Villa Kremenezky

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Villa Kremenezky (2019)

Die Villa Kremenezky ist eine Landhausvilla in Altaussee, die um 1874[1] von Péter Búsbach im Ausseer Stil erbaut wurde. Sie liegt in einem Landschaftspark, dem Kremenezky-Park im zentralen Ortsteil Fischerndorf. 1936 wurde sie durch den Architekten und Kunsthandwerker Otto Prutscher umgebaut. Die Villa ist nach einem ihrer früheren Besitzer, Theodor Kremenezky, benannt. Der wechselvollen Geschichte der Villa ist in einem Buch von Marie-Theres Arnbom ein eigenes Kapitel gewidmet.[2]

Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die derzeit (Stand 2022) unbewohnte und nicht denkmalgeschützte Villa mit der Anschrift Fischerndorf 52 befindet sich am oberen Ende eines rund 10.000 m² großen parkähnlichen Grundstückes inmitten des Ortskerns von Altaussee an einem Südhang am Fuß des Losers. Die Entfernung zum Altausseer See beträgt etwa 350 Meter.[3][4]

Geschichte und Eigentümer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Péter Búsbach[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Über die Zeit der Errichtung der Villa ist wenig bekannt. Laut Grundbuchauszug kaufte Peter Busbach das Grundstück Donisen-Ackerl am 29. August 1873 von den Eheleuten Franz und Johanna Wimmer.[1] Die ursprüngliche Villa dürfte kurz danach gebaut worden sein. Aufgrund des Ehevertrages vom 29. September 1891 wurde Busbachs Gattin Emma (geb. Martolosick) Hälfteigentümerin der Liegenschaft. Im Jahre 1900 wurde im Häuserverzeichnis des Gerichtsbezirkes Aussee zur Adresse Fischerndorf 52 ebendieser Peter Busbach als Besitzer der Villa angeführt.[5] Péter Búsbach (1827–1905) war ein ungarischer Rechtsanwalt und Schriftsteller, sowie Mitglied der ungarischen Nationalversammlung.

Mit Eugen und Mathilde Zsigmondy blieb die Villa per Kaufvertrag vom 25. Mai 1906 bis 1920 im Besitz der Familie.[2][6]

Familie Andrian-Werburg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 4. Oktober 1920 erwarb die Psychologin Gabriele von Wartensleben das Anwesen. Bereits zwei Jahre später, am 18. Dezember 1922 ging dieses in den Besitz ihres Bruders, den Schriftsteller und Diplomaten Leopold Andrian über.[2] Andrian verkaufte am 16. Juni 1920 sein bisheriges Anwesen in Fischerndorf 48 (Villa Wassermann) und erwarb stattdessen die Liegenschaft Fischerndorf 52. Andrian liegt am Friedhof Altaussee begraben. Von älteren Menschen wird die Villa Kremenzky noch heute als Andrian-Villa bezeichnet.[7][8]

Nach der Familie Andrian ist auch die „Andrian-Werburg-Promenade“ in Altaussee benannt.

Bernhard Panzer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 21. Oktober 1931[8] erwarb Bernhard Panzer (1870–1934) die Liegenschaft gegen Leibrente von Leopold Andrian.[9] Panzer war Laryngologe in Wien. Aufgrund eines von seinem Bruder ererbten Vermögens war er auch Eigentümer der Villa Primavesi in Wien-Hietzing und Förderer der Wiener Werkstätte und Gustav Klimts. So besaß Panzer auch das Klimt-Gemälde Am Attersee. Infolge eines Hirnschlages stürzte Panzer 1934 im Lainzer Tiergarten vom Pferd und starb. Panzer sprach in seinem Testament ein Betretungsverbot für seine geschiedene zweite Frau Isabella Tas in seinem Ferienhaus in Altaussee aus. Dadurch hätten jedoch seine zwei minderjährigen Kinder keinen Zutritt mehr zur Villa gehabt. Um dem Willen Panzers zu entsprechen und dennoch den Kindern samt deren Mutter die Nutzung des Ferienhauses zu ermöglichen, wurde die Villa in Altaussee 1936 mit Einwilligung des Abhandlungsgerichtes verkauft und dafür eine andere Villa bei Sankt Wolfgang erworben.[10]

Theodor Kremenezky[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aus der Verlassenschaft von Bernhard Panzer kaufte der Wiener Industrielle Theodor Kremenezky am 24. April 1936 die Liegenschaft Fischerndorf 52.[9] Theodor Kremenezky (1901–1973) war der Sohn von Johann Kremenezky, der in Wien die elektrische Beleuchtung einführte und einer der engsten Mitarbeiter von Theodor Herzl war.[11] Theodor Kremenezky beauftragte kurz nach dem Kauf den Wiener Architekten Otto Prutscher mit dem Umbau der Villa.[12]

NS-Zeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 1. Mai 1938 wurde die Villa von der NSDAP beschlagnahmt und am 4. August 1938 arisiert.[2] Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde sie vom Gauleiter und SS-Obergruppenführer August Eigruber bewohnt.[13] Eigruber wollte die im Ausseer Bergwerkstollen von den Nationalsozialisten gestohlenen Kunstschätze in die Luft sprengen.

Nachkriegszeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Theodor Kremenezky überlebte im Gegensatz zu seiner Schwester Charlotte, die im Vernichtungslager Auschwitz ermordet wurde, den Holocaust, indem er 1938 über Italien nach Israel floh. Nach dem Krieg kehrte Kremenezky nach Österreich zurück und beantragte die Restitution seiner Villa. Am 9. Juli 1947 wurde ihm das von den Nazis geraubte Fischerndorfer Grundstück von der Republik Österreich zurückgegeben.[2] Die heute gebräuchliche Bezeichnung „Kremenezky-Villa“ für das Anwesen Fischerndorf 52 entstammt wahrscheinlich der Zeit nach 1945, in der die Kremenezkys über zwei Jahrzehnte diese Villa bewohnten. Nach seinem Tod am 4. November 1973 wurde Theodor Kremenezky im Grab seiner bereits 1970 verstorbenen Gattin Doris auf dem Friedhof in Altaussee beerdigt.[9]

Erika Varay[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Tod von Theodor Kremenezky erbte Erika Varay (1921–2001), geborene Kremenezky, die Villa von ihrem Onkel und wurde das Eigentumsrecht für sie am 25. Juli 1976 ins Grundbuch eingetragen. Erika war die Tochter von Alexander Kremenezky, dem um 11 Jahre älteren Bruder von Theodor. Alexander war bereits 1971 in Paris verstorben. Die bei der einheimischen Bevölkerung als „Grande Dame“ bekannte Erika verbrachte ausschließlich die Sommer in Altaussee und beherbergte während dieser Aufenthalte zahlreiche internationale Gäste in ihrer Villa, wie z. B. den damaligen Bürgermeister von Paris und späteren französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac.

Familie Kowall[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 26. April 1985 verkaufte Erika Varay die Villa Kremenezky an Friedrich und Margarete Kowall aus Mödling. Als Haupteigentümer des „Diabaswerkes Saalfelden“ sowie des „Baukontors Gaaden“ in Mödling betrieb Friedrich Kowall zwei große Steinbrüche. Kurz nach dem Erwerb der Kremenezky-Villa ließen die Eheleute Kowall das Haus renovieren um eine ganzjährige Nutzung zu ermöglichen. Friedrich Kowall (geb. 8. Juni 1922) verstarb am 12. Juli 2017 kurz nach seinem 95. Geburtstag. Die Villa in Altaussee wurde an die Kinder der Familie weitergegeben.[9]

Derzeitige Situation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit Kaufvertrag vom 2. Juli 2019 wurde die gesamte Liegenschaft der Villa Kremenezky von der Vivamayr Sport GmbH erworben.[1] Deren Eigentümer sind der Industrielle Hannes Androsch und dessen Tochter Natascha Sommerer,[14] die in Altaussee bereits das direkt am Altausseer See gelegene Hotel Vivamayr betreiben. Das Bekanntwerden der Pläne zum beabsichtigten Abbruch der Villa[15] und zur Errichtung eines weiteren Wellness-Hotels für Sportler auf den Kremenezky-Gründen sorgt seither den österreichischen Medien regelmäßig für Schlagzeilen.[16][17][18][19][20]

Architekturgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Errichtung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die um 1874 erbaute Villa Busbach war ursprünglich im Stil eines großbürgerlichen zweigeschossigen Sommerhauses dieser Zeit gestaltet. So besaß die in einer Hanglage im nördlichen Teil des Parks situierte Villa im Obergeschoss einen Erker mit markanter Dachkonstruktion, der ebenso wie die dreigeteilte Veranda aufwändige Holzschnittarbeiten zeigte. Im Gegensatz zum Erdgeschoss, das in Massivbauweise ausgeführt und mit hellen Quadersteinen dekoriert war, wurde für das Obergeschoss aus Kontrastgründen eine mit unverputzten Backsteinziegeln gefüllte Fachwerkkonstruktion gewählt.[21][22]

Eine um 1900 entstandene Fotografie zeigt die Villa Busbach im ursprünglichen Zustand.[23]

Umbau durch Prutscher um 1936[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Theodor Kremenezky 1936 die Villa erwarb, beauftragte er umgehend den Wiener Architekt Otto Prutscher mit dem Umbau, wodurch sich das Erscheinungsbild der Villa grundlegend änderte. Prutscher ließ den Erker entfernen, verkleidete das Fachwerk im Obergeschoss mit horizontal angeordneter Holzverschalung, ersetzte die schlanken Steher der oberen Veranda durch stärkere und den geschwungenen Abschluss mit den opulenten Laubsägearbeiten durch einen geraden Holzträger ohne Dekor. Auch die ursprünglich dekorativ gestaltete Balkonbrüstung wurde entfernt und durch ein elegant wirkendes puristisches Geländer ersetzt. Als Reminiszenz an die alpine Landschaft wurden im Obergeschoss Fensterläden angebracht. Im Erdgeschoss ließ Prutscher die beiden mittleren Steher der Veranda entfernen und an den Seiten jeweils ein Fenster einbauen. Die Steinverkleidungen wurden verputzt und wie die Mauern weiß gefärbt. Das Ergebnis der Umbauarbeiten war eine gelungene Mischung aus Wiener Moderne mit Versatzstücken des Baustils aus dem Ausseerland.[21]

Eine Fotografie der Villa im Winter zeigt deren Aussehen nach dem Umbau durch Prutscher.[21]

Heutiges Erscheinungsbild[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim letzten Umbau in der Mitte der 1980er Jahre wurde die ursprünglich offene Veranda im Obergeschoss geschlossen und mit großen, unterteilten Fenstern und üppigen Holzschnitzereien versehen. Auch der ehemals umlaufende Balkon wurde zur Gänze entfernt. Die Haustüre wird durch einen pseudoklassizistischen Türstock aus Fludergrabenmarmor hervorgehoben. Während das gemauerte Erdgeschoss heute weiß gefärbt ist, besitzt das Obergeschoss eine dunkelbraune horizontale Holzverschalung. Die Fensterrahmen und die dazugehörenden Fensterläden sind in typischem Ausseer Grün gehalten. Seit ihrem knapp 150-jährigen Bestehen durchlief die Villa somit drei gänzlich unterschiedliche Stilphasen. Das heutige Erscheinungsbild entspricht am ehesten der gehobenen Bautradition im Ausseerland.[21]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Grundbuchauszug EZ 14 der KG 67001 Altaussee vom 7. Oktober 2022.
  2. a b c d e Marie-Theres Arnbom: Die Villen vom Ausseerland: Wenn Häuser Geschichten erzählen. Wien, Amalthea Signum (2021). Kap. 16: „Es werde Licht! Glühlampen und die blaue Büchse“, S. 148–155.
  3. Lage in OpenStreetMap; abgerufen am 8. Oktober 2022
  4. Christian Huemer: Androschs neues Hotel kommt in die Ortsmitte. In: Kleine Zeitung. 18. November 2018, abgerufen am 4. Oktober 2022.
  5. Häuser-Verzeichnis des Gerichtsbezirkes Aussee. Aussee 1900, S. 13.
  6. Ennstalwiki: Persönlichkeiten im steirischen Salzkammergut; abgerufen am 8. Oktober 2022
  7. Literaturmuseum Altaussee: Leopold von Andrian; abgerufen am 8. Oktober 2022
  8. a b Alois Mayrhuber: Künstler im Ausseerland. Verlag Styria 1985.
  9. a b c d Dialog Lebenswertes Altaussee: Zur Geschichte der Kremenzky-Gründe in 5 Teilen; abgerufen am 8. Oktober 2022
  10. Dossier zu Gustav Klimt „Am Attersee“ (1900). Leopold Museum Privatstiftung LM Inv. Nr. 4148 (PDF, 55 Seiten); abgerufen am 8. Oktober 2022
  11. Theodor Herzl. In: Literaturmuseum Altaussee. Literaturmuseum Altaussee, abgerufen am 4. Oktober 2022.
  12. Dorotheum.com, Versteigerung vom 23. März 2018: Otto Prutscher und A. Schuwerk, Entwürfe der Villa Kremenezky, Altaussee, 1956; abgerufen am 8. Oktober 2022
  13. Hans Rauscher: Massentourismus statt Sommerfrische: Aussee als Disneyland. In: Der Standard. Oscar Bronner, 22. August 2021, abgerufen am 4. Oktober 2022.
  14. firmenmonitor.at: Vivamayr Sport GmbH, FN 514209s; abgerufen am 8. Oktober 2022
  15. derstandard.at vom 22. August 2021: Massentourismus statt Sommerfrische: Aussee als Disneyland; abgerufen am 11. Oktober 2022
  16. ebra: Androsch plant weiteres Wellnesshotel in Altaussee. In: Oberösterreichische Nachrichten. OÖ. Online GmbH & Co.KG., 26. Februar 2019, abgerufen am 4. Oktober 2022.
  17. Benedikt Karl: Altaussee: Salz im Sandling, Sommerfrische am See. In: LBN – Liezener Bezirksnachrichten. Liezener Bezirksnachrichten GmbH, 10. April 2019, abgerufen am 4. Oktober 2022.
  18. Kleine Zeitung vom 18. November 2018: Androschs neues Hotel kommt in die Ortsmitte; abgerufen am 8. Oktober 2022
  19. OÖ Nachrichten vom 26. Februar 2019: Androsch plant weiteres Wellnesshotel in Altaussee; abgerufen am 8. Oktober 2022
  20. Alpenpost vom 22. November 2018: Große Pläne für Altaussee; abgerufen am 8. Oktober 2022
  21. a b c d Dialog Lebenswertes Altaussee: Zur Architekturgeschichte der Kremenzky-Villa von Edith Friedl; abgerufen am 8. November 2022
  22. Verein ARGE Ausseer Kammerhofmuseum (Hrsg.): BauArt Ausseerland. Bauen in der Kulturlandschaft des Ausseerlandes. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung 2015, Band Nr. 31, Bad Aussee 2015
  23. Johann Linortner, Irmgard und Arthur Gollner: Zur Sommerfrische im Ausseer Land. Ansichtskartengrüße aus dem steirischen Salzkammergut. Eigenverlag Johann Linortner, 2007. Abbildung 232 auf Seite 86: Villa Busbach

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Villa Kremenezky – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 47° 38′ 33,6″ N, 13° 46′ 2,9″ O