„Schnelllesen“ – Versionsunterschied

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* Hörner, Gerhard: ''Professionelles speed reading.'' mvg, Landsberg am Lech 2001. ISBN 3-478-86015-6
* Hörner, Gerhard: ''Professionelles speed reading.'' mvg, Landsberg am Lech 2001. ISBN 3-478-86015-6
* Müsseler, Jochen: ''Periphere und zentrale Prozesse beim Lesen''. In: Gert Rickheit, Theo Herrmann, Werner Deutsch (Hrsg.): ''Psycholinguistik Psycholinguistics. Ein internationales Handbuch''. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2003, S. 600-608.
* Müsseler, Jochen: ''Periphere und zentrale Prozesse beim Lesen''. In: Gert Rickheit, Theo Herrmann, Werner Deutsch (Hrsg.): ''Psycholinguistik Psycholinguistics. Ein internationales Handbuch''. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2003, S. 600-608.
* Musch, Jochen / Rösler, Peter: ''Schnell-Lesen: Was ist die Grenze der menschlichen Lesegeschwindigkeit?'', in: M. Dresler (Hrsg.), Kognitive Leistungen, DOI 10.1007/978-3-8274-2809-7_6, Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2011
* Musch, Jochen / Rösler, Peter: ''Schnell-Lesen: Was ist die Grenze der menschlichen Lesegeschwindigkeit?'', in: M. Dresler (Hrsg.), Kognitive Leistungen, {{DOI|10.1007/978-3-8274-2809-7_6}}, Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2011
* Peirick, Christian: ''Rationelle Lesetechniken – Schneller lesen – Mehr behalten.'' K. H. Bock-Verlag, Honnef 2013. ISBN 978-3-86796-086-1
* Peirick, Christian: ''Rationelle Lesetechniken – Schneller lesen – Mehr behalten.'' K. H. Bock-Verlag, Honnef 2013. ISBN 978-3-86796-086-1
* Schmitz, Wolfgang: ''Schneller lesen, besser verstehen'', Rowohlt 2013, 8. Auflage (vollständig überarbeitete Neuauflage). ISBN 3-4996-2378-1
* Schmitz, Wolfgang: ''Schneller lesen, besser verstehen'', Rowohlt 2013, 8. Auflage (vollständig überarbeitete Neuauflage). ISBN 3-4996-2378-1

Version vom 2. Februar 2015, 00:02 Uhr

Schnelllesen steht für die Fähigkeit, überdurchschnittlich schnell zu lesen und dennoch den Inhalt des Textes zu verstehen.

Schnellleser

Eine Messung der Lesegeschwindigkeit ist nur in Verbindung mit einer Überprüfung des Verständnisses sinnvoll. Mit schnellerem Lesen geht mitunter ein besseres Textverständnis einher, da weniger Konzentration für das „Entziffern“ der Buchstaben nötig ist und der Lesevorgang „automatisiert“ wird. Die Lesekompetenz hängt u. a. von der Lesegeschwindigkeit ab, die Erfassung des Inhalts aber auch von den Kurzzeitgedächtnisleistungen.

Die schnellsten Leser bringen es auf mehr als 1000 Wörter pro Minute. Für das Lesen mit weit höheren Geschwindigkeiten ist jahrelange Übung notwendig, ansonsten wird nicht viel mehr als beim Blättern verstanden. Wissenschaftlich belegte, überprüfte Rekorde liegen im Bereich bis 4000 Wörter pro Minute.

Wie wird gelesen?

Eine ausführlichere Beschreibung des Leseprozesses befindet sich im Artikel Lesen.

Grundsätzlich wird beim Lesen nur ein kleiner Teil der vorhandenen Buchstaben scharf erfasst. Das Hauptkriterium für die Erfassung von Text ist die Wiedererkennung von Wörtern bzw. Wortgruppen. Diese Wortgruppen können als Ganzes erfasst werden, da sie vom Leser zum größten Teil als Bild inklusive Bedeutung bereits abgespeichert sind. Die Größe der Wortgruppen ist abhängig von der individuellen Fähigkeit des Lesers und auch der Gestaltung des Textes.

Ein wesentliches Kriterium des Texterfassens ist die Fähigkeit, bereits einmal erfasste Bilder (Textblöcke, Wortgruppen) wieder aufzurufen und diese in den bestehenden Kontext zu integrieren. Hilfreich dafür ist die Wiedererkennung durch bekannte Schrifttypen.

Neue Wörter werden zuerst einmal durch einzelne Buchstaben erfasst, wenn das Wort dann verstanden und in einen Kontext gebracht worden ist, wird es als Bild gespeichert. Je nach Häufigkeit des Wortes wird dieses in einem unterschiedlichen Kontext auch mehrfach gespeichert. Das gesehene Bild wird mit bereits vorhandenen Bildern abgeglichen und in einen Verständniszusammenhang gebracht.

Würde man tatsächlich beim Lesen jedes Wort einzeln erfassen, wäre es nicht möglich, Texte schneller als mit 300 Wörtern pro Minute zu lesen.

Über die (vertraute) Schriftart hinaus ist für das Lesen auch die Verwendung von Serifen (waagerechte Unterstriche, die am Buchstaben angehängt sind und meist eine Grundlinie vorzeichnen), Majuskeln und Minuskeln (Groß- und Kleinbuchstaben) speziell in der deutschen Sprache von wesentlicher Bedeutung. Ebenso die Abweichungen einzelner Buchstaben von der Grundlinie (Versalhöhe, Oberlänge, Unterlänge). Beim Erfassen von Wörtern (und in weiterer Folge Wortgruppen) sind diese Abweichungen von entscheidender Bedeutung.

Das Erfassen von Text wird auch durch die Verwendung von Spaltensatz erleichtert, da eine Zeile mit 40 bis 50 Anschlägen bereits eine vordefinierte Wortgruppe darstellen kann und die Augen nicht mehr horizontal sondern vertikal von Zeile zu Zeile bewegt werden.

Wissenschaftliche Untersuchungen

Die Ergebnisse von Augenbewegungsuntersuchungen mit Hochgeschwindigkeitskameras zeigen, dass ein Schnellleser einen Satz mit viel weniger Augenbewegungen und -fixierungen aufnehmen kann. Langsame Leser benötigen bis zu fünfmal so viele Augenbewegungen wie ein sehr schneller, effizienter Leser. Bei ersteren ermüden die Augen wesentlich schneller, was zu Erschöpfung und damit langsamerem Lesen führen kann. Ein langsamer Leser muss sich anstrengen, um Informationen zu verinnerlichen, was zu erhöhten Frustrationen führt. Als Folge liest er nur noch das absolute Minimum, da Lesen für ihn eine schwierige und unbefriedigende Erfahrung ist.

Beim langsamen Lesen wird das Gehirn nicht ausreichend gefordert. Es verfällt in einen Standardmodus (default mode), bei dem die Gedanken abschweifen.[1] Ein langsamer Leser hat ein schlechteres Verständnis des Textes und benötigt mehr Zeit, um Informationen aus dem Text aufzunehmen. Wenn er am Ende des Textes ankommt, hat er länger gebraucht und einen großen Teil des Inhalts schon wieder vergessen.

Was behindert die Fähigkeit, schnell zu lesen?

Die Fähigkeit, schnell zu lesen, kann durch eine niedrige Kurzspeicherkapazität behindert werden. Zudem erschwert ein geringer Wortschatz das Erfassen unbekannter Wörter. Durch wiederholtes Zurückspringen zu bereits gelesenen Textstellen (Regression) wird der Lesefluss gestört. Das Wort-für-Wort-Lesen, statt der gleichzeitigen Erfassung mehrerer Wörter, kann den Lesefluss behindern. Die Aufnahmefähigkeit wird durch ineffektive Augenbewegungen und die lang andauernde Fixierung eines Wortes (Augenstopp) vermindert. Genauso verlangsamen Desinteresse, die Abneigung gegen Thema, Inhalt oder Autor den Leseprozess.

Was erleichtert die Fähigkeit, schnell zu lesen?

Eine große Kurzspeicherkapazität kann die Fähigkeit, schnell zu lesen, erleichtern. Unbekannte Schriftarten müssen während des Lesens neu gelernt werden. Daher vereinfachen bekannte Schriftarten und die passende Schriftgröße das Lesen. Angemessene Spaltensätze (Textblöcke) erleichtern das gleichzeitige Erfassen mehrerer Wörter (Sinngruppen), angemessene Zeilenabstände das Finden der nächsten Zeile. Ein hoher Kontrast (z. B. Schwarz auf Weiß, Orange auf Weiß oder Marineblau auf Weiß) erleichtert das schnellere Erkennen der Wörter. Zudem fördern eine gute Beleuchtung, die richtige Sitzhaltung und ein geeigneter Abstand zum Text das Schnelllesen. Die Aufnahmefähigkeit wird erhöht durch Neugier und Aufgeschlossenheit dem jeweiligen Thema gegenüber. Auch die Verständlichkeit des Textes, welche auch abhängig von den Erfahrungen des Lesers ist, sollte einen maßgeblichen Einfluss auf die Aufnahmegeschwindigkeit haben.

Weltrekorde

Person Staat Geschwindigkeit
Sean Adam Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 3850 WpM
Kjetill Gunnarson Norwegen Norwegen 3050 WpM
Vanda North Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich 3000 WpM
Cris van Aken Niederlande Niederlande 2520 WpM
Mithymna Corke Niederlande Niederlande 2520 WpM
Luc van Hof Niederlande Niederlande 1906 WpM
Michael J. Gelb Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 1805 WpM
Cinnamon Adam Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 1782 WpM
James Longworth Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich 1750 WpM
Tristan Meister Deutschland Deutschland 1560 WpM

Techniken

Unkontrollierte Augenbewegungen behindern schnelles Lesen. Langsame Leser gehen meistens von Wort zu Wort, machen langsame Augenbewegungen und erfassen dabei mit einem Blick nur einige Buchstaben. Das Lesen eines Wortes erfordert dabei mehrere Augenbewegungen. Zusätzlich springt ein ungeübter Leser immer wieder zu bereits gelesenen Textstellen, was einen sprunghaften Leserhythmus bedingt. Ein Schnellleser dagegen hat einen gleichmäßigen und durchgängigen Lesestil; er nimmt mit wenigen Blickstopps mehrere Wörter gleichzeitig auf. Die maximale Lesegeschwindigkeit ist abhängig von der Vertrautheit des Lesers mit dem Text. Schwer verständliche Dokumente können auch von Schnelllesern nur langsam erfasst werden.

Tipps:

  • Regelmäßige Konzentrationsübungen (mindestens 15 Minuten).
  • Augen- und Aufmerksamkeitstraining.
  • Augen überprüfen lassen – rasche Ermüdung ist ein Anzeichen für Probleme – auch Überprüfung auf Heterophorie.
  • Vokalisieren verringern (nur noch die wichtigen, sinntragenden Wörter), da der Augen-Gehirn-Komplex wesentlich schneller ist als die Sprechwerkzeuge beziehungsweise das Formen der Wörter im Gehirn.
  • Kein Hin-und-her-Springen, dadurch sinkt die Konzentration.
  • Regression (Rücksprung des Blickes zu einem bereits gelesenen Textteil) vermeiden.
  • Versuchen, möglichst große Bereiche mit einem Blick zu erfassen.
  • Die Augen am „weißen Strich“, dem Weißraum unter der Textzeile, entlanggleiten lassen, dadurch werden die Wörter im Gesamten wie Bilder aufgenommen
  • Peripherisches Sehen ständig trainieren.
  • Mittel wie ein Tachistoskop zum Trainieren benutzen.
  • Gelesenes in Bildern verarbeiten (Sprache des Unterbewusstseins sind Bilder).
  • Gerade sitzen, kein Beugen des Oberkörpers, da sonst rasche Ermüdung droht.
  • Versuchen, den Hauptgedanken zu verstehen, nicht aber den Sinn einzelner Wörter (genau wie beim Zuhören).
  • Den Text möglichst auf Augenhöhe bzw. knapp darunter und in ca. 50 Zentimeter Abstand vom Auge halten.
  • Möglichst im 90-Grad-Winkel auf das Blatt schauen (Lesestütze verwenden), da dann alle Buchstaben in etwa gleich groß sind.
  • Für gute Beleuchtung sorgen.
  • Bewusst möglichst schnell und konzentriert lesen.
  • Viel Lesen! Je mehr man trainiert, desto schneller wird man. Ein Vielleser wird in den allermeisten Fällen auch zum Schnellleser.

Generell sollte je nach Text und Vorhaben die passende Lesetechnik gewählt werden. Um einen Überblick zu gewinnen, reicht beispielsweise schnelles Überfliegen aus. Die meisten Durchschnittsleser können ihre Lesegeschwindigkeit verdoppeln oder sogar verdreifachen, indem sie das Schnelllesen üben. Laut verschiedener Studien liegt das Maximum für die Mehrheit bei 800 Wörtern in der Minute - darüber erfolgt meistens nur noch ein schnelles Überfliegen des Textes mit geringem Verständnis.

Bekannte Schnellleser

Kritik an den Schnelllesetechniken

Entgegen allen Versprechungen einiger Anhänger wird bei der Verwendung einer Schnelllesetechnik der Text weniger exakt aufgenommen. Erwiesenermaßen wird aus Bereichen, in denen keine Fixation stattfindet, auch keine Information extrahiert. Es ist somit unmöglich, eine ganze Zeile Text (oder auch einige Wörter) mit nur einer einzigen Fixation in der Zeilenmitte zu erfassen. Beim Schnelllesetraining wird oft deutlich konzentrierter gearbeitet als beim normalen Lesen, so dass hier ein positiver Effekt auf die Informationsaufnahme festgestellt wird, der nicht mit der geprobten Technik zusammenhängt.

Komplizierte und ineinander verschachtelte Sätze verlangen zeitaufwendiges Nachdenken zur Entschlüsselung ihrer Struktur. Beim normalen Lesen finden aus diesem Grund und aus Konzentrationslosigkeit Regressionen statt. Der absichtliche Verzicht auf diese Rücksprünge kann dazu führen, dass nicht genug Zeit da ist, um über einen Satz nachzudenken und ihn völlig zu verstehen. Auch die Argumentationskette scheint fragwürdig zu sein: Schnelles Lesen führe dazu, dass mehr Inhalte pro Zeit aufgenommen werden. Dies wiederum solle zu mehr abrufbarem Wissen führen. Schließlich solle gelten, dass mehr Wissen besser ist. Dagegen spricht allgemein, dass mehr Quantität nicht immer zielgerichtet ist. Nicht zuletzt ist auch die textuelle Beschreibung eines Themas durch Sprache nicht umfassend ("Ein Bild sagt mehr als tausend Worte").

Das Verzichten auf die Subvokalisierung (Mitsprechen der Worte im Kopf beim stillen Lesen) ist ein besonderer Streitpunkt, denn Gegner der Schnelllesetechnik halten das Lesen ohne Subvokalisierung prinzipiell für unmöglich oder zumindest für höchst ineffektiv. Sorgfältig kontrollierte psychologische Experimente bejahen die Möglichkeit gezielter Vermeidung der Subvokalisierung, jedoch mit uneinheitlichen Ergebnissen auf die Fehlererkennung bei Prosatexten. Es wurden keine Effekte auf die Lesegeschwindigkeit beim Lesen ohne Subvokalisieren gemessen bzw. kein Zusammenhang zwischen Subvokalisieren und Lesegeschwindigkeit ermittelt (vgl. grundlegend Baddeley et al., 1981).

Siehe auch

Literatur

(alphabetisch sortiert)

  • Backwinkel, Holger / Sturtz, Peter: Schneller lesen 5. Auflage. Haufe-Verlag, 2009. ISBN 978-3-448-09409-1
  • Bohlen, Fred N.: Effizient lesen. 5. Auflage. Expert-Verlag, Renningen 2002. ISBN 3-8169-2055-1
  • Buzan, Tony: Speed Reading. 8. Auflage. Moderne Industrie, Landsberg Lech 2002. ISBN 3-478-71960-7
  • Chevalier, Brigitte: Effektiv lesen. Eichborn, Frankfurt am Main 2002. ISBN 3-8218-3840-X
  • Davis, Zach: PoweReading. Schneller lesen, Zeit sparen, Effektivität steigern. 5. Auflage. Peoplebuilding-Verlag, 2009. ISBN 978-3-941546-00-4
  • Emlein, Günther / Kasper, Wolfgang A.: FlächenLesen. VAK Verlag für Angewandte Kinesiologie, Freiburg im Breisgau 2000. ISBN 3-932098-44-7
  • Hörner, Gerhard: Professionelles speed reading. mvg, Landsberg am Lech 2001. ISBN 3-478-86015-6
  • Müsseler, Jochen: Periphere und zentrale Prozesse beim Lesen. In: Gert Rickheit, Theo Herrmann, Werner Deutsch (Hrsg.): Psycholinguistik Psycholinguistics. Ein internationales Handbuch. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2003, S. 600-608.
  • Musch, Jochen / Rösler, Peter: Schnell-Lesen: Was ist die Grenze der menschlichen Lesegeschwindigkeit?, in: M. Dresler (Hrsg.), Kognitive Leistungen, doi:10.1007/978-3-8274-2809-7_6, Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2011
  • Peirick, Christian: Rationelle Lesetechniken – Schneller lesen – Mehr behalten. K. H. Bock-Verlag, Honnef 2013. ISBN 978-3-86796-086-1
  • Schmitz, Wolfgang: Schneller lesen, besser verstehen, Rowohlt 2013, 8. Auflage (vollständig überarbeitete Neuauflage). ISBN 3-4996-2378-1
  • Stuckert, Gerd: Gründlicher lesen – besser verstehen – mehr behalten, 7.–10. Jahrgangsstufe. pb-Verlag, München 2002. ISBN 3-89291-538-5

Einzelnachweise

  1. Wandernde Geister (PDF; 346 kB)