„Dutch Process“ – Versionsunterschied

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Als '''Alkalisieren''', auch '''Aufschließen''' oder '''Dutch Process''' bezeichnet man die Behandlung von [[Kakao|Kakaokernbruch]] oder [[Kakaomasse]] mit [[Alkalische Lösung|alkalischen Lösungen]] (Laugen) zur Veränderung der Farbe und Verbesserung des Geschmacks, sowie um [[Kakaopulver]] zu erhalten, das besser [[Dispersion (Chemie)|dispergierbar]] ist und sich im [[Kakao (Getränk)|Kakaogetränk]] nicht so leicht absetzt. Das Verfahren dient hauptsächlich der Herstellung von Kakaopulver. Bei der [[Schokolade]]nproduktion wird es in der Regel nicht angewandt, wogegen das meiste Kakaopulver heute alkalisiert ist.<ref name="Beckett 2008"/><ref name="Fincke 1965"/>
Als '''Dutch Process''' oder auch '''Dutching''' bezeichnet man ein Verfahren der Kakaoverarbeitung, bei dem durch [[Alkalisierung]] die Eigenschaften hinsichtlich Verarbeitung und Geschmack wesentlich verbessert werden. Benannt wurde es nach dem Heimatland des Erfinders [[Coenraad Johannes van Houten]], den [[Niederlande]]n. In manchen Kochratgebern wird bei ungesüßtem [[Kakaopulver]] zwischen "nature" und "dutched" unterschieden.<ref name="JoyofBaking">[http://www.joyofbaking.com/cocoa.html The Joy of Baking: Cocoa] (Engl.)</ref>


Das Verfahren wurde 1828 von dem [[Niederland|Niederländer]] [[Coenraad J. van Houten|Coenraad van Houten]] erfunden, wovon sich die Bezeichnung ''Dutch Process'' oder kurz ''Dutching'' ableitet.
== Geschichte ==
1815 gründete Coenraad van Houtens Vater [[Casparus van Houten]] die noch heute als Marke existierende [[Van Houten (Schokoladenfabrik)|Van-Houten]]-Schokoladenfabrik, die seit 1998 im Eigentum von [[Barry Callebaut]] ist.<ref name="thca_vH"/> Um [[1830]] entwickelte sein Sohn Coenraad Johannes van Houten einen Prozess zur Behandlung von Kakao durch [[Alkalien]], beispielsweise [[Natriumcarbonat]] (Soda) oder [[Kaliumcarbonat]] (Pottasche).<ref name="thca_vH">''[http://www.theobroma-cacao.de/wissen/geschichte/personen/van-houten/ Wissen: Coenraad Johannes van Houten]'' bei theobroma-cacao.de, abgerufen am 28. August 2013.</ref>


== Wirkung ==
Coenraad Van Houtens Ziel war es, die Wasserlöslichkeit von Kakao zu erhöhen, was ihm auch gelang.<ref name="ChocGlossar"/> Bis zu dieser Erfindung war Kakao dickflüssig und schaumig. Durch diesen Prozess wurde er leichter verdaulich, besser zuzubereiten und industriell verarbeitbar. Erst durch die Erfindung dieses Prozesses wurde der Grundstein für die Massentauglichkeit des Getränkes gelegt.
Unbehandelte Kakaokerne sind recht [[Säuren|sauer]] (etwa [[pH-Wert|pH]] 5–5,5), und zwar infolge der [[Fermentation]], die unmittelbar nach der Ernte der Kakaofrüchte stattfindet und für die Geschmacksentwicklung unverzichtbar ist.<ref name="Fincke 1965 s60"/> Durch den Alkalisierungsprozess wird der pH-Wert auf etwa 6,6–7 erhöht. Ein zu hoher pH-Wert würde das Aroma beeinträchtigen, insbesondere wenn die [[Kakaobutter]] [[Verseifung|verseift]], was zu einer unangenehmen seifigen Geschmacksnote führt, daher säuert man den Kakao im Anschluss an die Alkalisierung bei Bedarf durch Zugabe von Speisesäuren wie [[Essigsäure|Essig-]], [[Weinsäure|Wein-]] oder [[Citronensäure|Zitronensäure]]. Die unangenehmen sauren Geschmackskomponenten bestimmter Kakaosorten werden durch die Alkalisierung abgemildert.<ref name="Fincke 1965"/><ref name="Beckett 2008"/> Ob allgemein die geschmackliche Veränderung infolge der Alkalisierung unbedingt eine Verbesserung darstellt, ist subjektiv und mag davon abhängen, ob das Kakaopulver letztlich zu Trinkkakao, zum Backen oder für andere Zwecke verwendet wird.<ref name="Minifie 1989"/>


Die farbliche Veränderung besteht vor allem in einer deutlichen Verdunkelung der natürlichen [[braun]]en Farbe. Durch Variation von Verfahrensparametern kann eine Vielzahl von Schattierungen erzielt werden; allgemein gesprochen führen kühlere [[Rösten (Zubereitungsart)|Röstung]] und geringere Laugenkonzentration zu einer [[Rot|rötlichen]] Färbung, heißere Röstung zu dunklerem Braun.<ref name="Minifie 1989"/> Inwieweit alkalisiertes Kakaopulver sich im Getränk tatsächlich weniger absetzt als unbehandeltes, ist nicht ganz geklärt.<ref name="Beckett 2008"/> Die gelegentlich anzutreffende Behauptung, die Alkalisierung würde die [[Löslichkeit]] (im physikalischen Sinne) des Kakaopulvers in [[Wasser]] oder [[Milch]] erhöhen, ist jedenfalls unzutreffend.<ref name="Fincke 1965"/>
== Eigenschaften ==
Er erreichte dadurch eine bessere Wasser[[löslichkeit]], eine dunklere Farbe, weicheren und weniger sauren Geschmack. Der Prozess vermindert die enthaltenen [[Antioxidantien]] im Kakao. Laut neueren Studien ist aber immer noch eine hohe Konzentration an Polyphenolen enthalten. Nach Irmgard Bitsch werden die [[Polyphenole]] und anderen Schadstoffe nicht signifikant reduziert.<ref>Bitsch I. (2001): [http://www.suessefacts.de/pdf-download/sf_wpd0301.pdf Kakao und Schokolade: gut für die Gesundheit. Neue Erkenntnisse über bioaktive Substanzen.] (PDF; 259&nbsp;kB) Moderne Ernährung 4, November 2001, 1–4</ref>


== Verfahren ==
Gemäß einer anderen Studie bleiben bei einem leichten Dutch Process noch 40 %, bei einem intensiven nur 10 % aller Antioxidantien erhalten.<ref name="StudyHershey">[http://www.eurekalert.org/pub_releases/2008-10/thc-nsr100808.php Pressemitteilung] auf EurekAlert!, 8&nbsp;Oktober 2008</ref> Aufgrund des hohen Anteils sind die Antioxidantien im Kakao trotzdem auf einem hohen Niveau. Von Natur aus enthält Kakaopulver 34,6 mg flavonoide Antioxidantien pro Gramm Gewicht. Das ist einer der höchsten Werte überhaupt gemäß einer Studie, die 2008 im ''[[Journal of Agricultural and Food Chemistry]]'' veröffentlicht wurde. Diese Studie wurde vom [[Hershey Company]] and Brunswick Labor in [[Norton (Massachusetts)|Norton]], Massachusetts durchgeführt.<ref name="StudyHershey"/> Ungesüßtes Kakaopulver gehört auch in der Auflistung der [[USDA]] zu den Lebensmitteln mit den höchsten Flavonolgehalten.<ref>[http://www.nal.usda.gov/fnic/foodcomp/Data/Flav/flav.pdf Aufstellung ausgesuchter Lebensmittel (engl.)] (PDF; 1,3&nbsp;MB) Suchbegriff ''Cocoa''</ref><ref>Lamuela-Raventós, R. M., Andrés-Lacueva, Permanyer, J., and Izquierdo-Pulido, M. More antioxidants in cocoa. J. Nutr., 2001, 131, 834.</ref>
Die verwendeten Laugen sind hauptsächlich wässrige Lösungen von [[Kaliumcarbonat]] oder [[Natriumcarbonat]], weniger üblich sind wässrige Lösungen von [[Ammoniak]], [[Ammoniumcarbonat]], [[Kaliumbicarbonat]] und [[Natriumbicarbonat]] und anderen.<ref name="Minifie 1989"/> Das Alkalisieren ganzer oder gebrochener Kakaobohnen ist möglich, aber unüblich, weil die (später entfernte und nicht weiter verwendete) Schale der Bohnen einen Großteil der Lauge aufnehmen würde. Stattdessen behandelt man vorzugsweise Bruchstücke der Kakaokerne vor oder nach der Röstung oder Kakaomasse (in dem Falle immer nach der Röstung) oder auch den [[Presskuchen]], der nach dem Abpressen der Kakaobutter aus der Kakaomasse übrig ist und anschließend zum Pulver gemahlen wird.<ref name="Fincke 1965"/>


* Werden Kakaokernbruchstücke alkalisiert, so dauert der Prozess relativ lange, weil die Lauge eine gewisse Zeit benötigt, um in die Bruchstücke vorzudringen; die Alkalisierung wirkt daher auch nicht gleichmäßig auf die Gesamtmenge des Kakaos, weil die äußeren Bereiche der Bruchstücke stärker der Wirkung der Lösung ausgesetzt sind. Traditionell werden die Kakaokerne in der Alkalisierungslösung eingeweicht, in Tanks 18–24 Stunden lang stehen gelassen und schließlich getrockenet. Modernere, kontinuierlich arbeitende Anlagen vereinen Einweichen, Trocknen und Rösten und erreichen Einweichzeiten von unter drei Stunden, bei Behandlung unter Druck sogar nur 30–60 Minuten. Diese Verfahren haben außerdem den Vorteil einer besonders geringen mikrobiellen Belastung des Kakaos.<ref name="Fincke 1965"/>
Der Kakao erreicht durch dieses Verfahren einen neutralen [[pH-Wert]] und ist nicht mehr sauer wie natürlicher Kakao. Der Wert steigt von natürlichen 5,5 auf 7 oder sogar 8.<ref name="ChocGlossar">[http://www.thenibble.com/reviews/main/chocolate/glossaryd.asp Chocolate Glossary] (engl.), Eintrag ''Dutch process cocoa''</ref> Deswegen muss bei gedutchtem Kakao beim [[Backen]] immer [[Backpulver]] zugegeben werden, es sei denn, es gibt andere, genügend saure Zutaten.<ref name="JoyofBaking"/>
* Das Alkalisieren von Kakaomasse erfolgt ebenfalls bei erhöhter Temperatur und geht schnell, beispielsweise unter Vakuum bei Temperaturen von 80–90&nbsp;°C und ständigem Durchkneten der Masse innerhalb von etwa 30–40 Minuten.<ref name="Fincke 1965"/>
* Die Alkalisierung von Kakaopresskuchen erfolgt in beheizten Trommeln unter Vakuum. Bei besonders hoher Temperatur und Laugenkonzentration und längerer Einwirkungszeit erhält man mit diesem Verfahren schwarzen Kakao, der ausgeprägt alkalisch (bis zu pH 8,5) und meist von strengem Geschmack ist und zur Farbgebung eingesetzt wird.<ref name="Minifie 1989"/>


== Heutige Verwendung ==
== Gesundheitliche Aspekte ==
Der Prozess vermindert die enthaltenen [[Antioxidantien]] im Kakao. Laut neueren Studien ist aber immer noch eine hohe Konzentration an Polyphenolen enthalten. Nach Irmgard Bitsch werden die [[Polyphenole]] und anderen Schadstoffe nicht signifikant reduziert.<ref>Bitsch I. (2001): [http://www.suessefacts.de/pdf-download/sf_wpd0301.pdf Kakao und Schokolade: gut für die Gesundheit. Neue Erkenntnisse über bioaktive Substanzen.] (PDF; 259&nbsp;kB) Moderne Ernährung 4, November 2001, 1–4</ref>
Heute wird der meiste Kakao, der in [[Süßwaren]] und [[Eiscreme]] verwendet wird, durch Dutching modifiziert. Verwendung findet er in Kuchen und Keksen, Getränken und Süßigkeiten.
Gemäß einer anderen Studie bleiben bei einem leichten Dutch Process noch 40 %, bei einem intensiven nur 10 % aller Antioxidantien erhalten.<ref name="StudyHershey">[http://www.eurekalert.org/pub_releases/2008-10/thc-nsr100808.php Pressemitteilung] auf EurekAlert!, 8&nbsp;Oktober 2008</ref> Aufgrund des hohen Anteils sind die Antioxidantien im Kakao trotzdem auf einem hohen Niveau. Von Natur aus enthält Kakaopulver 34,6 mg flavonoide Antioxidantien pro Gramm Gewicht. Das ist einer der höchsten Werte überhaupt gemäß einer Studie, die 2008 im ''[[Journal of Agricultural and Food Chemistry]]'' veröffentlicht wurde. Diese Studie wurde vom [[Hershey Company]] and Brunswick Labor in [[Norton (Massachusetts)|Norton]], Massachusetts durchgeführt.<ref name="StudyHershey"/> Ungesüßtes Kakaopulver gehört auch in der Auflistung der [[USDA]] zu den Lebensmitteln mit den höchsten Flavonolgehalten.<ref>[http://www.nal.usda.gov/fnic/foodcomp/Data/Flav/flav.pdf Aufstellung ausgesuchter Lebensmittel (engl.)] (PDF; 1,3&nbsp;MB) Suchbegriff ''Cocoa''</ref><ref>Lamuela-Raventós, R. M., Andrés-Lacueva, Permanyer, J., and Izquierdo-Pulido, M. More antioxidants in cocoa. J. Nutr., 2001, 131, 834.</ref>

Traditionelle Marken sind Sarotti (Deutschland), Droste und Van Houten (Niederlande), [[Lindt & Sprüngli|Lindt]] (Schweiz), Pernigotti (Italien), [[Valrhona]] und Poulain (Frankreich).<ref name="JoyofBaking"/> In den USA ist die Verwendung durch die Bezeichnung "dutched" oder "processed with alkali" auf der Zutatenliste vermerkt.


Will man Kakao aus gesundheitlichen Gründen konsumieren sollte man aufgrund der hier fehlenden [[Sekundäre Pflanzenstoffe|sekundären Pflanzenstoffe]] nichtalkalisierten Kakao trinken.<ref name="ChocGlossar"/>
Will man Kakao aus gesundheitlichen Gründen konsumieren sollte man aufgrund der hier fehlenden [[Sekundäre Pflanzenstoffe|sekundären Pflanzenstoffe]] nichtalkalisierten Kakao trinken.<ref name="ChocGlossar"/>
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* [http://archive.blisstree.com/eat/antioxidants-in-dutched-alkali-processed-chocolates-116/ Über Antioxidantien in Dutch Processed Kakao] (engl.)
* [http://archive.blisstree.com/eat/antioxidants-in-dutched-alkali-processed-chocolates-116/ Über Antioxidantien in Dutch Processed Kakao] (engl.)
* [http://www.eurekalert.org/pub_releases/2008-10/thc-nsr100808.php Pressemitteilung zur Studie der Hershey Company] (engl.)
* [http://www.eurekalert.org/pub_releases/2008-10/thc-nsr100808.php Pressemitteilung zur Studie der Hershey Company] (engl.)
* [http://www.thenibble.com/reviews/main/chocolate/glossary.asp#dutch Glossar über Schokolade] (engl.), siehe Einträge ''Alkalization'' und ''Dutch process cocoa''


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references>
<ref name="Fincke 1965">{{Literatur| Autor=[[Heinrich Fincke]]| Herausgeber=Albrecht Fincke| Titel=Handbuch der Kakaoerzeugnisse| Auflage=2.| Jahr=1965| Seiten=162–165| Kapitel=III H.: ''„Aufschließen“ (Alkalisieren) des Kakaokernbruchs oder der Kakaomasse''}}</ref>
<ref name="Fincke 1965 s60">{{Literatur| Autor=[[Heinrich Fincke]]| Herausgeber=Albrecht Fincke| Titel=Handbuch der Kakaoerzeugnisse| Auflage=2.| Jahr=1965| Seiten=60| Online={{Google Buch|BuchID=esmiBgAAQBAJ|Seite=60}}}}</ref>
<ref name="Beckett 2008">{{Literatur| Titel=The Science of Chocolate| Autor=Stephen T. Beckett| Auflage=2.| Ort=Cambridge| Jahr=2008| Verlag=Royal Society of Chemistry| ISBN=978-0-85404-970-7| Seiten=54–55| Kapitel=Abschnitt 3.4.1: ''Alkalising (Dutching)''}}</ref>
<ref name="Minifie 1989">{{Literatur| Autor=Bernard W. Minifie| Titel=Chocolate, Cocoa, and Confectionery. Science and Technology| Auflage=3.| Jahr=1989| Ort=New York| Verlag=Van Nostrand Reinhold| ISBN=978-94-011-7926-3| Seiten=61–67| Kapitel=''Alkalization''| Online={{Google Buch|BuchID=qdjh_W4uYS0C|Seite=61}}}}</ref>
<ref name="ChocGlossar">{{Internetquelle| url=http://www.thenibble.com/reviews/main/chocolate/glossaryd.asp| titel=All Types Of Chocolate| werk=The Nibble| kommentar=Glossar über Schokolade; siehe Eintrag ''Dutch Process Cocoa''| sprache=Englisch| zugriff=2015-04-24}}</ref>
</references>


[[Kategorie:Kakao]]
[[Kategorie:Kakao]]

Version vom 24. April 2015, 21:23 Uhr

Als Alkalisieren, auch Aufschließen oder Dutch Process bezeichnet man die Behandlung von Kakaokernbruch oder Kakaomasse mit alkalischen Lösungen (Laugen) zur Veränderung der Farbe und Verbesserung des Geschmacks, sowie um Kakaopulver zu erhalten, das besser dispergierbar ist und sich im Kakaogetränk nicht so leicht absetzt. Das Verfahren dient hauptsächlich der Herstellung von Kakaopulver. Bei der Schokoladenproduktion wird es in der Regel nicht angewandt, wogegen das meiste Kakaopulver heute alkalisiert ist.[1][2]

Das Verfahren wurde 1828 von dem Niederländer Coenraad van Houten erfunden, wovon sich die Bezeichnung Dutch Process oder kurz Dutching ableitet.

Wirkung

Unbehandelte Kakaokerne sind recht sauer (etwa pH 5–5,5), und zwar infolge der Fermentation, die unmittelbar nach der Ernte der Kakaofrüchte stattfindet und für die Geschmacksentwicklung unverzichtbar ist.[3] Durch den Alkalisierungsprozess wird der pH-Wert auf etwa 6,6–7 erhöht. Ein zu hoher pH-Wert würde das Aroma beeinträchtigen, insbesondere wenn die Kakaobutter verseift, was zu einer unangenehmen seifigen Geschmacksnote führt, daher säuert man den Kakao im Anschluss an die Alkalisierung bei Bedarf durch Zugabe von Speisesäuren wie Essig-, Wein- oder Zitronensäure. Die unangenehmen sauren Geschmackskomponenten bestimmter Kakaosorten werden durch die Alkalisierung abgemildert.[2][1] Ob allgemein die geschmackliche Veränderung infolge der Alkalisierung unbedingt eine Verbesserung darstellt, ist subjektiv und mag davon abhängen, ob das Kakaopulver letztlich zu Trinkkakao, zum Backen oder für andere Zwecke verwendet wird.[4]

Die farbliche Veränderung besteht vor allem in einer deutlichen Verdunkelung der natürlichen braunen Farbe. Durch Variation von Verfahrensparametern kann eine Vielzahl von Schattierungen erzielt werden; allgemein gesprochen führen kühlere Röstung und geringere Laugenkonzentration zu einer rötlichen Färbung, heißere Röstung zu dunklerem Braun.[4] Inwieweit alkalisiertes Kakaopulver sich im Getränk tatsächlich weniger absetzt als unbehandeltes, ist nicht ganz geklärt.[1] Die gelegentlich anzutreffende Behauptung, die Alkalisierung würde die Löslichkeit (im physikalischen Sinne) des Kakaopulvers in Wasser oder Milch erhöhen, ist jedenfalls unzutreffend.[2]

Verfahren

Die verwendeten Laugen sind hauptsächlich wässrige Lösungen von Kaliumcarbonat oder Natriumcarbonat, weniger üblich sind wässrige Lösungen von Ammoniak, Ammoniumcarbonat, Kaliumbicarbonat und Natriumbicarbonat und anderen.[4] Das Alkalisieren ganzer oder gebrochener Kakaobohnen ist möglich, aber unüblich, weil die (später entfernte und nicht weiter verwendete) Schale der Bohnen einen Großteil der Lauge aufnehmen würde. Stattdessen behandelt man vorzugsweise Bruchstücke der Kakaokerne vor oder nach der Röstung oder Kakaomasse (in dem Falle immer nach der Röstung) oder auch den Presskuchen, der nach dem Abpressen der Kakaobutter aus der Kakaomasse übrig ist und anschließend zum Pulver gemahlen wird.[2]

  • Werden Kakaokernbruchstücke alkalisiert, so dauert der Prozess relativ lange, weil die Lauge eine gewisse Zeit benötigt, um in die Bruchstücke vorzudringen; die Alkalisierung wirkt daher auch nicht gleichmäßig auf die Gesamtmenge des Kakaos, weil die äußeren Bereiche der Bruchstücke stärker der Wirkung der Lösung ausgesetzt sind. Traditionell werden die Kakaokerne in der Alkalisierungslösung eingeweicht, in Tanks 18–24 Stunden lang stehen gelassen und schließlich getrockenet. Modernere, kontinuierlich arbeitende Anlagen vereinen Einweichen, Trocknen und Rösten und erreichen Einweichzeiten von unter drei Stunden, bei Behandlung unter Druck sogar nur 30–60 Minuten. Diese Verfahren haben außerdem den Vorteil einer besonders geringen mikrobiellen Belastung des Kakaos.[2]
  • Das Alkalisieren von Kakaomasse erfolgt ebenfalls bei erhöhter Temperatur und geht schnell, beispielsweise unter Vakuum bei Temperaturen von 80–90 °C und ständigem Durchkneten der Masse innerhalb von etwa 30–40 Minuten.[2]
  • Die Alkalisierung von Kakaopresskuchen erfolgt in beheizten Trommeln unter Vakuum. Bei besonders hoher Temperatur und Laugenkonzentration und längerer Einwirkungszeit erhält man mit diesem Verfahren schwarzen Kakao, der ausgeprägt alkalisch (bis zu pH 8,5) und meist von strengem Geschmack ist und zur Farbgebung eingesetzt wird.[4]

Gesundheitliche Aspekte

Der Prozess vermindert die enthaltenen Antioxidantien im Kakao. Laut neueren Studien ist aber immer noch eine hohe Konzentration an Polyphenolen enthalten. Nach Irmgard Bitsch werden die Polyphenole und anderen Schadstoffe nicht signifikant reduziert.[5] Gemäß einer anderen Studie bleiben bei einem leichten Dutch Process noch 40 %, bei einem intensiven nur 10 % aller Antioxidantien erhalten.[6] Aufgrund des hohen Anteils sind die Antioxidantien im Kakao trotzdem auf einem hohen Niveau. Von Natur aus enthält Kakaopulver 34,6 mg flavonoide Antioxidantien pro Gramm Gewicht. Das ist einer der höchsten Werte überhaupt gemäß einer Studie, die 2008 im Journal of Agricultural and Food Chemistry veröffentlicht wurde. Diese Studie wurde vom Hershey Company and Brunswick Labor in Norton, Massachusetts durchgeführt.[6] Ungesüßtes Kakaopulver gehört auch in der Auflistung der USDA zu den Lebensmitteln mit den höchsten Flavonolgehalten.[7][8]

Will man Kakao aus gesundheitlichen Gründen konsumieren sollte man aufgrund der hier fehlenden sekundären Pflanzenstoffe nichtalkalisierten Kakao trinken.[9]

Einzelnachweise

  1. a b c Stephen T. Beckett: The Science of Chocolate. 2. Auflage. Royal Society of Chemistry, Cambridge 2008, ISBN 978-0-85404-970-7, Abschnitt 3.4.1: Alkalising (Dutching), S. 54–55.
  2. a b c d e f Heinrich Fincke: Handbuch der Kakaoerzeugnisse. Hrsg.: Albrecht Fincke. 2. Auflage. 1965, III H.: „Aufschließen“ (Alkalisieren) des Kakaokernbruchs oder der Kakaomasse, S. 162–165.
  3. Heinrich Fincke: Handbuch der Kakaoerzeugnisse. Hrsg.: Albrecht Fincke. 2. Auflage. 1965, S. 60 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. a b c d Bernard W. Minifie: Chocolate, Cocoa, and Confectionery. Science and Technology. 3. Auflage. Van Nostrand Reinhold, New York 1989, ISBN 978-94-011-7926-3, Alkalization, S. 61–67 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Bitsch I. (2001): Kakao und Schokolade: gut für die Gesundheit. Neue Erkenntnisse über bioaktive Substanzen. (PDF; 259 kB) Moderne Ernährung 4, November 2001, 1–4
  6. a b Pressemitteilung auf EurekAlert!, 8 Oktober 2008
  7. Aufstellung ausgesuchter Lebensmittel (engl.) (PDF; 1,3 MB) Suchbegriff Cocoa
  8. Lamuela-Raventós, R. M., Andrés-Lacueva, Permanyer, J., and Izquierdo-Pulido, M. More antioxidants in cocoa. J. Nutr., 2001, 131, 834.
  9. All Types Of Chocolate. In: The Nibble. Abgerufen am 24. April 2015 (englisch, Glossar über Schokolade; siehe Eintrag Dutch Process Cocoa).