„In-vitro-Fleisch“ – Versionsunterschied

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'''In-vitro-Fleisch''' (von {{LaS|''[[in vitro]]''}} ‚im Glas‘), auch '''kultiviertes Fleisch''', umgangssprachlich '''Laborfleisch''' oder '''Kunstfleisch''', ist das Ergebnis von [[Gewebezüchtung]] mit dem Ziel, [[Fleisch]] zum menschlichen Verzehr im industriellen Maßstab synthetisch herzustellen.<ref name="Patent">{{Patent|Land=WO|V-Nr=9931222|Titel=Industrial Scale Production of meat from in vitro cell cultures}}</ref>
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== Geschichte ==
Die Erzeugung von ''In-vitro''-Fleisch basiert auf den Methoden [[Zellkultur]]. Ab 1994 wurden ''in-vitro''-Modelle im Rahmen einer [[Hygiene]]-Untersuchung zur Bestimmung der [[Keimzahl]] eingesetzt.<ref>P. van Netten, J. Huis in 't Veld, D. A. Mossel: ''An in-vitro meat model for the immediate bactericidal effect of lactic acid decontamination on meat surfaces.'' In: ''The Journal of applied bacteriology.'' Band 76, Nummer 1, Januar 1994, S.&nbsp;49–54, {{ISSN|0021-8847}}. PMID 8144404.</ref> Diese Zellen wurden in [[Zellsuspensionskultur|Suspensionskultur]] gehalten. In Folge wurde die [[Zellwachstum|Zelldichte]] durch Wachstum auf der Oberfläche von [[Kollagen]] oder ''microcarrier beads'' (zu deutsch ‚Mikroträgerperlen‘) erhöht, die im Vergleich zu Zellkulturflaschen eine deutlich erhöhte Wachstumsfläche bieten.<ref>P. D. Edelman, D. C. McFarland, V. A. Mironov, J. G. Matheny: ''Commentary: In vitro-cultured meat production.'' In: ''Tissue engineering.'' Band 11, Nummer 5–6, 2005 May-Jun, S.&nbsp;659–662, {{ISSN|1076-3279}}. {{DOI|10.1089/ten.2005.11.659}}. PMID 15998207. [http://www.hedweb.com/animimag/invitro-culturedmeat.pdf PDF].</ref> Die Zirkulation des Kulturmediums in rotierenden Zellkulturflaschen (engl. ''roller bottles'') verbesserte die Versorgung der Zellen mit Nährstoffen und Sauerstoff. Zusätzlich kann durch die erhöhte Fläche eine [[Konfluenz (Zellkultur)|Konfluenz]] der Zellen durch Vermeidung einer [[Zellkontakthemmung]] hinausgezögert werden, was sich in schnellerem Wachstum und höherer Ausbeute auswirkt. Da diese Methoden auf [[Monolayer]]-Zellkulturen basierten, besaßen sie noch keine dreidimensionale fleischartige Struktur. Daher wurden, auch im Zuge des [[Tissue Engineering]], Methoden entwickelt, um dem Wachstum von [[Organ (Biologie)|Organen]] in Zellkultur näher zu kommen.<ref>M. A. Benjaminson, J. A. Gilchriest, M. Lorenz: ''In vitro edible muscle protein production system (MPPS): stage 1, fish.'' In: ''Acta astronautica.'' Band 51, Nummer 12, Dezember 2002, S.&nbsp;879–889, {{ISSN|0094-5765}}. PMID 12416526.</ref><ref>R. G. Dennis, P. E. Kosnik: ''Excitability and isometric contractile properties of mammalian skeletal muscle constructs engineered in vitro.'' In: ''In vitro cellular & developmental biology. Animal.'' Band 36, Nummer 5, Mai 2000, S.&nbsp;327–335, {{ISSN|1071-2690}}. {{DOI|10.1290/1071-2690(2000)036<0327:EAICPO>2.0.CO;2}}. PMID 10937836.</ref>


== Herstellung ==
== Herstellung ==

Version vom 12. November 2013, 02:17 Uhr

In-vitro-Fleisch (von lateinisch in vitro ‚im Glas‘), auch kultiviertes Fleisch, umgangssprachlich Laborfleisch oder Kunstfleisch, ist das Ergebnis von Gewebezüchtung mit dem Ziel, Fleisch zum menschlichen Verzehr im industriellen Maßstab synthetisch herzustellen.[1]

Geschichte

Die Erzeugung von In-vitro-Fleisch basiert auf den Methoden Zellkultur. Ab 1994 wurden in-vitro-Modelle im Rahmen einer Hygiene-Untersuchung zur Bestimmung der Keimzahl eingesetzt.[2] Diese Zellen wurden in Suspensionskultur gehalten. In Folge wurde die Zelldichte durch Wachstum auf der Oberfläche von Kollagen oder microcarrier beads (zu deutsch ‚Mikroträgerperlen‘) erhöht, die im Vergleich zu Zellkulturflaschen eine deutlich erhöhte Wachstumsfläche bieten.[3] Die Zirkulation des Kulturmediums in rotierenden Zellkulturflaschen (engl. roller bottles) verbesserte die Versorgung der Zellen mit Nährstoffen und Sauerstoff. Zusätzlich kann durch die erhöhte Fläche eine Konfluenz der Zellen durch Vermeidung einer Zellkontakthemmung hinausgezögert werden, was sich in schnellerem Wachstum und höherer Ausbeute auswirkt. Da diese Methoden auf Monolayer-Zellkulturen basierten, besaßen sie noch keine dreidimensionale fleischartige Struktur. Daher wurden, auch im Zuge des Tissue Engineering, Methoden entwickelt, um dem Wachstum von Organen in Zellkultur näher zu kommen.[4][5]

Herstellung

Verwendet werden Myoblasten, ein Zelltyp, der einen Kompromiss aus Ausdifferenziertheit und Vermehrungsrate darstellt. Die Ausgangszellen können aus dem jeweiligen Tier schmerzfrei via Biopsie und ohne Tötung entnommen werden.[6]

Die zu Grunde liegende Biotechnologie wird schon länger in der Medizin mit menschlichen Hautzellen verwendet, um Transplantate für Schwerbrandverletzte zu züchten. Bislang ist dies auf dünnlagige Hautschichten begrenzt. Die Membranen können übereinander gelegt werden und wenig strukturiertes Hackfleisch ersetzen, wie es in Hamburgern eingesetzt wird. Schwierigkeiten bereiten kompliziertere Strukturen wie Steak, da diese an einem dreidimensionalen Gerüst wachsen müssen und die Muskelzellen für vergleichbare Fleischkonsistenz mechanischer Bewegung ausgesetzt sein sollten.[7]

Motivation

Von 1961 bis 2011 hat sich der Fleischverbrauch weltweit fast vervierfacht.[8] Die Lobbyorganisation des Invitrofleisches The In Vitro Meat Consortium argumentiert ökologisch. Demnach wird sich vom Jahr 2000 bis 2050 wird die Fleischproduktion mehr als verdoppeln. Bereits jetzt werden 34 Millionen km2 Landfläche (26 % der Landfläche der Erde) zur Viehhaltung und zum Futtermittelanbau verwendet. Die übrigen bewirtschaftbaren Landflächen von 28 Millionen km2 bestehen zu 45 % aus Waldgebiet. 68 % der Emissionen von Ammoniak sind ein Abfallprodukt der Viehhaltung. Massentierhaltung und globaler Viehtransport und Transport von Tierprodukten haben zur Ausbreitung von Seuchen geführt, die auch für den Menschen gefährlich werden können. Des Weiteren kommt es in Gesellschaften der westlichen Welt zu Bedenken, ob Tierschutz und industrialisierte Produktion miteinander vereinbar sind. Ein Ersatz eines Großteils der industriellen Tierproduktion durch Biotechnologie könnte wieder eine Extensive Viehwirtschaft im kleinen ökologischen Maßstab erlauben, die das Hochpreis-Segment bedient.[9]

Züchtungen in sterilen Zellkulturen oder Bioreaktoren eignen sich besser zur industriellen Fertigung, da die Überwachung und Fernhaltung von Krankheitserregern und Giftstoffen einfacher ist. Zudem entfällt auch das aufwendige Entfernen von Innereien, Haaren und Knochen.[1]

Des Weiteren wäre es durch Gentechnologie möglich, durch verschiedene Modifikationen, den ernährungsphysiologischen Wert des Produkts zu erhöhen. Weitere Ziele sind eine Senkung der Abgasbelastung, da kein für den Treibhauseffekt relevantes Methan entsteht und keine Ausscheidungen, wie sie bei der Massentierhaltung in großen Mengen anfallen.[7]

Die Energiebilanz von In-vitro-Fleisch ist gegenüber der Tierhaltung günstiger, gegenüber pflanzlicher Ernährung aber im Nachteil. Ferner ist der Einsatz von Hochtechnologie im Nahrungsmittelbereich sehr teuer. Mittelfristig angestrebt wird daher, durch Investition in die Forschung preislich mit in Europa und den USA - bislang - stark subventionierten Tierprodukten konkurrenzfähig zu werden.[10]

Der erste In-vitro-Burger wurde von einem holländischen Forscherteam zur Verfügung gestellt und am 5. August 2013 bei einer Pressedemonstration in London zubereitet und getestet.[11]

Literatur

  • Datar I und Betty M: Possibilities for an in vitro meat production system. In: Innovative Food Science and Emerging Technologies. 11. Jahrgang, 2010, S. 13–22, doi:10.1016/j.ifset.2009.10.007.
  • M.L.P. Langelaan, KJM. Boonen, R.B. Polak, F.P.T. Baaijens, M.J. Post, D.W.J. van der Schaft: Meet the new meat: tissue engineered skeletal muscle. In: Trends Food Sci Technol. 21. Jahrgang, Nr. 2, 2010, S. 59–66, doi:10.1016/j.tifs.2009.11.001.

Einzelnachweise

  1. a b Patent WO9931222: Industrial Scale Production of meat from in vitro cell cultures.
  2. P. van Netten, J. Huis in 't Veld, D. A. Mossel: An in-vitro meat model for the immediate bactericidal effect of lactic acid decontamination on meat surfaces. In: The Journal of applied bacteriology. Band 76, Nummer 1, Januar 1994, S. 49–54, ISSN 0021-8847. PMID 8144404.
  3. P. D. Edelman, D. C. McFarland, V. A. Mironov, J. G. Matheny: Commentary: In vitro-cultured meat production. In: Tissue engineering. Band 11, Nummer 5–6, 2005 May-Jun, S. 659–662, ISSN 1076-3279. doi:10.1089/ten.2005.11.659. PMID 15998207. PDF.
  4. M. A. Benjaminson, J. A. Gilchriest, M. Lorenz: In vitro edible muscle protein production system (MPPS): stage 1, fish. In: Acta astronautica. Band 51, Nummer 12, Dezember 2002, S. 879–889, ISSN 0094-5765. PMID 12416526.
  5. R. G. Dennis, P. E. Kosnik: Excitability and isometric contractile properties of mammalian skeletal muscle constructs engineered in vitro. In: In vitro cellular & developmental biology. Animal. Band 36, Nummer 5, Mai 2000, S. 327–335, ISSN 1071-2690. doi:10.1290/1071-2690(2000)036<0327:EAICPO>2.0.CO;2. PMID 10937836.
  6. In-Vitro-Fleisch; Erzeugung von Fleischprodukten via "tissue-engineering"-Technologien
  7. a b Österreichischer Rundfunk Gewebezüchtung: Fleisch in Labor hergestellt
  8. Rheinsche Post 13. September 2011: Fleisch der Zukunft aus dem Labor
  9. The In Vitro Meat Consortium: Why In Vitro Meat?
  10. Telepolis Ist Laborfleisch das neue Gemüse für Unbelehrbare?
  11. World's first lab-grown burger is eaten in London