Stereotypie (Medizin)
Klassifikation nach ICD-10 | |
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F98.4 | Stereotype Bewegungsstörungen |
F98.40 | Stereotype Bewegungsstörungen ohne Selbstverletzung |
F98.41 | Stereotype Bewegungsstörungen mit Selbstverletzung |
F98.49 | Stereotype Bewegungsstörungen ohne Angabe einer Selbstverletzung |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Klassifikation nach ICD-11 | |
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06 | Psychische Störungen, Verhaltensstörungen oder neuromentale Entwicklungsstörungen |
6A06 | Stereotype Bewegungsstörung |
6A06.0 | Stereotype Bewegungsstörung ohne Selbstverletzung |
6A06.1 | Stereotype Bewegungsstörung mit Selbstverletzung |
6A06.Z | Stereotype Bewegungsstörung nicht näher bezeichnet |
8A05.11 | Tics im Zusammenhang mit Entwicklungsstörungen[1] |
ICD-11: Englisch • Deutsch (Entwurf) |
Stereotypien (von griechisch στερεός, stereós für fest, hart, haltbar, räumlich und τύπος, týpos für -artig) sind bestimmte psychomotorische Verhaltensauffälligkeiten. Sie äußern sich in wiederholten und ständig gleichbleibenden Handlungen ohne Ziel oder Funktion, die der konkreten Umweltsituation nicht entsprechen und häufig zwanghaften Charakter tragen.[2]
Stereotypien werden zu den extrapyramidalen Hyperkinesien gerechnet. In der ICD-10-Klassifikation wird diese Symptomgruppe Stereotype Bewegungsstörungen oder stereotype motorische Störung genannt.
Symptomatik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mensch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Stereotypien beinhalten u. a.:
- kontinuierliches Schnüffeln
- Lecken, Beißen, Zwangsnagen
- zwanghafte motorische Bewegungen, unterbrochen durch kataleptische Zustände
- krankhaft häufig wiederholte Gedanken, sprachliche oder körperliche Äußerungen (Perseveration)
- Jaktation
Die körperlichen Äußerungen können in Haltung oder Bewegungen auftreten, z. B. Jactatio capitis nocturna (nächtliches Kopfwackeln oder -rollen), Jactatio corporis (Schaukeln oder Wiegen des Oberkörpers) oder Pagodenwackeln (nach den Bewegungen chinesischer Priester vor ihren Götterbildern: das Vor- und Zurückbeugen des Oberkörpers). Jaktation kann zu Verletzungen führen. Häufig ist sie bei geistig behinderten (insbesondere autistischen) Kindern und bei psychischem Hospitalismus.
Ausgenommen von ICD-10 F98.4 sind Angewohnheiten wie Daumenlutschen, Nägelbeißen, Nasebohren (alle F98.8), Tics (F95, kennzeichnend etwa für das Tourette-Syndrom), Trichotillomanie (F63.3), Stottern (F98.5) sowie alle nicht psychogenen Störungen (unwillkürliche Bewegungen, Bewegungsstörungen organischer Ursache). Auch von den Zwangsstörungen (ICD F42) sind sie abzugrenzen.
Tier
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Auch bei Tieren können Stereotypien auftreten, insbesondere in Haltung z. B.:
- Koppen oder Krippensetzer beim Pferd
- Weben (Pferd)
- Weben (Elefant)
- Kreiswandern bei Großkatzen
- Federrupfen oder -beißen bei Papageien
Zu unterscheiden sind diese von normalen stereotypen Verhaltensweisen.
Pharmakologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Stereotypien werden unter anderem durch zentralwirksame Substanzen wie
- Dopamin
- Acetylcholin
- Serotonin und deren Agonisten, zum Teil auch durch deren Antagonisten
- Amphetamin
- Apomorphin u. a.
ausgelöst.
Das Auftreten von Stereotypien wird zur Wirkungsanalyse von Arzneistoffen herangezogen.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Kirsten R. Müller Vahl: Tourette und andere Tic-Störungen. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage, Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Berlin 2024, ISBN 978-3-95466-793-2, S. 105
- ↑ Pschyrembel klinisches Wörterbuch, Verlag De Gruyter, 267. Auflage 2017 (ISBN 978-3-11-049497-6). (Stichwort Stereotypie, online)