„Dapoxetin“ – Versionsunterschied

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== Wirkmechanismus ==
== Wirkmechanismus ==
Der Ejakulationsreflex stellt ein komplexes Zusammenspiel zwischen körperlichen Mechanismen im [[Zentralnervensystem]] und hier vor allem im [[Rückenmark]] dar. Der Botenstoff [[Serotonin]] spielt in diesem Gefüge eine zentrale, hemmende Rolle für die Ejakulation. Der Wirkstoff Dapoxetin zählt zu einer Gruppe von [[Antidepressivum|Antidepressiva]], konkret den [[Serotonin-Wiederaufnahmehemmer|Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI)]]. Er blockiert also den Serotonin-[[Transportprotein|Transporter]], der das Serotonin von seinem Wirkort entfernt und führt dadurch zu einer längeren Verweildauer von Serotonin an bestimmten Nervenfasern im [[Gehirn]] und somit vermutlich zu einer Verzögerung der Ejakulation.<ref name="infomed.ch">infomed.ch: [http://www.infomed.ch/pk_template.php?pkid=922 Dapoxetin -- pharma-kritik -- Infomed Online], abgerufen am 16. Februar 2017</ref><ref name="Hans-Ulrich Schmelz, Christoph Sparwasser, Wolfgang Weidner">{{Literatur| Autor=Hans-Ulrich Schmelz, Christoph Sparwasser, Wolfgang Weidner | Titel=Facharztwissen Urologie Differenzierte Diagnostik und Therapie | Verlag=Springer-Verlag | ISBN=978-3-642-01626-4 | Jahr=2011 | Online={{Google Buch | BuchID=0tUfBAAAQBAJ | Seite=773 }} | Seiten=773 }}</ref>
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Der Ejakulationsreflex stellt ein komplexes Zusammenspiel zwischen körperlichen Mechanismen im [[Zentralnervensystem]] und hier vor allem im [[Rückenmark]] dar. Der Botenstoff [[Serotonin]] spielt in diesem Gefüge eine zentrale, hemmende Rolle für die Ejakulation. Der Wirkstoff Dapoxetin zählt zu einer Gruppe von [[Antidepressivum|Antidepressiva]], konkret den [[Serotonin-Wiederaufnahmehemmer|Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI)]]. Er blockiert also den Serotonin-[[Transportprotein|Transporter]], der das Serotonin von seinem Wirkort entfernt und führt dadurch zu einer längeren Verweildauer von Serotonin an bestimmten Nervenfasern im [[Gehirn]] und somit vermutlich zu einer Verzögerung der Ejakulation.


== Risiken und Nebenwirkungen ==
== Risiken und Nebenwirkungen ==

Version vom 16. Februar 2017, 22:07 Uhr

Strukturformel
Strukturformel von Dapoxetin
Allgemeines
Freiname Dapoxetin
Andere Namen
  • (+)-N,N-Dimethyl-1-phenyl-3-(1-naphthyloxy)propylamin
  • (S)-N,N-Dimethyl-1-phenyl-3-(1-naphthyloxy)propylamin
Summenformel
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
  • 119356-77-3 (Dapoxetin)
  • 129938-20-1 (Dapoxetin·Hydrochlorid)
PubChem 71352
Wikidata Q424965
Arzneistoffangaben
ATC-Code

G04BX14

Wirkstoffklasse

Serotonin-Wiederaufnahmehemmer

Wirkmechanismus

Hemmung der Serotonin-Wiederaufnahme

Eigenschaften
Molare Masse
  • 305,41 g·mol−1 (Dapoxetin)
  • 341,87 g·mol−1 (Dapoxetin·Hydrochlorid)
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]

Achtung

H- und P-Sätze H: 302​‐​319​‐​413
P: 305+351+338[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Dapoxetin (Handelsname Priligy; Hersteller Janssen-Cilag)[2], Vertrieb inzwischen durch Berlin-Chemie (Menarini), ist ein Arzneistoff, der seit April 2009 in Deutschland zur Behandlung des vorzeitigen Samenergusses (Ejaculatio praecox) des Mannes zugelassen ist.[3][4][5] Dabei ist auf Basis der bisherigen Studienlage von einer drei- bis vierfachen Verlängerung der intravaginalen Latenzzeit der Ejakulation auszugehen. Des Weiteren kann Dapoxetin die sexuelle Zufriedenheit sowie die wahrgenommene Kontrolle über die Ejakulation beim Mann verbessern und den Leidensdruck und zwischenmenschliche Schwierigkeiten reduzieren.[6]

Da es sich rechtlich um ein Lifestyle-Medikament handelt, werden die Kosten nicht von den deutschen Krankenkassen übernommen.[7]

Anwendungsgebiete

Laut Gebrauchsinformation (GI)[3][4] ist Dapoxetin für die Behandlung von vorzeitiger Ejakulation (Ejaculatio praecox, EP) bei erwachsenen Männern im Alter von 18 bis 64 Jahren indiziert. Dapoxetin soll nur Patienten verschrieben werden, die die folgenden Kriterien erfüllen:

  • eine intravaginale Latenzzeit bis zur Ejakulation (englisch: intravaginal ejaculation latency time (IELT)) von weniger als zwei Minuten; und
  • persistierende oder rezidivierende Ejakulation bei minimaler sexueller Stimulation vor, während oder kurz nach der Penetration und eher, als der Patient dies wünscht; und
  • deutlicher persönlicher Leidensdruck oder zwischenmenschliche Probleme als Folge der EP; und
  • unzureichende Kontrolle über die Ejakulation; und
  • eine vorzeitige Ejakulation bei den meisten Versuchen eines Geschlechtsaktes während der vorherigen sechs Monate in der Anamnese.

Dapoxetin soll nur als Bedarfsmedikation vor einer erwarteten sexuellen Aktivität angewendet werden. Dapoxetin soll Männern zur Verzögerung der Ejakulation ohne vorherige Diagnosestellung einer EP nicht verschrieben werden.

Wirkmechanismus

Der Ejakulationsreflex stellt ein komplexes Zusammenspiel zwischen körperlichen Mechanismen im Zentralnervensystem und hier vor allem im Rückenmark dar. Der Botenstoff Serotonin spielt in diesem Gefüge eine zentrale, hemmende Rolle für die Ejakulation. Der Wirkstoff Dapoxetin zählt zu einer Gruppe von Antidepressiva, konkret den Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI). Er blockiert also den Serotonin-Transporter, der das Serotonin von seinem Wirkort entfernt und führt dadurch zu einer längeren Verweildauer von Serotonin an bestimmten Nervenfasern im Gehirn und somit vermutlich zu einer Verzögerung der Ejakulation.[8][9]

Risiken und Nebenwirkungen

Die Verträglichkeit und Sicherheit von Dapoxetin wurde an 4224 Patienten in fünf placebo-kontrollierten Studien untersucht. Die am häufigsten in klinischen Studien der Phase III berichteten unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) bei der Einnahme von Dapoxetin waren: Übelkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Durchfall, Schlaflosigkeit und Müdigkeit.[6]

Die häufigsten Nebenwirkungen die zum Absetzen von Dapoxetin führte waren: Übelkeit (2,2 % der behandelten Probanden) und Schwindel (1,2 % der Probanden).[5]

Synkope (Bewusstseinsverlust) und orthostatische Hypotonie

Synkopen traten in Verbindung mit der Einnahme von Dapoxetin in 0,06 bis 0,23 % in den Phase III-Studien auf.[6] Hierbei handelt es sich um einen kurzen plötzlichen Bewusstseinsverlust mit gleichzeitigem Versagen des Haltetonus (Sturzgefahr) und nachfolgender spontaner Erholung. Bei keinem der berichteten Fälle kam es zu einer Beschleunigung oder Arrhythmisierung des Herzschlags. Die Mehrzahl der Fälle trat in den ersten drei Stunden nach Dapoxetin Einnahme, nach der ersten Dosis oder im Zusammenhang mit studienbedingten Maßnahmen im klinischen Umfeld (wie etwa Blutabnahme und orthostatische Manöver sowie Blutdruckmessungen) auf. Eine Synkope kündigt sich häufig durch Übelkeit, Schwindel, Benommenheit etc. nach der Einnahme von Dapoxetin an. Die Häufigkeit von Synkopen kann durch die Einnahme von Dapoxetin mit einem großen Glas Wasser deutlich reduziert werden. Zu ähnlichen Symptomen, wie bei einer Synkope, kann es bei der sog. orthostatischen Hypotonie (Blutdruckabfall nach dem Aufstehen aus sitzender oder liegender Position) kommen. Diese Symptomatik wurde bei <1 % der Patienten mit Dapoxetin-Behandlung berichtet. Die Patienten, denen Dapoxetin verschrieben wird, sollten auf die Möglichkeit des Auftretens einer Synkope oder orthostatischen Hypotonie hingewiesen werden. Die Arbeit an Maschinen und die Teilnahme am Straßenverkehr sollte unter der Einnahme von Dapoxetin ausgesetzt werden.

Kontraindikationen

Laut Gebrauchsinformation (GI)[3][4] sollten Männer mit Dapoxetin nicht behandelt werden, auf die einer der folgenden Punkte zutrifft:

  • Herzerkrankungen (Herzinsuffizienz (Herzschwäche)), Reizleitungsstörungen (AV-Block zweiten oder dritten Grades oder Sick-Sinus-Syndrom), Ischämie des Herzens (Sauerstoffmangel, wie er z. B. bei der KHK auftritt), Herzklappenerkrankungen, Synkopen in der Anamnese.
  • Manie oder Depression
  • Mäßige bis schwere Leberfunktionsstörungen.
  • gleichzeitige Behandlung mit einem MAO-Hemmer (oder Einnahme innerhalb der letzten 14 Tage; MAO-Hemmer soll innerhalb von 7 Tagen nach Absetzen von Dapoxetin nicht verabreicht werden). Monoaminooxidase-Hemmer sind Medikamente, die zur Behandlung von Depressionen eingesetzt werden.
  • gleichzeitige Behandlung mit Thioridazin (oder Einnahme innerhalb der letzten 14 Tage; Thioridazin soll innerhalb von 7 Tagen nach Absetzen von Dapoxetin nicht verabreicht werden). Thioridazin gehört zur Gruppe der Psychopharmaka und wirkt als Neuroleptikum.
  • Gleichzeitige (oder innerhalb der letzten 14 Tage) Behandlung mit: Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern (SSRI), Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmern (SNRI), trizyklische Antidepressiva (TCA) und andere Arzneimittel/Pflanzenwirkstoffe mit serotoninerger (serontoninverstärkender) Wirkung (z. B. L-Tryptophan, Triptane, Tramadol, Linezolid, Lithium, Johanniskraut). Die genannten Wirkstoffe sollten innerhalb von 7 Tagen nach Absetzen von Dapoxetin nicht verabreicht werden.
  • Begleittherapie mit hochwirksamen Enzymhemmern (CYP3A4-Inhibitoren), wie Ketoconazol, Itraconazol, Ritonavir, Saquinavir, Telithromycin, Nefazadon, Nelfinavir oder Atazanavir.

Kritik

Laut arznei-telegramm (a-t) verlängert Dapoxetin, bei Bedarf eingenommen, die Zeit bis zur Ejakulation gegenüber Plazebo im Mittel um rund eine Minute. Dies entspricht nicht den Werten, die in der Fachinformation genannt werden.[5] Das a-t rät von der Anwendung des dürftig wirksamen und teuren SSRI ab. Nutzen und Sicherheit waren – 2009 – für keine der bei der Ejaculatio praecox verfügbaren therapeutischen Maßnahmen belegt.[10]

Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hat aufgrund von Unstimmigkeiten innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) zur Genehmigung von Priligy-Tabletten ein Schiedsverfahren abgeschlossen. Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Agentur kam zu dem Schluss, dass der Nutzen der 60 mg-Tabletten (über die Unstimmigkeit herrschte) die Risiken überwiegt und dass die in Schweden erteilte Genehmigung für das Inverkehrbringen von Priligy in anderen Mitgliedstaaten der EU anerkannt werden kann.[11]

Tabletten, Packungsgrößen

Priligy® ist verschreibungspflichtig und in den Dosierungen 30 mg und 60 mg als orale Filmtablette auf dem Markt. Packungsgrößen von je 3 und 6 Filmtabletten sind erhältlich.

Einzelnachweise

  1. a b c Datenblatt Dapoxetine hydrochloride bei Sigma-Aldrich (PDF).Vorlage:Sigma-Aldrich/Abruf nicht angegeben
  2. http://www.janssen-cilag.com/content/news/janssen-cilag.de_ger/local_content/news_product_90.pdf
  3. a b c Gebrauchsinformationen zu Priligy® 30 mg (PDF; 770 kB), (Stand Januar 2013).
  4. a b c Gebrauchsinformationen zu Priligy® 60 mg (PDF; 770 kB), (Stand Januar 2013).
  5. a b c Berlin-Chemie: Fachinformation Priligy® (PDF; 147 kB), Stand Januar 2013.
  6. a b c McMahon CG et al.: Efficacy and Safety of Dapoxetine for the Treatment of Premature Ejaculation: Integrated Analysis of Results from Five Phase 3 Trials. In: The Journal of Sexual Medicine. Band 8, Nr. 2, Februar 2011, S. 524–539, doi:10.1111/j.1743-6109.2010.02097.x.
  7. Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL): Anlage II - Lifestyle Arzneimittel (PDF; 288 kB), 15. April 2010.
  8. infomed.ch: Dapoxetin -- pharma-kritik -- Infomed Online, abgerufen am 16. Februar 2017
  9. Hans-Ulrich Schmelz, Christoph Sparwasser, Wolfgang Weidner: Facharztwissen Urologie Differenzierte Diagnostik und Therapie. Springer-Verlag, 2011, ISBN 978-3-642-01626-4, S. 773 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  10. Neu auf dem Markt, Bewertung des arznei-telegramm (a-t) in 2009.
  11. EMA/CHMP/842278/2011 Rev. 1 (PDF; 48 kB), Fragen und Antworten zu Priligy (Dapoxetin, 30 mg- und 60 mg-Tabletten) (Stand Januar 2012).