The Wrecking Crew (Studiomusiker)

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The Wrecking Crew war der Name von Studiomusikern wechselnder Zusammensetzung, die insbesondere in den kalifornischen Tonstudios von Los Angeles zwischen 1961 und 1976 als Begleitung von berühmten Interpreten spielten.

Entstehung

The Wrecking Crew
Allgemeine Informationen
Genre(s) Folk-Rock, Popmusik, Surfmusik
Gründung 1961
Auflösung 1976
Wichtige Mitglieder
Gitarre
Glen Campbell, Barney Kessel, Al Casey, Billy Strange
Bass
Carol Kaye, Joe Osborn, Larry Knechtel, Chuck Berghofer, Lyle Ritz
Keyboards/Piano
Larry Knechtel, Don Randi, Leon Russell
Schlagzeug
Hal Blaine, Earl Palmer
Saxophon
Steve Douglas, Jay Migliori, Plas Johnson

Die vielen in Los Angeles beheimateten Tonstudios hatten stets Bedarf an Studiomusikern. Neben Bill Putnams Studios United Recording Corporation/Western Recorders war auch die Konkurrenz Master Recorders, Radio Recorders, RCA oder Gold Star Studios an Sessionmusikern interessiert. Die meisten Mitglieder der späteren The Wrecking Crew hatten bereits langjährige musikalische Erfahrung häufig im Jazz gesammelt und tauchten mehr oder weniger zufällig in der Musikszene von Los Angeles auf.

Schlagzeuger Hal Blaine wirkte am 5. Januar 1959 bei der Aufnahme zu I Ain’t Getting Rid of You für Tommy Sands als Mitglied von dessen Begleitgruppe Sharks mit. Er war auch an der Aufnahme für Baby Talk vom Surf-Duo Jan & Dean im Mai 1959 beteiligt.[1] Jan & Dean waren es auch, die bei ihren nachfolgenden Singles den Einsatz von Studiomusikern benötigten, weil sie selbst Instrumente nur schlecht spielen konnten. Gitarrist Tommy Tedesco wirkte am 14. Dezember 1960 bei den Aufnahmen zu The Great Impostor von den Piltdown Men mit, wo er einen 6-saitigen Bass spielte. Blaine wiederum wurde 1961 für Elvis Presleys Album Blue Hawaii (aufgenommen 21. – 23. März 1961) empfohlen, wo er die Wirbeltrommel mit dem Besen spielte. Erster Nummer-eins-Hit für Blaine war Presleys Can’t Help Falling in Love (23. März 1961) aus diesem Album.

Erkennbar haben sich mindestens zwei der späteren Studiomusiker zu einer Tonaufnahme bei den Richie Valens-Titeln La Bamba und Now You’re Gone in den Gold Star Studios am 23. September 1958 zusammengefunden. Bei La Bamba wirkten Ernie Freeman (Piano), René Hall (Danelectro-Bass), Buddy Clark (Kontrabass), Carol Kaye (Rhythmusgitarre) und Earl Palmer (Schlagzeug) mit.

Mitarbeit bei Phil Spector

Die bisherigen, älteren Sessionmusiker waren über die geringe Vorbereitungszeit ihrer jungen Kollegen im Tonstudio überrascht und befürchteten, dass die jungen Musiker die Musikindustrie ruinieren würden (Englisch: „wrecking“).[2] Hal Blaine hatte das mitbekommen und bat im Studio ironisch die Sekretärin The Wrecking Crew zusammenzurufen – der Name war geboren. Die ambitionierten Studiomusiker brauchten weniger Probezeiten, konnten besser improvisieren und waren musikalisch flexibler.

Als Phil Spector im Juli 1962 das erste Mal als Produzent die Gold Star Studios betrat (und hier nachfolgend beinahe Dauergast war), brachte er eine Gruppe von Studiomusikern zusammen, die mitverantwortlich für den Wall of Sound war. Hinzu kamen noch der Arrangeur Jack Nitzsche und der im Tonstudio angestellte Toningenieur Larry Levine. Die Crystals (in Wirklichkeit sangen die Blossoms) nahmen am 13. Juli 1962 den Titel He’s a Rebel auf mit Howard Roberts / Tommy Tedesco (Gitarre), Ray Pohlman / Jimmy Bond (Bass; bis dahin wurde nie mit 2 Bässen aufgenommen), Steve Douglas (Tenorsaxophon), Al DeLory (Piano) und Hal Blaine (Schlagzeug). Auf Philles 106 im August 1962 veröffentlicht, nahmen Bob B. Soxx & the Blue Jeans am 24. August 1962 Zip-A-Dee-Doo-Dah auf; die Sessionmusiker rekrutierten sich diesmal aus Billy Strange (elektr. Gitarre), John Anderson (akustische Gitarre), Jimmy Bond (Kontrabass), Carol Kaye (Danelectro-Bass), Al De Lory / Nino Tempo (Piano), Steve Douglas (Tenorsaxophon), Jay Migliori (Baritonsaxophon) und Hal Blaine (Schlagzeug). Billy Stranges Gitarre hatte unbeabsichtigt kein Mikrofon und war nur über die anderen 11 Mikrofone atmosphärisch zu hören, doch Spector bestand darauf, dass dies der richtige Sound sei.[3] Spector konnte inzwischen seinen Sound weiter perfektionieren, als er im März 1963 mit den The Crystals Da Doo Ron Ron produzierte.

Ab dem 5. Juli 1963 wurde das wohl beste Produkt des Wall of Sound aufgenommen, Be My Baby von den Ronettes. Mit Hal Blaine und Earl Palmer waren gleich zwei Schlagzeuger zugegen, Carol Kaye und Ray Pohlman spielten Bass, gleich 4 Gitarren (Billy Strange, Tommy Tedesco, Barney Kessel und Bill Pitman) und 4 Keyboards (Leon Russell, Larry Knechtel, Al De Lory und Don Randi). Komplettiert um Kastagnetten und Maracas, ist der Song der erste, bei dem Spector auch eine vollständige Geigensektion einsetzte. 42 Takes in einer vierstündigen Session waren nötig, um Spector zufrieden zu stellen. Die B-Seite Tedesco and Pitman erwähnt die Namen von 2 mitwirkenden Gitarristen der Wrecking Crew. Der Hit verkaufte nach seiner Veröffentlichung im August 1963 mehr als 2 Millionen Platten allein im Jahr 1963.[4]

Symphonische Balladen produzierte Spector für die Righteous Brothers. You’ve Lost That Lovin’ Feelin’ wurde zwischen August und November 1964 aufgenommen, Unchained Melody folgte am 2. März 1965; beide Aufnahmen gehören zu den wichtigsten Produktionen des Wall of Sound. Spectors Produktionsweise, aber auch die mitwirkende Wrecking Crew, waren die Grundlage für den Wall of Sound. Es wurde nicht eine Aufnahme von Spector produziert, an der nicht mindestens ein Mitglied der Sessionmusiker anwesend war. Dadurch gelang es der Wrecking Crew, sich durch die Vielzahl der Phil Spector-Produktionen in der Musikszene einen Namen zu machen. Sie erhielten Aufträge, für die Beach Boys, Mamas & Papas, Scott McKenzie u.a. zu spielen und entwickelten dabei einen als Westcoast-Sound bezeichneten Musikstil.

Mitarbeit bei anderen Interpreten

Die rund 30 Mitglieder von The Wrecking Crew spielten in immer abwechselnden personellen Konstellationen, waren also formal keine Band. Die Sessionmusiker boten ihre Dienste auch anderen Tonstudios von Los Angeles an. So entstand Sam Cookes Twistin‘ The Night Away am 18./19. Dezember 1961 mit Tommy Tedesco (Gitarre) und Earl Palmer (Schlagzeug) im RCA Studio 1 von Hollywood. Elvis Presley wurde bei Radio Recorders zwischen dem 26. und 30. März 1962 durch Hal Blaine (Schlagzeug) und Barney Kessel (Gitarre) unterstützt. In der Aufnahmesession vom 26. April 1962 für Bring it on Home to Me von Sam Cooke waren Tommy Tedesco und Ray Pohlman (Bass) anwesend. Blaine spielte bei Another Saturday Night von Sam Cooke (28. Februar 1963).

Nat King Coles Rambling Rose wurde am 19. Juni 1962 bei Capitol Records aufgenommen, Surf City folgte am 20. März 1963 mit Jan & Dean in den Western Recorders-Studios, am 21. März 1964 Little Old Lady From Pasadena für das Duo. Die Beach Boys-Imitation Hondells folgte mit Little Honda am 12. September 1964. Sonny and Cher wurden bei I Got You Babe am 7. Juni 1965 bei Gold Star von der Wrecking Crew unterstützt; die markante Oboe stammt von Warren Webb, dabei waren neben Barney Kessel mehrere Gitarristen, Don Randi (Piano) und Frank Capp (Schlagzeug). The Beat Goes On folgte am 13. Dezember 1966 wiederum in den Gold Star Studios mit dem berühmten, von Carol Kaye stammenden Bass-Intro. Herb Alpert ließ sich bei 2 Hits unterstützen (Whipped Cream am 21. Januar 1965; A Taste of Honey mit Blaines markantem Basstrommel-Intro am 10. März 1965).

Von den Monkees war bekannt, dass sie im Studio nicht selbst die Instrumente spielten und galten daher als eine künstliche Popgruppe, die auf die Hilfe der Wrecking Crew oder anderer Sessionmusiker angewiesen war. Die ersten beiden Alben (The Monkees, aufgenommen im Juli 1966; More of the Monkees, Juni bis November 1966) brachten die Single-Hits Last Train to Clarksville (25. Juli 1966 mit Gitarren: Wayne Irvin, Garry McGee und Louis Shelton, der auch das Gitarrensolo im Hit Valleri spielt) und den Millionenseller I’m a Believer (15. und 23. Oktober 1966 mit Mike Deasy – Gitarre – und Carol Kaye am Bass, das Orgel-Riff stammt von einer Hammond-Orgel B-3) hervor.

Die Beach Boys nahmen die musikalische Unterstützung der Wrecking Crew seit Beginn ihrer Karriere in Anspruch. Fun Fun Fun (1. Januar 1964 mit einem Gitarren-Intro von Glen Campbell), I Get Around (20. Mai 1964) oder California Girls (4. Juni 1965 Columbia Studios mit Carol Kaye) sind frühe Beispiele. Das Konzeptalbum Pet Sounds entstand zwischen dem 1. November 1965 und dem 13. April 1966 mit Begleitung der Wrecking Crew, aus dem als Singles Sloop John B und God Only Knows ausgekoppelt wurden. Good Vibrations entstand ab dem 17. Februar 1966 in den Gold Star Studios (mit Larry Knechtel an der Orgel).

Das gesamte Album Mr. Tambourine Man von den Byrds wurde durch Einfluss der Plattenfirma mit Studiomusikern der Wrecking Crew produziert, weil die Plattenfirma den Instrumentenkünsten der Band misstraute. Auf dem am 20. Januar 1965 entstandenen und als Single ausgekoppeltem Titelsong sind Jerry Cole (Gitarre), Larry Knechtel und Hal Blaine zu hören. Nancy Sinatras größter Hit These Boots Are Made for Walkin’ (19. November 1965) ist mit einem charakteristischen, abgestuft gespielten Kontrabass von Chuck Berghofer garniert. Frank Sinatras Welthit Strangers in the Night (11. April 1966 bei United Recorders) entstand mit Hilfe von Chuck Berghofer (Bass), Al Casey, Bill Pitman, Glen Campbell, Tommy Tedesco (Gitarre) und Hal Blaine (der hier denselben Beat spielt wie in Be My Baby). Die Soft-Rock-Formation Association griff ebenfalls auf die Dienste der Sessionmusiker zurück (Never my Love 3. Juni und 27. Juni 1967, LP Windy 28. März 1967 bis 23. April 1967 bei Western Recorders). Zwischen dem 26. und 28. Dezember 1967 entstand hier der Hit Valleri für die Monkees (Rang 3 Pop). Die Besetzung dieses Songs zeigt die geringen künstlerischen Anteile der Monkees an ihren Hits. Nur Davy Jones von den Monkees singt, begleitet von Gerry McGee / Louie Shelton (Gitarre), Joe Osborn (Bass), Roy Caton / Ollie Mitchell (Trompete), Lew McCreary (Posaune), Jim Horn / Jay Migliori (Saxophon) und Billy Lewis (Schlagzeug). Simon & Garfunkel holten sich Begleitung bei Mrs. Robinson (1./2. Februar 1968) oder Bridge over Troubled Water (2. November 1969 mit Blaine und Knechtel; Knechtel bekam einen Grammy für sein Intro, Blaine schlug am Schluss mit Schneeketten rhythmisch gegen Beton). Richard Harris’ symphonisches Epos MacArthur Park entstand zwischen dem 27. Dezember 1967 und 6. Januar 1968 bei Sound Recorders unter Leitung von Jimmy Webb: Al Casey, Michael Deasy, Larry Knechtel, Joe Osborn, Tommy Tedesco, ergänzt mit Geigen- und Bläsersektionen, insgesamt 88 Musiker wirkten mit. Die Grundspur entstand dennoch in lediglich einem Take. Tommy Roes Hit Dizzy (22. August 1968) fällt durch Hal Blaines Schlagzeug-Breaks auf.

Auch Elvis Presley, der eigentlich auf eine hervorragende Gruppe von eigenen Sessionmusikern zurückgreifen konnte, bediente sich der Wrecking Crew. Für die LP ’68 Special begannen am 20. Juni 1968 die Aufnahmen bei Western Recorders mit Tommy Tedesco, Mike Deasy und Al Casey (Gitarren; Casey spielte dabei eine seltene rote schwedische Hagstrom Viking II, die Elvis während der im Dezember 1968 ausgestrahlten Live-Show spielte), Charles Berghofer und Larry Knechtel (Bass), Don Randi (Piano) und Hal Blaine. Paul Revere & the Raiders berühmter Tophit Indian Reservation (The Lament of the Cherokee Reservation Indian) entstand am 3. Dezember 1970 unter Mitwirkung von Arthur Butler, Carol Kaye, David Cohen und Gary Coleman. Carol Kaye spielte den E-String-Bass bei Theme From Shaft von Isaac Hayes (mit dem markanten Wah-Wah-Gitarren-Intro von Charles „Skip“ Pitts, veröffentlicht am 29. September 1971). Das Wah-Wah-Gitarrensolo bei Guitar Man von Bread stammt von Larry Knechtel (Album aufgenommen im Oktober 1972), eine Soft Rock-Ballade über die Beziehung eines Stars zu seinen Fans. Barbra Streisands Hit The Way We Were entstand in 33 Takes (12. September 1973), es war ihr erster Nummer-eins-Hit. Cher griff auf Hal Blaine bei ihrer Single Half Breed (21. Mai 1973) zurück, Captain & Tennilles Hit Love Will Keep Us Together (25. Januar 1975) war einer der letzten großen Hits mit musikalischer Unterstützung von The Wrecking Crew.

Statistik und Mitglieder

Die über 30 engeren Mitglieder von The Wrecking Crew wurden je nach Bedarf und Verfügbarkeit zusammengestellt. Bei Spector war es üblich, mehrere Gitarren (bis zu 4), Bässe oder Schlagzeuge gleichzeitig einzusetzen. Insgesamt wird geschätzt, dass The Wrecking Crew an mehr als 40.000 Studioproduktionen beteiligt war. Alleine Blaine wirkte nach seinen eigenen Schätzungen an ungefähr 35.000 Musiktiteln mit, darunter 150 Top-10 Singles, wovon 41 den ersten Rang erreichten und 8 zur Schallplatte des Jahres (Grammy Awards) wurden. Er ist der meistaufgenommene Schlagzeuger der Popmusik und wurde im März 2000 in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen. Carole Kaye wirkte an ungefähr 10.000 Aufnahmesessions mit. Dem Publikum blieben die meisten Musiker unbekannt, weil sie auf den Liner Notes der Schallplatten meist nicht erwähnt wurden. Den meisten Musikkonsumenten war daher nicht bekannt, wie groß die künstlerischen Anteile von The Wrecking Crew-Mitgliedern an vielen Hitaufnahmen waren.[5] Wenn man die besten Studiomusiker wollte, heuerte man The Wrecking Crew an.[5] Die abrufbereiten Mitglieder waren nicht dafür vorgesehen, öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen und sorgten dafür, dass die meisten Interpreten bei Studioaufnahmen besser klangen als bei Live-Auftritten.[6] Roy Halee, der ehemalige Koproduzent von Simon & Garfunkel, lobte die Qualität der Musiker als er über Bassist Joe Osborn sprach: „Man braucht das Tonband nicht anzuhalten wegen eines Fehlers, denn es gibt keinen.“[6] Über The Wrecking Crew entstand 2008 ein gleichnamiger Kinofilm unter der Regie von Denny Tedesco, dem Sohn des Studiogitarristen Tommy Tedesco. Der Film stellte die Arbeit der anonymen Sessionmusiker erstmals einer breiteren Öffentlichkeit vor. Im Film gibt es 133 Musikausschnitte welche rund 300.000 Dollar Royalties kosteten.

Das „goldene Trio“ als Kern der Gruppe bestand aus Larry Knechtel (Piano, Keyboards), Joe Osborn (Bass) und Hal Blaine (Schlagzeug).

Literatur und Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hal Blaine/David Goggin/David M. Schwartz, Hal Blaine and the Wrecking Crew, 2010, Discografy
  2. Hal Blaine, Who Else Made More Hit Songs?, 2011 (PDF; 129 kB)
  3. Classic Tracks: The Ronettes Be My Baby, SoundonSound vom April 2007.
  4. Jack Doyle, Be My Baby, ThePopHistoryDig, Januar 2010.
  5. a b The Wrecking Crew, American Heritage, Februar/März 2007, Volume 58.
  6. a b Rockers With Low Profiles and Perfect Timing, The New York Times vom 19. Februar 2012.