Therese von Zandt

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Elfenbeinminiatur einer unbekannten Dame aus Beethovens Nachlass (um 1805), möglicherweise Therese von Zandt; Original im Beethoven-Haus Bonn.[1] – In der älteren Literatur angeblich ein Porträt von Giulietta Guicciardi.

Anna Therese Friederike von Zandt zu Reichartshausen (* 18. Juni 1771 in Düsseldorf; † 26. Dezember 1858 ebenda) war eine deutsche Pianistin und Sängerin. Sie ist die Mutter der Komponisten Friedrich Burgmüller und Norbert Burgmüller.

Leben

Therese und August Burgmüller als Zuschauer beim Einzug Napoleons in Düsseldorf am 3. November 1811, kolorierter Stich von Johann Petersen (Auszug); Stadtmuseum Düsseldorf. – Wie auf dem Porträt aus Beethovens Nachlass hat Therese hier kurze braune Haare und trägt ein weißes Kleid sowie eine rote Schärpe über der linken Schulter.

Therese von Zandt war die jüngste Tochter der Eheleute

  • Johann Gerhard Franz Freiherr von Zandt (* 18. November 1740 Mannheim; † 18. März 1807 Düsseldorf-Karlstadt), zuletzt Generalmajor der Kavallerie und
  • Maria Sophia Reichsfreiin von Lindenfels (* 8. September 1745 Schloss Wolframshof bei Kastl; † 28. November 1802 Düsseldorf).

Die Mutter Therese von Zandts wurde 1795 in den Sternkreuzorden aufgenommen; sie selbst war von 1783 bis 1805 Stiftsdame des adeligen freiweltlichen Damenstifts in Asbeck in Westfalen.

Sie lebte aber zunächst weiterhin in Düsseldorf, wo sie am 11. Januar 1792 auch als Sängerin im Konzert eines Musikers namens Ferretti genannt wird, in dem sie mit zwei „Bravour-Arien“ und zwei weiteren Gesangsdarbietungen auftrat.[2]

In den Jahren 1792 bis 1794 war sie dort außerdem Schülerin und Geliebte ihres späteren Gatten Friedrich August Burgmüller, den sie jedoch wieder aus den Augen verlor, als ihre Eltern die Beziehung entdeckten und verboten. Anschließend lebte sie vermutlich in Leipzig, vorübergehend auch in Wien.

Die Wiederbegegnung mit Burgmüller fand erst am 25. August 1804 in Regensburg statt. Am 13. Mai 1805 heirateten beide, im Juni/Juli 1807 übersiedelte das Paar nach Düsseldorf.

In Düsseldorf war sie eine gesuchte Klavierlehrerin und unterrichtete nach Aussagen von Wolfgang Müller von Königswinter, einem Freund der Familie, „in den ersten Familien der Stadt“. Ab 1838 setzte sie sich für die Veröffentlichung des Nachlasses ihres Sohnes Norbert ein und verkaufte einen Teil an den Verlag von Friedrich Hofmeister in Leipzig. Der Vertrag wurde am 17. September 1841 unterzeichnet.[3]

Mutmaßliche Beziehung mit Beethoven

Vermutlich von Therese von Zandt stammende Adresse auf Beethovens Brief an Rochlitz, 4. Januar 1804; auffallend ist der starke Druck bei den Endzügen der Großbuchstaben R (Rochlitz) und L (Leipzig)
Therese von Zandt, Siegel und Unterschrift, 15. Mai 1804; auffallend ist der starke Druck beim Endzug des Großbuchstabens Z (Zandt)

Der Beethoven-Forscher Klaus Martin Kopitz stellte die These auf, dass Therese von Zandt ab 1798 Mitarbeiterin der von Friedrich Rochlitz redigierten Leipziger Allgemeinen musikalischen Zeitung war und Verfasserin jener Beträge, die dort unter den Kürzel „Z . . . .“ erschienen. Im Herbst 1803 reiste sie demnach nach Wien und empfahl Beethoven den Fidelio-Stoff, den Rochlitz zu dieser Zeit aus dem Französischen übersetzte. Anschließend war sie vermutlich „sieben volle Monate“ Beethovens Geliebte – vom 5. Dezember 1803 bis zum 5. Juli 1804. Zeuge dieser Beziehung war Beethovens damaliger Schüler Ferdinand Ries, der 1803 bis 1805 von Beethoven unterrichtet wurde. Ries erwähnt in seinen Erinnerungen an Beethoven:

„Er war sehr häufig verliebt, aber meistens nur auf kurze Dauer. Da ich ihn einmal mit der Eroberung einer schönen Dame neckte, gestand er, die habe ihn am stärksten und längsten gefesselt – nämlich sieben volle Monate.“[4]

Damit meinte Beethoven vermutlich Therese von Zandt, die laut Kopitz auch die Adresse auf jenen Brief schrieb, den Beethoven am 4. Januar 1804 an Friedrich Rochlitz richtete. Darin teilte er diesem mit, dass er ein von Rochlitz übersandtes, nicht näher bekanntes Libretto nicht vertonen möchte, sondern soeben mit der Vertonung des Fidelio-Librettos begonnen habe.[5] Es ist der einzige bekannte Brief Beethovens an Rochlitz.

Das Libretto stammt ursprünglich von Pierre Gaveaux und wurde zunächst 1798 von Jean Nicolas Bouilly als Léonore, ou L’amour conjugal vertont. Die deutsche Übersetzung von Rochlitz entstand für die zweite Vertonung von Ferdinando Paër und gelangte erstmals anlässlich der Uraufführung von dessen Leonora am 3. Oktober 1804 in Dresden zum Abdruck.

Rochlitz war über diesen „geistigen Diebstahl“ offenbar sehr ungehalten, so dass Beethoven am 5. Juli 1806 in einem Brief an den Leipziger Verlag Breitkopf & Härtel schrieb: „Emphehlen sie mich gütigst hr. v. Rochliz, ich hoffe, sein Böses Blut gegen mich wird sich etwas Verdünt haben, sagen sie ihm, daß ich gar nicht so unwissend in der ausländischen Litteratur wäre, daß ich nicht wüßte, Hr. v. Rochliz habe recht sehr schöne Sachen geschrieben“.[6]

Auf Therese von Zandt dürfte sich auch ein Brief Beethovens beziehen, den er an den Maler Willibrord Joseph Mähler richtete, wahrscheinlich im Dezember 1803:

„Ich bitte sie recht sehr sobald als sie mein Portrait genug gebraucht haben, mir es alsdenn wieder zuzustellen – ist es, daß sie dessen noch bedürfen, so bitte ich sie wenigstens um Beschleunigung hierin – ich habe das Portrait einer fremden Dame, die dasselbe bey mir sah, versprochen, während ihres Aufenthaltes vor [= für] einige Wochen hier, in ihr Zimmer zu geben – wer kann solchen Reizenden Anfoderungen widerstehen.“[7]

Mähler erzählte später dem Beethoven-Biographen Alexander Wheelock Thayer, dass er sein bekanntes Beethoven-Porträt im Winter 1803/04 schuf, als der Komponist gerade mit der Beendigung der Eroica beschäftigt war.[8]

Ehrung

Therese von Zandt zu Ehren wurde im Juni 2018 im Stift Asbeck ein „Theresen-Kabinett“ eröffnet, in dem auch ihre Familie gewürdigt wird.[9]

Literatur

  • Klaus Martin Kopitz, „Sieben volle Monate“. Beethoven und Therese von Zandt, in: Musica, Jg. 49 (1995), S. 325–332
  • Marie-Elisabeth Tellenbach: Noch eine Geliebte Beethovens gefunden – oder erfunden? Zu Klaus Martin Kopitz: „Sieben volle Monate“. Beethoven und Therese von Zandt. In: Musica, Jg. 50 (1996), S. 78–83.
  • Klaus Martin Kopitz, Der Düsseldorfer Komponist Norbert Burgmüller. Ein Leben zwischen Beethoven – Spohr – Mendelssohn, Kleve 1998, ISBN 3-9805931-6-9
  • Rainer Cadenbach: Die Léonore vor der Leonore oder: „das Licht der gescheiden und Sinnigen französischen opern“ – Ansatzpunkte für eine Perspektive Beethovens auf den Fait historique en deux actes et en prose, mêlé de chants von Bouilly und Gaveaux. In: Von der Leonore zum Fidelio. Vorträge und Referate des Bonner Symposiums 1997. Hrsg. von Helga Lühning und Wolfram Steinbeck, Frankfurt a. M. 2000, S. 93–119.
  • Bernhard Laukötter: Stift Asbeck. Legden 2005.
  • Klaus Martin Kopitz: Beethoven und seine Rezensenten. Ein Blick hinter die Kulissen der Allgemeinen musikalischen Zeitung. In: Beethoven und der Leipziger Musikverlag Breitkopf & Härtel – „ich gebe Ihrer Handlung den Vorzug vor allen andern“. Hrsg. von Nicole Kämpken und Michael Ladenburger, Bonn 2007, S. 149–167.
  • Heinz von Loesch und Claus Raab (Hrsg.): Das Beethoven-Lexikon. Laaber 2008, ISBN 978-3-89007-476-4, S. 863f.
  • „Ich glaubte nur an Musik“ – Wolfgang Müller von Königswinter, Erinnerungen an Norbert Burgmüller. Hrsg. von Klaus Martin Kopitz, Begleitbuch zur Ausstellung zum 200. Geburtstag des Komponisten im Heinrich-Heine-Institut, Düsseldorf 2010.
  • Bernhard Laukötter, Das Leben eines Fräuleins. In: Münsterländische Volkszeitung. 28. November 2010 (Memento vom 30. November 2010 im Internet Archive)
  • Bernhard Laukötter und Reinhold Hülsewiesche: Therese von Zandt im Stift Asbeck. Legden-Asbeck 2018.

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Beschreibung auf der Website des Beethoven-Hauses
  2. Kopitz (1998), S. 35
  3. Klaus Tischendorf und Tobias Koch, Norbert Burgmüller. Thematisch-bibliographisches Werkverzeichnis, Köln 2011, S. 10
  4. Franz Gerhard Wegeler und Ferdinand Ries, Biographische Notizen über Ludwig van Beethoven, Koblenz 1838, S. 117 (Digitalisat)
  5. Vgl. Ludwig van Beethoven, Briefwechsel. Gesamtausgabe, Band 1, hrsg. von Sieghard Brandenburg, München 1996, S. 205–207, hier: „Adresse von fremder Hand“
  6. Kopitz (2007), S. 161
  7. Ludwig van Beethoven, Briefwechsel. Gesamtausgabe, Band 1, hrsg. von Sieghard Brandenburg, München 1996, S. 237, hier datiert: „vermutlich 1804“
  8. Beethoven aus der Sicht seiner Zeitgenossen, hrsg. von Klaus Martin Kopitz und Rainer Cadenbach, München: Henle, 2009, Band 2, S. 564
  9. Ronny von Wangenheim, Theresenkabinett in der Hunnenpforte öffnet. Stiftsdorf Asbeck hat jetzt ein Theresenkabinett, in: Münsterland-Zeitung, 14. Juni 2018 (online)