Verband der Cigarettenindustrie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Verband der Cigarettenindustrie e. V.
(VdC)
Logo
Rechtsform eingetragener Verein
Gründung 1948[1]
Sitz Berlin
Auflösung 2007
Zweck Interessenvertretung
Vorsitz Wouda Kuipers[2]
Mitglieder 7
Website www.vdc-berlin.de (Memento vom 19. Januar 2007 im Internet Archive)

Der Verband der Cigarettenindustrie e. V. (VdC) war der Interessenverband der Zigarettenhersteller in Deutschland mit Sitz in Berlin. Seine Mitgliedsunternehmen bestimmten praktisch den gesamten deutschen Zigarettenmarkt. Der Lobbyverband erklärte am 29. Juni 2007 seine Auflösung, nachdem wenige Wochen zuvor Deutschland-Marktführer Philip Morris (rund 37 % Marktanteil) überraschend ausgetreten war.[3]

Fünf der sieben vormaligen Mitglieder des VdC haben am 14. März 2008 den Deutschen Zigarettenverband (DZV) mit Sitz in Berlin gegründet, der die Lobbyarbeit der deutschen Tabakindustrie in Berlin und Brüssel fortsetzen soll.

Mitgliedsunternehmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die sieben Mitglieder standen für nahezu 100 Prozent der in Deutschland verkauften Zigaretten.

Auflösung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Mai 2007 kündigte Deutschland-Marktführer Philip Morris seine Mitgliedschaft im VdC mit der Begründung, man wolle sich stärker für eine gesundheitspolitisch orientierte Regulierung der Tabakwirtschaft und ein fast komplettes Tabakwerbeverbot einsetzen. Im VdC werde zu wenig getan gegen die schädlichen Folgen von Tabakkonsum. Der Verband nahm den Rückzug zur Kenntnis und erklärte zunächst, dass man angesichts der Tatsache, auch ohne Philip Morris die deutliche Mehrheit der Zigarettenindustrie in Deutschland zu bilden, „weiterhin der Ansprechpartner für Politik, Behörden und Öffentlichkeit“ bleibe.

Am 29. Juni 2007 schließlich erklärte der Verband seine Auflösung.

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der VdC war trotz nur sieben Mitgliedern einer der einflussreichsten Verbände in Deutschland. Er verfügte über hervorragende Beziehungen zu allen für ihn wichtigen Ministerien und nachgeordneten Bundesbehörden.

Sein Einfluss ging so weit, dass Gesetzesänderungen „vorformuliert“ wurden, die dann von Bundesregierung und Bundestag beschlossen wurden. So wurde z. B. am 20. September 2006 eine Gesetzesänderung beschlossen, die das Aus für sogenannte Eco-Filtercigarillos ab 1. Januar 2008 bedeutet. Obwohl die Zigarettenhersteller auch derartige Cigarillos herstellen, besteht ihr Hauptinteresse im Verkauf von Fabrikzigaretten.

Anfang Oktober 2006 wurde bekannt, dass die Haltung der deutschen Regierung zum Passivrauchen nicht von Behörden erarbeitet, sondern vom VdC vorformuliert wurde. Bei den Behörden wurde der Text inklusive Rechtschreibfehlern kopiert. Der VdC hat inzwischen bestätigt, dass diese „Gedanken“ von ihm geliefert worden sind.

Außerdem soll der VdC bereits in den 1970ern das wachsende Problembewusstsein gegenüber den Gefahren des Passivrauchens durch umfangreiche Lobby- und Marketingaktivitäten erfolgreich bekämpft haben. Nach einschlägigen Publikationen[1] sorgte der Verband durch die Beeinflussung von Wissenschaftlern und deren Veröffentlichungen dafür, dass Studienergebnisse über die Schädlichkeit des Passivrauchens unterdrückt wurden.

In den Jahren von 1977 bis 1991 sponserte der VdC direkt 110 Forschungsprojekte mit einem Gesamtvolumen von mehr als 15 Millionen DM.[4][5] Die Zahlungsempfänger waren bedeutende Persönlichkeiten der medizinischen Forschung wie Franz Adlkofer, Karl Überla, Jürgen von Troschke, Fritz Kemper, Helmut Schievelbein und Johannes Siegrist, die häufig auch direkten Zugang zur Politik hatten.

Traditionelle Gegnerschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zu den hartnäckigsten Gegnern der Tabak- und Zigarettenindustrie gehörte bereits 1974 die Ärztin Mildred Scheel und ihre Deutsche Krebshilfe. Die damalige Ehefrau des Bundespräsidenten Walter Scheel machte im Kampf gegen den Krebs als erste prominente Frau in der Bundesrepublik Front gegen das Rauchen. Kompetenz und Mut dazu begründete sie mit der Unabhängigkeit ihrer gemeinnützigen Organisation von Spenden aus Wirtschaft und Industrie, deren Sponsor-Angebot sie kategorisch ausschlug. Die Deutsche Krebshilfe finanziert ihre Hilfs- und Forschungs-Projekte seit jeher aus Spendengeldern der Bürger, um ihre Neutralität zu erhalten.

Partnerverbände[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Verein ist in der Lobbyliste beim Deutschen Bundestag eingetragen.

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Annette Bornhäuser et al., "German Tobacco Industry's Successful Efforts to Maintain Scientific and Political Respectability to Prevent Regulation of Secondhand Smoke", Center for Tobacco Research and Education, University of California (2006) (Memento des Originals vom 21. Juni 2006 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.tabakkontrolle.de (PDF)
  2. FinanzNachrichten.de: „VdC auch ohne Philip Morris schlagkräftig“
  3. Pressemitteilung vom 15. Mai 2007 (Memento vom 28. September 2007 im Internet Archive)
  4. Thilo Grüning, Anna B. Gilmore, Martin McKee: Tobacco Industry Influence on Science and Scientists in Germany. In: American Journal of Public Health. Vol. 96, No. 1, Januar 2006, S. 20–32, doi:10.2105/AJPH.2004.061507.
  5. Annette Bornhäuser, Jennifer McCarthy, Stantan A. Glantz Wie die Tabakindustrie in Deutschland durch die Erhaltung wissenschaftlicher sowie politischer Respektabilität Rechtsvorschriften zum Schutz vor Passivrauchen verhinderte

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]