Weimarer Klassik

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Theobald von Oer: Der Weimarer Musenhof

Der Ausdruck Weimarer Klassik bezeichnete im Verständnis des 19. Jahrhunderts die Zeit, in der das "Viergestirn" Wieland, Goethe, Herder und Schiller in Weimar wirkten. Im engeren Sinn wird die Epoche nach Johann Wolfgang Goethes erster Italienreise 1786 damit bezeichnet. Die Weimarer Klassik dauerte etwa bis zu Schillers Tod 1805. Teilweise wird mit Weimarer Klassik auch nur die gemeinsame Schaffensperiode der befreundeten Dichter Goethe und Friedrich Schiller bezeichnet, die von 1794 bis 1805 dauerte.


Voraussetzungen für die Weimarer Klassik

Als Johann Joachim Winckelmann 1755 seine Gedanken über die „Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst“ und 1764/67 seine „Geschichte der Kunst des Altertums“ schrieb, ahnte er nicht, welche Wirkung diese Werke bis ins 19. Jahrhundert hinein auf die vorwiegend römisch orientierte Kunst und Kultur haben sollten. Seine ästhetische Betrachtung der griechischen Kunst (edle Einfalt, stille Größe) war die Grundlage für die Zeit der Klassik. Auch die literarische Klassik, später auch Weimarer Klassik genannt, blieb diesen Grundsätzen treu.

Zeitlicher Ablauf

Ihren Ausgangspunkt nahm sie daher, dass 1772 die verwitwete Herzogin Anna Amalie von Sachsen-Weimar-Eisenach zur Erziehung ihrer beiden Söhne Wieland nach Weimar berief.

Bevor dann Goethe 1775 mit 26 Jahren - ebenfalls als Prinzenerzieher - nach Weimar gerufen wurde, war er - vor allem durch den Briefroman "Die Leiden des jungen Werthers" - zum Führer des Sturm und Drang geworden. Mit Goethes Übersiedelung nach Weimar wurden seine Werke kontinuierlich reifer im Sinne eines sich inhaltlich und formal der klassischen Antike annähernden ästhetischen Ideals. Diesem Ideal auch räumlich nachstrebend reiste Goethe 1786 nach Italien. Unmittelbar nach seiner Rückkehr im Frühjahr des Jahres 1788 ließ er sich von seinen bisherigen Ämtern befreien und lernte im September Schiller in Rudolstadt kennen. Diese Begegnung war für beide eher ernüchternd: Goethe hielt Schiller für einen Heißsporn des Sturm und Drangs, und Schiller sah Goethes dichterische Heransgehensweise in starkem Kontrast zu seiner eigenen

1776 zog Goethe auch den von ihm bewunderten Herder aus Bückeburg als Generalsuperintendenten nach Weimar - nicht ohne dass ihrer beider Beziehung sich alsbald abkühlte.

Als Schiller und Goethe einander 1794 bei einem Vortrag in Jena näher kamen, sahen die Urteile übereinander schon ein wenig anders aus (vgl. Schillers Essai Über naive und sentimentalische Dichtung von 1795). Ausschlaggebend für diese Erkenntnisse sind zwei Briefe Schillers an Goethe, einer vom 23. August und der andere vom 31. August 1794, mit denen er erfolgreich um seine Freundschaft warb. Schiller und Goethe beeinflussten einander ungemein (vgl. ihre gemeinsam verfassten Xenien von 1796). Eines der wertvollsten Zeugnisse der Weimarer Klassik ist ihr darauf folgender Briefwechsel.

Kennzeichen und Merkmale

Die Französische Revolution mit ihrer Forderung nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit bildet die Basis für die Weimarer Klassik. Im Zentrum des klassischen Kunstkonzepts steht das Streben nach harmonischem Ausgleich der Gegensätze. In Anlehnung an das antike Kunstideal wird nach Vollkommenheit und der Übereinstimmung von Inhalt und Form gesucht. Wo Goethe in der Natur ein Modell für den universalen Zusammenhang aller Erscheinungen suchte, wurde für Schiller die Geschichte zum wichtigsten Bezugspunkt. Weitere Merkmale sind:

  • Auseinandersetzung mit der Französischen Revolution
  • Nicht durch einen gewaltsamen Umsturz (Französische Revolution), sondern durch eine evolutionäre Fortentwicklung (langsame Höherentwicklung) der Gesellschaft gelange man zu dem Ziel des Vernunftstaates.
  • Zentralisierung auf Weimar
  • Stellt der Unruhe der Zeit das Programm der ästhetischen Erziehung gegenüber: Die Menschen sollen durch Kunst und Literatur zu Humanität erzogen und dadurch reif für gesellschaftliche Veränderungen werden.
  • Erziehungsideal ist die „schöne Seele“, d.h. der Mensch, dessen Handeln, Pflicht und Neigung in Übereinstimmung sind (Ideal eines ruhigen, abgeklärten, in sich selbst ruhenden Menschen).
  • Zeitlosigkeit der Epoche, indem sie Gegenstände zur Betrachtung wählt, die „über allen Einfluss der Zeiten erhaben“ sind, genauer menschlich-ethische Werte
  • Streben nach Harmonie in der Gesellschaft statt Egoismus des Sturm und Drangs
  • Humanität
  • Einsicht, dass persönliches Verderben die gerechte Strafe für begangene sittlich-moralische Verfehlungen ist

Zu den wichtigsten Motiven der Weimarer Klassik gehören unter anderem Menschlichkeit und Toleranz. Die wichtigste Gattung ist das Drama, wobei Lyrik und Epik nebensächlich bleiben. Typisch war eine markante und gediegene Sprache.

Die Weimarer Klassik hat ihren Namen nicht nur durch die Orientierung hin zur Antike erhalten, die mit Wielands denkerischer und stofflicher Antikerezeption stark einsetzte und sich - vor allem bei Goethe - auch in der Form vieler Werke widerspiegelt. Sie galt auch als "klassische" Epoche deutscher Dichtung.

In der Gegenbewegung der Romantik wurde dann der Begriff "Klassik" auf formale Übernahmen eingeengt und als absprechender Kampfbegriff vor allem gegen Schiller gewandt. Von daher gesehen, bezeichnete der Begriff also nicht eine vorbildliche Epoche, sondern eine Schule, die die griechische Klassik zum Vorbild genommen habe.

Ausgewählte Werke aus dieser Epoche

Christoph Martin Wieland

Johann Wolfgang Goethe

Johann Gottfried Herder

Friedrich Schiller

Weiterführende Literatur und Internetverweise

Internetverweise