U-Bahnhof Gleisdreieck
Der U-Bahnhof Gleisdreieck ist ein oberirdischer U-Bahnhof im Berliner Ortsteil Kreuzberg des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, an dem sich die Linien U1 und U2 in zwei Ebenen kreuzen.
Anlage
Der U-Bahnhof Gleisdreieck ist ein Turmbahnhof. Der untere Bahnsteig der Linie U2 ist 103 Meter lang und liegt zehn Meter über der Straße. Der obere Bahnsteig der Linie U1 ist 110 Meter lang und wird teilweise von einer 81 Meter langen Halle überdacht. Er liegt 15 Meter über der Straße. Beide Bahnsteige sind mit einem Aufzug verbunden, ein weiterer Aufzug führt vom Bahnsteig der U2 zur Straße, weshalb der Bahnhof barrierefrei ist.
Westlich befindet sich das mittlerweile zum Park am Gleisdreieck umgestaltete Areal des ehemaligen Potsdamer Güterbahnhofs, das vom Fernbahntunnel unterquert wird.
Geschichte
Heute hat der Name Gleisdreieck nichts mehr mit der namensgebenden Form und Funktion zu tun. Bis 1912 verkehrten die abzweigenden Züge hier tatsächlich in einem Gleisdreieck. Schon 1907 gab es Pläne, einen Kreuzungsbahnhof an dieser Stelle zu bauen. Sie wurden aber zunächst nicht verwirklicht.
Unfälle: Anlass für den Bau
Am 26. September 1908 fuhren zwei Züge gegenläufig – einer vom Leipziger Platz, der andere von der Bülowstraße kommend – auf das Gleisdreieck zu. Beide bogen am Gleisdreieck gleichzeitig in Richtung Möckernbrücke ab, wobei der vom Leipziger Platz kommende Zug das auf „Halt“ stehende Signal überfuhr.
Es kam zu einer Flankenfahrt. Der erste Wagen des angefahrenen Zuges stürzte aus acht Metern Höhe auf den darunterliegenden Platz.[2] 17 Menschen starben, 18 wurden schwer verletzt.[3][Anm. 1] Der Triebfahrzeugführer, der das Signal missachtet hatte, wurde zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt.[3]
Nach einem weiteren – ähnlichen, jedoch weniger folgenschweren – Unfall am 17. Mai 1911 wurde ab Sommer 1912 die Gleisverzweigung aufgehoben und ein neuer Bahnhof geplant, in dem die Züge übereinander kreuzten. Die Entwürfe stammten von Sepp Kaiser.
Bau
Der Bahnhof Gleisdreieck wurde 1912/1913 in Hochlage zwischen den Gleisfächern der Anhalter, Dresdner, Stamm- und Wannseebahn errichtet.
Der zunächst erbaute untere Bahnsteig ist breit angelegt, sodass der vorläufig notwendige Umsteigeverkehr bewältigt werden konnte. Die heutige Form als Turmbahnhof mit den zwei Strecken in einer Spange zum Nollendorfplatz und dem oberen Bahnsteig existiert seit der Inbetriebnahme der Entlastungsstrecke im Jahr 1926, die heute von der Linie U1 befahren wird.
In der geteilten Stadt
Am Gleisdreieck endete nach dem Mauerbau am 13. August 1961 die Linie A (ab 1966: Linie 2), für die bereits Anfang der 1950er Jahre Wendeanlagen befestigt wurden. Da dieser Betrieb ohne Weiterfahrt in den Bezirk Mitte nicht mehr wirtschaftlich war, endeten die Züge ab 1. Januar 1972 am Wittenbergplatz (ab 1984: U2). Die Linie B bediente jedoch weiterhin die Station Gleisdreieck (ab 1966: Linie 1, ab 1984: U1) und hielt am oberen Bahnsteig, zu dem die Fahrgäste über den Durchgang des ruhenden unteren Bahnsteigs kamen.
Zwischen 1984 und 1991 war der untere Bahnsteig ein Endbahnhof der Magnetbahn M-Bahn, die von hier zum Bahnhof Kemperplatz verkehrte. Nach dem Mauerfall wurde die M-Bahn zugunsten der Wiederinbetriebnahme der U-Bahn abgebaut. Deren Wiederaufbau nahm zwei Jahre in Anspruch, sodass die U-Bahnlinie U2 am 13. November 1993 wieder durchgehend von Ruhleben über Gleisdreieck nach Vinetastraße verkehren konnte.
Nach der Wiedervereinigung
Um den in die Jahre gekommenen Bahnhof zu erneuern, begannen die Berliner Verkehrsbetriebe im Jahr 2009 mit einer umfassenden Sanierung der Gleise, der Bahnsteige und der Zugänge sowie der Dachflächen des Bahnhofsgebäudes. Insgesamt sollen sich die Kosten auf rund zwölf Millionen Euro belaufen, im September 2012 sollte die Sanierung abgeschlossen sein.[4][5][6] Im Rahmen dieser Bauarbeiten erhält der Bahnhof bis 2013 mehrere Aufzüge, sodass eine Benutzung des Bahnhofs barrierefrei möglich ist. Der erste Aufzug ging am 30. September 2010 in Betrieb,[7] der zweite folgte am 19. April 2012.
Mit dem Bau der S-Bahn-Strecke S21 ist zukünftig eine Umsteigemöglichkeit zur S-Bahn geplant. Der S-Bahnhof soll parallel zum Bahnsteig der U2 angeordnet werden.
Park
Unter dem Begriff Gleisdreieck wird mittlerweile auch ein 60 Hektar großes Berliner Projektentwicklungsgebiet auf den ehemaligen Güterbahnhöfen des Potsdamer und Anhalter Bahnhofs verstanden. Auf Teilflächen entstand hier zwischen 2011 und 2014 der Park am Gleisdreieck.
Film und Fernsehen
- Im Umfeld des Hochbahnhofs spielt der deutsche FDF-Spielfilm Gleisdreieck (1936/1937).[8]
- Das Brot der frühen Jahre, 1961.
- In der ARD-Fernsehserie Praxis Bülowbogen gab es einen Obdachlosen, der „Gleisdreieck“ genannt wurde (gespielt von Klaus Schwarzkopf). Dieser Spitzname bezog sich auf den Lieblingsaufenthaltsort des Obdachlosen, das Gelände des Berliner Gleisdreiecks.
- In dem Spielfilm Emil und die Detektive aus dem Jahr 2001 spielt eine Szene auf dem Bahnsteig des U-Bahnhofs. Der Bahnhof ist zu identifizieren, weil ein Schild mit dem Stationsnamen kurz von der Kamera erfasst wird.
- Der Videoclip zu Udo Lindenbergs Lied Sonderzug nach Pankow entstand auf dem oberen Bahnsteig des U-Bahnhofs Gleisdreieck.[9]
Anbindung
Der U-Bahnhof wird ausschließlich von den Linien U1 und U2 bedient; eine Umsteigemöglichkeit zu anderen Linien des Berliner Nahverkehrs besteht nicht.
Linie | Verlauf
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Literatur
- Axel Mauruszat: 100 Jahre Hochbahnhof Gleisdreieck. GVE-Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-89218-333-4.
Weblinks
- Eintrag in der Landesdenkmalliste
- Umgebungsplan der BVG; pdf-Datei (76 KB)
- Das Gleisdreieck auf berliner-verkehrsseiten.de
- Beschreibung der Bahnhöfe der Entlastungsstrecke, inkl. des U-Bahnhofs Gleisdreieck
- Beschreibung des Flankenfahrt-Unglücks 1908 mit Augenzeugenberichten
Anmerkungen
- ↑ Ludwig Ritter von Stockert: Eisenbahnunfälle. Ein Beitrag zur Eisenbahnbetriebslehre., Bd. 1. Leipzig 1913, S. 196, Nr. 74, nennt 17 Tote und 18 Verletzte.
Einzelnachweise
- ↑ Weiteres Foto: Ludwig Ritter von Stockert: Eisenbahnunfälle. Ein Beitrag zur Eisenbahnbetriebslehre., Bd. 2. Leipzig 1913, Abb. 48.
- ↑ Digitalisierte Ausgabe der Rhön-Zeitung (Vacha) vom 28. September 1908 (bitte vorwärtsblättern auf →1015)
- ↑ a b Hans Joachim Ritzau: Eisenbahn-Katastrophen in Deutschland. Splitter deutscher Geschichte. Bd.1: Landsberg-Pürgen 1979, S. 99.
- ↑ Sanierungsarbeiten am U-Bahnhof Gleisdreieck (U1) und den angrenzenden Viadukten, Pressemitteilung der Berliner Verkehrsbetriebe, 16. Juli 2010
- ↑ Ab morgen fährt die U1 wieder zwischen U Möckernbrücke und U Wittenbergplatz, Pressemitteilung der Berliner Verkehrsbetriebe, 7. Juni 2012
- ↑ Zwischenbilanz ‚Sommerbaustellen BVG‘, Pressemitteilung der Berliner Verkehrsbetriebe, 28. Juli 2010
- ↑ Aktuelle Prioritätenliste des Aufzugsprogramms des Berliner Senats 2011–2016 (PDF; 89 kB), Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, 9. Juni 2009
- ↑ www.deutscher-tonfilm.de: Gleisdreieck (1936/1937)
- ↑ Dokureihe ZDF-History: Go East – Weststars in der DDR (gesendet bei ZDFinfo am 30. Mai 2014).
Koordinaten: 52° 29′ 58″ N, 13° 22′ 27″ O