Turmburg

Als Turmburg bezeichnet man eine kleine Burg, die im Wesentlichen aus einem wehrhaften Turm oder einem turmartigen Bau besteht, der auf gewachsenem Boden gründet. Damit unterscheidet sich die Turmburg von der Motte (Turmhügelburg), die zwar ähnlich aussehen konnte, aber auf einem künstlich aufgeschütteten Hügel errichtet wurde. Die Turmburg wird gelegentlich auch als Wohnturmburg, Wohnturm oder Turmpalasburg bezeichnet. Zuweilen konnte in der Entwicklung einer Burg ein Wechsel von der Turmburg zur Motte stattfinden, wenn eine zunächst ebenerdig angelegte befestigte Anlage später durch Erdaufschüttung zu einer Motte umgestaltet wurde. Die bewohnbare und gleichzeitig befestigte Turmburg wurde im 11./12. Jahrhundert zum ständigen privaten Wohnsitz zahlreicher Herren.
Da viele Turmburgen zumindest geringe zusätzliche Bauten, wie etwa eine – oft nur wenige Meter lange – Ringmauer aufweisen, ist die Grenze zur „gewöhnlichen“ Burg fließend. Auch der Übergang zum Festen Haus ist fließend.
Die drei kleinen benachbarten thüringischen Ministerialenburgen Liebenstein (12. Jh.-16. Jh.), Ehrenburg (14.–15. Jh.) und Ehrenstein (12.–14. Jh.) werden heute als Turmpalasburgen eingestuft und daher als kunsthistorisch besonders bedeutende Objekte in Thüringen geführt. Ihre Bergfriede sind zeitgleich im Mauerverbund mit dem angeschlossenen Palas aufgemauert worden. Bei der sächsischen Burg Rabenstein (Chemnitz) soll der Palas nachträglich errichtet worden sein. Die Burg Saaleck kann als Doppel-Turm-Burg angesehen werden; außer den beiden bewohnbaren Bergfrieden konnten bislang keine weiteren Gebäude auf dem engen Felsplateau nachgewiesen werden. Das "G`schlössl" in Leithaprodersdorf/Österreich gilt als eines der wenigen Objekte in Nordeuropa, bei denen die mittelalterliche Nachnutzung eines römischen Wartturmes als mittelalterliche(r) Wartturm/Turmburg -hier mit Wassergäben- nachgewiesen werden konnte.
gewaltiger Bergfried/Wohnturm „Grützpott“ der „Turmburg“ Burg Stolpe, Brandenburg
Ruine der Turmburg Hoher Schwarm, Saalfeld/Saale, Wohnturm mit mutmaßlich ehemals vier runden Ecktürmen, Thüringen
Hausmannsturm (Bad Frankenhausen), eine typische Turmburg mit später angebautem Palas, Thüringen
Hausmannsturm (Bad Frankenhausen), Grundriss
Burg Neudek, Reste einer Turmburg: Wartturm/Bergfried auf einem Felsen mitten im Tal mit ehemals daran angebauten Gebäuden, davon nur Teile der Umfassungsmauer mit Tor erhalten, Tschechien
erhaltene Oberburg der Burg Rabenstein (Chemnitz), eine klassische Turmburg, der angeschlossene Palas soll nachträglich errichtet worden sein, Sachsen
Turmpalasburg Liebenstein, Bergfried und Palas wurden zeitgleich im Verbund aufgemauert, Thüringen
Burg Saaleck, eine Doppel-Turm-Palas-Burg, außer den zwei bewohnbaren Bergfrieden und einem nicht erhaltenen Palas blieb auf dem engen Felsplateau offenbar kaum Platz für weitere Gebäude
Beispiele für Turmburgen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Burg Stolpe, runder bergfriedartiger Wohnturm, Brandenburg
- Burgruine Hoher Schwarm, quadratischer Wohnturm mit runden Ecktürmen, Thüringen
- Burg Rechenberg, Ruine (ehem. quadratischer Turm abgerissen), Sachsen
- Burg Falkenstein (Vogtland), quadratische Turmfundamente auf Burgfelsen, Sachsen
- Burg Schöneck (Vogtland), Burg komplett abgetragen, Sachsen
- Burg Dölau, „Breitwohnturm“ mit Anbau erhalten, Thüringen
- mittelalterlicher Wartturm (späteres Jagdhaus Breitenbrunn), mit umlaufendem Wassergraben, Sachsen
- quadratischer Wartturm/Wohnturm (1485), umbaut vom jüngeren Schloss Schönberg (Vogtland), Sachsen
- Burg Neudek, quadratischer Wartturm erhalten und Umfassungsmauer der Burganlage darunter, Tschechien
- wahrscheinlich alle Burganlagen mit rechteckigen „Breitwohntürmen“ in Thüringen und Sachsen, siehe dazu Wohnturm
- die meisten der kleinen Burgen in Schottland und Irland mit rechteckigen Wohntürmen, siehe Tower House
- etliche Burgen in Dänemark nach Bauart des runden Wohnturmes, wie bei Burg Stolpe
- Burg Přimda, romanischer Wohnturmrest erhalten, Tschechien
- "G`schlössl" in Leithaprodersdorf, urspr. römischer Wachtturm mit mittelalterl. Nachfolgebau (Wartturm) mit Wassergräben, heute nur Grundmauerreste, Niederösterreich
- Ruine Oberes Baliken, fünfeckiger Turm (Turmburg), Schweiz
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Horst Wolfgang Böhme, Reinhard Friedrich, Barbara Schock-Werner (Hrsg.): Wörterbuch der Burgen, Schlösser und Festungen. Philipp Reclam, Stuttgart 2004, ISBN 3-15-010547-1, S. 248–249.