„Alexei Feodossjewitsch Wangenheim“ – Versionsunterschied

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Wangenheim leistete den Militärdienst und studierte Naturwissenschaften am Polytechnikum in Kiew und Agrarwissenschaften in Moskau. 1906 heiratete er Julia Bolotowa, die Geschichte und Geographie studiert hatte. Seine Berufstätigkeit begann er als Meteorologe in [[Machatschkala|Port-Petrowsk]] am [[Kaspisches Meer|Kaspischen Meer]]. Während des Ersten Weltkriegs war er Soldat in der [[8. Armee (Russisches Kaiserreich)|8. Armee]]. Seine Wettervorhersagen dienten dem [[Gaskrieg während des Ersten Weltkrieges|Giftgaseinsatz]] der [[Kaiserlich Russische Armee|russischen Armee]] an der [[Ostfront (Erster Weltkrieg)|Front zu den österreichischen Truppen]].<ref name=SZ2015/>
Wangenheim leistete den Militärdienst und studierte Naturwissenschaften am Polytechnikum in Kiew und Agrarwissenschaften in Moskau. 1906 heiratete er Julia Bolotowa, die Geschichte und Geographie studiert hatte. Seine Berufstätigkeit begann er als Meteorologe in [[Machatschkala|Port-Petrowsk]] am [[Kaspisches Meer|Kaspischen Meer]]. Während des Ersten Weltkriegs war er Soldat in der [[8. Armee (Russisches Kaiserreich)|8. Armee]]. Seine Wettervorhersagen dienten dem [[Gaskrieg während des Ersten Weltkrieges|Giftgaseinsatz]] der [[Kaiserlich Russische Armee|russischen Armee]] an der [[Ostfront (Erster Weltkrieg)|Front zu den österreichischen Truppen]].<ref name=SZ2015/>


In der Sowjetunion wurde er Mitglied der [[Kommunistische Partei der Sowjetunion|KPdSU]]. In [[St. Petersburg]] leitete er das Geophysikalische Observatorium und wurde Teil der wissenschaftlichen Elite des Landes. Nach seiner Scheidung heiratete er Warwara Kurgusowa. Er wurde 1929 Direktor des Hydro-Meteorologischen Dienstes der Sowjetunion in Moskau.<ref name=SZ2015/> Ab 1930 war er einer der zwei sowjetischen Vertreter in der Kommission zur Vorbereitung des [[Internationales Polarjahr|Internationalen Polarjahrs]] (IPY) 1932/33 und der dazu in [[Leningrad]] geplanten Konferenz.<ref>Susan Barr, Cornelia Lüdecke: ''The history of the International Polar Years (IPYs)''. Springer, Berlin 2010, S. 152f.</ref>
In der Sowjetunion wurde er Mitglied der [[Kommunistische Partei der Sowjetunion|KPdSU]]. In [[St. Petersburg]] leitete er das Geophysikalische Observatorium und wurde Teil der wissenschaftlichen Elite des Landes. Nach seiner Scheidung heiratete er Warwara Kurgusowa. Er wurde 1929 Direktor des Hydro-Meteorologischen Dienstes der Sowjetunion in Moskau.<ref name=SZ2015/> Ab 1930 war er einer der zwei sowjetischen Vertreter in der Kommission zur Vorbereitung des [[Internationales Polarjahr|Internationalen Polarjahrs]] (IPY) 1932/33 und der dazu in [[Leningrad]] geplanten Konferenz.<ref>{{Literatur|Autor=Cornelia Lüdecke, Julia Lajus|Titel=The Second International Polar Year 1932–1933|Sammelwerk=The History of the International Polar Years (IPYs)|Verlag=Springer|Jahr=2010|Reihe=From Pole to Pole|Seiten=135–173|ISBN=9783642124013|DOI=10.1007/978-3-642-12402-0_6}}</ref>


Wangenheim wurde am 8. Januar 1934 festgenommen und gelangte in ein Lager des [[Gulag]] auf den [[Solowezki-Inseln]]<ref name=SZ2015/>. Er wurde 1937 mit einer größeren Gruppe von Häftlingen erschossen und in einem Massengrab verscharrt.
Wangenheim wurde am 8. Januar 1934 festgenommen und gelangte in ein Lager des [[Gulag]] auf den [[Solowezki-Inseln]]<ref name=SZ2015/>. Er wurde 1937 mit einer größeren Gruppe von Häftlingen erschossen und in einem Massengrab verscharrt.
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Wangenheim wurde nach dem [[20. Parteitag der KPdSU]] im Zuge der [[Entstalinisierung]] am 23. Juni 1956 rehabilitiert. Ein Museum<ref>[http://www.museum.ru/M704 ''Дмитриевский государственный краеведческий музей им. А.Ф.Вангенгейма''], bei museum.ru </ref> in [[Dmitrijew-Lgowski]], dessen Leiter er war, wurde nach ihm benannt.
Wangenheim wurde nach dem [[20. Parteitag der KPdSU]] im Zuge der [[Entstalinisierung]] am 23. Juni 1956 rehabilitiert. Ein Museum<ref>[http://www.museum.ru/M704 ''Дмитриевский государственный краеведческий музей им. А.Ф.Вангенгейма''], bei museum.ru </ref> in [[Dmitrijew-Lgowski]], dessen Leiter er war, wurde nach ihm benannt.


Wangenheim schrieb Briefe an seine Frau und seine Tochter Eleonora (1930–2012)<ref>[http://www.gulagmuseum.org/showObject.do?object=214087&language=1 Eleonora Alexejewna Wangenheim] [Вангенгейм Элеонора Алексеевна], bei Gulag Museum</ref>, von denen 168 erhalten sind. Eleonora war damals zwischen vier und sieben Jahren alt. Er schrieb und zeichnete für sie eine Art Nachschlagewerk mit ausführlichen Beschreibungen der Tier- und Pflanzenwelt, fertigte ein [[Herbarium]] an und erfand Rätsel.<ref>Inna Parfenowa: [http://de.rbth.com/kultur/2015/02/06/erinnerungen_an_den_vater_briefe_aus_dem_gulag_32737 ''Erinnerungen an den Vater: Briefe aus dem Gulag''], Rezension, bei [[Russia Beyond the Headlines]], 6. Februar 2015</ref> Eleonora Wangenheim wurde Wissenschaftlerin. Sie stiftete den Nachlass der [[St. Petersburg]]er Menschenrechtsorganisation ''[[Memorial (Menschenrechtsorganisation)|Memorial]]'', die einen Teil der Briefe und Zeichnungen 2014 in einer Anthologie veröffentlichte und in der Ausstellung ''Papas Briefe – Briefe von Vätern aus dem Gulag an ihre Kinder'' öffentlich machte.
Wangenheim schrieb Briefe an seine Frau und seine Tochter Eleonora (1930–2012)<ref>[http://www.gulagmuseum.org/showObject.do?object=214087&language=1 Eleonora Alexejewna Wangenheim] bei gulagmuseum.org</ref>, von denen 168 erhalten sind. Eleonora war damals zwischen vier und sieben Jahren alt. Er schrieb und zeichnete für sie eine Art Nachschlagewerk mit ausführlichen Beschreibungen der Tier- und Pflanzenwelt, fertigte ein [[Herbarium]] an und erfand Rätsel.<ref>Inna Parfenowa: [http://de.rbth.com/kultur/2015/02/06/erinnerungen_an_den_vater_briefe_aus_dem_gulag_32737 ''Erinnerungen an den Vater: Briefe aus dem Gulag''], Rezension, bei [[Russia Beyond the Headlines]], 6. Februar 2015</ref> Eleonora Wangenheim wurde Wissenschaftlerin. Sie stiftete den Nachlass der [[St. Petersburg]]er Menschenrechtsorganisation ''[[Memorial (Menschenrechtsorganisation)|Memorial]]'', die einen Teil der Briefe und Zeichnungen 2014 in einer Anthologie veröffentlichte und in der Ausstellung ''Papas Briefe – Briefe von Vätern aus dem Gulag an ihre Kinder'' öffentlich machte.


[[Olivier Rolin]] veröffentlichte 2014 den Roman ''Le Météorologue'', für den er seit einem Aufenthalt an der [[Universität Archangelsk]] im Jahr 2010 mit Unterstützung von ''Memorial'' das Leben Wangenheims recherchiert hatte, und machte ihn damit auch außerhalb Russlands bekannt.
[[Olivier Rolin]] veröffentlichte 2014 den Roman ''Le Météorologue'', für den er seit einem Aufenthalt an der [[Universität Archangelsk]] im Jahr 2010 mit Unterstützung von ''Memorial'' das Leben Wangenheims recherchiert hatte, und machte ihn damit auch außerhalb Russlands bekannt.

== Schriften ==
* ''Žurnal geofiziki''. Gos. Naučno-techn. Izdat. (Staatlicher wissenschaftlich-technischer Verlag), Moskau, 1931.
* ''Edinaâ gidro-meteorologičeskaâ služba soûza SSR''. Gosudarstvennyj gidrologičeskij institut (Staatliches Hydrologisches Institut), Leningrad, 1933
* ''Briefe und Zeichnungen an seine Frau und seine Tochter''.


== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Olivier Rolin]]: ''Le météorologue''. Im Anhang 16 Seiten mit Illustrationen aus dem Nachlass Wangenheims. Seuil/Paulsen, Paris 2014
* [[Olivier Rolin]]: ''Le météorologue''. Im Anhang 16 Seiten mit Illustrationen aus dem Nachlass Wangenheims. Seuil/Paulsen, Paris 2014
** Olivier Rolin: ''Der Meteorologe''. Roman. Übersetzung Holger Fock und Sabine Müller. Liebeskind, München 2015, ISBN 978-3-95438-049-7
** Olivier Rolin: ''Der Meteorologe''. Roman. Übersetzung Holger Fock und Sabine Müller. Liebeskind, München 2015, ISBN 978-3-95438-049-7
* ''Vangengeĭma iz Solovet︠s︡kogo lageri︠a︡ osobogo naznachenii︠a︡: v chetyrekh tomakh''. 2011
* ''Возвращение имени : Алексей Феодосьевич Вангенгейм''. 2005


== Weblinks ==
== Weblinks ==
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* {{Worldcat id|lccn-no2007078281|NAME=Vangengeĭm, Alekseĭ Feodosʹevich, 1881-1937}}
* [http://meteoweb.ru/meteoserv003.php ''История метеослужбы: Вангенгейм Алексей Феодосьевич 9.10.1881 – 3.11.1937''], bei meteoweb
* [http://meteoweb.ru/meteoserv003.php ''История метеослужбы: Вангенгейм Алексей Феодосьевич 9.10.1881 – 3.11.1937''], bei meteoweb
* Antonia Soschina (Антонина Сошина): [http://www.solovki.info/?action=archive&id=228 ''Музей Соловецкого общества краеведения (1925–1937 гг.)''], bei solovki (russisch)
* Antonina Soschina: [http://www.solovki.info/?action=archive&id=228 ''Музей Соловецкого общества краеведения (1925–1937 гг.)''], bei solovki (russisch)
* Wassilij W. Potapow, Eleonora Alexejewna Wangenheim (Василий В. Потапов, Элеонора Алексеевна Вангенгейм): [http://www.memo.ru/uploads/files/844.pdf ''Возвращение имени Алексей Феодосьевич Вангенгейм''.] Tablizij Mendelejewna, Moskau 2005, bei memo.ru (Vita und Bilder; russisch; pdf; 7,15 MB)
* Wassili W. Potapow, Eleonora Alexejewna Wangenheim: [http://www.memo.ru/uploads/files/844.pdf ''Возвращение имени. Алексей Феодосьевич Вангенгейм''.] Tablizy Mendelejewa, Moskau 2005, bei memo.ru (Vita und Bilder; russisch; pdf; 7,15 MB)


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Version vom 11. Mai 2017, 16:01 Uhr

Alexei Feodossjewitsch Wangenheim (vor 1934)
Aus einem Brief im Jahr 1937.
Anschauungsbild einer Sonnenfinsternis für die Tochter Eleonora. Am 19. Juni 1936 war in Teilen Russlands eine totale Sonnenfinsternis zu beobachten.

Alexei Feodossjewitsch Wangenheim (russisch Алексей Феодосьевич Вангенгейм; geboren 10.jul. / 22. Oktober 1881greg. in Krapiwna, Kreis Konotop, Russisches Kaiserreich; gestorben 3. November 1937 in einem Lager des Gulag auf den Solowezki-Inseln) war ein russischer Meteorologe.

Leben

Wangenheim wurde in eine kleinadlige Familie im Gouvernement Tschernigow geboren.[1] Sein Vater war Baron und Vertreter im Semstwo.

Wangenheim leistete den Militärdienst und studierte Naturwissenschaften am Polytechnikum in Kiew und Agrarwissenschaften in Moskau. 1906 heiratete er Julia Bolotowa, die Geschichte und Geographie studiert hatte. Seine Berufstätigkeit begann er als Meteorologe in Port-Petrowsk am Kaspischen Meer. Während des Ersten Weltkriegs war er Soldat in der 8. Armee. Seine Wettervorhersagen dienten dem Giftgaseinsatz der russischen Armee an der Front zu den österreichischen Truppen.[1]

In der Sowjetunion wurde er Mitglied der KPdSU. In St. Petersburg leitete er das Geophysikalische Observatorium und wurde Teil der wissenschaftlichen Elite des Landes. Nach seiner Scheidung heiratete er Warwara Kurgusowa. Er wurde 1929 Direktor des Hydro-Meteorologischen Dienstes der Sowjetunion in Moskau.[1] Ab 1930 war er einer der zwei sowjetischen Vertreter in der Kommission zur Vorbereitung des Internationalen Polarjahrs (IPY) 1932/33 und der dazu in Leningrad geplanten Konferenz.[2]

Wangenheim wurde am 8. Januar 1934 festgenommen und gelangte in ein Lager des Gulag auf den Solowezki-Inseln[1]. Er wurde 1937 mit einer größeren Gruppe von Häftlingen erschossen und in einem Massengrab verscharrt.

Wangenheim wurde nach dem 20. Parteitag der KPdSU im Zuge der Entstalinisierung am 23. Juni 1956 rehabilitiert. Ein Museum[3] in Dmitrijew-Lgowski, dessen Leiter er war, wurde nach ihm benannt.

Wangenheim schrieb Briefe an seine Frau und seine Tochter Eleonora (1930–2012)[4], von denen 168 erhalten sind. Eleonora war damals zwischen vier und sieben Jahren alt. Er schrieb und zeichnete für sie eine Art Nachschlagewerk mit ausführlichen Beschreibungen der Tier- und Pflanzenwelt, fertigte ein Herbarium an und erfand Rätsel.[5] Eleonora Wangenheim wurde Wissenschaftlerin. Sie stiftete den Nachlass der St. Petersburger Menschenrechtsorganisation Memorial, die einen Teil der Briefe und Zeichnungen 2014 in einer Anthologie veröffentlichte und in der Ausstellung Papas Briefe – Briefe von Vätern aus dem Gulag an ihre Kinder öffentlich machte.

Olivier Rolin veröffentlichte 2014 den Roman Le Météorologue, für den er seit einem Aufenthalt an der Universität Archangelsk im Jahr 2010 mit Unterstützung von Memorial das Leben Wangenheims recherchiert hatte, und machte ihn damit auch außerhalb Russlands bekannt.

Literatur

  • Olivier Rolin: Le météorologue. Im Anhang 16 Seiten mit Illustrationen aus dem Nachlass Wangenheims. Seuil/Paulsen, Paris 2014
    • Olivier Rolin: Der Meteorologe. Roman. Übersetzung Holger Fock und Sabine Müller. Liebeskind, München 2015, ISBN 978-3-95438-049-7
Commons: Alexei Feodossjewitsch Wangenheim – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d Cornelius Wüllenkemper: Wolken über den Solowezki-Inseln, Rezension, in: Süddeutsche Zeitung, 28. August 2015, S. 18
  2. Cornelia Lüdecke, Julia Lajus: The Second International Polar Year 1932–1933. In: The History of the International Polar Years (IPYs) (= From Pole to Pole). Springer, 2010, ISBN 978-3-642-12401-3, S. 135–173, doi:10.1007/978-3-642-12402-0_6.
  3. Дмитриевский государственный краеведческий музей им. А.Ф.Вангенгейма, bei museum.ru
  4. Eleonora Alexejewna Wangenheim bei gulagmuseum.org
  5. Inna Parfenowa: Erinnerungen an den Vater: Briefe aus dem Gulag, Rezension, bei Russia Beyond the Headlines, 6. Februar 2015