Werner Heiduczek

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Schriftsteller auf der „agra“, Leipzig, 5. Juli 1968, v. l. n. r.: Werner Bräunig, Jochen Schäfers, Werner Heiduczek und Werner Reinowski.

Werner Heiduczek (* 24. November 1926 in Hindenburg, Oberschlesien; † 28. Juli 2019 in Zwenkau[1]) war ein deutscher Schriftsteller. Seine Werke wurden in mehr als 20 Sprachen übersetzt und nennen als Autor – je nach Sprachregion – Verner Gajduček, Verners Heidučeks oder Verneris Heidućekas.[2]

Leben

Heiduczek wuchs in einer katholischen schlesischen Bergarbeiterfamilie als eines von fünf Kindern auf – der Vater war Bergmeister im oberschlesischen Kohlerevier. 1942, während des Zweiten Weltkriegs, meldete sich Werner Heiduczek freiwillig als Flakhelfer. Da er an die Front wollte, kam die Einberufung zur Wehrmacht 1944 nicht ungelegen. Zu Fronteinsätzen kam es jedoch nicht.

Aus US-amerikanischer Kriegsgefangenschaft floh er in die Ostzone und geriet dort in sowjetische Kriegsgefangenschaft, doch blieb ihm der Arbeitseinsatz in der Sowjetunion erspart[3]. Ab Januar 1946 nahm er an einem Kurs für sogenannte Neulehrer in Herzberg (Elster) teil und unterrichtete von September bis November 1946 in der Dorfschule in Wehrhain.[4] 1946 bis 1949 studierte Heiduczek in Halle Pädagogik und Germanistik. Bis 1952 wirkte er als Lehrer, Schulinspektor und schließlich Kreisschulrat in Merseburg.[5] Ab 1953 absolvierte er in Potsdam ein Aufbaustudium in Pädagogik und war anschließend bis 1961 erneut im Schuldienst tätig, z. B. 1955 bis 1959 an der Kinder- und Jugendsportschule in Halle. Von 1961 bis 1964 wirkte er als Deutschlehrer am Goethe-Gymnasium im bulgarischen Burgas.

Ab 1965 war er als freier Schriftsteller in Halle/Saale ansässig. Heiduczek schrieb anfangs Erzählungen, Stücke und Hörspiele für Kinder und Jugendliche. In späteren Werken behandelte er das Schicksal von Heimatvertriebenen und ihre Integration in die DDR-Gesellschaft. Sein 1977 im Mitteldeutschen Verlag Halle/Saale erschienener Roman Tod am Meer, die autobiografisch gefärbte, skeptische Lebensbilanz des DDR-Künstlers Jablonski, wurde 1978 auf Intervention des sowjetischen Botschafters in der DDR Pjotr Abrassimow wegen angeblich antisowjetischer Passagen zeitweise verboten: Heiduczek hatte in seinem Buch die Vergewaltigung deutscher Frauen durch sowjetische Soldaten nach dem Zweiten Weltkrieg angesprochen.[6] Bis zum Ende der DDR verlegte sich Heiduczek daraufhin vermehrt auf Stoffe aus Märchen und Sagen.

Heiduczek war seit 1960 Mitglied des Schriftstellerverbandes der DDR; seit 1990 gehörte er dem Verband Deutscher Schriftsteller und dem PEN-Zentrum Deutschland an, seit 1992 der Freien Akademie der Künste zu Leipzig.

Werner Heiduczek und seine Ehefrau Dorothea (Lehrerin, † 1998) hatten drei Töchter (die jüngste starb 1996). Im Jahr 2001 lernte der Witwer die Journalistin Traudel Thalheim (* 1937)[7] kennen – mit ihr lebte er bis zu seinem Lebensende in Leipzig.[8][9] Heiduczek starb 2019 mit 92 Jahren. Die Trauerfeier fand am 21. August 2019 in Leipzig statt[10]; die Urne wurde in Lichtentanne in die Erde gebettet – an der Grabstelle seiner Ehefrau.[11]

Auszeichnungen

Die Stadt Leipzig ehrte ihn 1996 mit dem Ehrenband „Werner Heiduczek zum 70. Geburtstag“ (verantwortlich: Reinhard Stridde, Essay: Carsten Wurm, Bibliographie: Ulrich Kiehl), ISBN 3-86061-012-0.[13]

Werke (Auswahl)

Als Autor

Die Deutsche Nationalbibliothek listet zum Autor Werner Heiduczek insgesamt 119 Publikationen auf (Stand: 29. Juli 2019).[14]

Autobiographie

Bilderbücher

Erzählungen, Märchen

  • Matthes und der Bürgermeister. Mitteldeutscher Verlag, Halle/Saale 1961[17]
  • Die Brüder. 5. Aufl. Kinderbuchverlag, Berlin 1976 (EA Berlin 1968)[18]
  • Mark Aurel oder Ein Semester Zärtlichkeit. Verlag Neues Leben, Berlin 1988, ISBN 3-355-00791-9 (EA Berlin 1971).[16]
  • Jule findet Freunde. Erzählungen (Robinsons billige Bücher; Bd. 41). Kinderbuchverlag, Berlin 1961.
  • Das verschenkte Weinen. Märchen und Mythen. Kiepenheuer Verlag, Leipzig 1991, ISBN 3-378-00471-1 (EA Berlin 1977).
  • Dulittls wundersame Reise. Eine Erzählung. Kinderbuchverlag, Berlin 1986, ISBN 3-358-00734-0.[16]
  • Reise nach Beirut. Verfehlung. Mitteldeutscher Verlag, Halle/Saale 1986, ISBN 3-354-00040-6.

Essays

  • Verfall einer Zeit. Beispiel Leipzig. Weidlich Flechsig, Würzburg 1992, ISBN 3-8035-1353-7 (zusammen mit Gerhard Hopf und Falk Brunner).
  • Deutschland – kein Wintermärchen oder Draußen vor der Tür. Verlag Europäische Ideen, Berlin 1993.
  • Jeder ist sich selbst der Fernste. Plöttner, Leipzig 2010, ISBN 978-3-95537-039-8.
  • Vom Glanz und Elend des Schreibens. Plöttner, Leipzig 2011, ISBN 978-3-95537-038-1.

Kinderbücher

  • Matthes. 6. Aufl. Kinderbuchverlag, Berlin 1979 (EA Berlin 1962)[16]
  • Der kleine Gott der Diebe. LeiV, Leipzig 1992, ISBN 3-928885-20-0.

Nacherzählungen

Romane

  • Abschied von den Engeln. 9. Aufl. Mitteldeutscher Verlag, Halle/Saale 1968.
  • Tod am Meer. Aufbau-Taschenbuchverlag, Berlin 1999, ISBN 3-7466-1584-4 (EA Halle/Saale 1977).

Theaterstücke

  • Jule findet Freunde. Schauspiel in zehn Bildern. Hofmeister Verlag, Leipzig 1959.
  • Der Gast aus Saadulla (UA 1985 Neue Szene Leipzig)
  • Das andere Gesicht. Schauspiel von Werner Heiduczek. Plöttner, Leipzig 2011, ISBN 978-3-86211-050-6

Werkausgabe

  • Im Querschnitt. Prosa, Stücke, Notate. Mitteldeutscher Verlag, Halle/Saale 1976.
  • Im gewöhnlichen Stalinismus. Meine unerlaubten Texte, Tagebücher, Briefe, Essays. Kiepenheuer Verlag, Leipzig 1991, ISBN 3-378-00453-3.

Als Herausgeber

  • Die sanfte Revolution. Prosa, Lyrik, Protokolle, Erlebnisberichte, Reden. Kiepenheuer, Leipzig 1990, ISBN 3-378-00421-5 (zusammen mit Stefan Heym).

Literatur

  • Klaus-Dieter Hansch: Funktionalstilistische Großtextanalyse unter sprachkulturellem Aspekt. Dargestellt an Analyse und sprachkritischer Bewertung von Werner Heiduczeks Roman „Abschied von den Engeln“, Dissertation, Halle 1988.
  • Reinhard Stridde (Hrsg.): Werner Heiduczek zum 70. Geburtstag, Städtische Bibliotheken, Leipzig 1996, ISBN 3-86061-012-0.
  • Kurzbiografie zu: Heiduczek, Werner. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.

Einzelnachweise

  1. Leipziger Schriftsteller Werner Heiduczek ist tot – abgerufen am 29. Juli 2019
  2. https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&query=118992473 – abgerufen am 29. Juli 2019
  3. Wie ihm der Transport nach Sibirien erspart blieb, hat Heiduczek 1998 im Text „Russenkaserne“ beschrieben.
  4. Hans-Dieter Lehmann: Bilder aus dem Schliebener Amtsbereich: In: Schliebener Amtsnachrichten vom 17. März 1995.
  5. Karlheinz Klimt: Eine neue Klasse - Erinnerungen und Wertungen eines in Schulpforte Dabeigewesenen. Projekte-Verlag Cornelius, Halle/Saale 2009, ISBN 978-3-86634-819-6.
  6. https://www.mz-web.de/kultur/-tod-am-meer--machte-ihn-beruehmt-schriftsteller-werner-heiduczek-ist-tot-32938224 – abgerufen am 15. August 2020
  7. Am Küchentisch bei Traudel Thalheim, Interview von Michael Faber – abgerufen am 29. Juli 2019
  8. http://www.lvz.de/Kultur/News/Ich-bin-ausgeschrieben-Der-Leipziger-Schriftsteller-Werner-Heiduczek-wird-90
  9. http://www.bestageforum.de/3570.html
  10. https://trauer-anzeigen.de/traueranzeige/werner-heiduczek – abgerufen am 22. August 2019
  11. https://www.lvz.de/Nachrichten/Kultur/Kultur-Regional/Bewegender-Abschied-von-Werner-Heiduczek-auf-dem-Leipziger-Suedfriedhof – abgerufen am 22. August 2019
  12. http://www.leipzig-almanach.de/literatur_buchempfehlung_werner_heiduczek_das_verschenkte_weinen_maerchen_babette_dieterich.html
  13. http://d-nb.info/949674575 – abgerufen am 29. Juli 2019
  14. http://d-nb.info/gnd/118992473 – abgerufen am 29. Juli 2019.
  15. a b Illustriert Karl-Heinz Appelmann.
  16. a b c d e f Illustriert von Wolfgang Würfel
  17. Illustriert von Hans Mau.
  18. Illustriert von Gerhard Rappus.