Victor Blüthgen

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Victor Blüthgen, 1896
Plakette an seinem Wohnhaus in Bad Freienwalde von Paul Matzdorf anlässlich seines 60. Geburtstages
Denkmal des Dichters in seiner Geburtsstadt Zörbig

Victor Blüthgen (* 4. Januar 1844 in Zörbig; † 2. April 1920 in Berlin) war ein deutscher Dichter und Schriftsteller.

Leben

Der Sohn eines Postvorstehers war Schüler der Franckeschen Stiftungen in Halle, studierte dort ab 1869 Theologie und besuchte das Predigerseminar in Wittenberg. Zunächst schlug er sich als Hauslehrer durch; ab 1876 arbeitete er als Journalist, zuerst bei der Krefelder Zeitung, dann bei der Gartenlaube und ab 1880 bei der von Julius Lohmeyer herausgegebenen Deutschen Monatsschrift. Seine Gedichte und Erzählungen für Kinder erschienen in der Zeitschrift Die deutsche Jugend. Er publizierte Romane, Novellen, Operntexte und wurde vor allem durch seine Kinderlyrik bekannt. Unter anderem schrieb er Texte zu Bilderbüchern von Oscar Pletsch und Fedor Flinzer. Im Jahr 1898 heiratete Blüthgen die Schriftstellerin Clara Kilburger. Blüthgen wurde in Bad Freienwalde (Oder) bestattet.

Werke (Auswahl)

  • Bäder und Sommerfrischen. Lebens- und Landschaftsbilder von den beliebtesten Kurorten Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Leipzig: Schloemp 1882
  • Der Preuße. Erzählung. Berlin: Goldschmidt 1889
  • Das Geheimnis des dicken Daniel und anderes., Vier Erzählungen für die Jugend, Stuttgart: Union Deutsche Verlagsgesellschaft 1890 (Geschichten haben Bezug zu seiner Heimatstadt Zörbig)
  • Der Weg zum Glück, Erzählungen für die reifere Jugend, Stuttgart: Gebrüder Kröner
  • Lebensfrühling, Erzählungen für die Jugend, Stuttgart: Gebrüder Kröner
  • Gedankengänge eines Junggesellen. Leipzig: Reclam 1897
  • Ein "ehrlicher Makler" / Asra. zwei Novellen. Leipzig: Reclam um 1900
  • Aus gärender Zeit. Roman. Leipzig: Reclam 1901
  • Die Spiritisten. Leipzig 1902
  • Bekenntnisse eines Hässlichen und andere Geschichten. Stuttgart: Engelhorn 1905
  • Im Kinderparadiese - Kinder-Lieder und Reime, Gotha: Perthes 1905
  • Die kleine Vorsehung, Roman, Berlin: Perles 1909
  • Mama kommt!

Trotz seiner vielfältigen prosaischen Arbeiten wurden nach seinem Tod nur noch wenige gedruckt und vertrieben.

Gedichte

Das lyrische Werk von Blüthgen hat sich in vielen Werksammlungen und Kinderbüchern bis heute erhalten. Seriöse Sammlungen von Gedichten für Kinder und Jugendliche unterlassen es selten, seine wichtigen Gedichte aufzuführen, wie:

Die fünf Hühnerchen

Ich war mal in dem Dorfe,
Da gab es einen Sturm,
Da zankten sich fünf Hühnerchen
Um einen Regenwurm.

Und als kein Wurm mehr war zu sehn,
Da sagten alle: Piep!
Da hatten die fünf Hühnerchen
Einander wieder lieb.

oder

Ach, wer das doch könnte!

Gemäht sind die Felder,
Der Stoppelwind weht.
Hoch droben in Lüften
Mein Drache nun steht,
Die Rippen von Holze,
Der Leib von Papier,
Zwei Ohren, ein Schwänzlein
Sind all seine Zier.
Und ich denk: so drauf liegen
Im sonnigen Strahl,
Ach, wer das doch könnte
Nur ein einziges Mal!

Da guckt ich dem Storch
In das Sommernest dort:
Guten Morgen, Frau Störchin,
Geht die Reise bald fort?
Ich blickt in die Häuser
Zum Schornstein hinein:
O Vater und Mutter,
Wie seid ihr so klein.
Tief unter mir säh ich
Fluss, Hügel und Tal,
Ach, wer das doch könnte,
Nur ein einziges Mal!

Und droben, gehoben
Auf schwindelnder Bahn,
Da fasst ich die Wolken,
Die segelnden an;
Ich ließ mich besuchen
Von Schwalben und Krähn
Und könnte die Lerchen,
Die singenden sehn;
Die Englein belauscht ich
Im himmlischen Saal;
Ach, wer das doch könnte,
Nur ein einziges Mal!

Literatur

  • Victor Blüthgen. Ein Gedenkbuch zu seinem 70. Geburtstag. Herausgegeben von seinen Freunden. Leipzig: Walther 1914
  • Horst Kunze: Schatzhalter alter Kinderbücher. Der Kinderbuchverlag, Berlin, 1981
  • Hans Joachim Nauschütz: Victor Blüthgen (1844 - 1920) und Freienwalde. Mit Seitenblicken auf weitere Lebensstationen. Frankfurt (Oder): Kleist-Gedenk- und Forschungsstätte 1999. ISBN 3-9805717-8-5
  • Heimatverein 1923 Zörbig e.V.: Ach, wer doch das könnte!. Erzählungen und Gedichte. 1995.