rebell.tv

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rebell.tv war eine von Daniel Model finanzierte und von Stefan M. Seydel und Tina Piazzi von 2006 bis 2010 betriebene Schweizer Website.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stefan M. Seydel 2018 am Wikipedia-Treffen WikiCon

rebell.tv wurde im November 2006 gegründet. Angel Investor war der Unternehmer Daniel Model.[1] Er investierte eine Million Franken in das Projekt.[2]

Der Sozialarbeiter Stefan M. Seydel (* 1965[3]), der Soziale Arbeit in St. Gallen (Bachelor) und Berlin (Master) studierte, veröffentlichte auf der Website «provokative Text-, Ton- und Videobeiträge», seine «Blogs sah er als Forschungsprojekt».[4] Geschäftsleiterin war Tina Piazzi (* 1963[5]), die einen Master of Science Supervision und Coaching der Universität Wien innehat.

2010 umfasste rebell.tv etwa 16'000 Blogeinträge, 3'000 Videos und 500 Podcasts; die Server kosteten monatlich «über 800 Franken».[6] Für rebell.tv erhielt Seydel 2007 den Jubilee Award des Migros-Kulturprozents im Bereich Wissensvermittlung.[7]

Am 31. Dezember 2010 wurde rebell.tv vom Netz genommen, weil Daniel Model sein Investment beendete.[4][8] Zu diesem Anlass löschte Seydel «unzählige Konten im Web und ihre Inhalte […] während einer ‹Social Media Suicide› genannten Aktion im Zürcher Cabaret Voltaire».[6] Die Inhalte der Website dokumentierten Seydel und Piazzi in zwei Büchern mit dem Titel Die Form der Unruhe im Junius Verlag.[9]

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

rebell.tv war gemäss Dominik Landwehr ein publizistisches Experiment, «das schräg in der Landschaft lag: Statt zu ordnen und zu vereinfachen tat er genau das Gegenteil»[10].[7] In der Welt schrieb Marc Reichwein, die Website sei ein «gigantischer multimedialer Zettelkasten» und eine «digitale Wunderkammer», «Multi-Channeling total».[11] Die Medienwoche bezeichnete es als «nicht leicht fassbare[s] Blogprojekt», das «von den Journalisten stets gründlich missverstanden» wird, da Seydel seine Einträge nicht in fertiger, publizierfähiger Form liefert, sondern rebell.tv eher als eine Art Zettelkasten verwendete, in das er seine Skizzen, Entwürfe und Träume ablegte.[12]

In einem Artikel in der Schweizer Wochenzeitung WOZ beschrieb Wolfgang Steiger den Investor Model als «antidemokratisch», er habe einen eigenen Staat «Avalon» ausgerufen, und rebell.tv fungiere als «Staatsfernsehen von Avalon, dessen Informationsminister Seydel» sei. «Was heisst das, wenn radikalliberale Antidemokraten dadaistische AktivistInnen finanzieren und das Fernsehen eines sozialstaatsfeindlichen Unternehmers mit den Theorien linker Autorinnen und Kunsttheoretiker wie Marlene Streeruwitz, Vilém Flusser oder Bazon Brock hantiert? Sind wir hier ZeugInnen einer Infiltration rechtsliberalen Gedankenguts in den linkskulturell geprägten Kulturbetrieb – im Sinn von Antonio Gramscis Konzept der ‹kulturellen Hegemonie›, nur eben umgekehrt?»[13]

«Rebell-TV ist ein wilder, schräger Internetkanal, der mittels TV, Radio und eines Blogs neue wirtschaftliche, politische und kulturelle Ideen propagiert», schrieb Michael Zollinger in der Handelszeitung.[14]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 2007: Gewinner Migros Jubilee Award für Stefan M. Seydel für rebell.tv (Kategorie Wissensvermittlung)[15]

Bücher[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Inhalte der Website rebell.tv wurden in folgenden Bücher herausgegeben:

  • Tina Piazzi, Stefan M. Seydel: Die Form der Unruhe. Band 1. Herausgegeben von Rebell.TV AG, Junius Verlag, Hamburg 2009, ISBN 978-3-88506-456-5.
  • Tina Piazzi, Stefan M. Seydel: Die Form der Unruhe. Band 2. Herausgegeben von Rebell.TV AG, Junius Verlag, Hamburg 2010, ISBN 978-3-88506-474-9.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Website von rebell.tv.
  2. Matthias Bernold, Sandra Larriva Henaine: Revolution 3.0: Die neuen politischen Rebellen und ihre Waffen. Schwabe, Basel Oktober 2012.
  3. Seydel, Stefan M. In: Katalog der Deutschen Nationalbibliothek. Abgerufen am 21. Juni 2022.
  4. a b Rebell.tv wird vom Netz genommen. In: St. Galler Tagblatt. 28. Dezember 2010.
  5. Piazzi, Tina. In: Katalog der Deutschen Nationalbibliothek. Abgerufen am 21. Juni 2022.
  6. a b Ronnie Grob: Ruhe in Unruhe, Rebell.tv. In: Medienwoche. 18. Februar 2011.
  7. a b Dominik Landwehr: rebell.tv – Verwirrung stiften als Prinzip. (Memento des Originals vom 16. Januar 2022 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.digitalbrainstorming.ch In: Digital Brainstorming. 1. Oktober 2017.
  8. Corinne Bauer: «Man schickt Geld zu Tamedia und hinten raus kommt Information». In: persönlich. 25. November 2010.
  9. Ralf Konersmann: Die Form der Unruhe. In: Perlentaucher (Rezension).
  10. Medienkunst in der Schweiz/Media Art in Switzerland. (mit einem Vorwort von Hedy Graber): Christoph Merian Verlag, Basel, 2018, ISBN 978-3-85616-867-4. S.17-19.online
  11. Marc Reichwein: Kanal Geisteswissenschaften. In: Die Welt. 28. Dezember 2010, abgerufen am 16. Januar 2022.
  12. Ronnie Grob: Ruhe in Unruhe, Rebell.tv. In: Medienwoche, 18. Februar 2011.
  13. Wolfgang Steiger: «Avalon». Dr. Model und die Nebel von Müllheim. In: WOZ. 7. Februar 2012, abgerufen am 16. Januar 2022.
  14. Michael Zollinger: Daniel Model: Weniger Staatsbürger als Unternehmer. In: Handelszeitung. 14. März 2007, abgerufen am 16. Januar 2022.
  15. Bloggen als Lebensform: Stefan M. Seydel und rebell.tv. (Memento des Originals vom 22. Mai 2022 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/blog-de.digitalbrainstorming.ch In: Digital Brainstorming, 8. Januar 2009