisierten Widerstandes gegen die Naziherrschaft. eingeweiht. Das Motorboot „Charlotte“, mit dem ein Teil der Tagungsteilnehmer Ziegenhals verließ, wurde 2016 an die Antifaschistische Erholungs- und Begegnungsstätte Heideruh in Buchholz in der Nordheide übergeben.[7][8]
Teilnehmer der Konferenz im Sporthaus Ziegenhals[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Karl Barthel
- Bernhard Bästlein
- Hans Beimler
- Willi Bohn
- Jakob Boulanger
- Albert Buchmann
- Franz Dahlem
- Philipp Daub
- Hermann Dünow (Mitorganisator)
- Wilhelm Florin
- Otto Franke (Mitorganisator)
- Fritz Große
- Ernst Grube
- Georg Ulrich Handke
- Lambert Horn
- Walter Kaßner
- Hans Kippenberger
- Wilhelm Koenen
- Arthur Lange (Mitorganisator)
- Albert Kuntz
- Hermann Matern
- Paula Mörschel (Mitorganisatorin)
- Wilhelm Mörschel (Mitorganisator)
- Theodor Neubauer
- Michael Niederkirchner
- Max Opitz
- Hans Pfeiffer
- Wilhelm Pieck
- Siegfried Rädel
- Rudolf Renner
- Augustin Sandtner
- John Schehr
- Ernst Schneller
- Georg Schumann
- Fritz Selbmann
- Robert Stamm
- Franz Stenzer
- Walter Stoecker
- Paul Suhr
- Ernst Thälmann
- Mathias Thesen
- Lisa Ullrich
- Walter Ulbricht
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Eintrag in der Denkmaldatenbank des Landes Brandenburg: Reste der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte im „Sporthaus Ziegenhals“, bestehend aus Motorboot „Charlotte“ und Inventar der ehemaligen Gedenkstätte (deponiert) in der Denkmaldatenbank des Landes Brandenburg
- Ernst-Thälmann-Gedenkstätte Ziegenhals
- www.sozialistische-gedenkstaetten.de (mit Bildern der Gedenkstätte)
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Denkmalliste des Landes Brandenburg (Memento des Originals vom 23. September 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , Stand: 30. Dezember 2009, Landkreis Dahme-Spreewald (pdf; 210 kB)
- ↑ Hier sprach Thälmann zum letzten Male auf einer Tagung. In: Neue Zeit, 20. März 1976, S. 7; online.
- ↑ Wir erfüllen Ernst Thälmanns Vermächtnis. In: Neues Deutschland, 8. Februar 1953, S. 1; online.
- ↑ Offenbar Brandanschlag am Thälmann-Denkmal verhindert Der Tagesspiegel
- ↑ Gedenkstätte fast plattgemacht
- ↑ Die Wahrheit über Ziegenhals
- ↑ Ein neuer Hafen für »Charlotte«, nd-aktuell, 16. Juli 2016
- ↑ Pressemitteilung des Freundeskreises Ziegenhals
- ↑ Teilnehmer an der Tagung des ZK der KPD am 7. Februar 1933
Koordinaten: 52° 20′ 53,6″ N, 13° 39′ 46,5″ O