„Interessenkonflikt“ – Versionsunterschied

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Ein '''Interessenkonflikt''' ist eine Situation, in der das Risiko besteht, dass sekundäre [[Interesse]]n persönlicher oder institutioneller Art die primären Interessen gefährden.
Ein '''Interessenkonflikt''' ''im weiteren Sinn'' oder '''Zielkonflikt''' liegt vor, wenn eine Situation dem Einfluss von einander widerstrebenden Faktoren unterliegt und zwischen ihnen ''ausgewogen'' reguliert werden soll. Je nachdem, wie viele Ziele miteinander im Konflikt stehen, spricht man auch von magischen Drei-, Vier- usw. -Ecken.


Ein Interessenkonflikt ''im engeren Sinn'' ist eine spezielle [[Konflikt]]situation, in der ein sachlicher [[Kontradiktion|Widerspruch]] nach Vermeidung verlangt.
Ein Interessenkonflikt ist eine spezielle [[Konflikt]]situation, in der ein sachlicher [[Kontradiktion|Widerspruch]] nach Vermeidung verlangt.
Er kann aus [[Organisation|organisatorischen]], oder [[Ethik|ethischen]], meist [[Berufsethik|berufsethischen]], Gründen nicht hingenommen werden, da er sich [[Produktivität|kontraproduktiv]] im Sinne höher angesehener Werte, Interessen oder Ziele auswirkt.
Er kann aus [[Organisation|organisatorischen]], oder [[Ethik|ethischen]], meist [[Berufsethik|berufsethischen]], Gründen nicht hingenommen werden, da er sich [[Produktivität|kontraproduktiv]] im Sinne höher angesehener Werte, Interessen oder Ziele auswirkt.

== Definition ==
Die häufig verwendete Definition des Interessenkonflikts geht zurück auf Dennis F. Thompson und wurde von diesem 1993 im [[New England Journal of Medicine]] veröffentlicht.
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interest (such as a patient's welfare or the validity of research) tends to be unduly influenced by a
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== Beispiele ==
== Beispiele ==
Beispiele für Interessenkonflikte im engeren Sinn:
Beispiele für Interessenkonflikte:


* ''[[Rechtsanwalt|Rechtsanwälte]]'' unterliegen nach § 3 [[Berufsordnung für Rechtsanwälte | BORA]] einem [[standesrecht]]lichen Verbot, sich in Ausübung ihrer Tätigkeit in Interessenkonflikte zu begeben.<ref>Offermann-Burckard: '' Interessenkollision - Was jeder Anwalt wissen sollte'' in Anwaltsblatt 6/2008.</ref>
* ''[[Rechtsanwalt|Rechtsanwälte]]'' unterliegen nach § 3 [[Berufsordnung für Rechtsanwälte | BORA]] einem [[standesrecht]]lichen Verbot, sich in Ausübung ihrer Tätigkeit in Interessenkonflikte zu begeben.<ref>Offermann-Burckard: '' Interessenkollision - Was jeder Anwalt wissen sollte'' in Anwaltsblatt 6/2008.</ref>
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Als einzigartiger Fall von Interessenkonflikten zwischen politischen Ämtern und wirtschaftlichen interessen gilt [[Silvio Berlusconi]], mehrfacher italienischer Ministerpräsident und zugleich Eigentümer des Medienimperiums [[Mediaset]] (vgl. [[Silvio Berlusconi#Interessenkonflikte|Silvio Berlusconi: Abschnitt „Interessenkonflikte“]]).
Als einzigartiger Fall von Interessenkonflikten zwischen politischen Ämtern und wirtschaftlichen interessen gilt [[Silvio Berlusconi]], mehrfacher italienischer Ministerpräsident und zugleich Eigentümer des Medienimperiums [[Mediaset]] (vgl. [[Silvio Berlusconi#Interessenkonflikte|Silvio Berlusconi: Abschnitt „Interessenkonflikte“]]).


== Siehe auch ==
== Literatur ==
David Klemperer: ''Was ist ein Interessenkonflikt und wie stellt man ihn fest?'' In: Klaus Lieb, David Klemperer, Wolf-Dieter Ludwig (Hrsg.): ''Interessenkonflikte in der Medizin. Hintergründe und Lösungsmöglichkeiten.'' Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011 {{doi|10.1007/978-3-642-19842-7_2}}
* [[Trade-off]]
* [[Befangenheit]]

== Weblinks ==
* [http://www.kickbacks.ch/de/angaben/interessenkonflikte_retrozessionen_kick-backs Interessenkonflikte in der Finanzbranche (Anlageberatung und Vermögensverwaltung)''] (Schweiz)
* [http://www.bcaction.de/bcbooks/?p=147 Interessenkonflikte in der medizinischen Forschung, Ausbildung und Praxis] (Bericht zum Report und zur Positionierung des Institute of Medicine)


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Version vom 3. März 2014, 21:45 Uhr

Ein Interessenkonflikt ist eine Situation, in der das Risiko besteht, dass sekundäre Interessen persönlicher oder institutioneller Art die primären Interessen gefährden.

Ein Interessenkonflikt ist eine spezielle Konfliktsituation, in der ein sachlicher Widerspruch nach Vermeidung verlangt. Er kann aus organisatorischen, oder ethischen, meist berufsethischen, Gründen nicht hingenommen werden, da er sich kontraproduktiv im Sinne höher angesehener Werte, Interessen oder Ziele auswirkt.

Definition

Die häufig verwendete Definition des Interessenkonflikts geht zurück auf Dennis F. Thompson und wurde von diesem 1993 im New England Journal of Medicine veröffentlicht.

„A conflict of interest is a set of conditions in which professional judgment concerning a primary interest (such as a patient's welfare or the validity of research) tends to be unduly influenced by a secondary interest (such as financial gain).“

Dennis F.Thompson[1]

Beispiele

Beispiele für Interessenkonflikte:

  • Rechtsanwälte unterliegen nach § 3 BORA einem standesrechtlichen Verbot, sich in Ausübung ihrer Tätigkeit in Interessenkonflikte zu begeben.[2]
    • Der bislang gemeinsame Rechtsanwalt eines Ehepaars darf im Fall einer Scheidung nicht kontrovers die Interessen beider Ehepartner vertreten.
  • In vielen Unternehmen bestehen Richtlinien, bis zu welchem Wert ihre Einkäufer Geschenke von Lieferanten oder Dienstleistern annehmen dürfen, um ihre unabhängige Entscheidung bei Beschaffungen nicht zu gefährden.
  • Ähnliches gilt in vielen Situationen für Vergünstigungen oder Geschenke durch Abhängige.
  • Ein klassischer Fall war auch die Verbindung von Telekommunikation und Briefpost bei der früheren Post, die in Deutschland dazu führte, dass damals neue Technik wie z. B. Telefax deutlich später als in anderen Ländern verfügbar war.
  • In der Medizin und der biomedizinischen Forschung können Ärzte durch Unterstützung von Pharma- und Medizinaltechnikunternehmen in Interessenkonflikte kommen.[3][4][5] Um die Transparenz zu erhöhen müssen in biomedizinischen wissenschaftlichen Publikationen Interessenkonflikte angegeben werden.[6][7]
  • Ausgeprägte Interessenkonflikte gibt es auch in der Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Berater erhalten Provisionen von Banken und Produktanbietern, wenn sie ihren Kunden gewisse Finanzprodukte empfehlen. Hohe Kosten gehen immer zu Lasten der Rendite des Kunden – Finanzinstrumente mit hohen Gebühren lösen aber auch höhere Rückvergütungen aus. Der Interessenkonflikt wird verstärkt, weil die Provisionen versteckt (auch nach der Einführung von Markets in Financial Instruments Directive) fließen.
  • Zu Interessenkonflikten kann es kommen, wenn ehemalige Politiker oder Ministerialbeamte in die Wirtschaft wechseln; speziell dann, wenn sie von einer Aufsichtsbehörde zu einer Institution wechseln, die von dieser Behörde beaufsichtigt wird. Ein solcher Wechsel wird oft Seitenwechsel genannt.
Prominente Beispiel sind der ehemalige Bundesbankpräsident Axel Weber[8] und Gerald Hennenhöfer, der bis 1998 die Abteilung Reaktorsicherheit im Bundesumweltministerium leitete, dann in die Energiewirtschaft wechselte und 2009 wieder Leiter der Abteilung Reaktorsicherheit wurde.
Häufig wird in diesem Zusammenhang eine 'Abkühlzeit' oder 'Abkühlfrist' gefordert (z.B. 2013 anlässlich des Wechsels von

Eckart von Klaeden: er war Kanzleramtsminister im Kabinett Merkel II und wurde dann "nahtlos" Cheflobbyist beim Autokonzern Mercedes Benz)

In der Wirtschaftspolitik spricht man vom Zielkonflikt (oder oft einem 'Trade-off') zwischen den verschiedenen wirtschaftspolitischen Zielen, wie etwa Preisstabilität und Vollbeschäftigung bzw. hoher Beschäftigungsstand (siehe auch Phillips-Kurve), wenn das Erreichen des einen Zieles dem anderen abträglich ist oder die Ziele in Konkurrenz zueinander stehen. Bekannte Zielkonflikte siehe auch

Die Gewaltenteilung ist ein Mechanismus, um Interessenkonflikte der Regierung gegenüber der Bevölkerung zu minimieren, die beispielsweise dann entstehen, wenn eine Regierung Gesetze oder Konventionen bricht und selber darüber richtet, ob sie einen Rechtsbruch begangen hat.

Als einzigartiger Fall von Interessenkonflikten zwischen politischen Ämtern und wirtschaftlichen interessen gilt Silvio Berlusconi, mehrfacher italienischer Ministerpräsident und zugleich Eigentümer des Medienimperiums Mediaset (vgl. Silvio Berlusconi: Abschnitt „Interessenkonflikte“).

Literatur

David Klemperer: Was ist ein Interessenkonflikt und wie stellt man ihn fest? In: Klaus Lieb, David Klemperer, Wolf-Dieter Ludwig (Hrsg.): Interessenkonflikte in der Medizin. Hintergründe und Lösungsmöglichkeiten. Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011 doi:10.1007/978-3-642-19842-7_2

Einzelnachweise

  1. Dennis F.Thompson: Conflicts of Interest. In: New England Journal of Medicine. 330, 1994, S. 503–503, doi:10.1056/NEJM199402173300713.
  2. Offermann-Burckard: Interessenkollision - Was jeder Anwalt wissen sollte in Anwaltsblatt 6/2008.
  3. G.A. Jelinek, S.L. Neate: The influence of the pharmaceutical industry in medicine. In: Journal of Law and Medicine. 17. Jahrgang, Nr. 2, Oktober 2009, S. 216–23, PMID 19998591 (takingcontrolofmultiplesclerosis.org [PDF]).
  4. B. Lo: Serving two masters--conflicts of interest in academic medicine. In: NEJM. 362. Jahrgang, Nr. 8, Februar 2010, S. 669–71, doi:10.1056/NEJMp1000213, PMID 20181969 (nejm.org).
  5. S.N. Young: Bias in the research literature and conflict of interest: an issue for publishers, editors, reviewers and authors, and it is not just about the money. In: J Psychiatry Neurosci. 34. Jahrgang, Nr. 6, November 2009, S. 412–417, PMID 19949717, PMC 2783432 (freier Volltext) – (cma.ca [PDF]).
  6. icmje.org (PDF; 42 kB)
  7. wame.org
  8. Wechsel zur UBS: Warum Axel Weber die Deutsche Bank versetzte, Spiegel Online, 1. Juli 2011