Stadtplan

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Stadtplan von Stavanger (Norwegen)

Ein Stadtplan ist eine großmaßstäbige thematische Karte einer Stadt (oder auch Teil einer Stadt) zum Zweck einer möglichst schnellen Orientierung in einem urbanen Raum. Die Darstellung ist daher überwiegend grafisch stark vereinfacht und auf allgemeinverständliche Signaturen reduziert. Je nach Zielgruppe beinhaltet ein Stadtplan neben dem Verkehrsnetz auch andere wichtige Zusatzinformationen - wie zum Beispiel Sehenswürdigkeiten oder öffentliche Einrichtungen.

Inhalt und Gestaltung

Der Maßstabsbereich von Stadtplänen liegt meist zwischen 1:10 000 und 1:25 000. Dichte Innenstadtbereiche werden teilweise auch in größeren Maßstäben auf separaten Detailkarten gezeichnet. Neben der maßstabsgetreuen Darstellung gibt es auch Stadtpläne mit variablem Maßstab, bei denen der Maßstab zum Stadtzentrum hin zunimmt (Fischaugen-Projektion).

Zentrale Information des Stadtplans ist das Straßennetz mit Straßennamen (häufig ergänzt durch einzelne Hausnummern), die Bebauung, Grünflächen und Gewässer. Straßen und interessante Orte werden üblicherweise zusätzlich in einem Register aufgelistet, welches die Objekte über ein Suchgitter in der Karte verortet. Wichtige Punkte wie Verwaltungsgebäude, kulturelle Einrichtungen, Sehenswürdigkeiten etc. werden mit Hilfe bildhafter Piktogramme hervorgehoben. Ergänzt wird der Stadtplan durch die Darstellung des öffentlichen Personennahverkehrs und des Schienenverkehrs.

Geschichte

Alter Orient

Bereits im Alten Orient fertigte man Tontafeln mit maßstabsgerechten, kartografischen Darstellungen von Städten. Ausgrabungen der sumerischen Stadt Nippur brachten ein Fragment eines etwa 3500 Jahre alten Stadtplans zu Tage, welcher mitunter auch als ältester bekannter Stadtplan bezeichnet wird.[1][2] Die Tontafel zeigt den Tempel Enlils, einen Stadtpark, die Stadtmauer mit Toren sowie einen Kanal und den Fluss Euphrat. Die einzelnen Objekte des Plans wurden hier bereits in sumerischer Keilschrift beschriftet.[3]

Römische Antike

Unter dem Kaiser Septimius Severus wurde zwischen 203 und 211 n. Chr. die Forma Urbis Romae (FUR) oder Forma Urbis marmorea geschaffen, ein monumentaler, aus Marmorplatten gefertigter Plan der Stadt Rom, der an einer Innenwand des Templum Pacis angebracht war. Heute ist er ein wichtiges Zeugnis für die Topographie des antiken Roms.

Stadtansichten des Spätmittelalters

Stadtansicht von Basel, ca 1490 aus der Schedelschen Weltchronik

In Handschriften und frühen Buchdrucken des Spätmittelalters findet man Städte häufig im Profil oder von einem erhöhten Standpunkt aus betrachtet abgebildet. Auch in Seekarten jener Zeit sind zum Teil stilisierte Stadtansichten piktogrammartig eingezeichnet - so zum Beispiel in Cristoforo Buondelmontis Liber insularum Archipelagi (Buch der Inseln) aus dem Jahre 1422.[4]

Die 1493 erstmals erschienene Schedelsche Weltchronik (Nürnberger Chronik) ist mit über einhundert Ansichten eines der bedeutendsten Zeugnisse von Stadtdarstellungen des späten Mittelalters. Panoramen wie diese oder jene in Bernhard von Breydenbachs Reisebericht von 1483 hatten allerdings eher narrative oder repräsentative Funktionen. Illustriert wurden darin die lokalen Gegebenheiten und wesentlichen Merkmale - wie Häfen, prachtvolle Bauten, Stadtmauern etc. - als Hintergrund für historische Beschreibungen oder Hervorhebung wirtschaftlicher Vorzüge der Stadt. Auf Exaktheit wurde dabei hingegen weniger Wert gelegt: in der Schedelschen Weltchronik entsprachen lediglich ein Viertel der Stadtansichten dem tatsächlichen Erscheinungsbild, teilweise verwendete man sogar einzelne Abbildungen für mehrere Städte gleichzeitig.[5]

Entwicklung des perspektivischen Zeichnens und Drucktechniken in der Renaissance

Antwerpen (Kupferstich), ca 1572 von Georg Braun und Frans Hogenberg

Im 16. Jahrhundert erlangten die Künstler und Gelehrten der Renaissance weitreichende mathematische Kenntnisse über Perspektiven und Projektionen, was auch Auswirkungen auf die Arbeit der Kartografen und der Erstellung von Stadtansichten hatte (vor allem zunächst in Italien). Eine entscheidende Neuerung war, dass man nun die Stadt nicht mehr einfach aus einem gedachten oder realen Blickwinkel porträtierte, sondern zunächst einmal einen zweidimensionalen Plan der Stadt anfertigte und diesen dann durch genaues perspektivisches Zeichnen in ein dreidimensionales Abbild umsetzte.[6][7] Ein frühes Beispiel für eine geometrisch exakte und äußerst detailreiche Arbeit dieser Art ist die um 1500 von Jacopo de’ Barbari erstellte Stadtansicht Venedigs.[8]

Waren die Illustrationen des Spätmittelalters meist noch einfache kleinformatige Holzschnitte, verbreiteten sich ab 1500 zunehmend Verfahren für den Druck von Riesenholzschnitten und Farbholzschnitten. Jacopo de’ Barbaris Plan von Venedig hatte bereits eine beachtliche Größe von 139 x 282 cm und bestand aus sechs einzelnen Holztafeln. Ab Mitte des 16. Jahrhunderts setzte sich dann ausgehend von Antwerpen der Kupferstich gegenüber dem Holzschnitt durch und erlaubte wesentlich feinere und detaillierte Darstellungen.

19. Jahrhundert

Ausschnitt aus einem Stadtplan Berlins von 1895

Der moderne Stadtplan bekam seine Bedeutung mit dem entstehen der Großstädte, als es für Stadtbewohner und Reisende nötig wurde eine Orientierungshilfe zu erhalten. Der Stadtplan wurden sie zum „Navigationsinstrument für ein breites Publikum“. Die Form für das Medium Stadtplan wird geändert. Es werden Bildsymbole zur leichteren Orientierung geschaffen, Faltungen und Formate werden der einfachen Nutzung im Stadtraum angepasst. „Bis 1900 hat sich der Stadtplan zum Massenmedium entwickelt.“ (Christina Schumacher[9])

Herstellung

OpenStreetMap-Stadtplan auf einem PDA

Gedruckte Stadtpläne haben meist ein handliches Kartenformat mit einer speziellen Faltung, so dass die Karte auch auf beengten Räumen praktikabel ist. In letzter Zeit gibt es auch elektronische Stadtpläne für Mobiltelefone oder tragbare Computer, die gegebenenfalls mit einer Ortung und Zielbestimmung durch Satellitennavigation ausgestattet sind.

Europaweit größter Hersteller von Stadtplänen ist die MairDumont-Verlagsgruppe mit ihren Stadtplan-Marken Falk (Verlag) und ADAC.[10] Neben dem Vertrieb durch die Verlagskartografie, gibt es auch Stadtpläne, die kostenlos (beziehungsweise werbefinanziert) über Kommunen oder Banken verteilt werden.

Um Stadtpläne gegen unerlaubte Vervielfältigung zu schützen, werden von den Kartenherstellern oftmals sogenannte Trap Streets (deutsch etwa: Fallenstraße) als Plagiatsfalle eingezeichnet.

Siehe auch

Literatur

  • Lutz Philipp Günther: Die bildhafte Repräsentation deutscher Städte: Von den Chroniken der Frühen Neuzeit zu den Websites der Gegenwart. Böhlau 2009, ISBN 3412203483
  • Peter Whitfield: Städte der Welt. In historischen Karten., Theiss 2006, ISBN 3806220468
  • David Buisseret: Envisioning the city: six studies in urban cartography, University of Chicago Press 1998, ISBN 0226079937
Commons: Historische Stadtpläne – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Nippur - Sacred City Of Enlil. Oriental Institute of the University of Chicago. Abgerufen am 24. Mai 2010.
  2. J. B. Harley, David Woodward: The History of Cartography, Volume 1: Cartography in Prehistoric, Ancient, and Medieval Europe and the Mediterranean, Univ of Chicago Press 1987, ISBN 0226316335.
  3. Samuel Noah Kramer: Der Stadtplan von Nippur, der älteste Stadtplan der Welt. In Helmut Uhlig: Die Sumerer. Lübbe, Bergisch-Gladbach 1992. ISBN 3-404-64117-5.
  4. Cristoforo Buondelmonti: Karte von Konstantinopel. Aus Liber insularum Archipelagi 1422.
  5. Lutz Philipp Günther: Die bildhafte Repräsentation deutscher Städte: Von den Chroniken der Frühen Neuzeit zu den Websites der Gegenwart. Böhlau 2009, ISBN 3412203483, S. 38
  6. Denis Cosgrove: Mappings. Reaktion Books 1999. ISBN 1861890214. S. 98 ff.
  7. Arthur Groos: Topographies of the early modern city. V&R Unipress 2008. ISBN 3899715357. S. 198 ff.
  8. Jacopo de’ Barbari: Perspektivischer Plan von Venedig. 1500.
  9. Landesarchiv Berlin (Herausg.): Stadt auf Papier Die Entstehung des modernen Stadtplans. Ausstellung im Rahmen des 58. Deutschen Kartographentages. Berlin Potsdam 2010
  10. Benjamin Friedrich: Die Verlagskartographie in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung von Straßenkarten und Straßenatlanten. Bachelorarbeit 2009.