Worms-Herrnsheim

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Herrnsheim
Stadt Worms
Ehemaliges Gemeindewappen von Herrnsheim
Koordinaten: 49° 39′ N, 8° 20′ OKoordinaten: 49° 39′ 10″ N, 8° 19′ 48″ O
Höhe: 110 m ü. NN
Fläche: 15,73 km²
Einwohner: 5936 (31. Dez. 2012)[1]
Bevölkerungsdichte: 377 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. April 1942
Postleitzahl: 67550
Vorwahl: 06241
Karte
Lage von Herrnsheim in Worms
Ortskern Herrnsheim
Ortskern Herrnsheim
Schlosspark

Herrnsheim [Aussprache ˈhɛʁns.haɪm, im Dialekt ˈhɛnzəm] ist ein Stadtteil von Worms im Wonnegau in Rheinhessen.

Geschichte

Name

Bei der Ersterwähnung im Lorscher Codex wird 771 der Name Harlesheim verwendet. Er ist aus dem Grundwort „Heim“ und dem Bestimmungswort „Harles“ zusammengesetzt. Es handelt es sich folglich um die fränkische Wohnstätte eines Hari-ulf oder Hari-lant. Bis die Ortschaft 1445 endgültig Herrnsheim genannt wird, finden sich in Urkunden die Formen Herlzheim, Herlivisheim, Herlisheim und Herlesheim.

Chronik

Von der Jungsteinzeit bis zur Làtenezeit

In der Herrnsheimer Gemarkung wurden neben Feuersteinklingen aus dem Neolithikum auch Grabbeigaben aus der Zeit der Bandkeramiker gefunden, die an das Landesmuseum Mainz und das Museum der Stadt Worms gegeben wurden. Das Grab einer keltischen Fürstin, das 1969 vollständig ausgegraben wurde, beherbergte zwei Goldringe, eiserne Gürtelhaken, Bronzeringe, Fibeln und eine Stangengliederkette aus Bronze und Eisen. Der Fund einer etruskischen Bronzeschnabeltasse im Jahr 1952 hatte zu der Grabung auf dem Gelände des Schießstandes „östlich der Klauern“ geführt.[2]

Frühmittelalter

Am 12. Juni 771 wird Herrnsheim in einem Güterverzeichnis des Klosters Lorsch erstmals erwähnt. Der Franke Nancher und seine Frau Edelind schenken dem Kloster Ackerland.

Hoch- und Spätmittelalter

Werner II. von Bolanden bestätigt in seinem Lehenbuch (1194-1198) den Erhalt einer Mühle auf Herrnsheimer Gemarkung. Er selbst hat Güter an Gundolf von Worms, Heinrich von Worms und Dietrich von Enselthem (Einselthum) verliehen. 1253 verschenkt Demudis, die Witwe von Heinrich II. von Hohenecken, Ackerland an das Kloster Schönau. 1343 erwirbt das Andreasstift Worms von Wilhelm, genannt Schade und seiner Frau Jutta deren Hof und Güter in Herrnsheim. Die Tochter Margarete des Wormser Meister Wyden vermacht den Klöstern Schönau und Kirschgarten einen bedeutenden Besitz. Hier werden erstmals die Kämmerer von Worms in Zusammenhang mit Herrnsheim erwähnt, denn die empfangenden Klöster müssen ihnen oder deren Schultheißen jährlich eine Erstabgabe leisten. Giselbrecht, Phoss, Gerhard und Johann Kämmerer von Worms besitzen Rechte am Hochheimer Kloster Himmelskron, die sie 1347 ihrem Vetter Johann Kämmerer von Worms vermachen. Dessen Sohn Gerhard heiratet Greta von Dalberg, die letzte ihres Stammes, und so nimmt Johann auch den Namen der Dalberger an.[3]

Die Kämmerer von Worms, genannt von Dalberg in Herrnsheim (1374 – 1792)

Den Kämmerern von Worms, genannt von Dalberg gelingt es 1374 sich die Ortsherrschaft über alle Einwohner Herrnsheims urkundlich verbriefen zu lassen. Sie lassen sich diese Rechtsposition durch Dienste und regelmäßige Abgaben vergüten. Der Vertrag ist eine Bestätigung der tatsächlichen Verhältnisse, die sich ab 1348 abzeichneten. 1375 erhält Dieter Kämmerer von Worms, genannt von Dalberg von den Grafen von Leiningen Herrnsheim zum Lehen. 1385 auch die Herrnsheimer Güter des Pfalzgrafen Ruprecht.[4]
Unter Philipp Kämmerer von Worms, genannt von Dalberg wird 1460 das Schloss in Herrnsheim erbaut. Bei der Kirchenerweiterung 1470-1490 wird die Ursulakapelle als Grabkapelle der von Dalberg errichtet. 1574 wird der Grundbsitz der von Dalberg in Herrnsheim mit rund 250 Morgen Land angegeben. Die erworbenen Güter und Rechte der von Dalberg in Herrnsheim werden teils in Zusammenarbeit, teils im Gegeneinander zu ihren mächtigen Nachbarn den Pfalzgrafen und dem Hochstift Worms über Jahrhunderte ausgebaut. Die Herren bieten der Dorfgemeinschaft Schutz, im Gegenzug leisten die Bauern Dienste und führen Abgaben ab.

Reformation und Dreißigjähriger Krieg

Kurfürst Friedrich II. von der Pfalz schließt sich 1546 der Reformation an. Wolf der Ältere von Dalberg und sein Sohn Wolf der Jüngere berufen sich auf den Augsburger Religionsfrieden und lassen sich vertraglich vom Kurfürsten das Zehntdrittel am ehemaligen Kloster Neuhausen zugestehen. 1581 setzt die Kurpfalz einen lutherischen Pfarrer in Herrnsheim ein. Wolf der Jüngere und die Gemeinde erklären, beim alten Glauben bleiben zu wollen. Er beruft sich auf die Stiftung der Vorfahren und beschäftigt einen katholischen Messpriester für die Ursulakapelle, Grablege seiner Vorfahren. Bis 1616 wechseln sich lutherische und reformierte Pfarrer ab. Wolf der Jüngere hingegen setzt immer wieder Altaristen in der Ursulakapelle ein. Zwischen 1597 und 1616, dem Todesjahr Wolf des Jüngeren, kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen ihm und den Dorfbewohnern. Anlass bieten die erhöhten Fronleistungen und Zahlungen zur Verwirklichung des Neubaus des Unterschlosses. Die Bauern beklagen eine “..seit dreißig Jahren fast tägliche Steigerung der Frondienste“.[3] Sie drohen mit dem Anruf der Kurpfalz als Schutzherrschaft.
Während des Dreißigjährigen Krieges wechseln sich katholische und evangelische Geistliche in Herrnsheim bei wechselnden militärischen Erfolgen der Parteien ab.1635 wird Herrnsheim geplündert und eingeäschert, da die Gegner der kaiserlichen Truppen einfallen. Der Ort wird als „ganz öd und desolat“ beschrieben.[3] Neben 74 Wohnhäusern gibt es 67 wüste Plätze.[3]

Vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Pfälzischen Erbfolgekrieg

Im November und Dezember 1676 sterben 251 Herrnsheimer Personen an der Pest. Am 26.August 1686 kommt La Goupillière mit acht Mann nach Herrnsheim und forderte eine Huldigung des französischen Königs am nächsten Morgen. Die verängstigten Bürger geben nach Einschüchterungsversuchen nach und unterzeichnen die französische Erklärung. 1687 setzen die Franzosen einen katholischen Pfarrer ein. 1689 wird Herrnsheim von französischen Truppen eingeäschert, eine darauf folgende Hungersnot quält die Bevölkerung. Nach dem Frieden von Rijswijk 1697 bleiben die Gebiete katholisch, in denen die katholische Religion von den Franzosen zuvor eingeführt worden war.[3]

18. Jahrhundert

Die Herren von Dalberg im Unterschloss und die des Oberschlosses regeln, im Namen mehrerer Brüder handelnd, 1698 die Angelegenheiten zwischen Gemeinde und Herrschaft neu. Die Herren wohnen jetzt außerhalb der Ortschaft.
Die gute wirtschaftliche Entwicklung im Dorf führt 1706 zur Bildung einer gemeinsamen Zunft, der „Schülerzunft“. Im Zunftlokal „Zur Krone“ werden auch Regelungen zur Ausbildung der Lehrlinge getroffen. 1716 erhält Herrnsheim das Privileg Jahrmärkte abzuhalten. 1784 wird auf Vermittlung Wolfgang Heriberts von Dalbergs Joseph Anton Sambuga, der spätere Erzieher König Ludwig I. von Bayern, Pfarrer in Herrnsheim.
Im Zuge der Revolutionskriege findet 1792 die dalbergische Ortsherrschaft durch Besetzung des Dorfes durch die Franzosen ein Ende.[3]

Ortsvorsteher im 20. und 21.Jahrhundert

Liste der Ortsvorsteher[5] seit Kriegsende
Zeitraum Name Partei Beruf
1945 1957 Josef Kercher CDU Ortsvorsteher
1957 1975 Herrmann Röß CDU Ortsvorsteher
1975 1983 Martin Gerster CDU Ortsvorsteher
1983 1989 Josef Wolf CDU Ortsvorsteher
1989 2004 Hans Kissel SPD Ortsvorsteher
2004 -- Silvia Gutjahr CDU Ortsvorsteherin

Sehenswürdigkeiten

Das im Stil des Empire und Klassizismus erbaute Herrnsheimer Schloss ist wohl die größte Sehenswürdigkeit in Herrnsheim. Es war ehemals der Herrschaftssitz der Herren von Dalberg, die das Amt der Kämmerer des Bischofs von Worms bekleideten und nach denen auch die Dalbergschule (Grundschule von Herrnsheim) benannt ist. Im Schlosshof findet jedes Jahr das Weinfest statt, bei dem viele Herrnsheimer Weingüter ihren eigenen Stand haben. Heute ist das Schloss im Besitz der Stadt Worms und wird überwiegend repräsentativ genutzt. Der 10,5 Hektar große Schlosspark ist der bedeutendste Englische Landschaftsgarten in Rheinland-Pfalz. Er wurde 1788 bis 1792 durch den Gartenarchitekten Friedrich Ludwig Sckell neu angelegt. Wesentliche Gestaltungselemente des Herrnsheimer Gartens sind die ausgedehnte Teichanlage mit Brücken, Inseln, Kanälen und der Amorgrotte, die großzügigen Wiesenbereiche sowie die waldartigen Baumbestände im Norden. Durch die lebendige Wegeführung entstehen immer neue Kulissen, Durchblicke und Sichtachsen, zum Beispiel zur St.-Anna-Kapelle und zum Teehaus in den benachbarten Weinbergen oder zum spätmittelalterlichen Schillerturm und der Orangerie.[6]

Auch soll Friedrich Schiller schon in Herrnsheim und zwar im nach ihm benannten „Schillertürmchen“ gewesen sein und dort gearbeitet haben, doch ist dieses nicht eindeutig belegbar. In Herrnsheim bestehen zum Teil auch noch alte Stadtmauern, so wie in der Straße „Am Mauergarten“ noch ein alter Torbogen, der denkmalgeschützt ist. Weiter außerhalb befindet sich ein jüdischer Friedhof.

Um Herrnsheim herum gibt es viele Weinberge, in denen man Wanderungen unternehmen kann und bei guten Wetter eine Aussicht zum Taunus, den Odenwald bis zu den Schloten von den Fabriken der BASF hat. Im Sommer zieht der Herrnsheimer Badesee Badegäste aus der näheren Umgebung an. Im Waldgebiet Herrnsheimer Klauern befindet sich ein Waldlehrpfad.

Siehe auch: Liste der Kulturdenkmäler in Worms-Herrnsheim

Lokales Brauchtum

Im September findet die in der Region bekannte Herrnsheimer Kerwe statt.[7] Traditionell wird sie durch das Kerwepaar eröffnet, nachdem die Jugend des Ortes die Kerwe ausgegraben hat. Danach zieht die Jugend mit einer Strohpuppe durchs Ort und macht in den zahlreichen Straußwirtschaften Stimmung. Zur Kerwe 2007 wurde im alten „Schusterhaus“ in der Hauptstraße das Heimatmuseum des Heimatkreises unter Vorsitz von Dr. Jürgen Breuer offiziell eröffnet. Im lokalen Dialekt wird Herrnsheim als „Hännsem“, oder gemäßigt als „Herrnsem“ ausgesprochen.

Sport

Der TSV 1883 Herrnsheim (heute: SG Eintracht 1883/1946 Worms-Herrnsheim) wurde 1932 Deutscher Feldhandballmeister der Deutschen Turnerschaft mit einem 7:3 Endspielsieg bei MTV Hannover.[8]

Persönlichkeiten

Weblinks

Commons: Worms-Herrnsheim – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Einwohner der Stadt Worms, Stand: 31. Dezember 2012 (PDF; 14 kB)
  2. Ulrich Schaaf: Das Grab einer keltischen Fürstin. In: Herrnsheim 771-1971, Worms 1971
  3. a b c d e f Otto Bardong: Harlesheim-Herlisheim-Herrnsheim. In: Herrnsheim 771-1971, Worms 1971
  4. Jürgen Breuer: Der Ausbau der Ortschaft und Ortsbefestigung am Beispiel von Herrnsheim. In: Herrnsheimer Chronik, Worms-Herrnsheim 2007
  5. GemO Rheinland-Pfalz, § 76
  6. Ein Schloss und ein englischer Garten
  7. Die Herrnsheimer Kerb
  8. Jakob Gander:Geschichte der Vereine in Herrnsheim. In: Herrnsheim 771-1971, Worms 1971