„Perinealhernie“ – Versionsunterschied
[gesichtete Version] | [gesichtete Version] |
→Perinealhernie beim Menschen: Prävalenz |
|||
Zeile 29: | Zeile 29: | ||
==Perinealhernie beim Menschen== |
==Perinealhernie beim Menschen== |
||
[[Bild:Gray408.png|mini|Beckenbodenmuskeln der Frau]] |
[[Bild:Gray408.png|mini|Beckenbodenmuskeln der Frau]] |
||
Beim Menschen tritt eine Perinealhernie sehr selten und vor allem bei Frauen auf. Ursache sind entweder Schäden des Damms bei [[Geburt]]en oder infolge von Operationen im Dammbereich. Die Bruchpforte liegt entweder vor oder hinter dem [[Musculus transversus perinei superficialis]], tritt durch den [[Musculus levator ani]] oder liegt zwischen Musculus levator ani und [[Musculus coccygeus]]. Der Bruchsack kann sich in die großen [[Schamlippe]]n vorwölben. Die Perinealhernie kann chronische Beckenschmerzen verursachen |
Beim Menschen tritt eine Perinealhernie sehr selten und vor allem bei Frauen auf. Ursache sind entweder Schäden des Damms bei [[Geburt]]en oder infolge von Operationen im Dammbereich (Mastdarmkrebs, Perineale Prostataentfernung). Die [[Prävalenz]] nach solchen Operationen liegt bei 0,6 bis 7 %.<ref>S. K. Narang et al.: ''Repair of Perineal Hernia Following Abdominoperineal Excision with Biological Mesh: A Systematic Review.'' In: ''Frontiers in surgery.'' Band 3, 2016, S. 49, {{DOI|10.3389/fsurg.2016.00049}}, PMID 27656644, {{PMC|5011127}} (Review).</ref> Die Bruchpforte liegt entweder vor oder hinter dem [[Musculus transversus perinei superficialis]], tritt durch den [[Musculus levator ani]] oder liegt zwischen Musculus levator ani und [[Musculus coccygeus]]. Der Bruchsack kann sich in die großen [[Schamlippe]]n vorwölben. Die Perinealhernie kann chronische Beckenschmerzen verursachen.<ref>{{Literatur | Autor=Robert Bendavid | Titel=Abdominal Wall Hernias: Principles and Management | Verlag=Springer Science & Business Media | Ort= | Jahr=2001 | Seiten= 635–636 | ISBN=9780387950044 }}</ref> Die Behandlung erfolgt chirurgisch |
||
==Perinealhernie bei anderen Säugetieren == |
==Perinealhernie bei anderen Säugetieren == |
Version vom 15. März 2017, 11:37 Uhr
Eine Perinealhernie (Syn. Dammbruch, Mittelfleischbruch) ist ein Bruch (Hernie) im Bereich des Damms (Perineum). Er entsteht durch einen Verlust der Stützfunktion des Beckenbodens, bei vierfüßigen Tieren als Beckenausgang bezeichnet, so dass es infolge des Bauchinnendrucks zur Aussackung des Bauchfells kommt. Der so entstehende Brucksack wölbt sich seitlich-unterhalb des Anus hervor. In ihm befindet sich meist Fett, aber auch innere Organe wie großes Netz, Darmteile, die Prostata oder die Harnblase können vorfallen. Eine Perinealhernie kann ein- oder beidseitig auftreten. Sie kommt vor allem bei unkastrierten älteren Rüden vor, beim Menschen oder bei anderen Säugetieren ist sie selten. Die Behandlung erfolgt operativ.
Perinealhernie beim Hund
Vorkommen und Krankheitsentstehung
Eine Perinealhernie beim Haushund tritt in 95 % der Fälle bei nichtkastrierten Rüden ab dem fünften Lebensjahr auf. In zwei Drittel der Fälle tritt die Perinealhernie einseitig, vorzugsweise rechts auf. Eine Rasseprädisposition gibt es für Welsh Corgi Cardigan, Welsh Corgi Pembroke, Boston Terrier, Deutschen Boxer, Deutschen Schäferhund, Collies, Australian Kelpie, Dackel, Bobtail und Pekingese.[1][2]
Die Ursache der Entstehung einer Peritonealhernie ist nicht genau bekannt. Vermutet wird eine Schädigung der Beckennerven (Nervus pudendus, Nervi rectales caudales), die zu einem Schwund der Muskulatur des Beckenausgangs (Musculus levator ani und äußerer Afterschließmuskel) führt (neurogene Hypothese). Aber auch eine angeborene oder rassebedingte Schwäche der Beckenausgangsmuskeln, hormonelle Störungen und mit Kotdrang oder erschwertem Kotabsatz (hier vor allem die Gutartige Prostatavergrößerung) einhergehende Erkrankungen spielen bei der Entstehung eine Rolle. Auch das in der Prostata bei der Organvergrößerung gebildete Relaxin könnte zu einer Bindegewebsschwäche im Dammbereich beitragen. Bei erkrankten Tieren tritt der Relaxinrezeptor LRG 7 in der Dammmuskulatur vermehrt auf, was die Muskelatrophie erklären könnte.[1]
Als Folge des Muskelschwunds werden durch den Bauchinnendruck Bauchfell und Fett aus dem Retroperitoneum durch die entstehende Bruchpforte gepresst. Zumeist liegt die Bruchpforte zwischen äußerem Afterschließmuskel und Musculus levator ani, manchmal auch zwischen Musculus levator ani und Musculus coccygeus. Mit fortschreitender Vergrößerung des Bruchsacks kann es auch zum Vorfall von inneren Organen wie großes Netz, Darm, Prostata oder Harnblase kommen.[1]
Klinisches Bild
Nahezu alle Tiere zeigen einen starken Kotdrang sowie Schwierigkeiten und Schmerzen beim Kotabsatz. Seitlich unterhalb des Anus wölbt sich die Haut vor. Diese Umfangsvermehrung ist zumeist weich und fluktuierend. Meist lässt sich der Bruchinhalt zurückdrücken (reponieren), was aber schmerzhaft sein kann. Auch das Hochheben des Hinterkörpers führt meist zu einer Leerung des Bruchsacks. Wenn die Blase vorgefallen ist, kann es auch zu Urinabsetzproblemen bis hin zu einer Harnverhaltung kommen. Im fortgeschrittenen Stadium wird die über dem Bruchsack liegende Haut dünn, verfärbt sich blau-rötlich, zeigt eine Wassereinlagerung oder stirbt sogar ab.[1]
Die Bruchpforte lässt sich bei der Rektaluntersuchung mit einem Finger meist einfach nachweisen. Zudem weicht der Mastdarm meist zur betroffenen Seite ab und die Prostata ist vergrößert. Bildgebende Verfahren sind zumeist nicht erforderlich, unter Umständen kann eine Ultraschalluntersuchung zur Abklärung des Bruchinhalts angezeigt sein.[1]
Differentialdiagnostisch sind vor allem Tumoren der Perinealgegend, Abszesse und Tumoren der Analbeutel, Rektumdivertikel und Prostataerkrankungen abzuklären.[1]
Behandlung
Eine Perinealhernie kann nur chirurgisch behandelt werden. Allerdings müssen eventuelle Begleiterkrankungen, die zu einer vermehrten Bauchpresse führen, ebenfalls beseitigt werden.
Bei der am häufigsten verwendeten Operationstechnik werden äußerer Afterschließmuskel, Musculus levator ani und Musculus coccygeus miteinander durch Einzelhefte verbunden. Zudem wird der Musculus obturatorius internus vom Beckenboden gelöst, schwanzwärts geklappt und somit zur Defektdeckung genutzt und mit den vorgenannten Muskeln vernäht. Bei der Operation müssen Nervus pudendus und Nervi rectales caudales geschont werden, weil deren Verletzung zu einer Stuhlinkontinenz führen würde. Die Erfolgsrate liegt bei etwa 80 %.[3] [4] Zur seitlichen Defektdeckung kann auch das Ligamentum sacrotuberale herangezogen werden[4], wobei hier ein Verletzungsrisiko für den Ischiasnerv besteht.[5]
Problematisch ist die Standardtechnik vor allem, wenn die Muskeln bereits stark zurückgebildet sind. Hier kann eine Verstärkung des Beckenbodenausgangs durch ein Netz aus Polypropylen[6] oder ein Stück der vom gleichen Tier gewonnenen Oberschenkelfaszie[7] angezeigt sein. Die Nutzung des Musculus gluteus superficialis zur Defektdeckung liegt in der Erfolgsrate deutlich hinter der Verwendung des Musculus obturatorius internus.[5]
Neben Wundinfektionen und den bereits erwähnten Nervenverletzungen sind vor allem Rezidive oder, bei einseitigen Hernien, ein Bruch auf der anderen Seite mögliche Komplikationen. Begünstigend wirken hier Kotdrang, Durchfall oder Blutstuhl sowie Verstopfung, Harnzwang und Harninkontinenz.[3] Die gleichzeitige Kastration soll das Rezidivrisiko vermindern.[4] In komplizierten Fällen oder bei Rezidiven kann eine Eröffnung der Bauchhöhle und eine Fixierung des Colons (Colopexie) und/oder der Harnblase an der Bauchwand erforderlich sein.[8]
Perinealhernie beim Menschen
Beim Menschen tritt eine Perinealhernie sehr selten und vor allem bei Frauen auf. Ursache sind entweder Schäden des Damms bei Geburten oder infolge von Operationen im Dammbereich (Mastdarmkrebs, Perineale Prostataentfernung). Die Prävalenz nach solchen Operationen liegt bei 0,6 bis 7 %.[9] Die Bruchpforte liegt entweder vor oder hinter dem Musculus transversus perinei superficialis, tritt durch den Musculus levator ani oder liegt zwischen Musculus levator ani und Musculus coccygeus. Der Bruchsack kann sich in die großen Schamlippen vorwölben. Die Perinealhernie kann chronische Beckenschmerzen verursachen.[10] Die Behandlung erfolgt chirurgisch
Perinealhernie bei anderen Säugetieren
Bei anderen Säugetieren ist die Perinealherbie sehr selten. Es gibt lediglich Einzelfallberichte, beispielsweise für Streifenskunk[11] und Chinchilla[12].
Literatur
- M.G. Radlinsky: Perineal Hernias. In: Theresa Welch Fossum (Hrsg.): Small Animal Surgery. 4. Auflage. Mosby, St. Louis 2013, ISBN 978-0-323-07762-0, S. 568–573.
- Friedrich E. Röcken: Perinealhernie. In: Peter F. Suter und Barbara Kohn (Hrsg.): Praktikum der Hundeklinik. 11. Auflage. Paul Parey, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-8304-1193-2, S. 773–753.
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f Friedrich E. Röcken: Perinealhernie. In: Peter F. Suter und Barbara Kohn (Hrsg.): Praktikum der Hundeklinik. 11. Auflage. Paul Parey, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-8304-1193-2, S. 773–753.
- ↑ Stanley I. Rubin: Perineal Hernia. Merck Vet Manual
- ↑ a b M. Shaughnessy und E. Monnet: Internal obturator muscle transposition for treatment of perineal hernia in dogs: 34 cases (1998-2012). In: Journal of the American Veterinary Medical Association. Band 246, Nummer 3, Februar 2015, S. 321–326, doi:10.2460/javma.246.3.321, PMID 25587732.
- ↑ a b c M.G. Radlinsky: Perineal Hernias. In: Theresa Welch Fossum (Hrsg.): Small Animal Surgery. 4. Auflage. Mosby, St. Louis 2013, ISBN 978-0-323-07762-0, S. 568–573.
- ↑ a b N. Khatri-Chhetri et al.: The Spatial Relationship and Surface Projection of Canine Sciatic Nerve and Sacrotuberous Ligament: A Perineal Hernia Repair Perspective. In: PloS one. Band 11, Nummer 3, 2016, S. e0152078, doi:10.1371/journal.pone.0152078, PMID 27003911, PMC 4803242 (freier Volltext).
- ↑ S. Szabo, B. Wilkens, R. M. Radasch: Use of polypropylene mesh in addition to internal obturator transposition: a review of 59 cases (2000-2004). In: Journal of the American Animal Hospital Association. Band 43, Nummer 3, 2007 May-Jun, S. 136–142, doi:10.5326/0430136, PMID 17473019.
- ↑ A. Bongartz, F. Carofiglio, M. Balligand, M. Heimann, A. Hamaide: Use of autogenous fascia lata graft for perineal herniorrhaphy in dogs. In: Veterinary surgery : VS. Band 34, Nummer 4, 2005 Jul-Aug, S. 405–413, doi:10.1111/j.1532-950X.2005.00062.x, PMID 16212598.
- ↑ H. N. Brissot, G. P. Dupré, B. M. Bouvy: Use of laparotomy in a staged approach for resolution of bilateral or complicated perineal hernia in 41 dogs. In: Veterinary surgery : VS. Band 33, Nummer 4, 2004 Jul-Aug, S. 412–421, doi:10.1111/j.1532-950X.2004.04060.x, PMID 15230847.
- ↑ S. K. Narang et al.: Repair of Perineal Hernia Following Abdominoperineal Excision with Biological Mesh: A Systematic Review. In: Frontiers in surgery. Band 3, 2016, S. 49, doi:10.3389/fsurg.2016.00049, PMID 27656644, PMC 5011127 (freier Volltext) (Review).
- ↑ Robert Bendavid: Abdominal Wall Hernias: Principles and Management. Springer Science & Business Media, 2001, ISBN 978-0-387-95004-4, S. 635–636.
- ↑ N. Summa, D. Eshar, D. Reynolds, D. Caines, A. Singh: Successful diagnosis and treatment of bilateral perineal hernias in a skunk (Mephitis mephitis). In: Journal of zoo and wildlife medicine : official publication of the American Association of Zoo Veterinarians. Band 46, Nummer 3, September 2015, S. 575–579, doi:10.1638/2013-0043.1, PMID 26352963.
- ↑ M. Thöle et al.: Fallbericht: Perinealhernie bei einem Chinchilla. In: Kleintierpraxis. Band 61, Nr. 7, 2016, S. 399.